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BFH: Passive Rechnungsabgrenzung erhaltener Zahlungen bei zeitraumbezogenen Leistungen

  1. Eine Schätzung der "bestimmten Zeit" als Tatbestandsvoraussetzung für eine passive Rechnungsabgrenzung erhaltener Einnahmen ist zulässig, wenn sie auf "allgemeingültigen Maßstäben" beruht. Daran fehlt es, wenn die ange­wendeten Maßstäbe auf einer Gestaltungsentscheidung des Steuerpflichtigen beruhen, die geändert werden könnte.
  2. Eine Passivierung erhaltener Zahlungen für eine noch ausstehende zeit­raumbezogene Leistung ist nicht als erhaltene Anzahlung, sondern nur unter den Voraussetzungen der passiven Rechnungsabgrenzung möglich.

EStG § 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 Nr. 2, Abs. 6, § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b
HGB § 249 Abs. 1 Satz 1, § 250 Abs. 2, § 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2, Nr. 5, § 253 Abs. 1 Satz 2, § 264 Abs. 2 Satz 1, § 264a Abs. 1, § 266 Abs. 3 Abschn. C Nr. 3
RL 78/660/EWG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 3

BFH-Urteil vom 26.7.2023, IV R 22/20 (veröffentlicht am 28.9.2023)

Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 14.7.2020, 10 K 2970/15 F = SIS 20 13 88

I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) im Streitjahr 2008 erhaltene Projektentwicklungshonorare durch Bil­dung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens (RAP), hilfsweise durch Passivierung einer Anzahlung oder durch eine Rückstellung wegen Erfüllungs­rückstands, neutralisieren konnte.

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, die ihren Gewinn durch Betriebsvermö­gensvergleich ermittelt. Gegenstand ihres Unternehmens ist unter anderem die Entwicklung von Grundstücken und Gebäuden. Die Klägerin gehört zu der in der Immobilienbranche tätigen A‑Unternehmensgruppe. Innerhalb dieser Gruppe übernimmt sie die für die erfolgreiche Umsetzung geplanter Bauvor­haben erforderlichen Projektentwicklungsmaßnahmen. Sie schließt dazu mit Projektgesellschaften der A‑Gruppe Projektentwicklungs- und ‑durchführungs­verträge ab. Für ihre Leistungen erhält sie als Regiekosten beziehungsweise Regieerlöse bezeichnete Honorare, die Teil der für das jeweilige Objekt kalku­lierten Gesamtinvestitionskosten oder Verkaufspreise sind. Die Regiekosten sind verteilt auf die voraussichtliche Laufzeit des jeweiligen Projekts in regel­mäßigen Raten zu zahlen.

Im Streitjahr war die Klägerin an der Entwicklung von zwölf großen Baupro­jekten beteiligt. Die insoweit abgeschlossenen Projektverträge waren im We­sentlichen gleichlautend. Hierin war ‑‑auszugsweise‑‑ bestimmt:

"§ 10 Vergütung
1. Die Vergütung des Auftragnehmers [der Klägerin] für die mit Abschluss dieses Vertrags übertragenen Tätigkeiten nach §§ 3 ‑ 5 [Leistungen der Klägerin für Pro­jektentwicklung, technische und wirtschaftliche Projektbetreuung] besteht in einem pauschalen Tätigkeitshonorar.
Das Pauschalhonorar beträgt 6 % der Gesamtinvestitionskosten (ohne Umsatzsteu­er) zuzüglich der jeweils gültigen gesetzlichen Umsatzsteuer. Wird das Projekt in zeitlich versetzten Bauabschnitten realisiert, berechnet sich das Pauschalhonorar je­weils nach den Gesamtinvestitionskosten des einzelnen Bauabschnitts. Ändern sich die Gesamtinvestitionskosten, berechnet sich das Pauschalhonorar neu auf der Grundlage der geänderten Gesamtinvestitionskosten. Dies gilt auch für bereits ge­zahlte Teilbeträge.
2. Das pauschale Tätigkeitshonorar nach Abs. 1 wird in […] monatlichen Raten, be­ginnend ab dem […] fällig. Die Auszahlung der Monatsraten erfolgt jeweils am Ende eines Quartals für die Monatsraten des jeweiligen Quartals […]. Die Höhe der monat­lichen Raten ergibt sich aus dem auf der Basis des vorläufigen Budgets […] errech­neten und als Anlage beigefügten Zahlungsplans.
3. … […]

§ 13 Vertragslaufzeit, Kündigung
1. Das Vertragsverhältnis beginnt zum […] und endet nach vollständiger Erledigung der nach diesem Vertrag und seinen Anlagen übernommenen Leistungen voraus­sichtlich zum […].
2. Das Vertragsverhältnis verlängert sich automatisch
    • bis zur vollständigen Fertigstellung des Gesamtprojekts, und/oder
    • bis zur vollständigen Abwicklung der Vermarktung (Vermietung und Verkauf), und/oder
    • bis zur vollständigen Mängelbeseitigung der bei der förmlichen Abnahme oder innerhalb der Gewährleistungszeit festgestellten Mängel.

Eine gesonderte Vergütung wird hierfür nur gezahlt, soweit zwischen den Parteien eine entsprechende Vereinbarung getroffen wird. […]"

Die Klägerin nahm in ihrer Gewinnermittlung für das Streitjahr eine passive Rechnungsabgrenzung vor. Diese setzte sich für die zwölf in diesem Jahr be­treuten Projekte wie folgt zusammen:

  Projekt  Regieerlöse   Passive Abgrenzung  
  1 525.600,00 €   179.437,00 €  
  2 513.600,00 €   128.400,00 €  
  3 1.124.100,00 €   1.066.800,00 €  
  4 490.800,00 €   73.442,00 €  
  5  3.000.000,00 €   237.600,00 €  
  6 722.000,04 €   50.187,00 €  
  7 831.320,00 €   822.644,03 €  
  8 505.000,00 €   336.667,00 €  
  9 981.600,00 €   39.793,00 €  
  10 2.224.000,00 €   897.191,98 €  
  11 437.000,00 €   129.232,00 €  
  12 1.389.122,20 €   1.066.686,20 €  
  Summe      5.028.080,21 €  
             

Zusätzlich grenzte die Klägerin bei der Gewinnermittlung 2008 ‑‑hier nicht streitige‑‑ Regieerlöse in Höhe von 594.142,01 € passiv ab, da diese bereits im Jahr 2008 bei ihr eingegangen, aber erst im Januar 2009 zu zahlen gewe­sen seien. Insgesamt erreichte der passive RAP für 2008 die Summe von 5.622.724,51 €. Hierin waren auch ‑‑ebenfalls nicht streitige‑‑ 502,29 € mit dem Betreff "NL X" enthalten.

Der Rechnungsabgrenzung lag eine Aufteilung der von der Klägerin zu er­bringenden Leistungen in fünf Phasen zugrunde, während derer ein in einem Prozentsatz darzustellender Anteil der Gesamtleistung zu erbringen war. Die Klägerin ging dabei davon aus, dass die von ihr geschuldeten Leistungen bei jedem Projekt in diesen fünf Phasen zu erbringen waren und der Prozentsatz für die jeweilige Phase bei jedem Projekt gleich war. Die Phasen und Prozent­sätze bezeichnete beziehungsweise bezifferte sie wie folgt:

Phase des Projekts  Ende der Phase  Anteil an der
Gesamtleistung
1. Akquisition Beschluss des Projekts oder Abschluss des Grundstücks­kaufvertrags 0 %
2. Initiierung Abschluss der Vorplanung oder endverhandelter Kreditvertrag 15 %
3. Vorbereitung Vorlage der Baugenehmigung  35 %
4. Durchführung Übergabe des Objekts an den Nutzer oder Investor 45 %
5. Nachlauf Ablauf der Gewährleistung 5 %

In einer Leistungsermittlung bestimmte die Klägerin für jedes Projekt, für das sie in dem Streitjahr Regieerlöse erzielte und für das sie einen passiven RAP bildete, den Beginn, die Laufzeit und das Ende jeder Phase und verteilte die Projekterlöse auf die jeweilige Phase ihres Berechnungsschemas.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) stellte die von der Klägerin erklärten Besteuerungsgrundlagen zunächst erklärungsgemäß und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gesondert und einheitlich fest.

In einer unter anderem für das Streitjahr durchgeführten Außenprüfung bean­standete der Prüfer den gebildeten passiven RAP. Es fehle der erforderliche zeitliche und sachliche Zusammenhang zwischen den in den Projektverträgen zugrunde gelegten Zahlungsplänen und den durch die Klägerin zu erbringen­den Leistungen. Die Leistungsermittlungen beruhten nur auf Schätzungen der Klägerin, deren Grundlagen nicht bekannt seien. Es sei allerdings von einem Erfüllungsrückstand der Klägerin zum 31.12.2008 auszugehen, der auf 2,5 Mio. € geschätzt werde; insoweit sei eine Rückstellung zu bilden (Bericht vom 19.12.2011).

Das FA folgte dem Bericht des Prüfers und erließ unter dem 13.06.2012 einen entsprechend geänderten Gewinnfeststellungsbescheid für 2008. Der hierge­gen gerichtete Einspruch der Klägerin wurde mit Einspruchsentscheidung vom 01.09.2015 als unbegründet zurückgewiesen.

Das Finanzgericht (FG) Düsseldorf wies die daraufhin erhobene Klage der Klä­gerin mit Urteil vom 14.07.2020 ‑ 10 K 2970/15 F als unbegründet ab. Die Auflösung des streitigen passiven RAP sei zu Recht erfolgt. Ein passiver RAP, der nach einer individuellen Schätzung der Dauer der zu erbringenden Leis­tung durch den Steuerpflichtigen bestimmt werde, sei nicht anzuerkennen. Die erforderliche Objektivierung der Rechnungslegung werde nur erreicht, wenn die Schätzung aufgrund allgemeingültiger Maßstäbe erfolge. Die Verteilung der Gesamtvergütung auf Phasen beruhe ebenso wie deren zeitliche Festlegung und die Gewichtung bezüglich der Wertschöpfung auf individuellen Schätzun­gen der Klägerin. Es lasse sich daher nicht hinreichend sicher im Sinne des Objektivierungsgedankens des § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuer­gesetzes in der im Streitjahr anzuwendenden Fassung (EStG) bestimmen, in welchem Umfang die bereits erhaltenen Honorare Gegenleistung für von der Klägerin noch zu erbringende, zeitraumbezogene Leistungen seien. Damit feh­le es am Tatbestandsmerkmal "bestimmte Zeit" im Sinne von § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG. Dem klägerischen Begehren könne auch nicht durch eine Erhöhung der Rückstellung für einen Erfüllungsrückstand über den vom FA be­reits anerkannten Betrag von 2,5 Mio. € hinaus entsprochen werden. Für die Höhe der Rückstellung habe der Steuerpflichtige detailliert darzulegen, in wel­chem Umfang er sich zum Bilanzstichtag in einem Erfüllungsrückstand befun­den habe. Dafür hätte es im Streitfall der Angaben und Unterlagen bedurft, deren Fehlen den Prüfer bewogen habe, die Rückstellung nur in Höhe eines Betrags von 2,5 Mio. € zuzulassen (Kostenträger- und Kostenstellenrechnun­gen, Kosten- und Budgetplanungen, Nachweise über die Gewichtung der An­teile der einzelnen Phasen und sonstige zweckdienliche Aufzeichnungen). Der­artige Angaben habe die Klägerin auch nach Übermittlung des Prüfungsbe­richts nicht gemacht; entsprechende Unterlagen habe sie ebenfalls nicht vor­gelegt, obwohl ihr deren Bedeutung aufgrund des Hinweises im Prüfungsbe­richt bekannt gewesen sei. Zuletzt sei eine erfolgsneutrale Behandlung der er­haltenen Honorarzahlungen auch nicht unter dem Gesichtspunkt erhaltener Anzahlungen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 266 Abs. 3 Abschn. C Nr. 3 des Handelsgesetzbuchs (HGB) möglich, denn der Anspruch, auf den geleistet werde (die Honorarzahlungen), sei rechtlich bereits entstanden. Die Passivie­rung einer Vorleistung, die bei einem schwebenden Geschäft als zeitraumbe­zogene Gegenleistung für eine ebenfalls zeitraumbezogene Leistung zu erbrin­gen sei, sei nicht als erhaltene Anzahlung, sondern nur als passiver RAP denkbar.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Revision rügt die Klägerin insbesondere eine Verletzung des § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG. Zur weiteren Begründung legte sie unter anderem eine gutachterliche Stellungnahme der X‑GmbH & Co. KG aus B‑Stadt vom 16.11.2020 zu dem Thema "Leistungsbezogene und termin­liche Abgrenzung von Projektentwicklungsleistungen" vor. In der mündlichen Verhandlung führte sie ergänzend aus, es verstoße gegen Unionsrecht (Grund­satz des "true and fair view"), wenn innerstaatliche Regelungen es zuließen, dass Erträge gewinnwirksam erfasst würden, obwohl die Gegenleistung noch nicht erbracht worden sei.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des FG Düsseldorf vom 14.07.2020 ‑ 10 K 2970/15 F und die Einspruchsentscheidung vom 01.09.2015 aufzuheben und den Bescheid vom 13.06.2012 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2008 dahingehend zu ändern, dass der lau­fende Gesamthandsgewinn um 2.528.080,21 € gemindert wird,
hilfsweise, dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, ob Art. 2 Abs. 3 der Vierten Richtlinie 78/660/EWG des Rates vom 25.07.1978 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g des Vertrages über den Jahresabschluß von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen (RL 78/660/EWG) so auszulegen ist, dass er einer Regelung entgegensteht, nach der Einnahmen nicht den Zeiträumen zuzuordnen sind, in denen sie wirtschaftlich verursacht sind, sondern ungeachtet anderweitiger innerstaatlicher Vorschriften im Jahr der wirtschaftlichen Verursachung anzusetzen sind.

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzge­richtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Vorausset­zungen für die Bildung eines passiven RAP auf der Grundlage der von ihm ge­troffenen Feststellungen der zugrunde liegenden Vertragsverhältnisse nicht vorliegen (dazu unter 1.) und die begehrte Gewinnminderung auch nicht durch Passivierung der Honorarzahlungen als erhaltene Anzahlungen erreicht werden kann (dazu unter 2.). Nicht zu beanstanden ist die Entscheidung des FG auch insoweit, als es eine Erhöhung der vom FA bereits berücksichtigten Rückstel­lung für einen Erfüllungsrückstand der Klägerin abgelehnt hat (dazu unter 3.). Auch die hilfsweise beantragte Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH nach Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) kommt nicht in Betracht (dazu unter 4.).

1. Die Voraussetzungen für die Bildung eines passiven RAP liegen nicht vor.

a) Wird der Gewinn, wie im Streitfall, durch Betriebsvermögensvergleich er­mittelt, so ist für den Schluss des betreffenden Wirtschaftsjahrs das Betriebs­vermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ord­nungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist (§ 5 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 EStG).

b) Nach § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG ‑‑gleichlautend in § 250 Abs. 2 HGB‑‑ sind als Rechnungsabgrenzungsposten auf der Passivseite der Bilanz Einnah­men vor dem Abschlussstichtag auszuweisen, soweit sie Ertrag für eine be­stimmte Zeit nach diesem Tag darstellen.

aa) Diese Vorschriften sollen gewährleisten, dass ein vom Steuerpflichtigen vorab vereinnahmtes Entgelt entsprechend dem Realisationsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2, Nr. 5 HGB) erst dann ‑‑durch Auflösung des passiven RAP‑‑ erfolgswirksam wird, wenn der Kaufmann seine noch ausstehende Ge­genleistung erbracht hat (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteil des Bundesfi­nanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 15.02.2017 ‑ VI R 96/13, BFHE 257, 244, BStBl II 2017, 884, Rz 18, m.w.N.).

bb) Der Anwendungsbereich der Rechnungsabgrenzung betrifft in erster Linie typische Vorleistungen eines Vertragspartners im Rahmen eines gegenseitigen Vertrags im Sinne der §§ 320 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), ohne auf synallagmatische schuldrechtliche Leistungen beschränkt zu sein. Da das bezogene Entgelt am jeweiligen Bilanzstichtag nur insoweit abzugrenzen ist, als es "Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag" darstellt, muss jedoch eine Verpflichtung zu einer nach diesem Bilanzstichtag (zumindest zeitanteilig) noch zu erbringenden Gegenleistung bestehen. Für eine bereits vollzogene Leistung darf eine Rechnungsabgrenzung nicht erfolgen (BFH-Urteile vom 24.06.2009 ‑ IV R 26/06, BFHE 225, 144, BStBl II 2009, 781, unter II.1.b; vom 15.02.2017 ‑ VI R 96/13, BFHE 257, 244, BStBl II 2017, 884, Rz 19; vom 25.04.2018 ‑ VI R 51/16, BFHE 261, 418, BStBl II 2018, 778, Rz 16 f., m.w.N.).

cc) Bei Schuldverhältnissen, die zeitraumbezogene Leistungsverpflichtungen begründen, ist wegen der Gewinnrealisierung danach zu unterscheiden, ob die Dauerhaftigkeit der Leistung selbst anhaftet oder nur den zeitlichen Rahmen für einzelne Leistungen bildet. Im letztgenannten Fall (zum Beispiel bei Suk­zessivlieferverträgen und Wiederkehrschuldverhältnissen) tritt die Realisierung schon bei Erfüllung jeder einzelnen Leistung ein. Schuldverhältnisse, bei denen die geschuldete Leistung selbst zeitraumbezogen ist, führen demgegenüber zu einer zeitanteiligen Gewinnrealisierung, wenn für den gesamten Zeitraum eine qualitativ gleichbleibende Dauerverpflichtung besteht (z.B. BFH-Urteile vom 10.09.1998 ‑ IV R 80/96, BFHE 186, 429, BStBl II 1999, 21, unter 1.; vom 15.02.2017 ‑ VI R 96/13, BFHE 257, 244, BStBl II 2017, 884, Rz 31; vom 14.04.2022 ‑ IV R 32/19, BFHE 275, 543, BStBl II 2022, 832, Rz 56, jeweils m.w.N.).

dd) Wegen der für eine Rechnungsabgrenzung nach § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG erforderlichen zeitlichen Zuordenbarkeit des Entgelts ("bestimmte Zeit") muss die noch ausstehende Gegenleistung zeitbezogen oder periodisch aufteil­bar sein. Ist der Zeitraum unbekannt, über den hinweg die geschuldete Leis­tung erbracht werden muss, steht nicht fest, in welchem Umfang die erhaltene Einnahme zu Ertrag geworden ist. Um einen willkürlichen Gewinnausweis durch nicht nachprüfbare Annahmen zu vermeiden, setzt das Gesetz deshalb voraus, dass die bereits vergütete Leistung für einen bestimmten Zeitraum ge­schuldet wird; die Vorschrift dient damit der erforderlichen Objektivierung der Rechnungslegung. Als Zeitmaßstab kann daher nur eine Größe anerkannt wer­den, die ‑‑wie etwa ein kalendermäßig festgelegter oder berechenbarer Zeit­raum‑‑ nicht von vornherein Zweifel über Beginn und Ende des Zeitraums auf­kommen lässt. Individuelle Schätzungen der Dauer der Gegenleistung hat die Rechtsprechung daher nicht als ausreichend angesehen, wohl aber eine Schät­zung aufgrund allgemeingültiger Maßstäbe (z.B. BFH-Urteil vom 09.12.1993 ‑ IV R 130/91, BFHE 173, 393, BStBl II 1995, 202, unter 2., m.w.N.).

Unschädlich ist es, wenn die Gegenleistung zunächst in hinreichender Be­stimmtheit ‑‑etwa für einen kalendermäßigen Zeitraum‑‑ geschuldet wird, die Dauer der Leistungserbringung dann aber tatsächlich länger oder kürzer aus­fällt als ursprünglich bestimmt. Die Auflösung des gebildeten RAP ist dann in der Folgezeit lediglich anzupassen (vgl. BFH-Urteil vom 09.12.1993 ‑ IV R 130/91, BFHE 173, 393, BStBl II 1995, 202, unter 2.c).

c) Danach ist die Entscheidung des FG, die von der Klägerin im Streitjahr er­haltenen Honorarzahlungen stellten in dem von ihr abgegrenzten Umfang (mit Ausnahme der erst im Januar 2009 fälligen ‑‑unstreitigen‑‑ Beträge) nicht Er­trag für eine "bestimmte Zeit" nach dem Bilanzstichtag dar, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Die Vertragsauslegung obliegt dem FG als Tatsacheninstanz. Vorliegend entspricht sie den Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB und verstößt nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze. Sie ist jedenfalls möglich und damit für den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend.

bb) In revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ist das FG zu dem Er­gebnis gelangt, dass die zeitliche Zuordnung der erhaltenen Zahlungen durch die Klägerin den Anforderungen an die Bildung eines passiven RAP nicht ge­nügt, da es sich um nicht hinreichend kontrollierbare Schätzungen der Klägerin handele.

(1) Insoweit hat das FG bei seiner Entscheidung zu Recht berücksichtigt, dass die Verträge für die Projekte zwar einen zeitlich genau bestimmten Vertrags­beginn vorsehen, nicht aber ein zeitlich genau bestimmtes Ende, dass die Ver­träge ferner keine Festlegung zu Phasen und auf diese entfallende Prozent­sätze des Wertes der von der Klägerin zu erbringenden Leistungen enthalten und dass sie auch weder erkennen lassen, in welchen Zeitabschnitten die von der Klägerin übernommenen Leistungen zu erbringen sind, noch, welche Ver­gütungsanteile darauf entfallen. Diese Umstände durfte das FG dahin würdi­gen, dass die Verteilung der Gesamtvergütung auf Phasen sowie deren zeit­liche Festlegung und die Gewichtung bezüglich der Wertschöpfung allein auf Schätzungen der Klägerin beruhen, denen auch keine "allgemeingültigen Maß­stäbe" zugrunde lägen. Gleiches gilt hinsichtlich der zeitlichen Verteilung in den von der Klägerin am Bilanzstichtag jeweils erstellten Leistungsermittlun­gen. Auch insoweit ist die Entscheidung des FG, es handele sich um nicht kon­trollierbare Schätzungen der Klägerin, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Zu Recht hat das FG hierbei auch darauf abgestellt, es sei widersprüchlich, wenn die Klägerin einerseits einräume, dass ihre ursprünglichen Laufzeitan­nahmen für die Projekte sich aufgrund von Verzögerungen und Terminüber­schreitungen als unzutreffend herausgestellt haben, gleichzeitig aber auf Er­fahrungen mit Projekten gleicher Art und Größe verweist, die es für die laufen­den Projekte zuließen, Laufzeiten festzulegen, die nicht auf unkontrollierbaren Schätzungen beruhten. Zwar steht es der Annahme einer "bestimmten Zeit" im Sinne von § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht in jedem Fall entgegen, wenn die Dauer der Leistungserbringung tatsächlich länger ausfällt als ursprünglich bestimmt. Für die Zulässigkeit der Bildung eines passiven RAP ist eine solche Verlängerung des Gegenleistungszeitraums jedoch nur dann unschädlich, wenn der Zeitraum ursprünglich hinreichend bestimmt festgelegt wurde, wo­ran es im Streitfall gerade fehlt.

(2) Dahinstehen kann, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die von der Klägerin erst im Revisionsverfahren vorgelegte gutachterliche Stellungnahme, wie das FA geltend macht, neuen Tatsachenvortrag enthält, der im Revisions­verfahren nicht berücksichtigt werden könnte. Denn auch aus dieser gutach­terlichen Stellungnahme ergibt sich nicht, dass es sich bei den Schätzungen der Klägerin um solche handelt, denen "allgemeingültige Maßstäbe" zugrunde liegen, was für die Annahme ausreichen könnte, die erhaltenen Zahlungen sei­en in dem von der Klägerin abgegrenzten Umfang im Sinne des § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG Ertrag "für eine bestimmte Zeit" nach dem Bilanzstichtag.

Insoweit kann dahinstehen, ob die von der Klägerin praktizierte Aufteilung von Leistungsanteilen der von ihr im Wesentlichen erbrachten Koordination und Betreuung von Bauvorhaben auf bestimmte Phasen im Einklang mit den Rege­lungen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure oder der in dem Gutachten in Bezug genommenen "Leistungs- und Honorarordnung Projekt­management" des Ausschusses der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e.V. (AHO) steht, und ob sich aus Letzterer überhaupt "allgemeingültige" Maßstäbe ergeben könnten. Denn je­denfalls ergibt sich die von der Klägerin vorgenommene Zuordnung von (kon­kreten) Prozentsätzen zu verschiedenen Leistungsphasen weder aus der Hono­rarordnung für Architekten und Ingenieure noch aus der "Leistungs- und Ho­norarordnung Projektmanagement" des AHO. Dies behauptet letztlich auch die Klägerin nicht. Sie stützt die vorgenommene Zuordnung der prozentualen An­teile ‑‑ebenso wie die Schätzung der zeitlichen Dauer der einzelnen Phasen bei den einzelnen Projekten‑‑ vielmehr auf eigene langjährige Erfahrungen bezie­hungsweise auf eine von der A‑Unternehmensgruppe entwickelte "A‑Systema­tik" (siehe Seite 16 der gutachterlichen Stellungnahme). Bei Anwendung die­ser unternehmensinternen Systematik wird der Zeitraum für die Gegenleis­tung, die nach dem Bilanzstichtag noch zu erbringen ist, jedoch alleine nach einer Gestaltungsentscheidung der Klägerin bestimmt. Eine Änderung der Maßstäbe ist ohne weiteres möglich ‑ wie nicht zuletzt auch der Umstand zeigt, dass die Klägerin am jeweiligen Bilanzstichtag die Dauer der einzelnen Phasen bei den einzelnen Projekten bei Bedarf neu bestimmt. Eine Bindung an einen Vertrag oder eine andere Rechtsquelle besteht nicht. Damit wird die gebotene Objektivierbarkeit der Rechnungslegung aber nicht erreicht.

2. Im Ergebnis zutreffend hat das FG es auch abgelehnt, die im Streitjahr er­haltenen Honorare in dem von der Klägerin begehrten Umfang als erhaltene Anzahlungen zu passivieren.

a) Eine Passivierung erhaltener Anzahlungen auf Bestellungen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG, § 264a Abs. 1, § 266 Abs. 3 Abschn. C Nr. 3 HGB ist dort vor­zunehmen, wo Vorleistungen auf eine zu erbringende Lieferung oder Leistung erfolgen. Als Leistung kommt hierbei auch eine Dienstleistung in Betracht. Eine Vorleistung ist dann nicht mehr anzunehmen, wenn der Anspruch, auf den ge­leistet wird, rechtlich bereits entstanden ist (BFH-Urteil vom 14.10.1999 ‑ IV R 12/99, BFHE 190, 349, BStBl II 2000, 25, unter 2. [Rz 16]).

b) Das Ziel der Passivierung einer Anzahlung, ein vereinnahmtes Entgelt erst dann erfolgswirksam zu erfassen, wenn es durch Erbringung der dafür noch ausstehenden Gegenleistung realisiert ist, ist zwar mit dem Zweck eines pas­siven RAP vergleichbar. Anders als ein Entgelt, für das ein passiver RAP ge­bildet werden kann, ist eine nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG, § 266 Abs. 3 Abschn. C Nr. 3 HGB zu passivierende Anzahlung jedoch weder selbst auf ei­nen bestimmten Zeitraum bezogen, noch hängt ihre Bilanzierbarkeit von einer zeitraumbezogenen Gegenleistung ab (BFH-Urteil vom 25.10.1994 ‑ VIII R 65/91, BFHE 176, 359, BStBl II 1995, 312, unter 3.c aa). Handelt es sich also bei der Leistung, für die die Zahlung erfolgt, um eine zeitraumbezo­gene und keine zeitpunktbezogene Leistung, kann die Passivierung der Zah­lung nur im Wege eines passiven RAP nach Maßgabe des § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG, nicht aber als Anzahlung im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 266 Abs. 3 Abschn. C Nr. 3 HGB passiviert werden. Wollte man statt­dessen (stets) eine Anzahlung statt eines passiven RAP bilanzieren, so würde das Kriterium der "bestimmten Zeit" überflüssig und damit der Wille des Gesetzgebers, keine Vorleistungen für eine unbestimmte Zeit nach dem Bilanzstichtag zu bilanzieren, ausgehebelt (Bauer in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 Rz F26; so im Ergebnis auch Brandis/Heuermann/Krumm, § 5 EStG Rz 501b; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 42. Aufl., § 5 Rz 247; Schubert/Huber in Beck Bil‑Komm., 13. Aufl., § 247 HGB Rz 356; Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, 14. Aufl., § 250 Rz 9; anderer Ansicht Tiedchen in Herrmann/Heuer/Raupach, § 5 EStG Rz 2173).

c) Das FG hat die von der Klägerin nach den einzelnen Projektverträgen zu er­bringenden Leistungen in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise als zeitraumbezogene Leistung gewürdigt und ist danach im Ergebnis zu Recht da­von ausgegangen, dass eine Passivierung der erhaltenen Zahlungen nicht als Anzahlung, sondern nur als passiver RAP in Betracht kommt.

3. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Entscheidung des FG schließ­lich auch insoweit, als das FG eine Erhöhung der vom FA bereits berücksichtig­ten Rückstellung für einen Erfüllungsrückstand der Klägerin abgelehnt hat.

a) Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB sind in der Handelsbilanz Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Das handelsrechtliche Passivie­rungsgebot für Rückstellungen von Verbindlichkeiten gehört zu den Grundsät­zen ordnungsmäßiger Buchführung und gilt nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG auch für die Steuerbilanz. Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für un­gewisse Verbindlichkeiten ist das Bestehen einer nur ihrer Höhe nach ungewis­sen Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach ‑‑deren Höhe zudem unge­wiss sein kann‑‑ sowie ihre wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag. Als weitere Voraussetzung muss der Schuldner ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme rechnen (z.B. BFH-Urteil vom 09.03.2023 ‑ IV R 24/19, BStBl II 2023, 698, Rz 19, m.w.N.).

b) Ansprüche und Verbindlichkeiten aus einem schwebenden Geschäft dürfen in der Bilanz grundsätzlich nicht berücksichtigt werden, weil während des Schwebezustands die (widerlegbare) Vermutung besteht, dass sich die wech­selseitigen Rechte und Pflichten aus dem Vertrag wertmäßig ausgleichen. Ein Bilanzausweis ist nur geboten, wenn und soweit das Gleichgewicht solcher Vertragsbeziehungen durch Vorleistungen oder Erfüllungsrückstände eines Vertragspartners gestört ist oder aus diesem Geschäft ein Verlust droht. Diese Bilanzierungsgrundsätze gelten nicht nur für gegenseitige Verträge, die auf ei­nen einmaligen Leistungsaustausch gerichtet sind, sondern auch für Dauer­schuldverhältnisse (z.B. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 23.06.1997 ‑ GrS 2/93, BFHE 183, 199, BStBl II 1997, 735, unter B.I.3., m.w.N.; ferner BFH-Urteil vom 14.04.2022 ‑ IV R 32/19, BFHE 275, 543, BStBl II 2022, 832).

c) Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass sich die Klägerin zum Bi­lanzstichtag am 31.12.2008 aufgrund von Vorleistungen ihrer Vertragspartner in einem Erfüllungsrückstand befunden hat. Den Umfang ihres Erfüllungsrück­stands am 31.12.2008 hat das FA auf einen Betrag von 2,5 Mio. € geschätzt und in diesem Umfang eine Rückstellung für den Erfüllungsrückstand als zuläs­sig erachtet. Ob zum 31.12.2008 ein entsprechender Erfüllungsrückstand der Klägerin tatsächlich gegeben war, kann wegen des auch im Revisionsverfahren geltenden Verböserungsverbots (dazu z.B. BFH-Urteil vom 14.12.2022 ‑ II R 40/20, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, Rz 38, m.w.N.) dahinste­hen. Denn selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, ist das FG in revisi­onsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gekommen, dass jedenfalls keine höhere als die bereits vom FA berücksichtigte Rückstellung zu passivieren war.

aa) Der Höhe nach sind Rückstellungen für Sachleistungsverpflichtungen wie für einen Erfüllungsrückstand nach § 5 Abs. 6, § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG mit den Einzelkosten und den angemessenen Teilen der notwendigen Gemeinkosten zu bewerten, sofern die handelsrechtliche Bewertung nicht zu einem niedrigeren Wert führt (BFH-Urteil vom 11.10.2012 ‑ I R 66/11, BFHE 239, 315, BStBl II 2013, 676, Rz 14; zur Rechtslage nach Inkrafttreten des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes vom 25.05.2009 ‑‑BGBl I 2009, 1102‑‑ im Jahr 2009: BFH-Urteil vom 09.03.2023 ‑ IV R 24/19, BStBl II 2023, 698, Rz 23 f.). Handelsrechtlicher Bewertungsmaßstab ist nach § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendige Erfüllungs­betrag (vgl. BFH-Urteil vom 11.10.2012 ‑ I R 66/11, BFHE 239, 315, BStBl II 2013, 676, Rz 14 ff.).

bb) Betrifft die Entscheidung des FG ‑‑wie hier‑‑ eine Schätzung von Besteu­erungsgrundlagen, so kann eine revisionsgerichtliche Überprüfung nur darauf­hin erfolgen, ob eine Schätzung dem Grunde nach zulässig war, ob sie in ver­fahrensfehlerfreier Weise zustande gekommen ist und ob sie gegen anerkann­te Schätzungsgrundsätze, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze ver­stößt (z.B. BFH-Urteil vom 16.12.2021 ‑ IV R 1/18, Rz 47, m.w.N.). Die ge­wonnenen Schätzungsergebnisse müssen schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein. Dabei sind alle möglichen Anhaltspunkte, darunter das Vor­bringen des Steuerpflichtigen oder eine an sich fehlerhafte Buchführung zu be­achten und alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um im Rahmen des der Finanz­behörde beziehungsweise dem FG Zumutbaren die Besteuerungsgrundlagen wenigstens teilweise zu ermitteln. Auch das Maß der Verletzung der dem Steu­erpflichtigen obliegenden Mitwirkungspflichten ist zu berücksichtigen. Für das Revisionsgericht muss es möglich sein, die Schätzung nachzuvollziehen, um zu überprüfen, ob das FG bei der Tatsachenfeststellung und der Beweiswürdigung nach sachfremden Erwägungen oder willkürlich verfahren ist (z.B. BFH-Urteil vom 16.12.2021 ‑ IV R 1/18, Rz 48, m.w.N.).

cc) Im Streitfall hat das FG die Schätzung des FA nicht beanstandet, die Höhe des Leistungsrückstands der Klägerin gegenüber ihren Auftraggebern zum Bi­lanzstichtag 31.12.2008 mit nur 2,5 Mio. € anzunehmen. Das FG hat ausge­führt, für die Höhe der Rückstellung habe der Steuerpflichtige detailliert darzu­legen, in welchem Umfang er sich zum Bilanzstichtag in einem Erfüllungsrück­stand befunden habe. Dafür hätte es im Streitfall der Angaben und Unterlagen bedurft, deren Fehlen den Prüfer nach Tz. 2.3 seines Berichts vom 19.12.2011 bewogen habe, die Rückstellung nur in Höhe eines Betrags von 2,5 Mio. € zu­zulassen (Kostenträger- und Kostenstellenrechnungen, Kosten- und Budget­planungen, Nachweise über die Gewichtung der Anteile der einzelnen Phasen und sonstige zweckdienliche Aufzeichnungen). Derartige Angaben habe die Klägerin auch nach Übermittlung des Prüfungsberichts nicht gemacht; entspre­chende Unterlagen habe sie ebenfalls nicht vorgelegt, obwohl ihr deren Bedeu­tung aufgrund des Hinweises im Prüfungsbericht bekannt gewesen sei.

Eine solche Würdigung durch das FG ist möglich. Ohne konkrete Daten zu dem gesamten Erfüllungsaufwand der betroffenen Objekte und dem davon am Bi­lanzstichtag noch ausstehenden Anteil kann die Höhe des Erfüllungsrückstands und damit die Höhe der Rückstellung nicht bestimmt werden. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das FG bei seiner Entscheidung nicht gegen seine Sachaufklärungspflicht nach § 76 Abs. 1 FGO verstoßen, indem es die Klägerin im finanzgerichtlichen Verfahren nicht erneut zu entsprechenden Angaben und zur Vorlage von Unterlagen aufgefordert hat. Vielmehr musste der bereits im Verfahren vor dem FG fachkundig vertretenen Klägerin die Bedeutung entspre­chender Angaben und Unterlagen schon aufgrund des Prüfungsberichts klar sein, sodass es keiner erneuten Aufforderung durch das FG bedurfte. Auch der Einwand der Klägerin, die Begrenzung der Rückstellung auf 2,5 Mio. € ver­stoße gegen allgemeine Denkgesetze und Erfahrungssätze, da sie eine Ge­winnmarge des Betriebs der Klägerin von rund 50 % unterstelle, greift nicht durch. Gegenstand der Rückstellung für eine Sachleistungsverpflichtung ist nicht der (gesamte) unternehmerische Aufwand für die Erzielung seines Er­trags, sodass der entstehende Saldo im Wesentlichen in dem Gewinn bestehen müsste. Die Rückstellung gibt vielmehr lediglich zu einem bestimmten Zeit­punkt ‑‑dem Bilanzstichtag‑‑ den Stand der noch ausstehenden Realisierung von Eigenleistungen des Steuerpflichtigen zur Erfüllung seiner bereits entgol­tenen vertraglichen Verpflichtungen wieder.

4. Der erkennende Senat sieht keinen Anlass zur Einholung einer Vorabent­scheidung des EuGH nach Art. 267 AEUV zur Klärung der Frage, "ob Art. 2 Abs. 3 der RL 78/660/EWG so auszulegen ist, dass er einer Regelung entge­gensteht, nach der Einnahmen nicht den Zeiträumen zuzuordnen sind, in de­nen sie wirtschaftlich verursacht sind, sondern ungeachtet anderweitiger in­nerstaatlicher Vorschriften im Jahr der wirtschaftlichen Verursachung anzuset­zen sind". Nach Ansicht des erkennenden Senats besteht kein Zweifel daran, dass die innerstaatlichen Regelungen dem Grundsatz des "true and fair view" (vgl. § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB) genügen. Selbst wenn im Einzelfall die Passi­vierung einer Vorleistung weder als passiver RAP nach § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG noch als Anzahlung im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 266 Abs. 3 Abschn. C Nr. 3 HGB in Betracht kommt, besteht jedenfalls die Mög­lichkeit, den der Vorleistung entsprechenden Erfüllungsrückstand im Wege einer Rückstellung zu passivieren. Wenn es dem Steuerpflichtigen ‑‑wie hier der Klägerin‑‑ im Einzelfall nicht gelingt, das Vorliegen der Voraussetzungen für die Bildung einer (höheren) Rückstellung nachzuweisen, liegt darin kein Verstoß innerstaatlicher Vorschriften gegen Normen des Unionsrechts.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

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