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BFH: Restschuldbefreiung bei Betriebsaufgabe

  1. Die Erteilung der Restschuldbefreiung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens stellt für die Ermittlung des Gewinns aus einer Betriebsaufgabe auch dann ein rückwirkendes Ereignis dar, wenn der Betrieb erst nach der Eröffnung des In­solvenzverfahrens aufgegeben worden ist (Fortführung des Senatsurteils vom 13.12.2016 ‑ X R 4/15, BFHE 256, 392, BStBl II 2017, 786 = SIS 16 28 60).
  2. Die aus der Restschuldbefreiung resultierenden Steuern sind im Fall der Be­triebsaufgabe nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Masseverbindlichkeiten i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, da sie Folge der Verwaltung durch den Insol­venzverwalter sind.

InsO § 38, § 55 Abs. 1, § 286, § 300 Abs. 1 Satz 1, § 301 Abs. 1
AO § 174 Abs. 4, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2, § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 2
EStG § 16 Abs. 3 Satz 1

BFH-Urteil vom 6.4.2022, X R 28/19 (veröffentlicht am 15.12.2022)

Vorinstanz: FG Münster vom 8.5.2019, 9 K 1452/18 E,F,AO (EFG 2019, 1781 = SIS 19 16 10)

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden für die Streitjahre 2005 bis 2007 einzeln und für die Streitjahre 2008 bis 2012 zusammen zur Einkom­mensteuer veranlagt. Der Kläger betrieb ein Restaurant in Form eines Einzelun­ternehmens.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) stellte zum 31.12.2004 einen verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer in Höhe von 1.463.000 € fest. Anfang Januar 2005 beantragte der Kläger die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen. Nach den ‑‑von den Klägern im Revisionsverfahren allerdings angegriffenen‑‑ Feststellungen des Finanzge­richts (FG) betrieb der Kläger das Restaurant bis zum 27.02.2005; anschließend wurde es von der bisherigen Restaurantleiterin fortgeführt. Der Kläger ging während des Insolvenzverfahrens einer nichtselbständigen Arbeit nach. Dane­ben erzielte er Einkünfte aus einer gewerblichen Beteiligung und aus Vermie­tung und Verpachtung.

Am ...03.2005 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Insolvenzverwalte­rin veräußerte das Betriebsgrundstück mit notarieller Urkunde vom 16.06.2005 für 1.200.000 €.

Das FA änderte am 03.09.2009 den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2005 und stellte einen Verlust von nunmehr 1.392.172 € fest. Am 14.09.2009 folgte ein "geänderter" Einkommensteuerbescheid 2005, der wie die Einkommensteuer­bescheide vom 24.09.2007 und vom 17.01.2008 unverändert auf 0 € lautete. Die Bescheide wurden der Insolvenzverwalterin mit dem Zusatz "als Insol­venzverwalterin für X 'vor Insolvenz'" bekanntgegeben.

In der Folgezeit erließ das FA geänderte Einkommensteuerbescheide für die weiteren Streitjahre 2006 bis 2008 und erstmalige Einkommensteuerbescheide für 2009 und 2010, die jeweils auf 0 € lauteten. Ebenso ergingen Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Ein­kommensteuer zum 31.12. der Jahre 2006 bis 2010. Zum 31.12.2010 betrug der verbleibende Verlustvortrag 1.133.924 €.

Nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode erteilte das Amtsgericht als Insolvenz­gericht dem Kläger zum 01.03.2011 die Restschuldbefreiung und informierte das FA als Gläubiger von der Restschuldbefreiung. Die anerkannten Verbind­lichkeiten betrugen zu diesem Zeitpunkt 5.527.254,87 €.

Obwohl die Kläger mit Schreiben vom 29.01.2013 anlässlich der Übersendung von Belegen zur Einkommensteuererklärung 2011 erklärten, dass der festge­stellte verbleibende Verlustvortrag als Folge der Restschuldbefreiung nicht weiter vorgetragen werde, erließ das FA auch für die Folgejahre 2011 und 2012 Verlustfeststellungsbescheide, die an den für das jeweilige Vorjahr fest­gestellten Verlustvortrag anknüpften, sowie entsprechende Einkommensteuer­bescheide über 0 €.

Erst bei der Bearbeitung der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2013 bemerkte das FA, dass trotz der Restschuldbefreiung weiterhin ein verbleiben­der Verlustvortrag festgestellt worden war. Unter Berufung auf § 129 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) berichtigte es deshalb am 19.03.2015 den Ein­kommensteuerbescheid 2011, was sich indes nur auf die Besteuerungsgrund­lagen auswirkte, während die Festsetzung unverändert bei 0 € blieb. Ferner hob das FA gemäß § 10d Abs. 4 Sätze 4 und 5 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Jahressteuergesetzes (JStG) 2010 (EStG n.F.) die Verlust­feststellung zum 31.12.2011 auf.

Die Klage gegen die das Streitjahr 2011 betreffenden Änderungen hatte Erfolg (Entscheidungen der Finanzgerichte ‑‑EFG‑‑ 2016, 1871). Das FG führte aus, die Restschuldbefreiung sei als rückwirkendes Ereignis anzusehen und habe daher bereits im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe im Jahr 2005 eine Erhöhung des Aufgabegewinns bewirkt. Dabei ging das FG davon aus, dass der Betrieb im Januar 2005 ‑‑und damit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens‑‑ ein­gestellt worden sei. In der mündlichen Verhandlung hatte das FG für den Fall der Klagestattgabe auf die Änderungsmöglichkeit des FA nach § 174 Abs. 4 AO hingewiesen. Die vom FA eingelegte und beim Bundesfinanzhof (BFH) unter dem Aktenzeichen IX R 30/16 geführte Revision wurde nach einem Hinweis des BFH auf das zwischenzeitlich veröffentlichte Senatsurteil vom 13.12.2016 ‑ X R 4/15 (BFHE 256, 392, BStBl II 2017, 786) vom FA zurück­genommen. Das FA setzte daraufhin die Einkommensteuer 2011 ohne Berück­sichtigung des Buchgewinns aus der Restschuldbefreiung fest, wobei die Steu­er weiterhin 0 € betrug. Der verbleibende Verlustvortrag zum 31.12.2011 wurde auf 1.067.187 € festgestellt.

Allerdings erließ das FA am 23.11.2017 einen geänderten Einkommensteuer­bescheid für das Streitjahr 2005, in dem es die steuerlichen Auswirkungen der Restschuldbefreiung berücksichtigte. Dabei begrenzte es den sich aufgrund der Restschuldbefreiung ergebenden Buchgewinn gemäß § 163 AO auf den zum 31.12.2004 festgestellten Verlustvortrag von 1.463.000 €. Der Gesamtbetrag der Einkünfte betrug demzufolge 1.533.828 €, die festgesetzte Einkommen­steuer 20.789 €. Die Änderung stützte das FA auf § 174 Abs. 4 i.V.m. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Der Bescheid erging an den Kläger "vor Insolvenz".

Den Bescheid über die gesonderte Verlustfeststellung zum 31.12.2005 hob das FA auf. Diese Änderung stützte es auf § 10d Abs. 4 Satz 4 des Einkommen­steuergesetzes in der Fassung vor dem Inkrafttreten der Änderungen durch das JStG 2010 (EStG a.F.) i.V.m. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Auch dieser Bescheid erging gegenüber dem Kläger "vor Insolvenz". Mit einem gesonder­ten Bescheid setzte das FA Nachzahlungszinsen fest, die es durch Bescheid vom 06.12.2017 auf 5.655 € reduzierte. Außerdem erließ es einen Bescheid über die Festsetzung von Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 2005 in Höhe von 88 €.

Am 05.12.2017 änderte das FA die Einkommensteuerfestsetzungen 2006 bis 2012 und berücksichtigte für diese Veranlagungszeiträume keine Verlustabzü­ge mehr. Die gesonderten Feststellungen über die verbleibenden Verlustvor­träge auf den 31.12.2006 bis 31.12.2011 hob das FA auf. Es stützte die Ände­rungen auf § 174 Abs. 4 i.V.m. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO. Während es die Einkommensteuerfestsetzungs- und Verlustfeststellungsbescheide für die Streitjahre 2006 und 2007 an den Kläger "vor Insolvenz" adressierte, ergingen die Bescheide für die Streitjahre 2008 bis 2012 an die Kläger gemeinsam, wo­bei die Aufhebung der Verlustfeststellungsbescheide zum 31.12.2008 bis 31.12.2011 allein den Kläger betraf. Mit den Einkommensteuerfestsetzungen setzte das FA Nachzahlungszinsen zur Einkommensteuer 2006 bis 2012 fest.

Die Kläger erhoben nach erfolglosem Einspruch Klage gegen die Einkommen­steuerbescheide 2005 bis 2012 vom 23.11.2017 bzw. 05.12.2017, wobei sie ausdrücklich die Einsprüche als solche gegen die Bescheide über Einkommen­steuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer bezeichneten sowie gegen die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31.12.2005 bis 31.12.2011 vom 23.11.2017 bzw. 05.12.2017. Da­rüber hinaus erhoben sie Klage gegen den Bescheid vom 29.11.2017 über die Festsetzung von Aussetzungszinsen sowie gegen die Festsetzungen von Nach­zahlungszinsen zur Einkommensteuer 2005 und zur Einkommensteuer 2006 bis 2012.

Nachdem das FG die Klagen bezüglich der Nachzahlungszinsen zur Einkom­mensteuer 2005 sowie wegen Einkommensteuer 2005 bis 2007 abgetrennt hatte, verwarf es die Klage gegen die Bescheide über Nachzahlungszinsen 2006 bis 2012 als unzulässig, gab der Klage gegen den Bescheid über die Festsetzung von Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 2005 statt und wies die Klage im Übrigen ab (EFG 2019, 1781).

In Bezug auf den Buchgewinn aus der Restschuldbefreiung ging das FG davon aus, dass das FA diesen zu Recht im Streitjahr 2005 angesetzt habe. Dies sei Folge der erfolgreichen Klage gegen die geänderten Bescheide für 2011. Die Änderung sei gemäß § 174 Abs. 4 AO möglich, wobei die bereits eingetretene Festsetzungsverjährung für das Streitjahr 2005 wegen § 174 Abs. 4 Satz 3 AO unbeachtlich sei. Vertrauensschutzerwägungen stünden der Änderung nicht entgegen. Aufgrund der Änderung der Einkommensteuerfestsetzung des Streitjahres 2005 sei die Verlustfeststellung zum 31.12.2005 gemäß § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG a.F. zu ändern. Ein verbleibender Verlustvortrag entfalle, so dass auch die Verlustfeststellungen zum 31.12.2006 bis 31.12.2011 zu än­dern seien. Die Änderungen der Einkommensteuerbescheide 2006 bis 2012 seien folglich ebenfalls zutreffend nach § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG a.F./n.F. i.V.m. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geändert worden.

Die Kläger machen mit ihrer Revision insbesondere die Verletzung materiellen Rechts geltend.

Das FG-Urteil stehe im Widerspruch zum Senatsurteil in BFHE 256, 392, BStBl II 2017, 786, da es die Restschuldbefreiung auch dann als rückwirkendes Er­eignis ansehe, wenn die Betriebsaufgabe nach der Eröffnung des Insolvenzver­fahrens erfolgt sei. Dabei verkenne das FG die Funktion einer Betriebsaufgabe­bilanz. Sie sei auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe zu erstellen. Liege dieser nach dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sei fraglich, ob eine Pflicht zur Aufstellung der Aufgabebilanz bestehe. Folglich könne die Rest­schuldbefreiung nur im Streitjahr 2011 berücksichtigt werden.

Darüber hinaus wende das FG die Korrekturvorschrift des § 174 Abs. 4 AO un­zutreffend an. Denn das FA sei zum Zeitpunkt des Erlasses des Einkommen­steueränderungsbescheides für das Streitjahr 2011 am 19.03.2015 keinem Irrtum unterlegen. Vielmehr habe es die im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 22.12.2009 ‑ IV C 6 ‑ S 2140/07/10001 (BStBl I 2010, 18) vertretene Verwaltungsauffassung umgesetzt. Auch sei zu diesem Zeitpunkt die Festsetzungsfrist hinsichtlich des Streitjahres 2005 bereits abge­laufen gewesen. Somit sei im November 2017 der Erlass des Änderungsbe­scheides für das Streitjahr 2005 aufgrund des rückwirkenden Ereignisses der Restschuldbefreiung, die 2011 eingetreten und Ende 2015 vom FG durch Auf­hebung der ursprünglichen Änderungsbescheide gewürdigt worden sei, nicht mehr möglich gewesen. In Bezug auf die Ablaufhemmung nach § 174 Abs. 4 Satz 3 AO sei auf die Veröffentlichung des Senatsurteils zur Rückwirkung einer Restschuldbefreiung (BFHE 256, 392, BStBl II 2017, 786) abzustellen, die erst nach 2015 erfolgt sei.

Außerdem sei aufgrund der Änderung der BFH-Rechtsprechung Vertrauens­schutz nach § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO zu gewähren. Bei Änderung der Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr 2011 durch Bescheid vom 19.03.2015 sei das Senatsurteil in BFHE 256, 392, BStBl II 2017, 786 noch nicht veröffentlicht gewesen. Eine Änderung gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO komme mangels Annahme eines rückwirkenden Ereignisses im Fall der Änderung der Rechtsprechung nicht in Frage. Denn der Steuerpflichtige müsse darauf vertrauen können, dass die Rechtslage gelte, die im Zeitpunkt der Sachverhaltsverwirklichung existiere. Dem trage § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO Rechnung und spreche eine Änderungssperre aus, die sich auch auf verfah­rensrechtliche Fragen beziehe. Daneben hindere die Existenz des BMF-Schrei­bens in BStBl I 2010, 18 unabhängig von der objektiven Rechtslage aufgrund der bestehenden Weisungslage eine Umgehung der Vertrauensschutzregelung des § 176 AO.

Auch stehe einer Änderung der Einkommensteuerfestsetzung 2005 die Ver­trauensschutzregelung des § 176 Abs. 2 AO entgegen. Anders als vom FG an­genommen, liege kein Fall des "venire contra factum proprium" vor. Die Kläger hätten die Einkommensteuerfestsetzung 2011 angegriffen, weil die Vorausset­zungen für eine Berichtigung, die das FA auf § 129 AO gestützt habe, nicht erfüllt gewesen seien. Die vom FG im Jahr 2016 vertretene Rechtsauffassung, die Restschuldbefreiung stelle ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar, hätten sich die Kläger nie zu eigen gemacht.

Schließlich widerspreche es rechtsstaatlichen Grundsätzen, eine Änderung nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO zu veranlassen. Es bestehe sonst für das FA die Möglichkeit, sich durch eine fehlerhafte (Erst‑)Änderung eine Korrekturmög­lichkeit nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO zu schaffen, nur weil sich der Steuer­pflichtige gegen diese fehlerhafte Änderung erfolgreich gewehrt habe. Viel­mehr setze die Anwendung des § 174 Abs. 4 AO voraus, dass die einzige Ur­sache der Fehlerhaftigkeit die materiell-rechtlich unzutreffende Würdigung ei­nes bestimmten Sachverhalts sei.

Das FA habe sich beim erstmaligen Erlass des Einkommensteuer- und des Ver­lustfeststellungsbescheides für das Streitjahr 2005 nicht darüber geirrt, dass der sich aus der Restschuldbefreiung ergebende Gewinn nicht im Streitjahr 2005, sondern im Streitjahr 2011 zu erfassen sei. Da die Restschuldbefreiung im Jahr 2005 noch nicht erteilt worden sei, scheide eine fehlerhafte Würdigung bzw. falsche zeitliche Zuordnung im Rahmen dieser Einkommensteuerfestset­zung aus.

Die Kläger bzw. der Kläger beantragen sinngemäß,
das FG-Urteil, die Einspruchsentscheidung vom 20.04.2018 sowie die geänder­ten Einkommensteuerbescheide für 2005 vom 23.11.2017 und für 2006 bis 2012 vom 05.12.2017, die Bescheide über die Aufhebung der gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2005 vom 23.11.2017 und zum 31.12. der Jahre 2006 bis 2011 vom 05.12.2017 und die Bescheide über die Festsetzung von Nachzahlungszinsen zur Einkommensteuer 2006 bis 2012 vom 05.12.2017 aufzuheben.

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Die Restschuldbefreiung sei auch im vorliegenden Fall ein rückwirkendes Er­eignis gewesen. Dabei könne dahinstehen, ob dieses Ereignis auf das Jahr, für das die Aufgabebilanz aufzustellen war, oder auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückwirke. In beiden Fällen sei eine Änderung der Einkommensteuerfestsetzung des Streitjahres 2005 vorzunehmen. Da jedoch die fehlende gesetzliche Abstimmung zwischen dem Steuer- und Insolvenz­recht tatbestandlich nicht durch eine steuerliche Rückwirkung auf den Zeit­punkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu bereinigen sei, sei die Be­triebsaufgabe entscheidend.

Das FA habe sich über die materiell-rechtliche Behandlung der gewährten Restschuldbefreiung geirrt, damit sei der Anwendungsbereich des § 174 Abs. 4 AO eröffnet. Eine Festsetzungsverjährung sei nicht eingetreten. Mangels vor­liegender höchstrichterlicher Rechtsprechung scheide Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO aus. Der Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 2 AO scheitere daran, dass die Verwaltungsanweisung, hier das BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 18, bei Erlass der ursprünglichen Steuerfestsetzung noch nicht existent gewesen sei. Auch sei zu beachten, dass zu diesem Zeitpunkt noch nicht festgestanden habe, ob es zur Restschuldbefreiung komme. Zwar stellten die Kläger darauf ab, dass sie sich nicht treuwidrig verhalten hätten, als sie die Aufhebung des Einkommensteueränderungsbescheides für das Streitjahr 2011 in dem Klageverfahren 9 K 3457/15 E,F gefordert hätten. Schon ihr Prozessbe­vollmächtigter habe aber bereits in der Klageschrift darauf hingewiesen, nicht nur die Ermittlung des Gewinns aus der Restschuldbefreiung, sondern auch die Frage, in welchem Veranlagungszeitraum dieser anzusetzen sei, seien rechtlich umstritten und höchstrichterlich ungeklärt. Das FG habe darüber hinaus mehr­fach die Kläger auf die materiell-rechtlichen Folgen einer Restschuldbefreiung im Jahr 2011 hingewiesen.

II. In Bezug auf die Streitjahre 2005 bis 2007 ist die Revision allein vom Kläger eingelegt worden, in Bezug auf die Streitjahre 2008 bis 2012 hingegen von beiden Klägern gemeinsam.

Aus dem Rubrum der Revisionsbegründung ergibt sich, dass die Kläger nur insoweit Revision eingelegt haben, als das FG in seinem Urteil zu ihrem Nach­teil entschieden hat. Da ihre Klage in Bezug auf den Bescheid über die Fest­setzung von Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 2005 Erfolg hatte, ist deshalb im Wege der Auslegung davon auszugehen, dass sie insoweit keine Revision eingelegt haben.

Eine Revision in Bezug auf einen Abrechnungsbescheid zur Einkommensteuer 2005 oder die Anrechnungsverfügung zur Einkommensteuer 2005, soweit die­se Teil des Einkommensteueränderungsbescheides sind, liegt ebenfalls nicht vor. Zwar formuliert der Kläger nicht nur in der Revisionseinlegungsschrift, sondern auch in der Revisionsbegründungsschrift vom 20.12.2019 ausdrück­lich den Antrag, auch den "Abrechnungsbescheid zur Einkommensteuer 2005" aufzuheben. Rechtliche Ausführungen macht er jedoch nicht. Vielmehr ist, wie bereits vom FG in der mündlichen Verhandlung dargelegt, davon auszugehen, dass er insoweit lediglich irrtümlich seinen ursprünglich im Klageverfahren schriftsätzlich angekündigten Antrag wiederholt hat. Dafür spricht im Übrigen, dass das angegriffene FG-Urteil eine Entscheidung hierzu nicht enthält und der Kläger ausweislich des FG-Urteils auch eine solche Entscheidung nicht bean­tragt hat.

III. Die Revision ist, soweit sie die Bescheide über Nachzahlungszinsen für 2006 bis 2012 betrifft, gemäß § 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) als unzulässig zu verwerfen. Es fehlt an der erforderlichen Angabe von Revisions­gründen (weiterführend vgl. nur BFH-Urteil vom 17.03.2010 ‑ IV R 25/08, BFHE 228, 509, BStBl II 2010, 622, Rz 26 f., m.w.N.).

Im Übrigen hat das FG, worauf der Senat zur Klarstellung hinweist, die Klage insoweit zu Recht als unzulässig verworfen, da das gemäß § 44 FGO erforderli­che Einspruchsverfahren nicht durchgeführt wurde. Das FG kommt im Rahmen seiner Auslegung zu dem vertretbaren Ergebnis, dass in den ursprünglichen Einsprüchen gegen die Einkommensteuerfestsetzungen keine Einwendungen gegen die Festsetzungen von Nachzahlungszinsen erhoben worden sind und diese deshalb bestandskräftig geworden sind (vgl. hierzu auch BFH-Urteil vom 29.10.2019 ‑ IX R 4/19, BFHE 266, 126, BStBl II 2020, 368, Rz 16, m.w.N.).

IV. Die Revision ist im Übrigen begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefoch­tenen Urteils, soweit es die geänderten Einkommensteuerbescheide für 2005 vom 23.11.2017 und für 2006 bis 2012 vom 05.12.2017 sowie die Bescheide über die Aufhebung der gesonderten Feststellungen der verbleibenden Ver­lustvorträge zur Einkommensteuer zum 31.12.2005 vom 23.11.2017 und zum 31.12. der Jahre 2006 bis 2011 vom 05.12.2017 betrifft. Die Sache wird inso­weit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO an die Vorinstanz zurückverwiesen. Es fehlt an den notwen­digen Feststellungen des FG, wann der Betrieb aufgegeben worden ist und ob das Insolvenzverfahren bei Erlass der angefochtenen Bescheide bereits been­det war.

Zwar hat das FG materiell-rechtlich zutreffend entschieden, dass der sich aus der Restschuldbefreiung ergebende Gewinn im Streitjahr 2005 anzusetzen ist (unten 1.). Auch geht das FG zu Recht davon aus, dass eine Änderung der Einkommensteuerfestsetzung 2005 nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO möglich war (unten 2.). Dieser Änderung stehen auch die Vertrauensschutzregelungen des § 176 AO nicht entgegen (unten 3.). Folglich konnten auch die gesonderten Feststellungen der verbleibenden Verlustvorträge zur Einkommensteuer so­wohl zum 31.12.2005 als auch zum 31.12.2006 bis 31.12.2011 sowie die Ein­kommensteuerfestsetzungen 2006 bis 2012 geändert werden (unten 4.). Da das FG allerdings zum einen rechtsfehlerhaft offengelassen hat, ob der Betrieb vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgegeben wurde, und zum anderen nicht festgestellt hat, ob und wann das Insolvenzverfahren be­endet wurde, vermag der Senat nicht zu beurteilen, ob der Einkommensteuer­bescheid 2005 bei einer möglichen Betriebsaufgabe nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirksam bekanntgegeben worden ist (unten 5.). Die Sa­che ist folglich nicht spruchreif, so dass sie zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen an das FG zurückverwiesen werden muss (unten 6.).

1. Das FG hat zu Recht entschieden, dass der aus der Restschuldbefreiung re­sultierende Gewinn im Streitjahr 2005 anzusetzen ist.

a) Die Restschuldbefreiung betrifft nach § 286 der Insolvenzordnung (InsO) die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht erfüllten Insolvenzforde­rungen der Insolvenzgläubiger i.S. des § 38 InsO (vgl. nur Kexel in Graf-Schlicker, Kommentar zur Insolvenzordnung, 6. Aufl., § 286 Rz 6, m.w.N.; Braun/Pehl, Insolvenzordnung, 8. Aufl., § 286, Rz 80). Grundsätzlich werden diese Forderungen ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft des Beschlusses des In­solvenzgerichts gemäß § 300 Abs. 1 Satz 1 InsO, mit dem die Restschuldbe­freiung erteilt wird, in unvollkommene Verbindlichkeiten (sog. Naturalobligati­onen) umgewandelt, deren Erfüllung von da ab ‑‑d.h. ex nunc‑‑ freiwillig mög­lich ist, jedoch nicht erzwungen werden kann (so bereits Senatsurteil vom 03.02.2016 ‑ X R 25/12, BFHE 252, 486, BStBl II 2016, 391, Rz 46). Betriebli­che Verbindlichkeiten sind daher bis zum Eintritt der Restschuldbefreiung zum Nennwert zu passivieren. Der Beschluss, mit dem die Restschuldbefreiung er­teilt wird, wirkt nach § 301 Abs. 1 Satz 1 InsO gegen alle Insolvenzgläubiger, selbst wenn sie ihre Forderungen nicht angemeldet haben (§ 301 Abs. 1 Satz 2 InsO).

b) Zwar wirkt die Erteilung der Restschuldbefreiung steuerrechtlich grundsätz­lich nicht zurück (Senatsurteil in BFHE 252, 486, BStBl II 2016, 391, Rz 46). Das gilt jedoch nicht in Bezug auf betriebliche Verbindlichkeiten im Zusam­menhang mit einer Betriebsaufgabe. Die Befreiung von solchen Verbindlichkei­ten ist auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe zurückzubeziehen, unabhängig davon, ob diese vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens lag.

aa) Soweit der Betrieb vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens i.S. des § 16 Abs. 3 EStG aufgegeben worden ist, hat der Senat dies bereits im Urteil in BFHE 256, 392, BStBl II 2017, 786 klargestellt. Entscheidend ist hierbei, dass die Restschuldbefreiung ausgehend von den zu § 16 EStG entwickelten Grund­sätzen zum Wegfall der in der Aufgabebilanz ausgewiesenen betrieblichen Verbindlichkeiten führt.

bb) Nichts anderes kann gelten, wenn die Betriebsaufgabe, wovon die Kläger für den Streitfall ausgehen, erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt ist.

Entscheidend ist auch in diesem Fall, dass die mit der Restschuldbefreiung verbundene rechtserhebliche Sachverhaltsänderung an den einmaligen Vor­gang der Betriebsaufgabe anknüpft, die nicht in einer Folgebilanz oder nach den Grundsätzen des Zuflussprinzips in einem späteren Veranlagungszeitraum berücksichtigt werden kann. Mit der Betriebsaufgabe endet die Existenz des Gewerbebetriebs, so dass die einkommensteuerlichen Rechtsfolgen der Ausbu­chung der von der Restschuldbefreiung betroffenen betrieblichen Verbindlich­keiten zu diesem Zeitpunkt gezogen werden müssen (so auch der Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages zum Entwurf eines Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassun­gen, BTDrucks 18/12128, S. 33). Zur näheren Begründung verweist der Senat insoweit auf die Ausführungen in seinem Urteil in BFHE 256, 392, BStBl II 2017, 786, Rz 49. Dieses Ergebnis ist unabhängig davon, ob ursprünglich eine Betriebsaufgabebilanz erstellt worden ist oder nicht.

cc) Da vorliegend die Betriebsaufgabe unstreitig im Jahr 2005 liegt, ist es, wie schon das FG zutreffend erkannt hat, in Bezug auf die Einordnung der Rest­schuldbefreiung als rückwirkendes Ereignis gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ohne Belang, wann genau in diesem Jahr der Gewerbebetrieb des Klägers aufgegeben worden ist. Anders als von den Klägern angenommen, ergibt sich aus dem zweiten Leitsatz zum Senatsurteil in BFHE 256, 392, BStBl II 2017, 786 nichts anderes. Vielmehr hat der Senat diesen erkennbar ausgehend von dem damals konkret zu beurteilenden Sachverhalt formuliert, der allein eine Betriebsaufgabe vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens betraf. Eine Ein­grenzung in Bezug auf den Zeitpunkt der steuerlichen Berücksichtigung eines Buchgewinns aus der Restschuldbefreiung ist hierin nicht zu sehen.

2. Zu Recht geht das FG auch davon aus, dass das FA den Einkommensteuer­bescheid 2005 gemäß § 174 Abs. 4 AO ändern durfte (unter a). Diese Ände­rung scheitert weder an einer Festsetzungsverjährung (unter b) noch stand ihr der Grundsatz von Treu und Glauben entgegen (unter c).

a) Die Einkommensteuerfestsetzung 2005 konnte aufgrund der in diesem Jahr erfolgten Betriebsaufgabe nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO geändert werden.

aa) Nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO können, wenn aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen ist, der aufgrund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Fi­nanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheides die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird (Satz 2).

bb) § 174 Abs. 4 AO erfasst dabei auch Sachverhalte, in denen die Finanzbe­hörde darüber irrt, in welchem Jahr die steuerlichen Folgerungen aus einem bestimmten Sachverhalt zu ziehen sind (Senatsurteil vom 25.10.2016 ‑ X R 31/14, BFHE 255, 399, BStBl II 2017, 287, Rz 13, m.w.N.). Vorliegend hatte das FA zu entscheiden, in welchem Jahr die Erteilung einer Restschuld­befreiung zu einem Erlöschen der betrieblichen Verbindlichkeiten des (damali­gen) Insolvenzschuldners führt. Über diesen Zeitpunkt hat das FA geirrt und deshalb zunächst eine Korrektur der Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr 2011 sowie eine Aufhebung der Verlustfeststellung zum 31.12.2011 vorgenommen. Es hätte jedoch, wie unter IV.1. dargelegt, aufgrund der ein­kommensteuerrechtlichen Rückwirkung der Restschuldbefreiung auf den Zeit­punkt der Betriebsaufgabe die Einkommensteuerfestsetzung des Streitjahres 2005 gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ändern müssen. Dabei ist es für die Beurteilung des Sachverhalts unerheblich, ob der für die rechtsirrige Beurtei­lung ursächliche Fehler im Tatsächlichen (Betriebsaufgabe im Jahr der Eröff­nung des Insolvenzverfahrens) oder im Rechtlichen (Rückwirkung der Rest­schuldbefreiung als Ausnahme bei betrieblichen Verbindlichkeiten eines aufge­gebenen Betriebs) liegt (vgl. dazu grundsätzlich auch Senatsurteil in BFHE 255, 399, BStBl II 2017, 287, Rz 15, m.w.N.).

cc) Ein Irrtum des FA über die zeitliche Berücksichtigung des Befreiungsge­winns ist nicht deshalb zu verneinen, weil die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 18 angewiesen worden war, die Restschuldbefrei­ung (nunmehr) erst im Jahr ihrer Erteilung zu berücksichtigen. Zu Recht weist das FG darauf hin, es sei allein entscheidend, dass das FA den Sachverhalt bei Erlass des Einkommensteueränderungsbescheides 2011 kannte, ihn aber fälschlicherweise nicht im Streitjahr 2005 berücksichtigte. Auch ist unerheb­lich, ob das FA die Änderung der Einkommensteuerfestsetzung 2011 aufgrund des BMF-Schreibens in BStBl I 2010, 18 vornahm, weil es die dort dargelegte Rechtsansicht für richtig hielt oder nicht. Entscheidend bleibt, dass das FA die richtige Berücksichtigung des Sachverhalts verkannte und deshalb ein Steuer­bescheid erging, der aufgrund der Klage der Kläger durch das FG aufgehoben wurde. Denn dieser Erfolg des Steuerpflichtigen führt gemäß § 174 Abs. 4 Satz 1 AO auch dann zur Anpassung durch Erlass des die richtigen steuerli­chen Folgerungen umsetzenden (anderen) Steuerbescheides, wenn das FA bei Erlass des fehlerhaften Bescheides dessen Rechtswidrigkeit kannte oder hätte kennen müssen (Senatsurteil in BFHE 255, 399, BStBl II 2017, 287, Rz 18 f.). Dabei ist nicht nach dem Grund der Fehlerhaftigkeit des rechtswidrig erlasse­nen und später aufgehobenen Steuerbescheides zu unterscheiden. Folglich kann dahinstehen, ob das FG die Aufhebung des Einkommensteueränderungs­bescheides 2011 mit der fehlerhaften Anwendung einer Korrekturvorschrift, hier des § 129 Satz 1 AO, oder mit der falschen Beurteilung der materiell-rechtlichen Folgen der Restschuldbefreiung nach einer Betriebsaufgabe be­gründet hat.

b) Die Änderung des Einkommensteuerbescheides 2005 ist nicht wegen Ein­tritts der Festsetzungsverjährung ausgeschlossen.

aa) Das FG hat den fehlerhaft geänderten Einkommensteuerbescheid 2011 mit Urteil vom 21.07.2016 aufgehoben. Dieses Urteil ist durch Rücknahme der Re­vision IX R 30/16 am 04.09.2017 rechtskräftig geworden. Der angefochtene Einkommensteueränderungsbescheid 2005 erging am 23.11.2017, also inner­halb der Jahresfrist des § 174 Abs. 4 Satz 3 AO.

bb) Dem steht § 174 Abs. 4 Satz 4 AO nicht entgegen.

Nach § 174 Abs. 4 Satz 4 AO ist der Fristablauf für den Fall, dass die Festset­zungsfrist bereits abgelaufen war, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO unbeachtlich. Der in § 174 Abs. 4 Satz 4 AO ge­nannte "später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid" ist der auf Rechtsbehelf oder Antrag des Steuerpflichtigen aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid, hier also der geänderte Einkommensteuerbescheid 2011 vom 19.03.2015 und der aufgehobene Verlustfeststellungsbescheid zum 31.12.2011 vom gleichen Tag.

Zu diesem Zeitpunkt war in Bezug auf die Änderung der Einkommensteuer­festsetzung 2005 aufgrund der zwischenzeitlich beschlossenen Restschuldbe­freiung noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten. Denn die Einkommen­steuerfestsetzung 2005 hätte zu diesem Zeitpunkt noch gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geändert werden können. Aufgrund der im Jahr 2011 be­schlossenen Restschuldbefreiung mit steuerlicher Rückwirkung begann die Festsetzungsfrist insoweit gemäß § 175 Abs. 1 Satz 2 AO erst mit Ablauf des Kalenderjahres 2011 und endete gemäß § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO mit Ab­lauf des 31.12.2015. Damit kommt es auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO im Streitfall nicht an.

c) Die Änderung der Steuerfestsetzung 2005 verstößt nicht gegen den Grund­satz von Treu und Glauben.

aa) Die Änderungsmöglichkeit des § 174 Abs. 4 AO beruht auf dem Grundsatz von Treu und Glauben und verlangt deshalb vom FA als demjenigen, welcher hieraus einen Vorteil zieht, sich nicht selbst treuwidrig zu verhalten. Eine sol­che Konstellation für eine treuwidrige Änderung gemäß § 174 Abs. 4 AO kann vorliegen, wenn sich die Finanzverwaltung absichtlich eine ansonsten nicht gegebene Voraussetzung einer Änderungsmöglichkeit aus § 174 Abs. 4 AO schafft, wobei allerdings die abstrakte Besorgnis einer Missbrauchsmöglichkeit nicht ausreicht (vgl. Senatsurteil in BFHE 255, 399, BStBl II 2017, 287, Rz 36, m.w.N.). Konkrete Indizien, die auf ein treuwidriges Verhalten des FA hindeu­ten könnten, sind hier schon aufgrund des Verfahrensablaufs nicht gegeben.

bb) Eine Treuwidrigkeit in Folge einer rechtswidrigen Änderung der Einkom­mensteuerfestsetzung 2011 ist im Streitfall bereits deshalb ausgeschlossen, weil das FA zum Zeitpunkt dieser Änderung die Einkommensteuerfestsetzung des Streitjahres 2005 nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO hätte ändern können (vgl. IV.1.b bb).

cc) Die Zweifel daran, dass eine Berichtigung der Einkommensteuerfestset­zung 2011 gemäß § 129 Satz 1 AO rechtlich möglich gewesen sein sollte, sind zwar nach Ansicht des Senats berechtigt; sie allein reichen aber bei dem ge­gebenen Sachverhalt nicht aus, um ein treuwidriges Verhalten des FA anzu­nehmen. Dabei ist der konkrete Verfahrensablauf dieser im Ergebnis erfolglo­sen Änderung durch das FA in den Blick zu nehmen. Überzeugt von der Rich­tigkeit einer Änderungsmöglichkeit, hat das FA sich nicht nur im Klageverfah­ren verteidigt, sondern auch gegen das FG-Urteil in EFG 2016, 1871 Revision eingelegt. Dies zeigt deutlich, dass sich das FA nicht etwa (nur) treuwidrig eine Änderungsmöglichkeit nach § 174 Abs. 4 AO hat schaffen wollen, sondern im konkreten Fall diese Änderung im Streitjahr 2011 für zutreffend hielt und be­wusst eine Änderung in diesem Streitjahr anstrebte. Auch die auf das BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 18 gestützte fehlerhafte Rechtsansicht des FA macht deutlich, dass jedenfalls hier ein treuwidriges Verhalten des FA in Bezug auf den Anwendungsbereich des § 174 Abs. 4 AO nicht vorliegen kann.

3. Einer Änderung der Einkommensteuerfestsetzung 2005 gemäß § 174 Abs. 4 AO stehen auch nicht die Regelungen des besonderen Vertrauensschutzes aus § 176 AO entgegen.

a) Soweit die Kläger meinen, eine Änderung der Einkommensteuerfestsetzung 2005 scheitere gemäß § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO bereits daran, dass sich die Rechtsprechung des BFH, die bei der bisherigen Steuerfestsetzung von der Finanzbehörde angewandt worden sei, geändert habe, verkennen sie, dass es im Zeitpunkt der ursprünglichen Steuerfestsetzung bzw. Verlustfeststellung an einer höchstrichterlichen Rechtsprechung in Bezug auf die entscheidungser­hebliche Rechtsfrage gänzlich fehlte. Erstmals im Senatsurteil in BFHE 256, 392, BStBl II 2017, 786 hat der BFH zur Frage der zeitlichen Wirkung einer Restschuldbefreiung im Fall betrieblicher Verbindlichkeiten bei einer Betriebs­aufgabe entschieden.

b) Auch eine Anwendung des § 176 Abs. 2 AO scheidet aus.

aa) Nach dieser Vorschrift darf bei der Aufhebung oder Änderung eines Steu­erbescheides nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, dass eine allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung oder einer obersten Bundes- oder Landesbehörde von einem obersten Gerichtshof des Bundes als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend bezeichnet worden ist. Es ist dabei nicht erforderlich, dass der oberste Gerichtshof die Verwaltungsvorschrift ausdrücklich für gesetzwidrig erklärt hat. Es genügt vielmehr, wenn sich die sachlich-rechtlichen Aussagen der Verwaltungsvor­schrift einerseits und des Urteils des Gerichtshofs andererseits widersprechen (vgl. nur BFH-Urteil vom 27.08.2014 ‑ II R 43/12, BFHE 246, 506, BStBl II 2015, 241, Rz 27, m.w.N.). Entscheidend ist, dass ein bestimmtes Rechts­problem nach der (zeitlich vorausgegangenen) allgemeinen Verwaltungsvor­schrift auf andere (für den Steuerpflichtigen günstigere) Weise zu lösen ist als nach der (späteren) Gerichtsentscheidung (Senatsurteil vom 28.10.1992 ‑ X R 117/89, BFHE 170, 11, BStBl II 1993, 261, unter 2.b, m.w.N.).

bb) An einem derartigen inhaltlichen Widerspruch fehlt es hier. Denn das BMF-Schreiben vom 22.12.2009 in BStBl I 2010, 18 erging erst nach Erlass des re­levanten Einkommensteuerbescheides 2005 vom 14.09.2009. Auch der ent­scheidende Verlustfeststellungsbescheid auf den 31.12.2005 ist bereits unter dem 03.09.2009 und somit vor dem BMF-Schreiben erlassen worden. Folglich kann die Einkommensteuerfestsetzung 2005 nicht auf dem BMF-Schreiben vom 22.12.2009, welches erst im Jahr 2010 in BStBl I 2010, 18 veröffentlicht worden ist, beruhen. Schon aus diesem Grunde ist der Anwendungsbereich des § 176 Abs. 2 AO nicht eröffnet.

cc) Anders als die Kläger meinen, ist § 176 Abs. 2 AO auch nicht deshalb an­wendbar, weil die Restschuldbefreiung bei der relevanten Steuerfestsetzung für 2005 im Jahr 2009 wie auch der erstmaligen Verlustfeststellung im Jahr 2008 noch nicht erteilt war. Zum einen ist es gerade den rückwirkenden Er­eignissen i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO immanent, dass diese zum Zeitpunkt der bisherigen Festsetzung noch nicht vorliegen. Zum anderen for­dern ‑‑im Unterschied zu § 225 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung und § 4 Abs. 3 Nr. 2 des Steueranpassungsgesetzes‑‑ weder der Wortlaut noch der Bedeutungszusammenhang des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, dass das späte­re Ereignis "im Kern" bereits im ursprünglichen Vorgang angelegt sein muss, da eine solch einschränkende Auslegung nicht in Einklang mit der Zielsetzung des Gesetzgebers stünde (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 19.07.1993 ‑ GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897, unter C.II.1.b). Vorliegend ist zudem zu beachten, dass zum Zeitpunkt der erstmaligen Steu­erfestsetzung der Antrag auf Restschuldbefreiung bereits gestellt worden war, diese somit "im Kern" bereits zu diesem Zeitpunkt angelegt war.

dd) Trotz der dargestellten Einschränkungen verbleibt entgegen der Ansicht der Kläger ein Anwendungsbereich für § 176 Abs. 2 AO. Hätte nämlich bei der Erstveranlagung, anders als im Streitfall, eine Verwaltungsanweisung des BMF existiert, in der eine Berücksichtigung der Buchgewinne aus der Restschuldbe­freiung zu einem anderen Zeitpunkt vorgeschrieben worden wäre, hätte der Steuerpflichtige hierauf aufgrund des § 176 Abs. 2 AO vertrauen können.

ee) Nicht entscheidend ist, dass die Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen (Kurzinfo ESt Nr. 46/2014 vom 21.11.2014) vor Erlass des BMF-Schreibens vom 22.12.2009 (BStBl I 2010, 18) von einer Rückwirkung der Restschuldbe­freiung ausging. Da diese keine oberste Landesbehörde ist, scheidet bereits aus diesem Grund die Anwendung des § 176 Abs. 2 AO aus (vgl. insoweit nur Senatsurteil in BFHE 170, 11, BStBl II 1993, 261, unter 2.b).

4. Die materiell-rechtlich zutreffende und verfahrensrechtlich zu Recht geän­derte Einkommensteuerfestsetzung 2005 kann in der Folge auch zu den übri­gen von den Klägern angegriffenen Änderungen führen. Die Änderung der ge­sonderten Verlustfeststellung zum 31.12.2005 ergibt sich aufgrund der Ände­rung der Einkommensteuerfestsetzung 2005 aus § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG a.F., die Änderungen der Einkommensteuerbescheide 2006 bis 2012 beruhen auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO und diejenigen der gesonderten Feststellun­gen des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31.12.2006 bis zum 31.12.2011 auf § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG a.F./n.F. i.V.m. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO. Dabei geht der Senat wie das FG und die Betei­ligten davon aus, dass die betrieblichen Verbindlichkeiten, die der Restschuld­befreiung unterworfen sind, mindestens 1.463.000 € betragen. Einwendungen gegen die Höhe dieses Betrags sind nicht vorgetragen worden und hätten, da das FA die Höhe des Buchgewinns aus der Restschuldbefreiung nach § 163 AO begrenzt hat, zudem im Verfahren gegen diese Billigkeitsentscheidung vorge­bracht werden müssen (vgl. in Bezug auf § 163 AO nur Senatsurteil vom 21.07.2016 ‑ X R 11/14, BFHE 254, 497, BStBl II 2017, 22, Rz 16).

5. Aufgrund der fehlenden Feststellungen des FG zu den Zeitpunkten der Be­triebsaufgabe einerseits sowie der Beendigung des Insolvenzverfahrens ande­rerseits kann der Senat allerdings nicht beurteilen, ob der allein an den Kläger gerichtete Einkommensteuerbescheid 2005 vom 23.11.2017 überhaupt wirk­sam bekanntgegeben wurde. Wäre dies nicht der Fall, wären auch die Folge­änderungen fehlerhaft und daher aufzuheben.

a) Bei einer möglichen Betriebsaufgabe vor der Eröffnung des Insolvenzverfah­rens bestehen keine Zweifel daran, dass der Kläger der richtige Inhalts- und Bekanntgabeadressat des Einkommensteueränderungsbescheides 2005 war. Unabhängig von der insolvenzrechtlichen Qualifizierung der aus einer Rest­schuldbefreiung resultierenden Steuern, handelt es sich bei diesen aufgrund der Betriebsaufgabe vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens stets um solche, die allein der Schuldner zu begleichen hat (vgl. Senatsbeschluss in BFHE 256, 392, BStBl II 2017, 786, Rz 52).

b) Sollte demgegenüber der Betrieb des Klägers erst nach Insolvenzeröffnung aufgegeben worden sein, lägen insolvenzrechtlich Masseverbindlichkeiten vor (unter aa). Während der Dauer des Insolvenzverfahrens wäre die Steuer dann durch einen Steuerbescheid festzusetzen gewesen, der (zumindest auch) dem Insolvenzverwalter als solchem hätte bekanntgegeben werden müssen (unter bb).

aa) Obwohl die Restschuldbefreiung allein Insolvenzforderungen betreffen kann (vgl. oben unter IV.1.a), sind die sich hieraus ergebenden Steuern, wenn der Betrieb nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgegeben wird, Masseverbindlichkeiten i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, die aus der Insolvenz­masse zu erfüllen sind.

(1) In Bezug auf die Abgrenzung der Masseverbindlichkeiten i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO von den Insolvenzforderungen i.S. des § 38 InsO hat der BFH bereits klargestellt, dass ein insolvenzrechtliches "Begründetsein" ent­scheidend ist (Urteil vom 16.05.2013 ‑ IV R 23/11, BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, Rz 18). Insoweit hat er darauf abgestellt, "durch wen" der steuer­auslösende (unselbständige) Besteuerungstatbestand i.S. des § 2 Abs. 1 EStG (vollständig) verwirklicht worden ist (Rz 23). Ist ein Verhalten, etwa auch ei­ner dritten Person wie einem Absonderungsberechtigten, nicht dem Bereich des Schuldners oder des Insolvenzverwalters zuzuordnen, bleibt als Anknüp­fungspunkt der Umstand bestehen, dass der Vermögensgegenstand Teil der Insolvenzmasse gewesen ist (vgl. weiterführend Senatsurteil vom 07.07.2020 ‑ X R 13/19, BFHE 270, 24, BStBl II 2021, 174, Rz 32, m.w.N.). Dementsprechend hat der Senat in dieser Entscheidung (Rz 33 ff.) die Masse­zugehörigkeit des Vermögensgegenstandes sowie dessen fehlende Freigabe durch den Insolvenzverwalter als entscheidende Wertungsmomente angese­hen.

Vergleichbares muss für die Abgrenzung zwischen Masseverbindlichkeiten und Forderungen gegen das insolvenzfreie Vermögen gelten, wenn für die Entste­hung der Einkommensteuer auf den durch die Restschuldbefreiung erhöhten Betriebsaufgabegewinn sowohl das Verhalten des Schuldners als auch des In­solvenzverwalters ursächlich gewesen sind.

(2) Handelt im Fall der Restschuldbefreiung der Schuldner, indem er den rele­vanten Antrag im Rahmen seines Insolvenzverfahrens stellt, dem später zuge­stimmt wird, verursacht er dadurch zwar den sich später ergebenden Buchge­winn aus der Restschuldbefreiung. Ohne die nach der Eröffnung des Insol­venzverfahrens vorgenommene Betriebsaufgabe kommt es allerdings nicht zu einer Entstehung des Aufgabegewinns im Jahr der Betriebsaufgabe. Der Be­trieb wird durch den Insolvenzverwalter im Rahmen seiner Verwaltung der Masse gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO aufgegeben. Hierdurch und nicht durch das Handeln des Insolvenzschuldners wird der Tatbestand des § 16 Abs. 3 EStG verwirklicht. Die steuerliche Rückwirkung gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO führt zum Wegfall der in der Aufgabebilanz ausgewiesenen betriebli­chen Verbindlichkeiten, so dass die gewinnerhöhende Wirkung einer Rest­schuldbefreiung in den Fällen, in denen der Betrieb erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgegeben worden ist, zu einem Zeitpunkt eintritt, in dem die Verwaltung der Masse dem Insolvenzverwalter obliegt. Die steuerli­chen Auswirkungen der Restschuldbefreiung beruhen damit auf der Verwal­tung bzw. Verwertung einer Insolvenzmasse, die der Insolvenzverwalter nicht freigegeben hat.

Selbst wenn man nicht auf die Betriebsaufgabe als Teil der Verwaltung des Insolvenzverwalters abstellen würde, ist zu berücksichtigen, dass das Verhal­ten des Schuldners allein ebenfalls nicht entscheidend war. Anknüpfungspunkt für die Folgen aus der Restschuldbefreiung bleibt damit die Zugehörigkeit des Betriebs zur Insolvenzmasse zum Zeitpunkt seiner Aufgabe. Es liegen folglich in Bezug auf die Steuern, die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ent­stehen, Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO vor.

bb) Verfahrensrechtlich hat das FA Steuern, die insolvenzrechtlich Massever­bindlichkeiten sind, durch Steuerbescheid festzusetzen. Solange das Insol­venzverfahren noch nicht beendet ist, sind die Bescheide an den Insolvenz­verwalter bekanntzugeben. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist der Insolvenzverwalter als Vermögensverwalter Steuerpflichtiger und damit richtiger Bekanntgabe- und Inhaltsadressat von Steuerbescheiden, mit denen eine Finanzbehörde bestehende Masseverbindlichkeiten geltend macht (vgl. nur Senatsurteil vom 11.04.2018 ‑ X R 39/16, BFH/NV 2018, 1075, Rz 23, m.w.N.). Werden diese Steuerbescheide im noch nicht beendeten Insolvenz­verfahren nicht ihm, sondern dem Schuldner bekanntgegeben, so liegt ein Be­kanntgabefehler vor, der gemäß § 124 Abs. 1 Satz 1 AO dem Eintritt der Wirk­samkeit der Bescheide entgegensteht und auch nicht durch Richtigstellung im weiteren Verfahren geheilt werden kann (Senatsurteil in BFH/NV 2018, 1075, Rz 25). Die Klage hätte in diesem Fall Erfolg.

c) Wurde hingegen der Betrieb nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufge­geben und ist dieses im Zeitpunkt des Erlasses der Steuerbescheide bereits aufgehoben, kann das FA diese Steuerbescheide nicht mehr dem Insolvenz­verwalter bekannt geben. Denn dessen Amt endet mit der Aufhebung des In­solvenzverfahrens, und die Verfügungsbefugnis über die (verbleibende) Masse fällt gemäß § 259 Abs. 1 InsO an den Schuldner zurück. Wegen aller noch of­fenen Masseverbindlichkeiten kann ab diesem Zeitpunkt nur noch der Schuld­ner in Anspruch genommen werden (vgl. BFH-Urteil vom 02.04.2019 ‑ IX R 21/17, BFHE 264, 109, BStBl II 2019, 481, Rz 18 f.). Somit wären die angegriffenen Bescheide im Streitfall zu Recht gegenüber den Klägern be­kanntgegeben worden und ihre Klage wäre unbegründet.

6. Die Sache ist aufgrund der fehlenden Feststellungen zu den Zeitpunkten der Betriebsaufgabe und der Beendigung des Insolvenzverfahrens nicht spruchreif. Das angefochtene Urteil muss gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO aufgeho­ben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen werden.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

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