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BFH: Erlass eines Haftungs- und Nachforderungsbescheids nach Abschluss eines Insolvenzplanverfahrens

  1. Wird das Insolvenzverfahren nach rechtskräftiger Bestätigung eines Insol­venzplans aufgehoben, kann das FA Lohnsteuer, die es nicht zur Insolvenz­tabelle angemeldet hat, als Nachzügler im Wege eines Haftungs- und Nachfor­derungsbescheids innerhalb der Frist des § 259b InsO festsetzen.
  2. Dem FA ist kein Verschulden an der Nichtanmeldung von Steuer- und Haf­tungsansprüchen zur Insolvenztabelle anzulasten, wenn es die Kenntnis vom Bestehen der Ansprüche erst nach rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenz­plans infolge einer Lohnsteuer-Außenprüfung erlangt.
  3. Die (teilweise) Befreiung des Insolvenzschuldners von seinen Verbindlich­keiten durch den Insolvenzplan berührt nur die Durchsetzbarkeit von Ansprü­chen aus dem Steuerschuldverhältnis, weshalb das FA bei deren Festsetzung nicht auf die Insolvenzquote beschränkt ist.

AO §§ 37 Abs. 1, 47, 155 Abs. 1 Satz 1, 191 Abs. 1 Satz 1
InsO §§ 41, 87, 201 Abs. 1, 217 Satz 1, 227 Abs. 1, 254 Abs. 1, 254b, 258 Abs. 1, 259 Abs. 1, 259b Abs. 1 und 2

BFH-Urteil vom 8.3.2022, VI R 33/19 (veröffentlicht am 7.7.2022)

Vorinstanz: FG Köln vom 25.6.2019, 1 K 2623/15 = SIS 19 22 12

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) firmierte seit 2002 als ... AG und firmiert seit einer formwechselnden Umwandlung im Jahr 2018 unter ... GmbH. Örtlich zuständiges Finanzamt für die Klägerin war zu­nächst das Finanzamt ... (FA A). Am 30.04.2015 wurde der Be­klagte und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) örtlich zuständig.

Am ...11.2013 eröffnete das Amtsgericht ... (Insolvenzgericht) über das Vermögen der Klägerin auf deren Antrag das Insolvenzverfahren.

Am 05.02.2014 ging beim FA A ein Schreiben des FA ein, in dem dieses mit­teilte, dass bei der Klägerin durch die beim FA angesiedelte Zentrale Außen­prüfung Lohnsteuer (ZALSt) eine Lohnsteuer-Außenprüfung für den Zeitraum 01.01.2011 bis 31.12.2013 angeordnet worden sei.

Einem von der Klägerin als Insolvenzschuldnerin vorgelegten Insolvenzplan stimmten Gläubiger und Aktionäre im Erörterungs- und Abstimmungstermin vom 20.03.2014 mit den erforderlichen Mehrheiten zu. Das Insolvenzgericht bestätigte den Insolvenzplan durch am 15.07.2014 rechtskräftig gewordenen Beschluss.

Auf Seite 192 des Insolvenzplans heißt es unter Teil II. Gestaltender Teil, E. Regelungen Planquoten/Quotenberechtigung/Präklusion, 4. Ausschlussfrist Nachzügler:

"Gläubiger, die ihre Forderungen nicht innerhalb einer Frist von einem (1) Monat nach rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans (die 'Ausschluss­frist') zur Insolvenztabelle angemeldet haben, erhalten keine Planquote. Die Forderungen dieser Gläubiger erlöschen mit Ablauf der Ausschlussfrist.

Die Ausschlussfrist gilt nicht, wenn der Gläubiger die Frist ohne sein Verschul­den nicht eingehalten hat (vgl. § 233 ZPO) und seine Forderung innerhalb einer zweiwöchigen Nachfrist, beginnend mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist (§ 234 Abs. 1, Abs. 2 ZPO), gegenüber der Schuldnerin schriftlich geltend macht. Das fehlende Verschulden und die Einhaltung der zweiwöchi­gen Nachfrist sind vom Gläubiger darzulegen und zu beweisen.

Ergänzend und hilfsweise gilt die gesetzliche Regelung, § 259b InsO.

..."

Mit Schreiben vom 22.07.2014 wies die Klägerin bezüglich eines anderweitigen Streitpunkts zu einer Lohnsteuer-Anmeldung das FA A darauf hin, dass die betreffende Lohnsteuerforderung im laufenden Verfahren zur Insolvenztabelle angemeldet werden müsse.

Mit Beschluss vom 15.09.2014 hob das Insolvenzgericht das Insolvenzverfah­ren über das Vermögen der Klägerin auf.

Die vorgenannte Lohnsteuer-Außenprüfung dauerte vom 10.03.2014 bis zum 27.08.2014. Der Prüfungsbericht datiert vom 01.10.2014 und ging am selben Tag beim FA A ein. Die Feststellungen beziehen sich ausschließlich auf den Zeitraum vor der Insolvenzeröffnung.

Ebenfalls am 01.10.2014 erließ das FA A gegenüber der Klägerin einen Haf­tungs‑ und Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer für den Zeitraum Januar 2011 bis Dezember 2013 in Höhe von insgesamt 74.754,25 €. Zur Begründung verwies es auf den Prüfungsbericht und führte ergänzend aus, die Klägerin habe sich mit der Inhaftungnahme ein­verstanden erklärt, ein Haftungsausschluss liege nicht vor.

Das aufgrund der Verlegung des Geschäftssitzes der Klägerin mittlerweile zu­ständig gewordene FA wies deren Einspruch mit Entscheidung vom 27.08.2015 als unbegründet zurück.

Am 14.10.2015 pfändete es wegen eines Gesamtbetrags an rückständigen Ab­gaben aus dem streitigen Haftungs- und Nachforderungsbescheid in Höhe von 36.629,54 € in das Bankkonto der Klägerin. Die Bank zahlte den Betrag voll­ständig, was rechnerisch 49 % der im Bescheid festgesetzten Beträge ent­sprach. Auf im Insolvenzplanverfahren angemeldete Forderungen hatte das FA A zuvor eine Quote von 60 % erhalten.

Die Klage der Klägerin, mit der sie die Feststellung der Nichtigkeit des Haf­tungs‑ und Nachforderungsbescheids, hilfsweise dessen Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit begehrte, hatte vor dem Finanzgericht (FG) Erfolg. Das FG stellte die Nichtigkeit des Haftungs‑ und Nachforderungsbescheids fest, da das FA im Bekanntgabezeitpunkt keine rechtliche Befugnis mehr zu deren Erlass gehabt habe.

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

Es beantragt,
das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzge­richtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat den streitgegenständlichen Haftungs‑ und Nachforderungsbescheid vom 01.10.2014 zu Unrecht als nichtig angesehen.

1. Das FA A durfte den auf § 42d und §§ 37a, 37b, 40, 40a, 40b des Einkom­mensteuergesetzes (EStG) gestützten Haftungs‑ und Nachforderungsbescheid am 01.10.2014 als zu diesem Zeitpunkt zuständiges FA gegenüber der Kläge­rin erlassen.

a) War eine Steuer‑ oder Haftungsforderung vor der Eröffnung des Insolvenz­verfahrens nicht durch Bescheid festgesetzt und ist auch keine Anmeldung zur Insolvenztabelle erfolgt, so kann die Forderung im Anschluss an das Verfahren gegen den Schuldner durch Bescheid festgesetzt werden, soweit dem nicht Restschuldbefreiung oder ein Insolvenzplan entgegenstehen (s. Roth, Insol­venzsteuerrecht, 3. Aufl. 2020, Rz 3.205). Im Fall des Insolvenzplanverfahrens beschließt das Insolvenzgericht die Aufhebung des Insolvenzverfahrens, so­bald die Bestätigung des Insolvenzplans rechtskräftig ist und der Insolvenz­plan nicht etwas anderes vorsieht (§ 258 Abs. 1 der Insolvenzordnung ‑‑InsO‑‑).

b) Vorliegend wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin nach rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans durch Beschluss des In­solvenzgerichts vom 15.09.2014 rechtskräftig aufgehoben. Damit war die ein­getretene Unterbrechung des Steuerfestsetzungsverfahrens und damit der sich aus § 87 InsO ergebende Vorrang des Insolvenzverfahrens gegenüber dem Festsetzungsverfahren beendet (s. Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 18.12.2002 ‑ I R 33/01, BFHE 201, 392, BStBl II 2003, 630). Mit der Aufhe­bung des Insolvenzverfahrens erloschen nicht nur die Ämter des Insolvenz­verwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses, sondern die Klägerin erhielt als Schuldnerin das Recht zurück, über die Insolvenzmasse frei zu ver­fügen (§ 259 Abs. 1 InsO). Dies ist zwischen den Beteiligten dem Grunde nach auch unstreitig, insbesondere unterfielen die streitgegenständlichen Haftungs‑ und Nachforderungsbeträge nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) nicht der Nachtragsverteilung. Der Senat sieht daher insoweit von weiteren Ausführungen ab.

c) Eine Leistungsklage vor den ordentlichen Gerichten ‑‑wie die Klägerin meint‑‑ kommt für Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 Abs. 1 der Abgabenordnung ‑‑AO‑‑) nicht in Betracht. Steuern werden nach § 155 Abs. 1 Satz 1 AO durch Steuerbescheid festgesetzt; wer kraft Gesetzes für ei­ne Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid in An­spruch genommen werden (§ 191 Abs. 1 Satz 1 AO).

2. Dem Erlass des Haftungs‑ und Nachforderungsbescheids standen das Insol­venzplanverfahren und dessen Wirkungen nicht entgegen. Insbesondere sind die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nicht i.S. des § 47 AO erlo­schen.

a) Abweichend von den Vorschriften der InsO können die Befriedigung der ab­sonderungsberechtigten Gläubiger und der Insolvenzgläubiger, die Verwertung der Insolvenzmasse und deren Verteilung an die Beteiligten sowie die Verfah­rensabwicklung und die Haftung des Schuldners in einem Insolvenzplan gere­gelt werden (§ 217 Satz 1 InsO).

aa) Während im Regelinsolvenzverfahren die Insolvenzgläubiger einschließlich der nicht am Verfahren beteiligten Gläubiger (vgl. Meller-Hannich in Jaeger, Insolvenzordnung, 1.Aufl., Sechster Band, § 201 Rz 4 ff.) gemäß § 201 Abs. 1 InsO ihre verbleibenden Forderungen nach Verfahrensaufhebung uneinge­schränkt gegen den Schuldner geltend machen können, wird der Schuldner im Insolvenzplanverfahren nach § 227 Abs. 1 InsO mit der im gestaltenden Teil vorgesehenen Befriedigung der Insolvenzgläubiger von seinen restlichen Ver­bindlichkeiten gegenüber diesen Gläubigern befreit, sofern im Insolvenzplan nichts anderes bestimmt ist. Die im gestaltenden Teil des Insolvenzplans ge­regelten Wirkungen treten gemäß § 254 Abs. 1 InsO mit der Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans für und gegen alle Beteiligten ein; nach § 254b InsO auch für Insolvenzgläubiger, die ihre Forderungen nicht angemel­det haben (sog. Nachzügler). Diese Personen unterliegen mithin nicht nur den negativen, sondern auch den positiven Planwirkungen. Sie können damit die Planquote beanspruchen, die auf Forderungen ihrer Art im Insolvenzplan fest­geschrieben wurde (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs ‑‑BGH‑‑ vom 10.05.2012 ‑ IX ZR 206/11, Rz 10 f., und BGH-Beschluss vom 07.05.2015 ‑ IX ZB 75/14, Rz 12).

Der Plan bildet fortan die allein maßgebliche Grundlage für die gesamte Ver­mögens‑ und Haftungsabwicklung und auch die betroffenen Abgabenforderun­gen unterliegen nur noch dessen Festlegungen (BFH-Urteil vom 22.10.2014 ‑ I R 39/13, BFHE 247, 300, BStBl II 2015, 577, Rz 15, m.w.N.).

bb) Soweit Insolvenzforderungen nach § 227 Abs. 1 InsO als erlassen gelten oder ein sog. Verzicht auf sie fingiert wird, sind sie nicht erloschen, sondern bestehen als natürliche, unvollkommene Verbindlichkeiten fort, deren Erfüllung möglich ist, aber nicht erzwungen werden kann (s. BGH-Urteil vom 19.05.2011 ‑ IX ZR 222/08, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2011, 1380, Rz 8; Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 12.09.2013 ‑ 6 AZR 907/11, Rz 28). Die mit dem Insolvenzplan bewirkte Befreiung berührt damit nicht den Bestand der Forderungen als solchen, sondern nur deren Durchsetzbarkeit.

Dies gilt auch für Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (s. BFH-Be­schlüsse vom 15.05.2013 ‑ VII R 2/12, Rz 13, und vom 15.11.2018 ‑ XI B 49/18, Rz 18). Die Zustimmung der Finanzbehörde zu einem Insolvenz­plan ersetzt daher weder eine Stundung noch einen Erlass i.S. der §§ 222, 227 AO. Folglich erlöschen die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis i.S. des § 47 AO auch dann nicht mit der Zustimmung zu einem Insolvenzplan, wenn der Plan einen (Teil‑)Erlass der Ansprüche vorsieht (Boeker in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, § 47 AO Rz 61; ebenso Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 09.08.2019 ‑ 4 W 52/19, Rz 38; s.a. FG Münster, Urteil vom 09.09.2016 ‑ 4 K 2154/15, Entscheidungen der Finanzgerichte 2016, 1891, in Bezug auf eine erteilte Restschuldbefreiung). Es besteht nur ein Vollstre­ckungs- und Aufrechnungsverbot (Loose in Tipke/Kruse, § 251 AO Rz 116; derselbe, Steuern und Wirtschaft 1999, 20, 27; ebenso Anwendungserlass zur Abgabenordnung zu § 251 Nr. 11; Waza/Uhländer/Schmittmann, Insolvenzen und Steuern, 13. Aufl. 2020, Rz 1105; Obermair, Der Steuerberater 2005, 212, 216; Bartone, Der AO-Steuerberater 2005, 155, 156 f.; Fett/Barten, Deutsche Steuer-Zeitung 1998, 885, 886 f.; Krumm, Steuervollzug und for­melle Insolvenz, 191).

cc) Gewillkürte Präklusionsvorschriften im Insolvenzplan, durch die Insolvenz­gläubiger, die sich am Insolvenzverfahren nicht beteiligt haben, mit ihren For­derungen auch in Höhe der im Plan auf Forderungen ihrer Art festgeschriebe­nen Quote ausgeschlossen sind (materielle Ausschlussklausel), sind nach der Rechtsprechung des BGH nicht zulässig (grundlegend BGH-Beschluss vom 07.05.2015 ‑ IX ZB 75/14, Rz 15 f.; ergänzend BGH-Beschluss vom 03.12.2015 ‑ IX ZA 32/14). Präklusionsklauseln, die den Verlust des An­spruchs gegen den Schuldner nach Maßgabe des Insolvenzplans bewirken, sind vielmehr unwirksam, soweit sie über die Wirkung der Verjährungsvor­schrift hinausgehen (BGH-Beschluss vom 07.05.2015 ‑ IX ZB 75/14, Rz 16).

b) Nach diesen Grundsätzen hat das FG zu Unrecht entschieden, dass das FA im Streitfall ausnahmsweise an einer Festsetzung der Haftungs‑ und Steuer­schulden gehindert war. Das FG-Urteil kann daher keinen Bestand haben. Der Senat kann aufgrund der getroffenen Feststellungen in der Sache selbst ent­scheiden.

aa) Insbesondere ist das FA mit den streitigen Ansprüchen aus dem Steuer­schuldverhältnis nicht wegen der Bestimmung Teil II. Gestaltender Teil, E. Regelungen Planquoten/Quotenberechtigung/Präklusion, 4. Ausschlussfrist Nachzügler des Insolvenzplans präkludiert.

bb) Denn die dort geregelte materielle Ausschlussfrist greift entgegen der An­sicht des FG im Streitfall schon tatbestandlich nicht ein. Das FA A hat nämlich die Ausschlussfrist nach Teil II.E.4 Abs. 2 des Insolvenzplans unverschuldet nicht eingehalten und die hier streitigen Forderungen rechtzeitig innerhalb von zwei Wochen nach Behebung des Hindernisses schriftlich gegenüber der Kläge­rin geltend gemacht.

(1) Die streitigen Haftungs‑ und Nachforderungsbeträge resultieren aus der vom 10.03.2014 bis zum 27.08.2014 durchgeführten Lohnsteuer-Außenprü­fung. Die Forderungen waren dem FA A bis einen Monat nach rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans noch nicht bekannt, da die den Forderungen zugrunde liegenden Sachverhalte erst durch diese Prüfung aufgedeckt wurden. Kenntnis von den Forderungen erlangte das FA A daher erst durch den Prü­fungsbericht vom 01.10.2014, woraufhin es noch am selben Tag den Haf­tungs‑ und Nachforderungsbescheid erlassen hat.

Gegenteiliges hat das FG nicht festgestellt. Es hat auch nicht festgestellt, dass die ZALSt die Lohnsteuer-Außenprüfung schuldhaft verzögert durchgeführt oder das FA A schuldhaft verzögert über die Ansprüche gegen die Klägerin, die sich aus den Prüfungsfeststellungen ergaben, informiert hat. Auf die unstreitig gegebene Kenntnis des FA A von dem Insolvenzplanverfahren kommt es inso­weit nicht an.

(2) Das Hindernis zur Anmeldung der Haftungs‑ und Nachforderungsbeträge wurde mit dem Prüfungsbericht vom 01.10.2014 behoben. Noch am selben Tag hat das FA A den Haftungs‑ und Nachforderungsbescheid erlassen.

(3) Aufgrund dessen braucht der erkennende Senat die in der Literatur um­strittene (bejahend in MüKoInsO/Madaus, 4. Aufl., Bd. 3, § 254b Rz 12 und § 259b Rz 5; derselbe, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 2016, 1141, 1146; Sonnleitner/Strotkemper/Krüsmann, Zeitschrift für das gesamte Insolvenz­recht ‑‑ZInsO‑‑ 2016, 1545, 1548; Fehst/Engel in Sonnleitner, Insolvenzsteu­errecht, 1. Aufl. 2017, Rz 167, 169; Uhlenbruck/Lüer/Streit, Insolvenzord­nung, 15. Aufl., § 254 Rz 9 und § 254b Rz 15; Freund/Stadler in BeckOK InsO/Fridgen/Geiwitz/Göpfert, 23. Ed. [15.04.2021], § 254b Rz 6; Roth, a.a.O., Rz 3.210a; ebenso Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 27.04.2017 ‑ 14d O 10/14, Rz 49; verneinend Haas in Kayser/Thole, Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 10. Aufl. 2020, § 254b Rz 3; Piekenbrock in Jaeger, Insolvenzordnung, § 254 Rz 39 und § 254b Rz 10; Spahlinger in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, 89. Lieferung 08.2021, § 217 InsO Rz 46a, § 254 Rz 6b und 73. Lieferung 09.2017, § 254b Rz 6; Takjas/Kunkel, ZInsO 2017, 1196; Tresselt/Kamp, Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts‑ und Insolvenzrecht 2017, 501, 505; Schmidt, Zeitschrift für Verbraucher‑ und Privat-Insolvenzrecht 2018, 263, 265) und höchstrichterlich noch nicht geklär­te Frage, ob die rechtskräftige gerichtliche Bestätigung des Insolvenzplans (hier durch am 15.07.2014 rechtskräftig gewordenen Beschluss des Insolvenz­gerichts) die an sich gegebene Unwirksamkeit einer materiellen Präklusions­klausel "überwindet", d.h. "heilt", im Streitfall deshalb nicht zu entscheiden.

cc) Da das FA A die Ausschlussfrist schuldlos versäumt hat, durfte es seine Forderungen als "normaler Nachzügler" i.S. des § 254b InsO in voller Höhe mit Haftungs‑ und Nachforderungsbescheid festsetzen. Denn nach den Ausführun­gen unter II.2.a bb bestanden die Forderungen als natürliche, unvollkommene Verbindlichkeiten fort. Die durch den Insolvenzplan bewirkte teilweise Befrei­ung der Klägerin von ihren Verbindlichkeiten, die auch das FA gegen sich gel­ten lassen muss, führt nur zu einem Vollstreckungs‑ und Aufrechnungsverbot. Da die Frage, in welcher Höhe das FA seine Forderungen im Hinblick auf den rechtskräftig gerichtlich bestätigten Insolvenzplan gegen die Klägerin vollstre­cken darf, hiernach nur im Erhebungsverfahren relevant ist, war das FA A bei Erlass des Haftungs‑ und Nachforderungsbescheids zudem nicht auf eine Fest­setzung lediglich in Höhe der Planquote beschränkt (a.A. Pfirrmann, Festschrift Gosch, Änderung von Steuerbescheiden nach rechtskräftiger Bestätigung eines Insolvenzplanes, 321, 324).

dd) Schließlich steht auch die Verjährungsfrist des § 259b InsO dem Erlass des Haftungs‑ und Nachforderungsbescheids nicht entgegen.

Die Forderung eines Insolvenzgläubigers, die nicht bis zum Abstimmungster­min angemeldet worden ist, verjährt nach § 259b Abs. 1 InsO in einem Jahr. Die Frist beginnt gemäß § 259b Abs. 2 InsO, wenn die Forderung fällig und der Beschluss rechtskräftig ist, durch den der Insolvenzplan bestätigt wurde.

Unabhängig davon, ob die Fälligkeit der streitigen Beträge erst nach Erlass des Haftungs‑ und Nachforderungsbescheids eingetreten ist oder ob diese gemäß § 41 Abs. 1 InsO bereits infolge des Insolvenzverfahrens als fällig galten, ist die Jahresfrist vorliegend gewahrt. Denn der den Insolvenzplan bestätigende Beschluss des Insolvenzgerichts wurde (erst) am 15.07.2014 rechtskräftig, während das FA A den Haftungs‑ und Nachforderungsbescheid (noch) am 01.10.2014 erlassen hat.

3. Dass die Voraussetzungen für den Erlass des Haftungs‑ und Nachforde­rungsbescheids nach § 42d und §§ 37a, 37b, 40, 40a, 40b EStG gegeben sind, steht zwischen den Beteiligten nicht in Streit. Materiell-rechtliche Einwände gegen die Festsetzungen oder Ermessensfehler hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Die Prüfungsfeststellungen wurden ausweislich der Akten zudem im Einvernehmen mit der Klägerin getroffen.

4. Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen (§ 135 Abs. 1 FGO).

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