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BFH: Vermietung kein Vorstufenumsatz für die Seeschifffahrt (§ 8 Abs. 1 Nr. 5 des Umsatzsteuergesetzes – UStG –)

Sonstige Leistungen, die für den unmittelbaren Bedarf der in § 8 Abs. 1 Nr. 5 UStG bezeichneten Wasserfahrzeuge bestimmt sind, sind bei richtlinienkon­former Auslegung entsprechend Art. 148 Buchst. d MwStSystRL grundsätzlich nur dann steuerfrei, wenn der Unternehmer seine Leistung an den Schiffsbe­treiber erbringt, während eine sonstige Leistung, die der Unternehmer auf ei­ner dieser Leistung vorausgehenden Handelsstufe erbringt, nur dann steuerfrei ist, wenn die Bestimmung der ‑‑auf der Vorstufe erbrachten‑‑ sonstigen Leis­tung für den vorstehenden Bedarf ohne Einführung von Kontroll- und Überwa­chungsmechanismen als sicher gelten kann.

MwStSystRL Art. 148 Buchst. d
UStG § 4 Nr. 2, § 8 Abs. 1 Nr. 5

BFH-Urteil vom 19.12.2024, V R 12/23 (veröffentlicht am 15.5.2025)

Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 2.2.2023, 5 K 168/19 = SIS 23 08 37

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Alleinerbin des während des finanzgerichtlichen Verfahrens verstorbenen M, der im Jahr 2011 (Streitjahr) alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Beigeladenen, einer GmbH, war, an die er ein Grundstück nebst Fuhr- und Gerätepark verpachtet hatte.

Die Beigeladene verfügte über mehrere betriebsbereit auf dem Hafengelände des Seehafens S abgestellte Trimmraupen, die sie im Streitjahr der X‑KG, ei­nem Hafenumschlagsunternehmen, nach vorheriger telefonischer Anforderung mietweise überließ. Die X‑KG verwendete die von Leiharbeitnehmern gelenk­ten Trimmraupen weit überwiegend zum Löschen von Seeschiffen, die mit landwirtschaftlichen Stückgütern beladen den Seehafen S anliefen, sowie ver­einzelt für Arbeiten in Lagerhallen und beim Entladen von Lastkraftwagen. Nach dem jeweiligen Löschvorgang übermittelte die X‑KG der Beigeladenen den Namen des gelöschten Seeschiffs und die für das Löschen in Anspruch ge­nommenen Betriebsstunden der Trimmraupen. Auf dieser Grundlage erteilte die Beigeladene der X‑KG für die mietweise Überlassung der Trimmraupen Rechnungen, die unter Bezug auf die Steuerfreiheit von Umsätzen für die See­schifffahrt keine Umsatzsteuer auswiesen.

In der Umsatzsteuer-Jahreserklärung für das Streitjahr erklärte M unter An­nahme des Bestehens einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft diese Um­sätze der Beigeladenen als steuerfrei. Demgegenüber gelangte der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) im Rahmen einer bei M im Februar 2016 begonnenen, die Jahre 2012 bis 2014 betreffenden Außenprüfung zu der Einschätzung, dass die Vermietungen der Trimmraupen nicht als Umsätze für die Seeschifffahrt steuerfrei seien, da sie nicht unmittelbar an den Betreiber eines Seeschiffs bewirkt worden seien. Daraufhin erweiterte das FA mit Be­scheid vom 20.07.2016 (Erweiterungsanordnung) die Prüfung auf das Streit­jahr. Gegen die Erweiterungsanordnung legte M Einspruch ein und beantragte zugleich deren Aussetzung der Vollziehung. Das FA wies diesen Einspruch im Oktober 2016 zurück, ohne zuvor über den Aussetzungsantrag entschieden zu haben. Die gegen die Erweiterungsanordnung erhobene Klage nahm M im April 2018 zurück, woraufhin er sich zwei Tage später mit der Prüferin über die für das Streitjahr vorzulegenden Unterlagen verständigte. Dem entsprechend in­formierte er die Prüferin im Mai 2018 über den Umfang der für das Streitjahr bisher als steuerfrei angesehenen Vermietungen, welche die Prüferin im Be­triebsprüfungsbericht vom Juni 2018 als steuerpflichtig ansah.

In Umsetzung der Prüfungsfeststellungen erließ das FA am 27.06.2018 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr, wobei es als Bemes­sungsgrundlage der als steuerpflichtig angesehenen Vermietungsumsätze die gesamten Rechnungsbeträge zugrunde legte. Während des sich an den erfolg­losen Einspruch anschließenden finanzgerichtlichen Verfahrens setzte das FA mit Änderungsbescheid vom 15.03.2022 die Umsatzsteuer für das Streitjahr herab, da es nunmehr die Entgelte für die in Rede stehenden Vermietungen als Bruttobeträge betrachtete.

Das Finanzgericht (FG) wies mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2023, 1028 veröffentlichten Urteil die Klage ab. Die Vermietung der Trimm­raupen, für die M als Organträger der Beigeladenen die Steuer schulde, sei nicht nach § 4 Nr. 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 5 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfrei. Die für die Steuerfreiheit geltenden Voraussetzungen seien bei die­sen nur mittelbar an einen Unternehmer der Seeschifffahrt erbrachten Leis­tungen nicht erfüllt; insoweit fehle es an der Nämlichkeit zwischen den Ver­mietungsleistungen der Beigeladenen und den unmittelbar gegenüber einem Unternehmer der Seeschifffahrt erbrachten Löschleistungen der X‑KG. Der Ge­richtshof der Europäischen Union (EuGH) habe die mittelbare Erbringung einer Löschleistung nur für die Fälle als steuerfrei anerkannt, in denen sicher gewe­sen sei, dass diese Leistung letztlich einem Unternehmer der Seeschifffahrt zugutegekommen sei. Davon sei im Streitfall jedoch nicht auszugehen. Die Änderung der Steuerfestsetzung sei zulässig, da die Festsetzungsfrist durch die im Februar 2016 begonnene Außenprüfung, die auch das Streitjahr erfasst habe, gehemmt worden sei.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das FG habe ‑‑entgegen der EuGH-Rechtspre­chung und der Finanzverwaltung‑‑ zu Unrecht die Steuerfreiheit der Vermie­tungsleistung von der Nämlichkeit mit dem nachfolgenden, unstreitig steuer­freien Löschumsatz abhängig gemacht, obwohl es ausreiche, dass die Vermie­tung eine notwendige Voraussetzung für den nachfolgenden Umsatz der X‑KG gewesen sei oder sie wirtschaftlich, das heißt ihrem Wesen nach, in der Ent­ladeleistung aufgehe. Fordere man die Nämlichkeit, könne der Zweck der Steuerbefreiung ‑‑die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit inländischer Unter­nehmer, die Leistungen für die Seeschifffahrt erbringen‑‑ nicht erreicht wer­den, da diese Unternehmer keine steuerfreien Vorleistungen einkaufen könn­ten. Auch wenn die ‑‑mit steuerbegünstigtem Dieselkraftstoff ("Hafendiesel") und damit zulässigerweise nur auf dem Seehafengelände einsetzbaren‑‑ Trimmraupen vereinzelt anderweitig verwendet worden seien, habe im jeweili­gen Zeitpunkt der Vereinbarung der konkreten Vermietung, das heißt der je­weiligen Teilleistung, festgestanden, dass sie zum Löschen eines Seeschiffs eingesetzt werden würden, weshalb Überwachungs- und Kontrollmechanismen überflüssig gewesen seien.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und den Umsatzsteuer-Jahresbescheid 2011 vom 15.03.2022 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer um … € herabgesetzt wird.

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Das FG habe die Steuerbefreiung der Vermietungsleistungen nicht wegen der fehlenden Nämlichkeit mit dem nachfolgenden Umsatz, sondern aufgrund der anderweitigen Einsatzmöglichkeit der Trimmraupen versagt.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Sie trägt erläuternd vor, die Trimmraupen seien im Rahmen von seltenen Einzelaufträgen dazu genutzt worden, bereits von Seeschiffen gelöschte Waren in im Seehafen befindlichen Lagerhallen zusammenzuschieben, um Lagerkapazitäten zu erhöhen. Im Übri­gen seien sie aber fast ausschließlich beim Be- und Entladen von Seeschiffen eingesetzt worden, was sie, die Beigeladene, in den der Klägerin erteilten Rechnungen unterschieden habe.

II. Die Revision der Klägerin ist nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) unbegründet und daher zurückzuweisen. Das FG hat die Steuerfreiheit der Vermietung der Trimmraupen im Ergebnis zu Recht verneint.

1. Steuerfrei sind gemäß § 4 Nr. 2 UStG insbesondere "Umsätze für die See­schifffahrt" im Sinne von § 8 Abs. 1 UStG. Hierzu gehören Lieferungen, Um­bauten, Instandsetzungen, Wartungen, Vercharterungen und Vermietungen von ‑‑nach zolltariflichen Kriterien zu bestimmenden‑‑ Wasserfahrzeugen für die gewerbliche Seeschifffahrt (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 UStG) sowie Lieferungen, In­standsetzungen, Wartungen und Vermietungen von Gegenständen, die zur Ausrüstung dieser Wasserfahrzeuge bestimmt sind (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 UStG), und andere sonstige Leistungen, die für den unmittelbaren Bedarf dieser Was­serfahrzeuge, einschließlich ihrer Ausrüstungsgegenstände und ihrer Ladun­gen, bestimmt sind (§ 8 Abs. 1 Nr. 5 UStG).

Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 148 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). Danach befreien die Mitgliedstaaten ‑‑unter den allgemeinen Voraussetzungen von Art. 131 MwStSystRL‑‑ folgende Umsätze von der Steuer:
"a) die Lieferungen von Gegenständen zur Versorgung von Schiffen, die auf hoher See (…) für gewerbliche Zwecke (…) eingesetzt sind (…);
(…)
c) Lieferung, Umbau, Reparatur, Wartung, Vercharterung und Vermietung der unter Buchstabe a genannten Schiffe, sowie Lieferung, Vermietung, Reparatur und Wartung von Gegenständen, die in diese Schiffe eingebaut sind (…), oder die ihrem Betrieb dienen;
d) Dienstleistungen, die nicht unter Buchstabe c fallen und die unmittelbar für den Bedarf der unter Buchstabe a genannten Schiffe und ihrer Ladung er­bracht werden; (…)"

Die von dieser Bestimmung verwendeten Begriffe sind autonom unionsrecht­lich und dabei als einer Ausnahmebestimmung zugehörig eng auszulegen, wo­bei die Regel einer engen Auslegung der Steuerfreiheit aber nicht deren prak­tische Wirkung nehmen darf (EuGH-Urteil A vom 19.07.2012 ‑ C‑33/11, EU:C:2012:482, Rz 47 und 49). Zudem ist bei der Auslegung dieser Bestim­mung die EuGH-Rechtsprechung zur inhaltsgleichen Vorgängerregelung in Art. 15 Nr. 4 Buchst. a, Nr. 5 und Nr. 8 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‑ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (Richtlinie 77/388/EWG) zu berücksich­tigen (vgl. EuGH-Urteil Fast Bunkering Klaipėda vom 03.09.2015 ‑ C‑526/13, EU:C:2015:536, Rz 24 und 25 zu Art. 15 Nr. 4 der Richtlinie 77/388/EWG und zu Art. 148 Buchst. a MwStSystRL).

2. Sonstige Leistungen, die für den unmittelbaren Bedarf der in § 8 Abs. 1 Nr. 5 UStG bezeichneten Wasserfahrzeuge bestimmt sind, sind bei richtlinien­konformer Auslegung entsprechend Art. 148 Buchst. d MwStSystRL grundsätz­lich nur dann steuerfrei, wenn der Unternehmer seine Leistung an den Schiffs­betreiber erbringt, während eine sonstige Leistung, die der Unternehmer auf einer dieser Leistung vorausgehenden Handelsstufe erbringt, nur dann steuer­frei ist, wenn die Bestimmung der ‑‑auf der Vorstufe erbrachten‑‑ sonstigen Leistung für den vorstehenden Bedarf als sicher gelten kann, ohne dass die Einführung von Kontroll- und Überwachungsmechanismen erforderlich ist.

a) Nach der Rechtsprechung des EuGH gilt die unter den weiteren Vorausset­zungen von Art. 148 Buchst. a MwStSystRL (zuvor Art. 15 Nr. 4 der Richtlinie 77/388/EWG) steuerfreie Lieferung zur Versorgung von Schiffen "nur für Liefe­rungen von Gegenständen an einen Betreiber von Schiffen (…), der diese Ge­genstände zur Versorgung der Schiffe verwendet, und kann sich deshalb nicht auf Lieferungen dieser Gegenstände erstrecken, die auf einer vorhergehenden Handelsstufe erfolgen", da die "Erstreckung der Steuerbefreiung auf die der endgültigen Lieferung der Gegenstände an den Betreiber der Schiffe voraus­gehenden Handelsstufen (…) von den Mitgliedstaaten verlangen [würde], daß sie Kontroll- und Überwachungsmechanismen einführten, um sich der endgül­tigen Bestimmung der unter Steuerbefreiung gelieferten Gegenstände zu ver­gewissern" (EuGH-Urteile Velker International Oil Company vom 26.06.1990 ‑ C‑185/89, EU:C:1990:262, Rz 22 und 24; Elmeka vom 14.09.2006 ‑ C‑181/04 bis C‑183/04, EU:C:2006:563, Rz 22 und 23; Fast Bunkering Klaipėda vom 03.09.2015 ‑ C‑526/13, EU:C:2015:536, Rz 27 bis 29). Lieferungen an Wirt­schaftsteilnehmer, die nicht zu den Schiffsbetreibern gehören, sind daher selbst dann nicht steuerfrei, wenn als Zielsetzung der Lieferung die ausschließ­liche Verwendung durch den Schiffsbetreiber bekannt und ordnungsgemäß be­legt ist und der Steuerbehörde im Einklang mit nationalen Rechtsvorschriften entsprechende Nachweise vorgelegt werden (vgl. EuGH-Urteil Fast Bunkering Klaipėda vom 03.09.2015 ‑ C‑526/13, EU:C:2015:536, Rz 44). Damit lehnt der EuGH eine Erstreckung der Steuerbefreiung auf vorhergehende Handels­stufen ab, wenn dies die Einführung von Kontroll- und Überwachungsmecha­nismen erfordert, um sich der endgültigen Bestimmung eines Gegenstandes ‑‑der Lieferung an den Schiffsbetreiber‑‑ zu vergewissern, da derartige Me­chanismen Zwänge schaffen würden, die mit einer korrekten und einfachen Anwendung der Befreiungen unvereinbar wären (EuGH-Urteil A vom 04.05.2017 ‑ C‑33/16, EU:C:2017:339, Rz 32). Dasselbe gilt für Dienstleis­tungen (EuGH-Urteile Elmeka vom 14.09.2006 ‑ C‑181/04 bis C‑183/04, EU:C:2006:563, Rz 24 und A vom 04.05.2017 ‑ C‑33/16, EU:C:2017:339, Rz 27 ff.).

b) Die Steuerfreiheit einer auf einer vorhergehenden Handelsstufe erbrachten Leistung sieht der EuGH aber dann als möglich an, wenn "die Bestimmung ei­ner Dienstleistung [für den unmittelbaren Bedarf der Seeschiffe und ihrer La­dungen] deren Wesen nach von ihrer Vereinbarung an als sicher gelten kann", da in "solchen Situationen (…) die korrekte und einfache Anwendung der in Art. 148 Buchst. d der Richtlinie 2006/112 vorgesehenen Steuerbefreiung ge­währleistet [ist], ohne dass die Einführung von Kontroll- und Überwachungs­mechanismen erforderlich wäre". Erforderlich ist, dass "die Bestimmung, zu der diese Dienstleistungen verwendet werden, als gewiss gelten [kann], so­bald die Modalitäten ihrer Erbringung vereinbart sind" (EuGH-Urteil A vom 04.05.2017 ‑ C‑33/16, EU:C:2017:339, Rz 33 und 34). Insoweit nimmt der EuGH keine Beschränkung der Steuerfreiheit "auf die letzte Stufe der Handels­kette der Be- und Entladedienstleistungen" an (vgl. EuGH-Urteil A vom 04.05.2017 ‑ C‑33/16, EU:C:2017:339, Rz 37). Somit kann bei mehreren Leistungen, die ‑‑wie in den den EuGH-Entscheidungen zugrunde liegenden Fallkonstellationen‑‑ unverändert und damit identisch in einer Leistungskette erbracht werden, davon ausgegangen werden, dass bereits bei der auf einer Vorstufe erbrachten Leistung deren Bestimmung für den unmittelbaren Bedarf der Seeschiffe und ihrer Ladungen sicher ist.

c) Möglich ist eine Steuerfreiheit der auf einer vorausgehenden Handelsstufe erbrachten Leistung zudem auch dann, wenn ‑‑wie bei der Lieferung eines Luftfahrzeugs an einen Wirtschaftsteilnehmer, das dieser ausschließlich zur Verwendung durch eine hauptsächlich im entgeltlichen internationalen Verkehr tätige Gesellschaft bestimmt hatte‑‑ bereits aufgrund der für derartige Luft­fahrzeuge geltenden Registrierungs- und Zulassungsverfahren die endgültige Verwendung sichergestellt ist (EuGH-Urteil A vom 19.07.2012 ‑ C‑33/11, EU:C:2012:482, Rz 55 und 56 zu Art. 15 Nr. 6 der Richtlinie 77/388/EWG).

3. Danach hat das FG im Ergebnis zutreffend die Steuerfreiheit gemäß § 4 Nr. 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 5 UStG im Hinblick auf die Vermietung der Trimm­raupen durch die Beigeladene an die X‑KG, die nicht Betreiberin von Seeschif­fen war, sondern die die angemieteten Trimmraupen zum Löschen der Ladung von Seeschiffen verwendete und damit sonstige Leistungen an Schiffsbetreiber erbrachte, verneint.

a) Die Bestimmung der Verwendung der Trimmraupen für den unmittelbaren Bedarf von Wasserfahrzeugen einschließlich ihrer Ladungen ist entsprechend den vorstehenden Bedingungen (s. oben II.2.b) nicht als sicher anzusehen. Dies ergibt sich bereits aus der fehlenden Identität der von der Beigeladenen und der von der X‑KG erbrachten Leistung. Unabhängig hiervon hätte die Prü­fung der Bestimmung für den unmittelbaren Bedarf von Wasserfahrzeugen einschließlich ihrer Ladungen zudem die Einführung von Kontroll- und Überwa­chungsmechanismen erfordert, da vermietete Gegenstände für beliebige Zwe­cke verwendet werden können und selbst bei einer Vermietung nur für einen bestimmten Zweck die Zweckeinhaltung zu kontrollieren und zu überwachen ist. Demgemäß spricht gegen die Steuerfreiheit zum einen, dass nach den ‑‑nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und den Senat damit nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden‑‑ Feststellungen des FG die X‑KG die Trimmraupen im Streitjahr tatsächlich auch für nicht steuerbegünstigte Arbeiten in Lagerhallen und beim Entladen von Lastkraftwagen einsetzte (und entsprechend als steuerpflichtige Leistung behandelte). Zum anderen besteht objektiv die Mög­lichkeit, dass auch in weiteren Fällen eine nicht steuerbegünstigte Verwendung stattgefunden haben könnte. Dies kann nur mit Hilfe gesonderter Kontroll- und Überwachungsmechanismen ausgeschlossen werden. Dass die Beteiligten übereinstimmend davon ausgehen, dass es im konkreten Fall aufgrund der tatsächlich gewährleisteten Kontrolle zu keiner unberechtigten Inanspruch­nahme gekommen ist, ist im Hinblick darauf, dass bereits das ‑‑abstrakte‑‑ Erfordernis von Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen der Anwendung der Steuerfreiheit entgegensteht, unbeachtlich. Somit kann es bei Abschluss eines Vertrags über die Vermietung einer Maschine an einen Hafenumschlagsunter­nehmer, die objektiv sowohl für steuerfreie als auch für steuerpflichtige Leis­tungen verwendet werden kann, trotz einer von den Vertragsparteien getrof­fenen Zweckbestimmung, dass die Maschine beim Löschen eines Seeschiffs eingesetzt werden soll, aufgrund des Wesens der Vermietungsdienstleistung als bloße Nutzungsüberlassung nicht als sicher gelten, dass die Maschine nur für Umsätze verwendet wird, die nach § 8 Abs. 1 UStG steuerfrei sind. Es reicht daher ‑‑entgegen der Ansicht der Klägerin‑‑ für die Steuerfreiheit eines Umsatzes auf vorausgehenden Handelsstufen weder aus, dass dieser eine not­wendige Voraussetzung für die Ausführung des nachfolgenden ‑‑steuerfreien‑‑ Umsatzes ist, noch genügt es, dass die Kosten des Vorstufenumsatzes auf den Verfügungsberechtigten der Ladung abgewälzt werden können.

b) Im Streitfall sind auch keine sich aus anderen Regelungszusammenhängen ergebenden Nachweise für die tatsächliche Verwendung der Trimmraupen ‑‑vergleichbar einem Registrierungs- und Zulassungsverfahren für Luftfahr­zeuge (s. oben II.2.c)‑‑ erkennbar, welche eine Kontrolle der Einhaltung der vereinbarten Bestimmung hätten entbehrlich machen können.

c) Nicht zu entscheiden ist daher, ob die Anwendung von § 8 Abs. 1 Nr. 5 UStG auch daran scheitert, dass § 8 Abs. 1 Nr. 2 UStG nur die Vermietung von Gegenständen, die zur Ausrüstung von Wasserfahrzeugen bestimmt sind, er­fasst, und dies einer Anwendung von § 8 Abs. 1 Nr. 5 UStG auf die Vermietung anderer Gegenstände ‑‑wie die hier vorliegenden Trimmraupen‑‑ entgegen­stehen könnte.

4. Das Urteil des FG erweist sich auch nicht in anderer Hinsicht als rechtsfeh­lerhaft.

a) Auf der Grundlage der für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellun­gen des FG ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das FG das Be­stehen einer Organschaft im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG zwischen der Beigeladenen und M bejaht hat. Insbesondere ist angesichts der Vermietung eines Grundstücks und eines Fuhr- und Geräteparks an die Beigeladene von der wirtschaftlichen Verflechtung durch mehr als nur unerhebliche Beziehun­gen zwischen den Unternehmensbereichen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 11.05.2023 ‑ V R 28/20, BFHE 281, 178, BStBl II 2023, 992, Rz 18) der Beigeladenen und M auszugehen.

b) Der Änderung der einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehenden Steueranmeldung (§ 168 Satz 1, § 164 Abs. 2 der Abgaben­ordnung ‑‑AO‑‑) durch den Änderungsbescheid vom 27.06.2018 stand der Ein­tritt der Festsetzungsverjährung nicht entgegen, da der Ablauf der Festset­zungsfrist für das Streitjahr nach § 171 Abs. 4 AO gehemmt war.

aa) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall der Hinausschiebung der Außen­prüfung erstrecken sollte, unter anderem nicht ab, bevor die aufgrund der Au­ßenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Dies gilt gemäß § 171 Abs. 4 Satz 2 AO nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat.

bb) Nach der Rechtsprechung des BFH ist ein Antrag auf Hinausschieben des Beginns der Außenprüfung auch darin zu sehen, dass der Steuerpflichtige ‑‑wie im Streitfall‑‑ eine ihm gegenüber ergangene ‑‑rechtmäßige‑‑ Prüfungs­anordnung anficht und zugleich beantragt, deren Vollziehung auszusetzen. Wird ein Antrag auf Aufschub des Prüfungsbeginns ohne zeitliche Vorgaben gestellt, endet die Festsetzungsfrist danach zwei Jahre nach Wegfall des gel­tend gemachten Hinderungsgrundes für die Durchführung der Prüfung. Dies gilt auch, wenn ‑‑wie vorliegend‑‑ ein Rechtsbehelfsverfahren betrieben wird, das die Prüfungsanordnung oder Prüfungsmaßnahmen betrifft, die mit der ge­gen den Steuerpflichtigen gerichteten Außenprüfung in hinreichendem sachli­chen Zusammenhang stehen (BFH-Urteil vom 12.12.2017 ‑ VIII R 6/14, BFH/NV 2018, 606, Rz 34 und 35). Danach ist im Streitfall keine Festset­zungsverjährung eingetreten, da nach Erlass der Prüfungsanordnung im Juli 2016 tatsächliche Prüfungshandlungen für das Streitjahr erfolgten, die inner­halb der Zweijahresfrist zum Betriebsprüfungsbericht vom Juni 2018 führten.

5. Ein Vorabentscheidungsersuchen gemäß Art. 267 des Vertrags über die Ar­beitsweise der Europäischen Union ist nicht veranlasst (vgl. zu den Vorausset­zungen EuGH-Urteile CILFIT vom 06.10.1982 ‑ 283/81, EU:C:1982:335, Rz 21 und Consorzio Italian Management und Catania Multiservizi vom 06.10.2021 ‑ C‑561/19, EU:C:2021:799, Rz 66). Für den Senat bestehen keine Zweifel in Bezug auf die Auslegung von Art. 148 MwStSystRL.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 und 3 FGO.

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