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BFH: Doppelte Haushaltsführung, Kosten der Lebensführung bei einem Ein-Personen-Haushalt

Führt der Steuerpflichtige im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung am Ort des Lebensmittelpunkts einen Ein-Personen-Haushalt, stellt sich die Frage nach der finanziellen Beteiligung an den Kosten der Lebensführung im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes nicht.

EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5, § 9 Abs. 4a Satz 12, § 9 Abs. 6

BFH-Urteil vom 29.4.2025, VI R 12/23 (veröffentlicht am 31.7.2025)

Vorinstanz: FG München vom 1.3.2023, 1 K 2311/20 = SIS 23 13 27

I. Der 1986 geborene, ledige Kläger und Revisionskläger (Kläger) studierte nach einer im Jahr 2007 erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung zum … zeitlich verzögert an der Hochschule … (A) den Bachelorstudiengang … Ab … führte er sein Studium an der … (M) als Masterstudiengang fort. Ab dem … war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der M tätig und fertigte seine Dok­torarbeit an. Er wohnte am jeweiligen Studienort in angemieteten Wohnungen beziehungsweise Zimmern.

Der Kläger erzielte in den Streitjahren (2014 bis 2018) aus der Tätigkeit als Werkstudent und als studentische Hilfskraft sowie ab dem … als wis­senschaftlicher Mitarbeiter Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Zudem er­hielt er in den Streitjahren 2014 bis 2017 Leistungen nach dem Bundesausbil­dungsförderungsgesetz. Zur Bestreitung seines Lebensunterhalts standen ihm im Streitjahr 2014 … €, im Streitjahr 2015 … €, im Streitjahr 2016 … €, im Streitjahr 2017 … € und im Streitjahr 2018 … € zur Verfügung.

Sein Lebensmittelpunkt lag in den Streitjahren (unstreitig) in … (B). Er bewohnte dort sämtliche Räumlichkeiten im Obergeschoss des von seinen Großeltern errichteten Wohn­hauses seiner Eltern. Im Erdgeschoss und im Obergeschoss befinden sich ‑‑im Wesentlichen grundrissgleich‑‑ jeweils Diele, Küche, Bad/WC sowie drei Wohn­räume beziehungsweise im Obergeschoss nach Zusammenlegung zwei Wohn­räume. Die Räumlichkeiten haben jeweils einen Eingang zum mittigen, offenen Treppenhaus.

Im Jahr 1985 bezogen die Eltern des Klägers die im Erdgeschoss belegenen Räumlichkeiten. Die Großeltern bewohnten daraufhin nur noch die Räumlich­keiten im Obergeschoss. Nach dem Auszug der Großeltern im Jahr 1990 bezo­gen der Kläger und sein jüngerer Bruder je ein Zimmer im Obergeschoss. Etwa im Jahr 2010 zog der Bruder des Klägers aus. In der Folgezeit renovierte der Kläger die Räumlichkeiten im Obergeschoss und bewohnte sie fortan allein. Die Räumlichkeiten überließen ihm seine Eltern unentgeltlich zur Nutzung.

In seinen Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre machte der Kläger unter anderem notwendige Mehraufwendungen wegen einer beruflich veran­lassten doppelten Haushaltsführung gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 des Ein­kommensteuergesetzes in der in den Streitjahren jeweils geltenden Fassung (EStG) sowie Verpflegungsmehraufwendungen nach § 9 Abs. 4a Satz 12 EStG als Wer­bungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend.

Im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzungen für die Streitjahre ließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) zwar die Aufwendungen für die Familienheimfahrten erklärungsgemäß als "Lebensmittelpunktfahrten" zum Werbungskostenabzug zu. Die geltend gemachten Aufwendungen der doppelten Haushaltsführung und den erklärten Verpflegungsmehraufwand be­rücksichtigte er jedoch nicht.

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzge­richt (FG) ab. Die noch streitigen Mehraufwendungen seien dem ‑‑weitgehend wirtschaftlich nicht selbständigen‑‑ Kläger in den Streitjahren nicht wegen ei­ner beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstanden. Dieser ha­be zwar an seinem Lebensmittelpunkt in B im Obergeschoss des elterlichen Hauses gewohnt, dort aber keinen eigenen Hausstand geführt. Vielmehr sei er (auch in den Streitjahren noch) in den dortigen Hausstand seiner Eltern, der auch die vom Kläger seit Kindheitstagen bewohnten Räumlichkeiten im Ober­geschoss umfasse, eingegliedert gewesen.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

Er beantragt,
das Urteil des FG München vom 01.03.2023 ‑ 1 K 2311/20 und die Ein­spruchsentscheidung vom 25.09.2020 aufzuheben sowie die Einkom­mensteuerbescheide 2014 bis 2016 jeweils vom 29.05.2018 und die Einkommensteuerbescheide für 2017 bis 2018 jeweils vom 24.08.2020 dahingehend zu ändern, dass weitere Werbungskosten für 2014 in Höhe von … €, für 2015 in Höhe von … €, für 2016 in Höhe von … €, für 2017 in Höhe von … € sowie für 2018 in Höhe von … € bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berück­sichtigt werden.

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorent­scheidung und zur Zurückverweisung der nicht spruchreifen Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat zu Unrecht das Vorliegen ei­ner doppelten Haushaltsführung mit der Begründung verneint, der Kläger habe keinen eigenen Hausstand am Ort des Lebensmittelpunkts unterhalten, son­dern sei vielmehr in den dortigen elterlichen Haushalt eingegliedert gewesen.

1. Aufwendungen des Steuerpflichtigen für eine zweite Ausbildung (Berufsaus­bildung oder Studium) sind regelmäßig beruflich veranlasst. Dass die Aufwen­dungen zumindest für die eigene Zweitausbildung regelmäßig nicht auf unbe­achtlichen privaten Motiven gründen, nimmt auch § 9 Abs. 6 EStG zum Aus­gangspunkt (Senatsurteil vom 24.10.2024 ‑ VI R 7/22, zur amtlichen Veröf­fentlichung bestimmt, BStBl II 2025, 354, Rz 11, m.w.N.). Demgemäß sind sämtliche beruflich veranlassten Aufwendungen, die im Rahmen einer Zweit­ausbildung (Berufsausbildung oder Studium) anfallen, als (vorab entstandene) Werbungskosten abziehbar. Hierzu gehören nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Steuerpflichtigen in Zweitausbildung wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushalts­führung entstehen (Senatsurteil vom 14.05.2020 ‑ VI R 3/18, BFHE 269, 486, BStBl II 2021, 302, Rz 21).

2. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer au­ßerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand un­terhält und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG). Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG setzt das Vor­liegen eines eigenen Hausstands das Innehaben einer Wohnung sowie eine fi­nanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung voraus.

a) Durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbe­steuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.02.2013 (BGBl I 2013, 285) hat der Gesetzgeber den schon bisher in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG verwendeten Begriff des eigenen Hausstands erstmals im Gesetz defi­niert. Ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs sollte durch die gesetz­liche Konkretisierung des Begriffs des eigenen Hausstands zusätzliche Rechts­sicherheit geschaffen und Streitpotenzial vermieden werden (BTDrucks 17/10774, S. 13). Die Vorschrift knüpft damit einerseits an die gefestigte Rechtsprechung des erkennenden Senats zum Vorliegen eines eigenen Haus­stands an, fügt dem Begriff des eigenen Hausstands aber andererseits das Er­fordernis einer finanziellen Beteiligung an den Kosten der Lebensführung hin­zu. Die Rechtsprechung des erkennenden Senats zum Vorliegen einer doppel­ten Haushaltsführung ist damit grundsätzlich auch auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmens­besteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts weiterhin anzuwenden. Sie ist allerdings im Hinblick auf die nunmehr gesetzlich geforderte finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung zu ergänzen (s. Senatsurteil vom 12.01.2023 ‑ VI R 39/19, BFHE 279, 396, BStBl II 2023, 747, Rz 14, m.w.N.).

b) Das Vorliegen eines eigenen Hausstands setzt gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG ‑‑wie nach der bisherigen Senatsrechtsprechung‑‑ das Inne­haben einer Wohnung voraus.

aa) Unter einer Wohnung in diesem Sinne sind alle den Lebensbedürfnissen des Steuerpflichtigen entsprechenden Räumlichkeiten zu verstehen. Erforder­lich, aber auch ausreichend, ist ein räumlicher Bereich, in dem der Lebensmit­telpunkt des Steuerpflichtigen verortet werden kann. Den bewertungsrechtli­chen Anforderungen an eine Wohnung müssen diese Räumlichkeiten jedoch nicht genügen (Senatsurteil vom 12.01.2023 ‑ VI R 39/19, BFHE 279, 396, BStBl II 2023, 747, Rz 16, m.w.N.).

bb) Der Steuerpflichtige hat die Wohnung inne, wenn er sie aus eigenem Recht (zum Beispiel als Eigentümer oder Mieter) nutzt. Allerdings kann auch ein abgeleitetes Recht im Sinne einer geschützten Rechtsposition ausreichen. Davon ist insbesondere auszugehen, wenn der Ehepartner, Lebensgefährte oder ‑‑wie vorliegend‑‑ ein sonstiger Familienangehöriger (hier: die Eltern des Klägers) Eigentümer oder Mieter der Wohnung ist und diese dem Steuerpflich­tigen (unentgeltlich) zur Nutzung überlässt (vgl. Senatsurteil vom 12.01.2023 ‑ VI R 39/19, BFHE 279, 396, BStBl II 2023, 747, Rz 17, m.w.N.).

c) In der Wohnung, die der Steuerpflichtige außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte innehat, muss sich auch nach der gesetzlichen Neuregelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG weiterhin der Haushalt befinden, den er am Lebensmittelpunkt führt, also sein Erst- oder Haupthaushalt.

aa) Es ist daher nach wie vor entscheidend, dass sich der Steuerpflichtige in dem betreffenden Haushalt, im Wesentlichen nur unterbrochen durch die ar­beits- und urlaubsbedingte Abwesenheit, aufhält; allein das Vorhalten einer Wohnung für gelegentliche Besuche oder für Ferienaufenthalte ist insoweit nicht ausreichend. Der Steuerpflichtige muss des Weiteren als die Haushalts­führung wesentlich bestimmender beziehungsweise mitbestimmender Teil an­zusehen sein. Er darf nicht lediglich in einen anderen Hausstand eingegliedert sein, wie es regelmäßig bei jungen Arbeitnehmern der Fall ist, die nach Been­digung der Ausbildung weiterhin im elterlichen Haushalt ihre Zimmer bewoh­nen. Die elterliche Wohnung kann in einem dieser häufigen Fälle zwar, auch wenn das Kind am Beschäftigungsort eine Unterkunft bezogen hat, wie bisher der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen sein, sie ist aber kein von dem Kind unterhaltener eigener Hausstand (Senatsurteil vom 12.01.2023 ‑ VI R 39/19, BFHE 279, 396, BStBl II 2023, 747, Rz 19, m.w.N.).

bb) Ob ein Steuerpflichtiger in einer Wohnung einen eigenen Hausstand führt, kann mithin nur unter Berücksichtigung insbesondere der Einrichtung, der Ausstattung und der Größe eben dieser Wohnung entschieden werden. Wird der Haushalt in einer in sich abgeschlossenen Wohnung geführt, die auch nach Größe und Ausstattung ein eigenständiges Wohnen und Wirtschaften gestat­tet, wird regelmäßig vom Unterhalten eines eigenen Hausstands auszugehen sein. Weiter sind aber auch die persönlichen Lebensumstände, Alter und Per­sonenstand des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen. So wird regelmäßig ein junger Steuerpflichtiger, der nach Schulabschluss gerade eine Ausbildung be­gonnen hat, noch eher in den Haushalt seiner Eltern eingegliedert sein, wenn er im Haus der Eltern wohnt, selbst falls er dort auch eigene Räume zur Verfü­gung hat. Hat der Steuerpflichtige dagegen schon etwa im Rahmen einer ge­festigten Beziehung oder Ehe andernorts einen eigenen Hausstand geführt, ist es regelmäßig nicht fernliegend, dass er einen solchen auch dann weiter un­terhalten und fortführen wird, wenn er wieder eine Wohnung im Haus seiner Eltern bezieht (Senatsurteil vom 28.03.2012 ‑ VI R 87/10, BFHE 236, 553, BStBl II 2012, 800, Rz 14).

d) Das Vorliegen eines eigenen Hausstands erfordert des Weiteren eine finan­zielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG). Bedeutung kommt diesem Tatbestandsmerkmal jedoch nur zu, soweit der Steuerpflichtige am Lebensmittelpunkt einem Mehrpersonenhaus­halt (zum Beispiel im Rahmen eines Mehrgenerationenhaushalts) angehört. Dies folgt schon aus dem Tatbestandsmerkmal "Beteiligung". Nur wenn meh­rere Personen einen gemeinsamen Haushalt führen, kann sich der Einzelne an den Kosten dieses Haushalts und damit den Kosten der Lebensführung "betei­ligen".

Führt der Steuerpflichtige dagegen einen Ein-Personen-Haushalt, stellt sich die Frage nach der finanziellen Beteiligung an den Kosten dieses Haushalts (der Lebensführung) nicht. Denn die Kosten der Lebensführung eines Ein-Personen-Haushalts werden denknotwendig von dieser einen Person getragen. Woher die hierfür erforderlichen Mittel stammen ‑‑ob aus eigenen Einkünften, staatli­chen Transferleistungen, Darlehen, Unterhaltsleistungen oder familiären Geld­geschenken‑‑ ist insoweit unerheblich. An der Finanzierung des eigenen Haus­halts/der eigenen Lebensführung ändert die Herkunft der Mittel nichts.

3. Gemessen daran hält die Entscheidung der Vorinstanz einer revisionsrechtli­chen Überprüfung nicht stand. Das FG hat rechtsfehlerhaft entschieden, dass der Kläger am Ort seines Lebensmittelpunkts keinen eigenen Hausstand unter­halten hat.

a) Vorliegend haben die Eltern dem Kläger sämtliche Räumlichkeiten im Ober­geschoss ihres Hauses zur Nutzung überlassen. Der Senat hat nach den Fest­stellungen des FG keine Zweifel, dass es sich dabei um eine Wohnung im Sin­ne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG handelt, die dem Kläger nach Grö­ße und Ausstattung ein eigenständiges Wohnen und Wirtschaften gestattet. Die dahingehende mündliche Vereinbarung mit seinen Eltern, nach der allein der Kläger zur ausschließlichen Nutzung der Obergeschosswohnung befugt ist, hat das FG als wahr unterstellt. Deren Inhalt ist im Übrigen zwischen den Be­teiligten auch nicht streitig. Aufgrund dieser hinreichend geschützten Rechts­position hat der Kläger die Wohnung im Obergeschoss im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG inne. Der Umstand, dass es sich hierbei um eine (bloße) Nutzungsüberlassung und nicht um ein Mietverhältnis handelt, steht dem ‑‑anders als das FG meint‑‑ nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 12.01.2023 ‑ VI R 39/19, BFHE 279, 396, BStBl II 2023, 747, Rz 17, m.w.N.). Ob die vom Kläger bewohnte Wohnung im Obergeschoss gegenüber der von den Eltern bewohnten Wohnung im Erdgeschoss baulich abgeschlossen ist, ist für das Vorliegen eines eigenen Hausstands ebenfalls unerheblich (vgl. Senats­urteil vom 12.01.2023 ‑ VI R 39/19, BFHE 279, 396, BStBl II 2023, 747, Rz 16, 30).

b) Soweit das FG weiter davon ausgegangen ist, der Kläger habe die Wohnung im Obergeschoss deshalb nicht innegehabt, weil sich der Haushalt der Eltern in den Streitjahren auf das gesamte Wohnhaus erstreckt habe und der Kläger in den elterlichen Gesamthaushalt eingegliedert gewesen sei, wird diese Würdi­gung von den den Senat bindenden Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) der Vorinstanz nicht getragen. Vielmehr hat das FG für den Senat bindend festge­stellt (§ 118 Abs. 2 FGO), dass die Wohnung im Obergeschoss nur vom Kläger bewohnt wurde, während die Eltern ausschließlich die Räume im Erdgeschoss nutzten. Wird der Haushalt in einer Wohnung geführt, die ‑‑wie ausgeführt‑‑ nach Größe und Ausstattung ein eigenständiges Wohnen und Wirtschaften ge­stattet, ist regelmäßig vom Unterhalten eines eigenen Hausstands auszugehen (Senatsurteil vom 28.03.2012 ‑ VI R 87/10, BFHE 236, 553, BStBl II 2012, 800, Rz 14).

c) Zwar sind auch in einem solchen Fall die persönlichen Lebensumstände, Al­ter und Personenstand des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen und damit ‑‑wie oben ausgeführt‑‑ auch, dass ein junger Steuerpflichtiger, der nach Schulabschluss gerade eine Ausbildung begonnen hat, regelmäßig noch eher in den Haushalt seiner Eltern eingegliedert ist, wenn er im Haus der Eltern wohnt, selbst wenn er dort auch eigene Räume zur Verfügung hat (Senatsur­teil vom 28.03.2012 ‑ VI R 87/10, BFHE 236, 553, BStBl II 2012, 800, Rz 14).

Vorliegend tragen die Feststellungen des FG eine dahingehende Vermutung aber nicht. Denn entgegen der Auffassung des FG haben sich zum einen die ursprünglichen Wohnverhältnisse seit den Jahren 2010/2011 grundlegend ge­ändert. Jedenfalls seither kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass sich der Haushalt der Eltern auch auf die vom Kläger und seinem Bruder be­wohnten "Kinderzimmer" im Obergeschoss erstreckte. Vielmehr ist nach dem Auszug des Bruders und der umfassenden Renovierung im Obergeschoss ein eigener Haushalt des Klägers begründet worden, der räumlich und wirtschaft­lich von dem Haushalt der Eltern im Erdgeschoss getrennt ist.

Zudem handelt es sich beim Kläger entgegen der Auffassung des FG nicht um einen jungen, wirtschaftlich unselbständigen Steuerpflichtigen, der nach Schulabschluss gerade eine Ausbildung begonnen hat. Der Kläger war viel­mehr zu Beginn der Streitjahre bereits 28 Jahre alt und befand sich nach er­folgreicher Berufsausbildung und anschließender Berufstätigkeit in einer zwei­ten (akademischen) Ausbildung. Er verfügte in den Streitjahren über eigenes, wenn auch in den Jahren 2014 bis 2017 geringes Einkommen, bezog daneben Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und nach Ende des Studiums ein auskömmliches Gehalt. Die Würdigung des FG, der Kläger sei ungeachtet dieser Feststellungen weiterhin als "Kind" in den elterli­chen Haushalt eingegliedert, bindet den Senat mithin nicht.

4. Die Vorentscheidung ist daher aufzuheben. Die Sache ist jedoch nicht spruchreif. Denn das FG hat ‑‑von seinem Standpunkt aus zu Recht‑‑ bisher nicht geprüft, in welcher Höhe dem Kläger in den Streitjahren Unterkunftskos­ten und Verpflegungsmehraufwendungen entstanden und nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 bzw. § 9 Abs. 4a Satz 12 EStG als Werbungskosten zu berücksichtigen sind. Die entsprechenden Feststellungen hat es im zweiten Rechtsgang nach­zuholen.

5. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

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