Nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder bitte ich zur Frage der Probezeit bei Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften folgende Auffassung zu vertreten:
Als Probezeit ist der Zeitraum zwischen Dienstbeginn und der erstmaligen Vereinbarung einer schriftlichen Pensionszusage (zusagefreie Zeit) zu verstehen. Der Zeitraum zwischen der Erteilung einer Pensionszusage und der erstmaligen Anspruchsberechtigung (versorgungsfreie Zeit) zählt nicht zur Probezeit.
Für die steuerliche Beurteilung einer Pensionszusage ist regelmäßig eine Probezeit von zwei bis drei Jahren als ausreichend anzusehen. Die Erteilung der Pensionszusage an den Gesellschafter-Geschäftsführer unmittelbar nach der Anstellung und ohne die unter Fremden übliche Erprobung ist in der Regel nicht betrieblich, sondern durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst (BFH-Urteile vom 15.10.1997, I R 42/97, BStBl 1999 II S. 316 = SIS 98 07 40, vom 29.10.1997, I R 52/97, BStBl 1999 II S. 318 = SIS 98 07 38, vom 24.4.2002, I R 18/01, BStBl 2002 II S. 670 = SIS 02 93 26, vom 23.2.2005, I R 70/04, BStBl 2005 II S. 882 = SIS 05 24 35 und vom 28.4.2010, I R 78/08, BStBl II S. ... = SIS 10 21 92).
Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer neu gegründeten Kapitalgesellschaft wird einem gesellschaftsfremden Geschäftsführer erst dann eine Pension zusagen, wenn er die künftige wirtschaftliche Entwicklung und damit die künftige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kapitalgesellschaft zuverlässig abschätzen kann (ständige Rechtsprechung des BFH, a.a.O.). Hierzu bedarf es in der Regel eines Zeitraums von wenigstens fünf Jahren.
Eine Probezeit ist bei solchen Unternehmen verzichtbar, die aus eigener Erfahrung Kenntnisse über die Befähigung des Geschäftsleiters haben und die die Ertragserwartungen aufgrund ihrer bisherigen unternehmerischen Tätigkeit hinreichend deutlich abschätzen können. Diese Kriterien sind bei einem Unternehmen erfüllt, das seit Jahren tätig war und lediglich sein Rechtskleid ändert, wie beispielsweise bei Begründung einer Betriebsaufspaltung oder einer Umwandlung (BFH-Urteile vom 29.10.1997, I R 52/97, BStBl 1999 II S. 318 = SIS 98 07 38 und vom 23.2.2005, I R 70/04, BStBl 2005 II S. 882 = SIS 05 24 35) und der bisherige, bereits erprobte Geschäftsleiter das Unternehmen fortführt. Wird ein Unternehmen durch seine bisherigen leitenden Angestellten "aufgekauft" und führen diese Angestellten den Betrieb in Gestalt einer neu gegründeten Kapitalgesellschaft als Geschäftsführer fort (sog. Management-Buy-Out), so kann es ausreichen, wenn bis zur Erteilung der Zusagen nur rund ein Jahr abgewartet wird (BFH-Urteil vom 24.4.2002, I R 18/01, BStBl 2002 II S. 670).
Eine unter Verstoß gegen eine angemessene Probezeit erteilte Pensionszusage ist durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und führt nach den Grundsätzen des BMF-Schreibens vom 28.5.2002 (BStBl 2002 I S. 603 = SIS 02 08 53) zu verdeckten Gewinnausschüttungen im Sinne des § 8 Absatz 3 Satz 2 KStG. Ausschlaggebend ist die Situation im Zeitpunkt der Zusage, so dass die Anwartschaft auch nach Ablauf der angemessenen Probezeit nicht zu einer fremdvergleichsgerechten Pensionszusage wird (BFH-Urteil vom 28.4.2010, I R 78/08, BStBl II S. ... = SIS 10 21 92). Das gilt auch dann, wenn die Pensionszusage in der Folgezeit geändert, also z.B. erhöht wird.
Die Möglichkeit einer Aufhebung der ursprünglichen und des Abschlusses einer neuen Pensionszusage nach Ablauf der angemessenen Probezeit bleibt hiervon unberührt.
Dieses Schreiben ersetzt das BMF-Schreiben vom 14.5.1999 (BStBl 1999 I S. 512 = SIS 99 13 27). Tz. 2 gilt für Pensionsvereinbarungen, die nach dem 29. Juli 2010 (Datum der Veröffentlichung des Urteils vom 28.4.2010, I R 78/08, BStBl II S. ... = SIS 10 21 92 auf den Internetseiten des Bundesfinanzhofs) abgeschlossen worden sind.
Das Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
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