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BFH: Keine nochmalige Einzahlung von bereits geleistetem Nennkapital im Fall einer wirtschaftlichen Neugründung

  1. Eine Leistung in das Nennkapital einer AG liegt vor, soweit der Aktionär mit seiner Zahlung an die Gesellschaft die durch die Übernahme der Aktien ent­standene Einlageforderung der Gesellschaft erfüllt und dadurch zum Erlöschen bringt.
  2. Im Fall der wirtschaftlichen Neugründung lebt die durch die Einlageleistung der Gründer bereits erloschene Einlageforderung der AG nicht wieder auf.
  3. Eine im Zusammenhang mit einer wirtschaftlichen Neugründung erbrachte Einlage ist nach § 27 Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes im steuer­lichen Einlagekonto auszuweisen, sofern sie nicht zur Erfüllung noch nicht ein­geforderter ausstehender Einlagen erbracht worden ist.

KStG § 27 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2

BFH-Urteil vom 25.2.2025, VIII R 22/22 (veröffentlicht am 15.5.2025)

Vorinstanz: FG Münster vom 28.9.2022, 9 K 1869/20 F = SIS 23 00 14

I. Die Beteiligten streiten über den Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2018.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine mit einem Grundkapital in Höhe von 50.000 € errichtete AG. Gegenstand der Klägerin war zunächst …

Nach dem Jahresabschluss zum 31.12.2017 verfügte die Klägerin über ein Bankguthaben in Höhe von 187,50 €. Auf der Passivseite der Bilanz wurden ein Fehlbetrag in Höhe von 854,24 € und ein Verlustvortrag in Höhe von 14.229,84 € ausgewiesen. Vom gezeichneten Kapital in Höhe von 50.000 € standen 37.500 € noch aus. Mit notariellem Vertrag vom 20.07.2018 wurden die 50 000 nennwertlosen Stückaktien der Klägerin an einen neuen Alleinge­sellschafter veräußert.

Am 25.07.2018 beschloss die Hauptversammlung der Klägerin eine neue Sat­zung, änderte die Firma in A AG und verlegte den Sitz nach H. Unternehmensgegenstand war danach … sowie … Der neue Alleinaktionär wurde Vorstand. Am 10.09.2018 überwies er 12.500 € unter dem Verwendungszweck "Einlage 25 Prozent Stammkapital" auf das Girokonto der Klägerin. Mit der Anmeldung zum Handelsregister gab die Klägerin an, es habe eine wirtschaftliche Neugründung stattgefunden. Die Anmeldung enthielt die Versicherung, dass die Klägerin mindestens über ein Gesellschaftsvermö­gen in Höhe von einem Viertel der Grundkapitalziffer (also mindestens 12.500 €) verfüge und dass das Vermögen endgültig zur freien Verfügung des Vorstands stehe.

Mit Erklärung vom 08.01.2020 zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2018 gab die Klägerin den Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs mit 0 € und im Wirtschaftsjahr geleistete Einlagen von 2.827 € und 12.500 € an. Im Jah­resabschluss zum 31.12.2018 wies die Klägerin auf der Passivseite ein ge­zeichnetes Kapital in Höhe von 50.000 € aus (37.500 € ausstehende Einlagen und 12.500 € Kapitalrücklage).

Der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) folgte dem nicht. Die Einzahlung von 12.500 € im Rahmen der wirtschaftlichen Neugründung sei in das Nennkapital geleistet worden. Mit Bescheid zum 31.12.2018 über die ge­sonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 des im Streitzeitraum anzuwendenden Körperschaftsteuergesetzes (KStG) vom 08.04.2020 stellte das FA den Bestand des steuerlichen Einlagekontos mit 2.827 € fest.

Das Finanzgericht (FG) hat der nach erfolglosem Einspruch eingelegten Klage stattgegeben und den Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2018 mit 15.327 € festgestellt. Die Einzahlung in Höhe von 12.500 € vom 10.09.2018 sei nicht in das Nennkapital geleistet worden und erhöhe deshalb den Bestand des steuerlichen Einlagekontos. Die Begründung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2023, 221 veröffentlicht.

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung von § 27 KStG.

Das FA beantragt,
das Urteil des FG Münster vom 28.09.2022 ‑ 9 K 1869/20 F aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision des FA zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Fi­nanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Die Klage ist zulässig (1.). Ohne Rechtsfehler hat das FG erkannt, dass die Einlage in Höhe von 12.500 € den Bestand des steuerlichen Einlagekontos erhöht hat (2.).

1. Die Klage ist zulässig. Die Klägerin ist insbesondere hinsichtlich der geson­derten Feststellung gemäß § 27 Abs. 2 KStG klagebefugt. Davon ist das FG zu Recht (stillschweigend) ausgegangen.

Der Feststellungsbescheid gemäß § 27 Abs. 2 KStG richtet sich gegen die Klä­gerin als Inhaltsadressatin. Obgleich dem steuerlichen Einlagekonto für die eigene Ertragsbesteuerung der Klägerin keine unmittelbare Bedeutung zu­kommt, kann sie gegen den Feststellungsbescheid außergerichtlich und ge­richtlich vorgehen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 21.12.2022 ‑ I R 53/19, BFHE 278, 435, BStBl II 2023, 504, Rz 15, m.w.N.).

2. Ohne Rechtsfehler hat das FG erkannt, dass die im Streitjahr geleistete Ein­lage von 12.500 € den Bestand des steuerlichen Einlagekontos auf 15.327 € erhöht hat, da sie nicht in das Nennkapital geleistet worden ist.

a) Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 KStG hat eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapi­talgesellschaft die nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen am Schluss jedes Wirtschaftsjahrs auf einem besonderen Konto (steuerliches Einlagekon­to) auszuweisen. Das steuerliche Einlagekonto bezweckt, die im Fall der Einla­genrückgewähr (§ 27 Abs. 1 Satz 3 KStG) nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht steuerbaren Bezüge von grundsätzlich steuerpflichtigen Gewinnausschüttungen zu separieren (vgl. BFH-Urteil vom 06.10.2009 ‑ I R 24/08, BFH/NV 2010, 248, unter B.I.1., m.w.N.). Ausge­nommen sind in das Nennkapital geleistete Einlagen. Sie werden nach § 27 Abs. 1 Satz 1 KStG nicht im steuerlichen Einlagekonto erfasst. Dabei handelt es sich um das durch Einlagen aufgebrachte (echte) Nennkapital. Zwar ist auch dessen Rückzahlung nicht steuerbar (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG), es bedarf insoweit aber keiner gesonderten Feststellung, weil das Nennkapital bereits in der Bilanz gesondert ausgewiesen wird.

b) Eine Leistung in das Nennkapital einer AG liegt vor, soweit der Aktionär mit seiner Zahlung an die Gesellschaft die durch die Übernahme der Aktien ent­standene Einlageforderung der Gesellschaft erfüllt und dadurch zum Erlöschen bringt.

aa) Nennkapital einer AG ist das in der Satzung bestimmte Grundkapital (§§ 5, 6 des Aktiengesetzes ‑‑AktG‑‑). Nach der Übernahme aller Aktien durch die Gründer (§ 29 AktG) im Zuge der Errichtung muss die Gesellschaft vor der Anmeldung zum Handelsregister einen Teil der Einlage von den Aktionären einfordern, soweit nicht Sacheinlagen vereinbart sind (§ 36 Abs. 2, § 36a Abs. 1 AktG). Die Aktionäre müssen die geschuldete und eingeforderte Einlage zur freien Verfügung des Vorstands einzahlen (§ 54 Abs. 3 AktG). Geschieht dies, bewirken die Aktionäre eine Einzahlung in das Nennkapital. Sie bringen dadurch in Höhe der geleisteten Einlage die Einlageforderung der Gesellschaft durch Erfüllung zum Erlöschen (§ 362 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs); in Höhe der noch nicht eingeforderten und noch nicht erbrachten Einlage blei­ben sie zur Leistung verpflichtet.

bb) In der Handelsbilanz wird das Grundkapital der Gesellschaft als gezeichne­tes Kapital ausgewiesen (§ 266 Abs. 3 des Handelsgesetzbuchs ‑‑HGB‑‑), wo­bei die ausstehenden (noch nicht eingeforderten und noch nicht geleisteten) Einlagen auf das gezeichnete Kapital von dem Posten "Gezeichnetes Kapital" offen abzusetzen sind (§ 272 Abs. 1 Satz 2 HGB). Aus der Bilanz ist mithin ersichtlich, in welcher Höhe Einzahlungen in das Nennkapital erbracht worden sind und in welcher Höhe das Nennkapital noch als Forderung gegen die Ge­sellschafter fortbesteht (ausstehende Einlagen).

cc) Mit der Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister ist unter anderem nachzuweisen, dass der auf die eingeforderte Einlage eingezahlte Betrag end­gültig zur freien Verfügung des Vorstands steht (§ 37 Abs. 1 Satz 2 AktG); bei Einzahlung auf ein Bankkonto der Gesellschaft ist der Nachweis durch eine Be­stätigung des kontoführenden Instituts zu führen (§ 37 Abs. 1 Satz 3 AktG).

dd) Im Fall einer wirtschaftlichen Neugründung einer Kapitalgesellschaft sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) die der Gewährleis­tung der Kapitalausstattung dienenden Gründungsvorschriften einschließlich der registergerichtlichen Kontrolle entsprechend anzuwenden (vgl. BGH-Be­schluss vom 09.12.2002 ‑ II ZB 12/02, BGHZ 153, 158, unter III.1.). Das be­deutet, dass die wirtschaftliche Neugründung beim Registergericht anzumel­den ist, um diesem eine (erneute) Gründungsprüfung zu ermöglichen und sicherzustellen, dass die Gesellschaft im Zeitpunkt der Neugründung über ein Vermögen in Höhe der auf das Grundkapital geleisteten Einlagen tatsächlich noch verfügt (vgl. BGH-Urteil vom 12.03.2007 ‑ II ZR 302/05, BGHZ 171, 293, unter II.1.). Unterbleibt die Offenlegung der wirtschaftlichen Neugrün­dung, haftet der Gesellschafter begrenzt auf eine Unterbilanz, die in dem Zeit­punkt besteht, zu dem die wirtschaftliche Neugründung entweder durch die Anmeldung der Satzungsänderungen oder durch die Aufnahme der wirtschaft­lichen Tätigkeit erstmals nach außen in Erscheinung getreten ist (vgl. BGH-Ur­teil vom 06.03.2012 ‑ II ZR 56/10, BGHZ 192, 341, unter II.3.b bb).

c) Bei Anwendung der vorstehenden Grundsätze hat der Alleinaktionär der Klägerin im Zuge der wirtschaftlichen Neugründung der Klägerin, wie vom FG zutreffend entschieden, nicht in das Nennkapital der Gesellschaft geleistet.

aa) Bei der Überweisung vom 10.09.2018 in Höhe von 12.500 € auf das Giro­konto der Klägerin handelte es sich unstreitig um eine Einlage (zum Begriff BFH-Urteil vom 30.11.2005 ‑ I R 26/04, BFH/NV 2006, 616, unter B.I.3.b, m.w.N.).

bb) Der Alleinaktionär der Klägerin hat im Zuge der wirtschaftlichen Neugrün­dung nicht auf die ausstehenden Einlagen geleistet. Das hat das FG in tatsäch­licher Hinsicht und für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO) festgestellt. In der Bilanz der Klägerin zum 31.12.2018 sind die ausstehenden Einlagen un­verändert mit 37.500 € ausgewiesen. Der Alleinaktionär der Klägerin wollte mit der Einzahlung von 12.500 € zudem erkennbar nur die Voraussetzungen für die Eintragung der wirtschaftlichen Neugründung erfüllen. Insofern bestand keine Veranlassung, auf die ausstehenden Einlagen zu leisten. Weder hatte die Klägerin diese eingefordert noch wäre eine Zahlung auf die ausstehenden Ein­lagen geeignet gewesen, die bis zur wirtschaftlichen Neugründung entstande­ne Unterbilanz zu beseitigen.

cc) Der Alleinaktionär der Klägerin hat auch nicht (erneut) auf die bei Grün­dung der Klägerin bereits eingezahlte Einlage geleistet. Im Streitfall war bei Gründung der Klägerin entsprechend § 36a Abs. 1 AktG ein Viertel des ge­zeichneten Kapitals eingezahlt worden. Insoweit ist die ursprüngliche Einlage­forderung der Klägerin durch Erfüllung erloschen. Eine erneute Leistung auf diese bereits erloschene Forderung war nicht möglich.

dd) Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Rechtsprechung des BGH zur wirt­schaftlichen Neugründung. Zu Recht hat das FG darauf hingewiesen, dass be­reits eingezahltes Nennkapital bilanziell unverändert auszuweisen ist, solange nicht eine Kapitalherabsetzung erfolgt oder das Nennkapital nach Auflösung der Gesellschaft ausgezahlt wird. Der Rechtsprechung des BGH ist nicht zu entnehmen, dass eine durch Einlageleistung der Gründer bereits erloschene Einlageforderung der Kapitalgesellschaft im Fall der wirtschaftlichen Neugrün­dung wiederauflebt. Insofern erscheint die Formulierung des FG, wonach das Nennkapital "wiederaufgefüllt" werden müsse, zumindest missverständlich. "Wiederaufgefüllt" werden muss ‑‑zur Vermeidung einer Unterbilanzhaftung‑‑ das Vermögen der Gesellschaft, soweit es den Betrag der bei der Gründung nachzuweisenden Mindesteinzahlung auf das Grundkapital im Zeitpunkt der wirtschaftlichen Neugründung unterschreitet (vgl. BGH-Beschluss vom 09.12.2002 ‑ II ZB 12/02, BGHZ 153, 158, Rz 12). Diese Einzahlung dient dem Gläubigerschutz und soll gewährleisten, dass im Fall der wirtschaftlichen Neugründung die Anforderungen an die reale Kapitalaufbringung wie im Fall der Gründung beachtet werden (vgl. BGH-Beschluss vom 07.07.2003 ‑ II ZB 4/02, BGHZ 155, 318, unter III.2.). Das bedeutet nicht, dass (erneut) in das Nennkapital geleistet werden muss oder geleistet werden kann. Dem Gläubigerschutz ist in gleicher Weise genügt, wenn die Einzahlung bei der Ge­sellschaft als Kapitalrücklage erfasst wird.

ee) Unerheblich ist, dass der Alleinaktionär der Klägerin als Verwendungs­zweck der Einzahlung "Einlage 25 Prozent Stammkapital" angegeben hat. Da­bei handelte es sich, wie das FG zu Recht ausgeführt hat, um eine unschädli­che Falschbezeichnung. Der Sache nach handelt es sich um eine Einzahlung in die Kapitalrücklage, die den Bestand des steuerlichen Einlagekontos erhöht.

3. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 90 Abs. 2 FGO).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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