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BFH: VGA, Verrechnungspreisbestimmung bei sogenannten Parallelimporten

Bei Parallelimporten von (Original‑)Arzneimitteln (§ 129 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) kann eine verhinderte Vermögensmeh­rung bei der konzerneigenen Vertriebsgesellschaft (inländischer Vertrieb) zu­gunsten der Konzernmuttergesellschaft (Höhe des Verrechnungspreises) nicht mit der Begründung ausgeschlossen werden, dass der Parallelimport nicht im eigentlichen Interesse der Konzernmutter liegt. Denn die Vertriebsgesellschaft übt ihre Marketingaktivitäten im Interesse des Gesamtkonzerns aus, der wirt­schaftlich auch von den Parallelimporten profitiert.

AStG § 1 Abs. 1
KStG § 8 Abs. 3 Satz 2

BFH-Urteil vom 11.12.2024, I R 41/21 (veröffentlicht am 2.5.2025)

Vorinstanz: FG Nürnberg vom 20.7.2021, 1 K 1388/19 = SIS 22 07 08

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine einem international tätigen Pharmakonzern mit ausländischer Konzernmuttergesellschaft zugehörige GmbH, war in den Jahren 2006 bis 2010 (Streitjahre) auf der Grundlage eines körperschaftsteuerrechtlichen Organschaftsverhältnisses Organträgerin der A GmbH (A).

Der Vertrieb der Originalprodukte des Konzerns in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland), für den A zuständig war, war auch in den Streit­jahren durch sogenannte Parallelimporte beeinflusst. Hierbei werden phar­mazeutische Originalprodukte (keine Nachahmerprodukte) von sogenannten Parallelimporteuren bei Großhändlern in Mitgliedstaaten der Europäischen Uni­on mit einem niedrigeren Preisniveau (zum Beispiel Rumänien) aufgekauft und sodann in ein Land mit einem hohen Preisniveau (zum Beispiel Deutschland) exportiert. Dort werden sie von den Parallelimporteuren, die im Inland als Konkurrenten von A in Erscheinung treten, an Apotheken und Krankenhäuser verkauft, wobei sich die günstigeren Einkaufskonditionen in einem niedrigeren Verkaufspreis niederschlagen. Für inländische Apotheken besteht zur Kosten­dämpfung im Gesundheitswesen eine gesetzliche Verpflichtung, einen gewis­sen Anteil an Originalprodukten von den Parallelimporteuren zu beziehen und vergünstigt an die Kunden in Deutschland abzugeben (sogenannte Importför­derklausel, § 129 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch; s. im Einzelnen Krüger, Deutsches Steuerrecht ‑‑DStR‑‑ 2022, 2109, 2110 f.; Grotherr, Die Unternehmensbesteuerung ‑‑Ubg‑‑ 2022, 576 f.). Auf die Ent­scheidung, ob ein parallel importiertes Originalprodukt oder ein über die inlän­dische Vertriebsgesellschaft des Herstellers bezogenes Originalprodukt abge­geben wird, hat der das Pharmaprodukt verschreibende Arzt keinen Einfluss; diese Entscheidung trifft allein die jeweilige Apotheke.

Im Rahmen einer Außenprüfung vertraten die Prüfer die Auffassung, dass die von A durchgeführte Vermarktung der Originalprodukte auch den Parallelim­porteuren und mithin mittelbar der ausländischen Muttergesellschaft nutze, da deren Umsatz/Gewinn durch den Verkauf der Originalprodukte insgesamt er­höht werde. Da A insoweit (obgleich sie Bonuszahlungen an die Außendienst­mitarbeiter zu leisten hatte, bei deren Berechnung die Abnehmerumsätze aus Parallelimporten anteilig eingeflossen sind) keine Vergütung von den Parallel­importeuren beziehungsweise der Muttergesellschaft erhalte, liege eine ein­kommenserhöhende verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) vor (… € in 2006, … € in 2007, … € in 2008, … € in 2009 und … € in 2010).

Der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) schloss sich dieser Rechtsauffassung an und erließ unter dem 20.09.2017 entsprechend geänder­te Körperschaftsteuerbescheide für die Streitjahre.

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage war erfolgreich. Das Finanzge­richt (FG) Nürnberg hat mit Urteil vom 20.07.2021 ‑ 1 K 1388/19 (Entschei­dungen der Finanzgerichte ‑‑EFG‑‑ 2022, 962) die Körperschaftsteuer entspre­chend dem klägerischen Antrag herabgesetzt. Die Voraussetzungen einer vGA lägen nicht vor, da durch das FA nicht nachgewiesen worden sei, dass einem fremden Dritten, der ausschließlich … Produkte im Inland vertreiben würde, im Hinblick auf Parallelimporte eine höhere als der der konzernzugehö­rigen A tatsächlich zustehenden Nettomarge eingeräumt worden wäre.

Hiergegen wendet sich das FA mit seiner Revision, die es auf eine Verletzung materiellen Rechts sowie verschiedene Verfahrensfehler stützt. Während des Revisionsverfahrens hat das FA die verfahrensgegenständlichen Bescheide mit Bescheiden vom 21.09.2022 geändert.

Das FA beantragt, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Klage abzu­weisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentschei­dung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsord­nung ‑‑FGO‑‑). Dies folgt zwar nicht aus dem Umstand, dass die nach dem Er­gehen des vorinstanzlichen Urteils erlassenen Änderungsbescheide vom 21.09.2022 an die Stelle der früheren Bescheide getreten sind (§ 68 Satz 1 i.V.m. § 121 Satz 1 FGO); denn es bedarf keiner Zurückverweisung der Sache gemäß § 127 FGO, wenn ‑‑wie im Streitfall‑‑ die vom FG festgestellten tat­sächlichen Grundlagen des Streitstoffs durch die Änderung der angefochtenen Bescheide unberührt geblieben sind (z.B. Senatsurteil vom 26.02.2014 ‑ I R 56/12, BFHE 245, 143, BStBl II 2014, 703). Allerdings ist der von der Vor­instanz im Rahmen der Prüfung einer vGA durchgeführte Fremdvergleich (An­satz einer vGA "dem Grunde nach") nicht rechtsfehlerfrei erfolgt und zu ver­werfen; zur Spruchreife (Ansatz einer vGA "der Höhe nach") fehlt es an weite­ren Feststellungen, die im zweiten Rechtsgang nachzuholen sind.

1. VGA (§ 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes in der für die Streit­jahre geltenden Fassung ‑‑KStG‑‑) sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats Vermögensminderungen (verhinderte Vermögensmehrungen), die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst oder mitveranlasst sind, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommen­steuergesetzes (EStG) i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirken und in keinem Zu­sammenhang zu einer offenen Ausschüttung stehen. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Senat die Veranlassung durch das Gesellschafts­verhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter oder einer diesem nahestehenden Person einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlich und gewissenhaft han­delnden Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Zu­dem muss der Vorgang geeignet sein, bei dem begünstigten Gesellschafter ei­nen sonstigen Bezug im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 22.05.2024 ‑ I R 2/21, BFH/NV 2024, 1337, m.w.N. aus der Rechtsprechung). Ob das Handeln einer Kapitalgesellschaft durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst oder mitveranlasst ist, muss im gerichtlichen Verfahren in erster Linie das FG anhand aller Umstände des kon­kreten Einzelfalls beurteilen (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteil vom 22.05.2024 ‑ I R 2/21, BFH/NV 2024, 1337).

2. Ein einkommenserhöhender Ansatz von vGA mit Blick auf eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vermögensminderung bei A scheidet tat­bestandlich aus.

Der Senat teilt die Rechtsauffassung des FG zwar nicht, dass A insoweit eine Vermögensminderung erlitten hat, als sie "branchenübliche Bonuszahlungen" an die bei ihr tätigen Außendienstmitarbeiter zu leisten hatte, bei deren Be­rechnung die Apothekenumsätze aus Parallelimporten anteilig eingeflossen sind. Denn A hat für diese Vergütungen eine entsprechende Gegenleistung (vertragsgerechte Tätigkeit der Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst) erhalten. Jedenfalls fehlt es auf dieser Grundlage, wie dann auch das FG erkannt hat, aber an einer Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis, denn A leistete die Zahlungen aufgrund einer eigenen rechtlichen Verpflichtung an die Mitar­beiter als fremde Dritte und folglich nicht aus im Gesellschaftsverhältnis lie­genden Gründen. Es ist zudem weder vorgetragen noch ersichtlich, dass diese Tätigkeit unangemessen vergütet worden wäre.

3. Allerdings hat die Vorinstanz die vom Bundesfinanzhof entwickelten Grund­sätze zu einer Vermögensverlagerung durch eine Aufwandsersparnis beim Ge­sellschafter nicht hinreichend beachtet und auf dieser Grundlage den Ansatz einer vGA "dem Grunde nach" ausgeschlossen.

a) Eine Vorteilseignung kann sich bei einer vGA in Form einer verhinderten Vermögensmehrung insbesondere daraus ergeben, dass der Gesellschafter eigenen Aufwand erspart, weil die Gesellschaft ihn trägt. Eine solche Auf­wandsersparnis kann sich auch aus dem durch das Gesellschaftsverhältnis veranlassten (weil einem Verhalten eines ordentlich und gewissenhaft han­delnden Geschäftsleiters widersprechenden) Verzicht auf die Vereinbarung ei­nes Erstattungs- beziehungsweise Ausgleichsanspruchs ergeben (zuletzt Se­natsurteil vom 22.05.2024 ‑ I R 2/21, BFH/NV 2024, 1337, m.w.N. aus der Rechtsprechung).

b) Eine solche Aufwandsersparnis bei der Konzernmuttergesellschaft und da­mit aus der Sicht der Klägerin als Organträgerin eine durch das Gesellschafts­verhältnis veranlasste verhinderte Vermögensmehrung bei A (s.a. Hennigfeld, EFG 2022, 964, 965) liegt im Streitfall vor. Die Ausführungen des FG tragen diesem Umstand nicht in der gebotenen Weise Rechnung.

aa) Soweit die Vorinstanz eine verhinderte Vermögensmehrung zugunsten der Konzernmuttergesellschaft bereits im Grundansatz verneint, weil der Parallel­import der Arzneimittel "nicht im Interesse der Konzernmutter" erfolgt sei, ist dies nicht frei von Rechtsfehlern.

Das FG begründet seine Annahme damit, dass die Gewinnspanne für die im Parallelhandel in das Inland gelangten Originalprodukte niedriger sei als bei Arzneimitteln, die direkt über A in Deutschland vertrieben würden (vgl. zu die­sem Aspekt auch Nientimp/Schwarz/Stein, Ubg 2015, 699; Heidecke/Sauer/Naumann, Internationale Wirtschaftsbriefe ‑‑IWB‑‑ 2022, 481). Dabei lässt das FG allerdings unberücksichtigt, dass A ihre Marke­tingaktivitäten bezogen auf eine (nicht intendierte, aber auch nicht auszu­schließende) Wirkung auf Parallelimporte unvermeidbar wirtschaftlich im Inte­resse des Gesamtkonzerns ausübt (vgl. Grotherr, Ubg 2022, 576, 580 f.; Krüger, DStR 2022, 2109, 2112 f.; Fammels, IWB 2022, 722; Wendel, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht 2014/2015, 823, 827; s.a. Reiß, Die Problematik von Verrechnungspreisen im Hinblick auf Parallelimporte, IIFS [Hrsg.], Hamburger Hefte zur internationalen Besteuerung, Heft 225 [2023], S. 12 f.), da nach den Feststellungen des FG auch die Konzernmuttergesell­schaft durch die Lieferung der Originalprodukte an die Parallelimporteure von den Parallelimporten profitiert hat (s.a. Reiß, a.a.O., S. 47 ["zweiter Absatz­weg des Konzerns"]). Daran vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, dass der Konzerngewinn insgesamt höher wäre, wenn die Arzneimittel im Inland allein über die Klägerin und damit ohne Parallelimporteure vertrieben worden wären (vgl. hierzu nochmals Wendel, ebenda, 823, 827 f.). Die Annahme der Vorinstanz ist damit rechtsfehlerhaft.

bb) Nicht frei von Rechtsfehlern ist zudem bereits im Ausgangspunkt die An­nahme der Vorinstanz, dass A durch ihre Vermarktungsaktivitäten Leistungen gegenüber der Konzernmutter erbracht hat, die sich (zwar) "im Inland mittel­bar auch im Absatz in Form von veräußerten Parallelimporten niederschlugen", dieser Vorteil dann allerdings nicht zu vergüten sein soll. Soweit das FG diesen Umstand damit begründet, dass A kein "Druckmittel" gegenüber der Konzern­mutter gehabt habe, um hierfür eine Vergütung einzufordern und auch ein fremder Dritter insofern keine erfolgversprechende Verhandlungsposition ge­habt hätte, wird dies nicht durch entsprechende Feststellungen belegt.

Nach Auffassung des Senats legt gerade die nach der Einschätzung des FG "fremdübliche Vergütung" der Außendienstmitarbeiter der A unter Einbezie­hung der Umsätze aus den Parallelimporten in die Bemessungsgrundlage der Vergütungen nahe, dass eine Weiterbelastung dieser Kosten fremdüblich wäre (ebenso Grotherr, Ubg 2022, 576). Mit diesem Aspekt hat sich die Vorinstanz nicht ausreichend auseinandergesetzt. Auch der Hinweis des FG auf "verschie­dene Aspekte … der jeweiligen Vergütung" lässt den aufgezeigten Zusammen­hang mit dem gesamten inländischen Umsatz mit den Originalprodukten des Konzerns nicht entfallen (s.a. Reiß, a.a.O., S. 20), auch wenn die Höhe der Nettomarge der A ‑‑wie das FG äußert‑‑ "primär" auf den Vertrieb "über den im Konzern installierten Absatzweg" abzielen sollte.

Das FG hat in diesem Zusammenhang auch nicht ausreichend geprüft, wie hoch der Anteil der Boni für die Parallelimporte an der Gesamtvergütung der Außendienstmitarbeiter gewesen ist. Die Höhe des Anteils würde aber mög­licherweise Rückschlüsse auf das Verhalten eines ordentlichen und gewissen­haft handelnden Geschäftsleiters ermöglichen (ebenso Grotherr, Ubg 2022, 576, 582 f. und 585). Denn je höher dieser Anteil ist, desto eher besteht auch wirtschaftlich eine Notwendigkeit für A, die Aufwendungen angemessen vergü­tet zu erhalten.

cc) Die Vorinstanz hat es zudem unterlassen zu prüfen, wie hoch der wirt­schaftliche Vorteil der Muttergesellschaft aus den Parallelimporten gewesen sein könnte. Die Höhe dieses Vorteils lässt wiederum möglicherweise Rück­schlüsse auf das Verhalten eines ordentlichen und gewissenhaft handelnden Geschäftsleiters auch einer konzerneigenen Gesellschaft zu. Denn je höher der wirtschaftliche Vorteil bei der empfangenden Muttergesellschaft ist, desto eher wäre diese bereit gewesen, diesen Vorteil auch entsprechend zu vergüten (all­gemeiner Grundsatz eines sogenannten benefit test ‑ s.a. Grotherr, Ubg 2022, 576, 582 f.; Reiß, a.a.O., S. 11 f.).

dd) Darüber hinaus hat das FG den im Rahmen der Prüfung der Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis vorzunehmenden Fremdvergleich nicht rechtsfehlerfrei durchgeführt, so dass er den erkennenden Senat nicht im Sin­ne des § 118 Abs. 2 FGO binden kann. So hat es zum einen den oben aufge­zeigten Sachzusammenhang im Rahmen seiner Fremdvergleichsprüfung nicht berücksichtigt und zum anderen im Rahmen einer ("internen") Fremdver­gleichsprüfung (s. insoweit auch Reiß, a.a.O., S. 16 ff.) die Vorlage zweier Mit­vertriebsverträge als im Ergebnis ausreichend angesehen, um unter Hinweis auf eine "branchenübliche Verfahrensweise" eine Veranlassung durch das Ge­sellschaftsverhältnis der konkreten konzerninternen Struktur abzulehnen. Al­lerdings ist den Ausführungen des FG bereits nicht zu entnehmen, ob die Ver­gleichsverträge überhaupt geeignet sein können, ein "branchenübliches Ver­halten" darzulegen. Immerhin hatte das FA einen C‑Promotion-Vertrag sowie einen weiteren Mitvertriebsvertrag mit anderem Vertragsinhalt vorgelegt. Es ist den Ausführungen des FG bereits nicht zu entnehmen, inwieweit die vorge­legten vier (zueinander widersprüchlichen) Verträge überhaupt miteinander vergleichbar sind.

ee) Das FG hat auch ohne ausreichend tragfähige Begründung eine Befassung mit den vom FA vorgelegten Marktstudien der IQVIA abgelehnt ("Beweiswert … sehr niedrig und … nicht relevant"), weil es sich "um privat veranlasste, ge­gebenenfalls interessensorientierte Marktforschungsberichte" handele, die des­halb als nicht maßgebend anzusehen seien. Würde es sich bei den Marktstudi­en der IQVIA ‑‑entsprechend dem Vorbringen des FA‑‑ um eine von der Markt­praxis anerkannte und angewendete Grundlage für die Beurteilung des Um­fangs von Parallelimporten in der Pharmabranche handeln, könnte ein Gericht diese durchaus zur Ermittlung einer fremdvergleichskonformen Vergütung für Marketingaufwendungen in der Pharmabranche heranziehen (vgl. zur insoweit vergleichbaren Bonitätsbeurteilung bei der Prüfung der Fremdüblichkeit von Darlehenszinsen das Senatsurteil vom 18.05.2021 ‑ I R 4/17, BFHE 273, 440, BStBl II 2023, 678; s.a. Reiß, a.a.O., S. 24 ff.). Selbst wenn dem FG die von der IQVIA angewandte Methode zur Datenerhebung nicht im Einzelnen be­kannt ist, hat es im Rahmen der Amtsermittlung nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO die Möglichkeit, einen Vertreter der IQVIA zu Einzelheiten der Datenerhebung bei Apotheken und dem Großhandel zu befragen oder die Marktstudien durch einen Sachverständigen prüfen zu lassen.

ff) Schließlich ist für den Senat nicht in ausreichender Weise nachvollziehbar, dass das FG vom FA den Nachweis fordert, dass die der A eingeräumte Netto­marge von 6,0 % bis 6,5 % nicht auch eine Kompensation der aus den Paral­lelimporten resultierenden Umsätze beinhalte. Dass diese Marge nach Auffas­sung des FG als fremdüblich, jedoch überdurchschnittlich anzusehen ist, recht­fertigt für sich allein nicht den Schluss, dass diese Marge, die sich im Aus­gangspunkt nach den von A vertriebenen Produkten zu bemessen hat, auch Umsätze von Parallelimporteuren mitumfasst. Hierzu hätte es gerade auch im Hinblick auf das vom FA vorgetragene Funktions- und Risikoprofil der A (s. da­zu auch Reiß, a.a.O., S. 13 ff. [Funktion] und S. 36 f. [Risiko]) weiterer Fest­stellungen der Vorinstanz bedurft. Zudem liegt die objektive Feststellungslast hierfür bei der Klägerin, weil sich die von ihr vorgetragene Kompensation steu­erentlastend auswirken würde.

4. Im Ergebnis zutreffend ist das FG davon ausgegangen, dass der sachliche Anwendungsbereich des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht davon berührt wird, dass es im Streitfall um eine grenzüberschreitende Geschäftsbeziehung zwischen nahestehenden Personen geht und folglich auch der Tatbestand der Einkünfte­korrekturvorschrift des § 1 Abs. 1 des Außensteuergesetzes in der für die Streitjahre geltenden Fassung (AStG) angesprochen ist.

Der Senat hat in seinem Urteil vom 27.11.2019 ‑ I R 40/19 (I R 14/16) (BFHE 268, 1, BStBl II 2024, 670) unter Hinweis auf den ‑‑auch für die Streitjahre 2006 und 2007 geltenden‑‑ Wortlaut des § 1 Abs. 1 AStG ("unbeschadet an­derer Vorschriften") dahin erkannt, dass beide Vorschriften (einander) "über­lagern". Soweit das FA zwar vorträgt, dass § 1 AStG im Streitfall anzuwenden wäre, aber für den Fremdvergleich im Rahmen des § 1 AStG keine anderen Maßgaben als im Rahmen der vGA geltend macht, ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz eine Prüfung anhand der Grundsät­ze einer vGA vornimmt.

Für die weiteren Streitjahre hat der Senat das streitgegenständliche Konkur­renzverhältnis allerdings dahingehend aufgelöst, dass § 1 Abs. 1 AStG gegen­über anderen Einkünftekorrekturvorschriften (hier § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG) grundsätzlich zurücktritt und nur dann (subsidiär) zur Anwendung kommt, wenn die andere Norm Berichtigungen nur in einem geringeren Umfang zulässt (Senatsurteil vom 09.08.2023 ‑ I R 54/19, BFHE 281, 308, BStBl II 2024, 675). Da dies vorliegend weder vorgetragen noch ersichtlich ist (s. oben), be­darf es hierzu keiner weiteren Ausführungen.

5. Der Senat kann wegen fehlender Feststellungen des FG nicht abschließend darüber entscheiden, in welcher Höhe die verhinderte Vermögensmehrung bei A (wegen einer Aufwandsersparnis bei der Konzernmuttergesellschaft) be­steht. Das FG hat diese Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachzuholen.

Dabei wird es zunächst festzustellen haben, ob ausgehend von der Annahme, dass gerade die "fremdübliche Vergütung" der Außendienstmitarbeiter der A unter Einbeziehung der Umsätze aus den Parallelimporten nahelegt, dass eine Weiterbelastung dieser Kosten fremdüblich wäre (zu den betriebswirtschaftli­chen Gründen der Vertriebsgesellschaft bei der Bemessung der Vergütung von Vertriebsmitarbeitern s. Nientimp/Schwarz/Stein, Ubg 2015, 699), eine Veran­lassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen werden kann. Gege­benenfalls wäre diese (hypothetische) Fremdvergleichsprüfung durch einen ex­ternen (unter Heranziehung von Marktstudien) oder internen Fremdvergleich zu bestätigen. In den Blick zu nehmen sein wird in diesem Zusammenhang auch, wie hoch der wirtschaftliche Vorteil der Muttergesellschaft aus den Paral­lelimporten im Streitfall gewesen ist.

Was die Höhe der Aufwandsersparnis im Streitfall angeht, könnte die (anteili­ge) Entlohnung der Außendienstmitarbeiter der A für die Umsätze aus den Pa­rallelimporten den Mindestwert der vGA vorgeben. Dabei wäre ein angemesse­ner Aufschlag auf diesen Mindestwert anzusetzen, der sich auch nach dem Ge­wicht der Parallelimporte in Bezug auf die Gesamtumsätze des Konzerns im Inland orientieren könnte.

6. Die Übertragung der Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 2 FGO.

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