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BFH: Wohnungswirtschaftliche Verwendung von Altersvorsorgevermögen nach Umwidmung eines Darlehens

Ein Darlehen kann auch dann im Sinne von § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alterna­tive 2 des Einkommensteuergesetzes "unmittelbar" für die Anschaffung oder Herstellung einer Wohnung aufgenommen worden sein, wenn es ursprünglich für die Anschaffung oder Herstellung eines Erstobjekts aufgenommen worden war und später für die Anschaffung oder Herstellung eines Zweitobjekts umge­widmet worden ist.

EStG § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 5

BFH-Urteil vom 27.11.2024, X R 24/23 (veröffentlicht am 31.7.2025)

Vorinstanz: FG Berlin-Brandenburg vom 25.10.2022, 15 K 15017/22 = SIS 24 16 37

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob eine nach § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alter­native 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unschädliche wohnungswirt­schaftliche Verwendung vorliegt, wenn mit dem durch die Entnahme von Al­tersvorsorgevermögen abzulösenden Darlehen ursprünglich die Anschaffung einer inzwischen nicht mehr selbst genutzten Wohnung finanziert wurde und der Erlös aus dem Verkauf dieser Wohnung unter Umwidmung des ursprüngli­chen Darlehens zur Anschaffung der nunmehr genutzten Wohnung verwendet worden ist.

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) hatten ‑‑den Feststellungen des Fi­nanzgerichts (FG) zufolge‑‑ im Jahr 1987 ein Eigenheim in A erworben, für das sie einen Kredit bei der örtlichen X‑Bank aufgenommen hatten. Den Kredit schuldeten sie in den Folgejahren mehrfach um. Im Jahr 2008 bündelten sie ihre Kreditbelastungen durch Aufnahme eines Fremdwährungsdarlehens bei einer luxemburgischen Bank. Die deutsche Y‑Bank gewährte ihnen in diesem Zusammenhang einen bis zum 30.12.2016 befristeten Avalkredit als Bürg­schaft.

Im Oktober 2011 verkauften die Kläger ‑‑den Feststellungen des FG zufolge‑‑ ihr Eigenheim in A für 330.000 €. Der Kaufpreis war gemäß Ziff. VIII.2 Abs. 2 des Kaufvertrags bei Fälligkeit in voller Höhe "ausschließlich zur Lastenfreistel­lung zu verwenden" und entsprechend einem Treuhandschreiben der Y‑Bank "mit erfüllender Wirkung ausschließlich" auf das von dieser genannte Konto zu überweisen. Den Erlös setzten die Kläger ‑‑wiederum den Feststellungen des FG zufolge‑‑ zur Finanzierung ihres im Dezember 2011 gemeinsam, zu glei­chen Anteilen, erworbenen Hauses in B ein, das sie von da an selbst bewohn­ten.

Im Dezember 2016 verlängerten die Kläger den Avalkredit und das zugrunde liegende Fremdwährungsdarlehen bei der luxemburgischen Bank. Letzteres führten sie in der Folgezeit auf einen im August 2021 noch offenen Restbetrag von umgerechnet rund 89.390 € zurück.

Im August 2021 beantragten die Kläger bei der Beklagten und Revisionsbe­klagten (Deutsche Rentenversicherung Bund - Zentrale Zulagenstelle für Al­tersvermögen ‑‑ZfA‑‑) nach §§ 92a, 92b EStG die Verwendung des gebildeten Altersvorsorgevermögens für die Ablösung eines nach ihrer Angabe am 12.01.2011 bei der luxemburgischen Bank aufgenommenen Darlehens. Die ZfA lehnte dies mit Bescheiden vom 27.09.2021 ab. Zur Begründung führte die ZfA aus, eine wohnungswirtschaftliche Verwendung des geförderten Alters­vorsorgevermögens sei nicht mehr gegeben, wenn mit dem abzulösenden Dar­lehen Anschaffungs- oder Herstellungskosten einer inzwischen nicht mehr selbst genutzten Wohnung finanziert worden seien und die nunmehr genutzte Wohnung lediglich "im Sinne eines Pfandtausches" als Sicherheit für das abzu­lösende Darlehen diene.

Die Kläger wandten dagegen ein, eine wohnungswirtschaftliche Verwendung im Sinne von § 92a EStG liege auch dann vor, wenn ein "Alt-Darlehen" für die Anschaffung eines selbst genutzten ersten Eigenheims ‑‑hier: das Haus in A‑‑ nach einem Wechsel der Eigenheim-Wohnstätte auf das neubezogene Wohn­objekt ‑‑hier: das Haus in B‑‑ "mitgenommen" werde. Zudem hätten sie im April 2014 ein neues Darlehen bei der luxemburgischen Bank aufgenommen, das der Ablösung des bisherigen Darlehens und damit der Finanzierung des Objekts in B gedient habe.

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Urteil des FG ist in Entscheidun­gen der Finanzgerichte 2024, 1308 veröffentlicht.

Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer Revision. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, der Wortlaut des § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Satz 5 EStG verlange ein "zu diesem Zweck aufgenommenes Darlehen", nicht aber ein "für dieses Objekt aufgenommenes Darlehen". Daher müsse es ausreichen, wenn das zu tilgende Darlehen zur Anschaffung/Herstellung einer selbstge­nutzten Wohnung aufgenommen und nach Umschuldungen und Verkauf dieser Wohnung mit dem an die Bank verpfändeten Verkaufserlös die im Entnahme­zeitpunkt selbstgenutzte Wohnung angeschafft worden sei. Der systematische Zusammenhang der gesetzlichen Regelungen und auch ihr Sinn und Zweck bestätigten dies.

Die Kläger beantragen,
das angefochtene Urteil, die Einspruchsentscheidungen vom 19.01.2022 und die Bescheide vom 27.09.2021 aufzuheben und die ZfA zu ver­pflichten, den Klägern im Sinne des § 92b Abs. 1 Satz 3 EStG mitzutei­len, dass die von den Revisionsklägern begehrte Verwendung ihres (An­spar‑)Kapitals aus ihren Altersvorsorgeverträgen für die Rückführung des in Anlage 19.7. zur Klagebegründung vom 06.04.2022 bezeichneten Darlehens bei der …bank in Höhe von 95.880,11 Schweizer Franken (CHF) als förderunschädliche wohnungswirtschaftliche Verwendung im Sinne des § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG bestimmt wird.

Die ZfA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Es sei erforderlich, aber auch ausreichend, wenn sich das Darlehen, das ent­schuldet werden solle, zum Zeitpunkt der Entschuldung auf eine selbstgenutz­te Wohnung beziehe. Es müsse nicht notwendig für diese Wohnung aufgenom­men worden sein. Es sei auch nicht erforderlich, ein neues Darlehen aufzuneh­men. Allerdings müsse das ursprüngliche Darlehen der Anschaffung oder Her­stellung einer selbstgenutzten Wohnung gedient haben. Die entsprechenden Zweckbindungen seien jedoch im Streitfall nicht feststellbar.

Es sei bereits zweifelhaft, ob die beiden in den Jahren 2008 und 2014 verein­barten Fremdwährungsdarlehen dem Zweck der Anschaffung oder Herstellung irgendeines Objekts gedient hätten; eine hinreichend klare Zweckbindung sei ihnen nicht zu entnehmen. Des Weiteren sei die Folgewohnung in B nicht mit dem Fremdwährungsdarlehen, sondern mit dem Verkaufspreis aus dem Ver­kauf der Wohnung in A finanziert worden.

Darauf komme es aber letztlich nicht an. Auch wenn das ursprüngliche Darle­hen aus dem Jahr 1987 im zeitlichen Kontext mit der Anschaffung des Hauses in A gestanden habe, hätten die Kläger doch nach den vorliegenden Unterla­gen den in der Folgezeit umgeschuldeten Kredit zum 02.06.2008 aus ander­weitigem Privatvermögen vollständig zurückgezahlt, also noch vor Ausreichung des Fremdwährungsdarlehens am 30.10.2008. Es könne also tatsächlich keine unmittelbare Umschuldung vorgenommen worden sein.

Ferner sei der Kaufpreis aus dem Verkauf des Hauses in A nicht unmittelbar an den Verkäufer des Hauses in B überwiesen worden. Zwischen der Überweisung des Kaufpreises aus dem Verkauf des Hauses in A und der Überweisung des Kaufpreises für das Haus in B hätten mehr als zwei Monate und somit deutlich mehr als 30 Tage gelegen (Hinweis auf Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen ‑‑BMF‑‑ vom 15.06.2000, BStBl I 2000, 1118, Rz 53).

Weitere Zweifel an der Unmittelbarkeit ergäben sich daraus, dass das Haus in B (teilweise) vermietet gewesen sei. Ob und wann das Mietverhältnis beendet worden sei, habe das FG nicht festgestellt.

Schließlich fehle es an Feststellungen des FG zu der Frage, ob und inwieweit es sich bei dem Haus in B um eine begünstigte Wohnung im Sinne von § 92a Abs. 1 Satz 5 EStG gehandelt habe. Zweifel ergäben sich aus dem Umstand, dass es sich bei diesem Haus bewertungsrechtlich um ein Zweifamilienhaus gehandelt habe, das ‑‑wie bereits dargelegt‑‑ teilweise vermietet gewesen und teilweise vom Verkäufer aufgrund seines Wohnrechts weiterhin genutzt wor­den sei. Ob und wann die Kläger in welche Wohnung eingezogen seien, sei nicht ersichtlich.

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Ent­scheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).

Die tatbestandlichen Voraussetzungen der sogenannten Entschuldungsalterna­tive des § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alternative 2 EStG (dazu unter 1.) können auch dann erfüllt sein, wenn ein "unmittelbar" für die Anschaffung oder Her­stellung einer selbst genutzten Wohnung aufgenommenes Darlehen in unmit­telbarem Zusammenhang mit der Anschaffung oder Herstellung einer weiteren (sukzessiv) selbst genutzten Wohnung umgewidmet worden ist (dazu unter 2.). Ob diese Voraussetzungen im vorliegenden Streitfall erfüllt sind, kann hier allerdings mangels entsprechender Feststellungen des FG nicht entschieden werden (dazu unter 3.). Ob der Kläger Miteigentümer des im Jahr 1987 erwor­benen Eigenheims in A gewesen ist und damit die Voraussetzung des § 92a Abs. 1 Satz 5 Halbsatz 1 EStG in Bezug auf das Ausgangsdarlehen überhaupt erfüllt hat, muss im zweiten Rechtsgang noch geprüft werden (dazu unter 4.).

1. Gemäß § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alternative 2 EStG kann der Zulagebe­rechtigte das in einem Altersvorsorgevertrag gebildete und geförderte Kapital bis zum Beginn der Auszahlungsphase unmittelbar für die Anschaffung oder Herstellung einer Wohnung oder zur Tilgung eines zu diesem Zweck aufge­nommenen Darlehens verwenden (sogenannte Entschuldungsalternative).

Eine in diesem Sinne begünstigte Wohnung ist gemäß § 92a Abs. 1 Satz 5 Halbsatz 1 EStG eine Wohnung in einem eigenen Haus oder eine eigene Eigen­tumswohnung oder eine Genossenschaftswohnung einer eingetragenen Ge­nossenschaft, wenn diese Wohnung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist, belegen ist und die Hauptwohnung oder den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Zulageberechtigten darstellt.

Durch die Senatsrechtsprechung ist geklärt, dass das gesetzliche Unmittelbar­keitserfordernis in § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht nur in Fällen der Ver­wendung geförderten Altersvorsorgekapitals für die Anschaffung oder Herstel­lung einer Wohnung gilt, sondern auch im Fall der Tilgung von Anschaffungs- oder Herstellungsdarlehen das geförderte Kapital "unmittelbar" für den jeweils begünstigten wohnungswirtschaftlichen Zweck verwendet werden muss (Se­natsurteile vom 16.02.2022 ‑ X R 26/20, BFHE 276, 87, BStBl II 2022, 611, Rz 15 ff., und vom 16.02.2022 ‑ X R 20/20, BFHE 276, 81, BStBl II 2022, 622, Rz 28). Zur Begründung hat der Senat darauf verwiesen, dass es ohne eine unmittelbare ‑‑also enge‑‑ zeitliche Verbindung zwischen der Entnahme des geförderten Kapitals und seiner begünstigten Verwendung in Gestalt der Til­gung des Darlehens im Sinne des § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG allein der Zulageberechtigte in der Hand hätte, wann er das zunächst seinem allgemei­nen Vermögen zugeführte Kapital zur Tilgung verwendet (Senatsurteil vom 16.02.2022 ‑ X R 26/20, BFHE 276, 87, BStBl II 2022, 611, Rz 24).

2. Anknüpfend an diese Rechtsprechung kann ein Darlehen auch dann im Sin­ne von § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alternative 2 EStG "unmittelbar" für die An­schaffung oder Herstellung einer Wohnung aufgenommen worden sein, wenn es ursprünglich für die Anschaffung oder Herstellung eines Erstobjekts aufge­nommen worden war und später für die Anschaffung oder Herstellung eines Zweitobjekts umgewidmet worden ist.

a) Das ergibt sich allerdings nicht schon aus dem Wortlaut des § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alternative 2 EStG.

Zwar weisen die Kläger zutreffend darauf hin, dass die Regelung ein "zu die­sem Zweck aufgenommenes Darlehen" verlangt, nicht aber ein "für dieses Ob­jekt aufgenommenes Darlehen". Das lässt aber gerade die Frage offen, ob das Unmittelbarkeitserfordernis auch dann noch erfüllt ist, wenn sich der Zweck des ursprünglich aufgenommenen Darlehens nachträglich ändert.

Auch die Verwendung der Präsensform "darstellt" in § 92a Abs. 1 Satz 5 Halb­satz 1 EStG lässt insoweit keine zwingenden Schlüsse zu. Denn daraus folgt nur, dass im Zeitpunkt der Entschuldung eine Selbstnutzung vorliegen muss (so auch BMF-Schreiben vom 05.10.2023, BStBl I 2023, 1726, Rz 261 a.E.).

b) Die Systematik des § 92a EStG spricht grundsätzlich eher für die Möglich­keit, ein Anschaffungs- oder Herstellungsdarlehen umzuwidmen.

Zutreffend haben die Kläger darauf hingewiesen, dass gemäß § 92a Abs. 3 Satz 9 Nr. 1 EStG trotz Aufgabe der Selbstnutzung der eigenen Wohnung (§ 92a Abs. 3 Satz 1 und 2 EStG) das Wohnförderkonto unter anderem dann nicht nach § 92a Abs. 3 Satz 5 EStG aufgelöst wird, wenn der Zulageberech­tigte einen Betrag in Höhe des noch nicht zurückgeführten Betrags im Wohn­förderkonto innerhalb eines bestimmten Zeitraums für eine weitere Wohnung im Sinne des § 92a Abs. 1 Satz 5 EStG verwendet. Der Gesetzgeber geht folg­lich davon aus, dass ein "Auswechseln" der Wohnung unter bestimmten Vo­raussetzungen zulässig ist.

Zwingend ist dieser Schluss allerdings nicht, da der Gesetzgeber im Zusam­menhang mit § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alternative 2 EStG gerade keine ent­sprechende Regelung geschaffen hat.

c) Unter Berücksichtigung des Sinn und Zwecks des § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alternative 2 EStG ist allerdings nach Auffassung des erkennenden Senats da­von auszugehen, dass das Unmittelbarkeitserfordernis auch im Falle eines um­gewidmeten Darlehens erfüllt sein kann.

aa) Der Senatsrechtsprechung zufolge wollte der Gesetzgeber mit der alterna­tiv zur Kapitalverwendung für die Anschaffung oder Herstellung des Wohnei­gentums geschaffenen Begünstigung der Tilgung eines zu diesem Zweck auf­genommenen Darlehens zur Entschuldung des Zulageberechtigten beitragen und durch die Ablösung von Darlehen, die der Finanzierung des Erwerbs von Wohneigentum dienen, einen Beitrag zum "mietfreien Wohnen im Alter" leis­ten (s. BTDrucks 16/8869, S. 16 f.). Dem Zulageberechtigten soll ermöglicht werden, die Zins- und Tilgungskosten aus der selbstgenutzten Wohnimmobilie zu senken (vgl. Senatsurteil vom 16.02.2022 ‑ X R 20/20, BFHE 276, 81, BStBl II 2022, 622, Rz 15, m.w.N.).

Dementsprechend liegt eine begünstigte Entschuldung nach der Senatsrecht­sprechung auch dann vor, wenn das zu tilgende Darlehen der Umschuldung der ursprünglichen Anschaffungs- beziehungsweise Herstellungsdarlehen dient (Senatsurteil vom 12.02.2020 ‑ X R 28/18, BFHE 268, 218, BStBl II 2020, 496, Rz 30). Dies gilt auch bei mehrfacher Umschuldung des ursprünglichen Darlehens (s. auch BMF-Schreiben vom 05.10.2023, BStBl I 2023, 1726, Rz 261).

bb) Ebenso steht auch die zwischenzeitliche Umwidmung eines Darlehens der Annahme, eine spätere Tilgung aus gefördertem Altersvorsorgekapital sei als unschädliche Verwendung nach § 92a EStG anzusehen, nicht entgegen, wenn das Darlehen ursprünglich für die Anschaffung oder Herstellung einer Woh­nung aufgenommen worden war und später der Anschaffung oder Herstellung einer anderen Wohnung gewidmet wird.

(1) Für das Ertragsteuerrecht ‑‑konkret für die Frage, ob Schuldzinsen Wer­bungskosten darstellen‑‑ ist durch die höchstrichterliche Rechtsprechung ge­klärt, dass nicht stets allein auf den ursprünglich mit der Schuldaufnahme ver­folgten Zweck und damit auf die erstmalige Verwendung der Valuta abzustel­len ist, sondern dass darüber hinaus auch die Möglichkeit einer "Umwidmung" des ursprünglichen Darlehenszwecks besteht.

Eine solche Umwidmung liegt unter anderem dann vor, wenn der Erlös aus der Veräußerung eines ertragbringenden Wirtschaftsguts aufgrund einer neuen Anlageentscheidung des Steuerpflichtigen zum Erwerb einer anderen Ein­kunftsquelle (zum Beispiel Festgeld, Leibrentenrecht) eingesetzt wird. Wird zum Beispiel an Stelle der ursprünglichen Kapitalanlage eine andere Kapitalan­lage erworben, können die für das fortgeführte Darlehen angefallenen Zinsen als Werbungskosten bei der neuen Kapitalanlage zu berücksichtigen sein. Ein solcher Fall ist gegeben, wenn ein mit Kredit finanziertes Hausgrundstück ver­äußert und mit Hilfe des Veräußerungserlöses eine andere Kapitalanlage er­worben wird. Der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen der den Schuldzin­sen zugrunde liegenden Verbindlichkeit und der neuen Kapitalanlage wird nur hergestellt, wenn die zu ihrer Anschaffung verwendeten Mittel als darlehens­weise zu diesem Zweck überlassen angesehen werden können (vgl. Senatsur­teil vom 19.08.1998 ‑ X R 96/95, BFHE 187, 21, BStBl II 1999, 353, unter II.2.c aa, m.w.N.).

(2) An diese Rechtsprechung hat der erkennende Senat in Bezug auf die ein­kommensteuerrechtliche Berücksichtigung von Bereitstellungszinsen nach § 10e Abs. 6 EStG angeknüpft (zum zeitlichen Anwendungsbereich dieser Re­gelung s. § 52 Abs. 19 EStG). Nach dieser Vorschrift können vor Bezug einer eigengenutzten Wohnung entstandene Aufwendungen unter bestimmten wei­teren Voraussetzungen als Sonderausgaben abgezogen werden, wenn sie "un­mittelbar" mit der Herstellung oder Anschaffung der Wohnung oder der An­schaffung des dazu gehörenden Grund und Bodens zusammenhängen (Senats­urteil vom 04.11.1998 ‑ X R 140/95, BFHE 187, 465, BStBl II 1999, 93, unter II.1.).

Einen in diesem Sinne "unmittelbaren Zusammenhang" hat der Senat auch für den Fall einer Umwidmung bejaht, wenn das mit den Darlehensmitteln ange­schaffte Wirtschaftsgut veräußert und mit dem Veräußerungserlös unter Auf­rechterhaltung des Darlehens ein anderes Wirtschaftsgut angeschafft oder der Darlehenszweck noch vor Verwendung der Darlehensmittel geändert worden ist (Senatsurteil vom 04.11.1998 ‑ X R 140/95, BFHE 187, 465, BStBl II 1999, 93, unter II.2., mit Hinweisen auf BFH-Urteile vom 01.10.1996 ‑ VIII R 68/94, BFHE 182, 312, BStBl II 1997, 454 und vom 07.03.1995 ‑ VIII R 9/94, BFHE 177, 392, BStBl II 1995, 697).

(3) Der Senat hat bereits entschieden, dass bei der Auslegung des § 92a EStG grundsätzlich auf die zu § 10e EStG entwickelten Rechtsgrundsätze zurückge­griffen werden kann (Senatsurteil vom 20.03.2019 ‑ X R 4/18, BFH/NV 2019, 808, Rz 30; ebenso für einen Rückgriff auf die zum Eigenheimzulagengesetz entwickelten Grundsätze Senatsurteil vom 27.01.2016 ‑ X R 23/14, BFH/NV 2016, 1018, Rz 18).

In diesem Sinne gilt ebenso für § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, dass ein Dar­lehen auch dann "unmittelbar" für die Anschaffung oder Herstellung einer selbst genutzten Wohnung aufgenommen worden sein kann, wenn die mit den Darlehensmitteln ursprünglich angeschaffte selbst genutzte Wohnung veräu­ßert und mit dem Veräußerungserlös unter Aufrechterhaltung des zu diesem Zweck umgewidmeten Darlehens eine andere ‑‑nunmehr‑‑ selbst genutzte Wohnung angeschafft worden ist.

3. Ob diese Voraussetzungen im Streitfall erfüllt sind, kann allerdings mangels entsprechender Feststellungen des FG nicht entschieden werden.

a) Das FG hat keine Feststellungen zu der Frage getroffen, ob beziehungswei­se inwieweit es sich bei dem Haus in B um eine nach § 92a Abs. 1 Satz 5 EStG begünstigte Wohnung handelt. Das FG wird hierzu im zweiten Rechtsgang prü­fen müssen, ab wann und in welchem Umfang die Kläger das Haus in B tat­sächlich selbst genutzt haben. Dabei wird das FG zu berücksichtigen haben, dass nach der Senatsrechtsprechung zu § 10e Abs. 1 Satz 3 EStG eine ‑‑gege­benenfalls anteilige‑‑ schädliche Fremdnutzung auch dann vorliegt, wenn sich der Veräußerer bei der Übertragung des Eigentums ein dingliches Nutzungs­recht an Teilen der Wohnung vorbehalten hat (Senatsurteil vom 26.02.2002 ‑ X R 4/00, BFH/NV 2002, 1140, unter II.2.d aa).

b) Kommt das FG zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem Haus in B ‑‑ganz oder teilweise‑‑ um eine nach § 92a Abs. 1 Satz 5 EStG begünstigte Wohnung handelt, wird es weitere Feststellungen zu der Frage treffen müssen, ob und in welchem Umfang die Kläger das für die Anschaffung des Hauses in A aufge­nommene Darlehen tatsächlich im Sinne der unter 2.c aa aufgeführten Recht­sprechung ‑‑wohl mehrfach‑‑ umgeschuldet haben.

c) Kommt das FG zu dem Ergebnis, dass eine wirksame Umschuldung bezie­hungsweise eine Kette von wirksamen Umschuldungen vorliegt, wird es Fest­stellungen zu der Frage treffen müssen, ob die Kläger das für die Anschaffung des Hauses in A aufgenommene Darlehen im Sinne der unter 2.c bb aufge­führten Rechtsprechung in Bezug auf die Anschaffung des Hauses in B umge­widmet haben.

In diesem Zusammenhang wird sich das FG auch damit befassen müssen, dass nach der Senatsrechtsprechung zu dem Unmittelbarkeitserfordernis des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG (in der bis 2004 geltenden Fassung) das Kapital "ohne Zwischenschritt" für die begünstigten Zwecke verwendet worden sein musste und dass insbesondere die Zwischenschaltung eines Bankkontos des Steuerpflichtigen der Begünstigung entgegenstand (vgl. Senatsurteil vom 27.01.2016 ‑ X R 23/14, BFH/NV 2016, 1018, Rz 43, m.w.N.). Die Finanzver­waltung sah in derartigen Fällen einen Zeitraum von maximal 30 Tagen als un­schädlich an (BMF-Schreiben vom 15.06.2000, BStBl I 2000, 1118, Rz 53; s. demgegenüber BMF-Schreiben vom 05.10.2023, BStBl I 2023, 1726, Rz 258: "innerhalb von sechs Monaten vor Antragstellung bei der ZfA und bis zwölf Mo­nate nach Auszahlung des geförderten Altersvorsorgekapitals").

Ob ein derart langer Zeitraum noch als zutreffende Auslegung des Gesetzes angesehen werden kann, musste der Senat bislang nicht entscheiden (vgl. hierzu bereits BFH-Urteil vom 16.02.2022 ‑ X R 26/20, BFHE 276, 87, BStBl II 2022, 611, Rz 27).

4. Im Übrigen weist der Senat für den zweiten Rechtsgang ‑‑ohne die Bin­dungswirkung nach § 126 Abs. 5 FGO‑‑ noch darauf hin, dass das FG im Tat­bestand seines Urteils (auf S. 2, zweiter Absatz) ausgeführt hat: "Ihre voran­gegangene Wohnstätte in (…) hatten die Kläger 1987 mit einem Kredit einer örtlichen Bank (…) erworben". Zu Beginn des folgenden Absatzes heißt es wei­ter: "Im Oktober 2021 verkauften die Kläger ihre vormalige (Grundstücks‑)Wohnstätte in (…)." Damit wird offenbar unterstellt, dass die Kläger gemeinsam Eigentümer des im Jahr 1987 erworbenen Eigenheims in A gewesen sind.

In dem notariellen Vertrag vom 28.10.2011, mit dem das Eigenheim in A ver­äußert wurde, wird allerdings ‑‑auf S. 2, unten (Bl. 93 der FG-Akte, Bd. I)‑‑ die Klägerin als Alleineigentümerin des "nachstehend beschriebenen Grundbe­sitzes" bezeichnet. Wenn aber der Kläger weder Eigentümer noch Miteigentü­mer des von ihm damals zusammen mit der Klägerin selbst genutzten Eigen­heims in A gewesen ist, sind die Voraussetzungen des § 92a Abs. 1 Satz 5 Halbsatz 1 EStG bereits in Bezug auf das Ausgangsdarlehen hinsichtlich des An­trags des Klägers nicht erfüllt. Folglich könnte dieses Darlehen in Bezug auf den Kläger auch nicht im Sinne einer nach § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG be­günstigten Verwendung umgewidmet werden.

5. Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2, § 121 Satz 1 FGO).

6. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

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