AO § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 177 Abs. 1
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2
FGO § 68 Satz 1, § 118 Abs. 2, § 123 Abs. 1 Satz 1, § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 127
InvStG 2004 § 5 Abs. 2 Satz 1, § 8, § 18 Abs. 1 Satz 2
KStG i.d.F. des EURLUmsG § 8b Abs. 2 und Abs. 3
Vorinstanz: FG Nürnberg vom 5.11.2019, 1 K 1550/17 = SIS 20 12 30
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), ein Kreditinstitut in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts, hatte im Jahr 2000 … Anteile an dem inländischen Spezial-Sondervermögen Fonds II, zu Anschaffungskosten von … € erworben, darüber hinaus im Jahr 2001 … Anteile an dem inländischen Spezial-Sondervermögen Fonds I mit der Wertpapierkennnummer … zu Anschaffungskosten von … €. Beide Spezial-Sondervermögen hatten ihr Vermögen in inländische und ausländische Aktiengesellschaften sowie inländische und ausländische festverzinsliche Wertpapiere investiert. Im Jahr 2005 gab die Klägerin sämtliche Anteile an beiden Spezial-Sondervermögen zurück. Beide Spezial-Sondervermögen wurden im Jahr 2005 aufgelöst.
Während der Haltedauer entwickelten sich der Rücknahmepreis und der Fonds-Aktiengewinn für beide Spezial-Sondervermögen wie folgt:
Fonds I | Rücknahmepreis für … Anteile in € | Fonds-Aktiengewinn | Fonds-Aktiengewinn für … Anteile in € |
Erwerb | - 9.362,45 | ||
31.12.2001 | … | - 6,62 % | - 1.438.640,00 |
31.12.2002 | … | - 17,87 % | - 3.549.815,10 |
31.12.2003 | … | - 14,99 % | - 3.047.509,87 |
31.12.2004 | … | - 14,17 % | - 2.917.700,49 |
Fonds II | Rücknahmepreis für … Anteile in € | Fonds-Aktiengewinn | Fonds-Aktiengewinn für … Anteile in € |
Erwerb | 0,00 | ||
31.12.2001 | … | - 6,29 % | - 876.600,85 |
31.12.2002 | … | - 18,82 % | - 2.487.952,45 |
31.12.2003 | … | - 16,24 % | - 2.123.503,63 |
31.12.2004 | … | - 15,28 % | - 2.021.887,00 |
Die Klägerin begehrte im Einspruchsverfahren unter anderem für die Jahre 2001 bis 2004 den Ansatz eines unterhalb der Anschaffungskosten, dem bisherigen Steuerbilanzansatz, liegenden Teilwerts für die Anteile an beiden Spezial-Sondervermögen wegen gesunkener Rücknahmepreise. Nach Erlass einer Teileinspruchsentscheidung am 30.09.2015 unter anderem betreffend die Körperschaftsteuer und die Gewerbesteuermessbeträge der Jahre 2001 bis 2004, die ausschließlich in diesem Verfahren nicht streitige Punkte betraf und in der auch noch kein Teilwertansatz der Fondsanteile berücksichtigt war, nahm die Klägerin ihren Einspruch gegen die Bescheide über Körperschaftsteuer für 2003 und 2004, über den Gewerbesteuermessbetrag für 2004 und über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2003 wegen einer angedrohten Verböserung zurück.
Für die Jahre 2001 und 2002 berücksichtigte der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) in Änderungsbescheiden vom 19.05.2016 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer jeweils auf den 31.12.2001 und auf den 31.12.2002 sowie über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes jeweils auf den 31.12.2001 und den 31.12.2002 die folgenden Gewinnänderungen wegen eines dauerhaft unterhalb der Anschaffungskosten liegenden Rücknahmepreises der Anteile an beiden Spezial-Sondervermögen zum Bilanzstichtag:
Fonds I | 31.12.2001 | 31.12.2002 |
Teilwertabschreibung | - 1.724.783 € | - 3.471.843 € |
Vorjahres-Unterschied | + 1.724.783 € | |
Summe Gewinnänderung | - 1.724.783 € | - 1.747.060 € |
Fonds II | 31.12.2001 | 31.12.2002 |
Vorjahres-Unterschied | + 2.031.427 € | |
Teilwertabschreibung | - 2.031.427 € | - 2.748.123 € |
Summe Gewinnänderung | - 2.031.427 € | - 716.694 € |
Am 08.05.2017 änderte das FA die Bescheide über Körperschaftsteuer für 2003 und 2004, über den Gewerbesteuermessbetrag für 2004 und über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2003 und auf den 31.12.2004 ungeachtet der Einspruchsrücknahme gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) sowie gemäß § 174 AO. Zum einen erhöhte das FA den Gewinn der Klägerin wegen der veränderten Bilanzansätze der Anteile an den Spezial-Sondervermögen zu den Bilanzstichtagen 31.12.2002 und 31.12.2003, zum anderen verminderte es den Gewinn, weil der Rücknahmepreis der Anteile zum 31.12.2003 und zum 31.12.2004 weiterhin unter den Anschaffungskosten lag:
31.12.2003 | 31.12.2004 | |||
Fonds I | Fonds II | Fonds I | Fonds II | |
Gewinnerhöhung | + 3.471.843 € | + 2.748.122 € | + 3.126.219 € | + 2.892.086 € |
Gewinnminderung | - 3.126.219 € | - 2.892.086 € | - 2.865.817 € | - 2.735.603 € |
Summe Gewinnänderung | + 345.624 € | - 143.964 € | + 260.402 € | + 156.483 € |
Ferner erhöhte das FA den Gewinn der Klägerin für das Jahr 2004 außerbilanziell gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 8 des Investmentsteuergesetzes i.d.F. des Richtlinien-Umsetzungsgesetzes (EURLUmsG) vom 09.12.2004 (BGBl I 2004, 3310, BStBl I 2004, 1158) ‑‑InvStG 2004‑‑ i.V.m. § 8b Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes i.d.F. des EURLUmsG (KStG) um 3.887.256 €. Diesen Betrag berechnete das FA auf der Grundlage der im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 25.07.2016 (BStBl I 2016, 763) niedergelegten Auffassung der Finanzverwaltung wie folgt:
Fonds I | Fonds II | |
Anleger Aktiengewinn zum 31.12.2004 | - 2.917.700,49 € | - 2.021.877 € |
Abzüglich Anlegeraktiengewinn bei Erwerb | 9.362,45 € | 0 € |
- 2.908.338 € | - 2.021.887 € | |
STEKO-Korrekturposten (unsaldiert) | 312.630 € | 586.375 € |
- 2.595.708 € | - 1.435.512 € | |
Auswirkung auf den Bilanzansatz | - 2.865.816 € | - 2.735.603 € |
Maßgebender Anleger-Aktiengewinn | - 2.595.708 € | - 1.435.512 € |
Maßgebender Anleger-Aktiengewinn Vorjahr | 0 € | 143.964 € |
Anzusetzender Anleger-Aktiengewinn | - 2.595.708 € | - 1.291.548 € |
Außerbilanzielle Korrektur: | 2.595.708 € | 1.291.548 € |
Zudem rechnete das FA im Körperschaftsteuerbescheid für 2003 die Gewinnminderung des Fonds II in Höhe von 143.964 € nach § 40a des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften i.V.m. § 8b Abs. 2 KStG außerbilanziell wieder hinzu.
Ein Einspruch gegen diese Änderungsbescheide blieb erfolglos. Der Klage gab das Finanzgericht (FG) Nürnberg mit Urteil vom 05.11.2019 ‑ 1 K 1550/17 (Entscheidungen der Finanzgerichte ‑‑EFG‑‑ 2020, 1530) statt und machte die vom FA in den Jahren 2003 und 2004 vorgenommenen außerbilanziellen Hinzurechnungen nach dem Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften beziehungsweise dem Investmentsteuergesetz 2004 in voller Höhe wieder rückgängig. Nach Ansicht des FG führe die Anwendung des § 8 InvStG 2004 zu einer nachträglichen Hinzurechnung der in den Jahren 2001 und 2002 steuerwirksam vorgenommenen Teilwertabschreibungen. Darin liege eine verbotene echte Rückwirkung.
Gegen diese Entscheidung hat das FA betreffend die Bescheide über Körperschaftsteuer für 2004 und den Gewerbesteuermessbetrag für 2004 sowie die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2004 Revision eingelegt.
Das FA hat während des Revisionsverfahrens am 25.02.2020 einen nach § 174 AO geänderten Bescheid über Körperschaftsteuer für 2004 erlassen und den Gewinn, der der Körperschaftsteuerfestsetzung für 2004 durch das Urteil der Vorinstanz zu Grunde liegt, um 4.031.220 € erhöht. Dem liegt folgende geänderte Berechnung der außerbilanziellen Korrektur nach § 8 InvStG 2004 zu Grunde:
Fonds I | Fonds II | |
Aktiengewinn 31.12.2004 | - 2.917.700 € | - 2.021.887 € |
Aktiengewinn bei Anschaffung | - 9.362 € | 0 € |
Unterschied: | - 2.908.338 € | - 2.021.887 € |
STEKO-Korrekturposten (unsaldiert) | 312.630 € | 586.375 € |
- 2.595.708 € | - 1.435.512 € | |
Auswirkung auf Bilanzansatz | - 2.865.816 € | - 2.735.603 € |
Maßgebender Fonds-Aktiengewinn | - 2.595.708 € | - 1.435.512 € |
Maßgebender Fonds-Aktiengewinn Vorjahr | 0 € | 0 € |
Außerbilanzielle Korrektur: | 2.595.708 € | 1.435.512 € |
Summe: | 4.031.220 € |
Das FA beantragt,
das FG-Urteil aufzuheben, soweit es den Veranlagungszeitraum 2004 betrifft, und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen und den Bescheid über Körperschaftsteuer für 2004 vom 25.02.2020 dahingehend zu ändern, dass die außerbilanzielle Hinzurechnung nach § 8 Abs. 3 InvStG 2004 in Höhe von 4.031.220 € rückgängig gemacht wird.
Das dem Revisionsverfahren gemäß § 122 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beigetretene BMF hat keinen Antrag gestellt.
II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt in dem durch den Revisionsantrag bestimmten Umfang zur Aufhebung der Vorentscheidung und mangels Spruchreife zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
1. Das angefochtene Urteil ist betreffend den Körperschaftsteuerbescheid für 2004 schon aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben; während des Revisionsverfahrens hat sich der Verfahrensgegenstand, über dessen Rechtmäßigkeit das FG zu entscheiden hatte, teilweise geändert.
Das FG hat über den Körperschaftsteuerbescheid für 2004 vom 08.05.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.11.2017 entschieden. An die Stelle dieses Bescheides ist während des Revisionsverfahrens der Änderungsbescheid vom 25.02.2020 getreten, der nach § 68 Satz 1 i.V.m. § 127 FGO Gegenstand des Verfahrens geworden ist. Da sich durch den Änderungsbescheid die tatsächlichen Grundlagen des Streitstoffes nicht geändert haben, kann der Senat dennoch über die streitige Rechtsfrage selbst entscheiden und muss die Sache nicht allein deswegen nach § 127 FGO an das FG zurückverweisen (s. allgemein z.B. Senatsurteile vom 16.12.2009 ‑ I R 56/08, BFHE 228, 356, BStBl II 2010, 492; vom 11.08.2021 ‑ I R 38/19, BFH/NV 2022, 334 und vom 07.12.2022 ‑ I R 15/19, BFH/NV 2023, 803; jeweils m.w.N.). Dem steht auch nicht der Umstand entgegen, dass die Klägerin ihren ursprünglichen Klageantrag im Revisionsverfahren der Höhe nach aufgrund der vom FA vorgenommenen Neuberechnung der Hinzurechnung nach § 8 InvStG 2004 angepasst und erweitert hat. Denn der Streitstoff ist insoweit unverändert geblieben. Die Klageerweiterung ist ungeachtet der Regelung des § 123 Abs. 1 Satz 1 FGO aufgrund der eingetretenen zusätzlichen formellen Beschwer möglich, um eine Verkürzung der Rechte der Klägerin wegen der Regelung des § 68 FGO zu verhindern (s. allgemein Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 23.04.2008 ‑ X R 32/06, BFHE 221, 102, BStBl II 2009, 7, unter II.2.a bb; Rüsken in Gosch, FGO § 123 Rz 21).
Das finanzgerichtliche Verfahren leidet an keinem Verfahrensmangel. Die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen sind durch die Aufhebung des Urteils nicht entfallen. Sie bilden unverändert die Grundlage für die Entscheidung des erkennenden Senats (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteil vom 16.12.2020 ‑ I R 50/17, BFHE 271, 528, BStBl II 2021, 443, m.w.N.).
2. Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Änderung der bestandskräftig gewordenen Bescheide über Körperschaftsteuer für 2004 und den Gewerbesteuermessbetrag für 2004 zur Berücksichtigung von Gewinnänderungen aufgrund eines korrigierten Wertansatzes der Anteile am Fonds I und am Fonds II durch die angefochtenen Änderungsbescheide gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 177 Abs. 1 AO formell rechtmäßig gewesen ist. Der Senat kann allerdings auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen den zutreffenden Teilwert nicht bestimmen, mit dem diese Anteile zum 31.12.2004 zu bewerten sind.
a) Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG) sind nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens, zu denen die Anteile an den beiden Spezial-Sondervermögen zählen, grundsätzlich mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bilanzieren. Jedoch kann gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG der Teilwert angesetzt werden, wenn dieser aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger ist. Wirtschaftsgüter, die bereits am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres zum Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen gehört haben, sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Nr. 1 Satz 4 EStG in den folgenden Wirtschaftsjahren mit dem Wert nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG anzusetzen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass ein niedrigerer Teilwert nach Satz 2 angesetzt werden kann.
b) Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). Deshalb ist bei der Ermittlung des Teilwerts von Fondsanteilen grundsätzlich auf den Wiederbeschaffungspreis abzustellen, zu dem die Anteilsscheine erworben werden können (Senatsurteil vom 21.09.2011 ‑ I R 7/11, BFHE 235, 273, BStBl II 2014, 616, Rz 14; BFH-Urteil vom 13.02.2019 ‑ XI R 41/17, BFHE 263, 337, BStBl II 2021, 717, Rz 21). Dieser kann bei Fondsanteilen abhängig von den Umständen des Einzelfalls dem Ausgabepreis (z.B. Senatsurteil vom 21.09.2011 ‑ I R 7/11, BFHE 235, 273, BStBl II 2014, 616), dem Rücknahmepreis (z.B. Senatsurteil vom 22.03.1972 ‑ I R 199/69, BFHE 105, 141, BStBl II 1972, 489) oder dem Börsenkurs der Anteile am Zweitmarkt (z.B. BFH-Urteil vom 13.02.2019 ‑ XI R 41/17, BFHE 263, 337, BStBl II 2021, 717, Rz 26) entsprechen.
c) Bei der Ermittlung des Teilwerts als objektivem Wert handelt es sich um eine Tatsachenfeststellung im Sinne von § 118 Abs. 2 FGO (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 17.08.2017 ‑ IV R 3/14, BFHE 259, 111, BStBl II 2023, 26, Rz 21 und vom 13.02.2019 ‑ XI R 41/17, BFHE 263, 337, BStBl II 2021, 717, Rz 19). Das FG hat bisher keine ausreichenden Feststellungen zur Höhe der Teilwerte der Anteile am Fonds I und am Fonds II zum Bilanzstichtag 31.12.2004 getroffen. Es hat die Rücknahmepreise zu Grunde gelegt, ohne zu begründen, warum im vorliegenden Einzelfall die Rücknahmepreise den Teilwerten entsprechen. Dies ist im zweiten Rechtsgang nachzuholen. Gegebenenfalls sich aus geänderten Bilanzansätzen ergebende innerbilanzielle Gewinnänderungen sind zu berücksichtigen, soweit die Korrekturvorschriften der Abgabenordnung eine Berücksichtigung in den angefochtenen Steuerbescheiden zulassen und dadurch im Klageverfahren keine sogenannte Verböserung eintritt.
3. Sollte nach den vom FG noch zu treffenden Feststellungen ein Ansatz der Anteile am Fonds I und am Fonds II zum 31.12.2004 mit unter den Anschaffungskosten liegenden Teilwerten möglich sein, wird das FG im zweiten Rechtsgang den gemäß § 8 Abs. 3 InvStG 2004 i.V.m. § 8b KStG (i.V.m. § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung) zu berücksichtigenden Teil der Einnahmen/der Vermögensminderungen zu ermitteln haben.
a) Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 InvStG 2004 ist auf Einnahmen aus der Rückgabe oder Veräußerung von Investmentanteilen im Betriebsvermögen (unter anderem) § 8b KStG anzuwenden, soweit sie dort genannte, dem Anleger noch nicht zugeflossene oder als zugeflossen geltende Einnahmen enthalten oder auf bereits realisierte oder noch nicht realisierte Gewinne aus der Beteiligung des Investmentvermögens an Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen entfallen, deren Leistungen beim Empfänger zu den Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören (positiver Aktiengewinn). Entsprechendes gilt gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 InvStG 2004 beim Ansatz eines Teilwerts. Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 InvStG 2004 ist beim Anleger ferner auf Vermögensminderungen innerhalb des Investmentvermögens § 8b KStG anzuwenden, soweit die Vermögensminderungen auf Beteiligungen des Investmentvermögens an Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen entfallen, deren Leistungen beim Empfänger zu den Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören (negativer Aktiengewinn).
Weitere Voraussetzung für die Anwendung des § 8 InvStG 2004 ist, dass die Investmentgesellschaft bewertungstäglich den positiven oder negativen Prozentsatz des Werts des Investmentanteils, getrennt für natürliche Personen und für Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen, ermittelt, der auf die in den Einnahmen aus der Veräußerung enthaltenen Bestandteile im Sinne des § 8 InvStG 2004 entfällt (Aktiengewinn) und mit dem Rücknahmepreis veröffentlicht (§ 5 Abs. 2 Satz 1 InvStG 2004).
Zeitlich ist § 8 InvStG 2004 bei Anteilen an einem inländischen Investmentvermögen gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 InvStG 2004 erstmals auf Einnahmen anzuwenden, die nach dem 31.12.2003 zufließen, sowie auf Gewinnminderungen, die nach dem 31.12.2003 entstehen.
b) Wenn ein Ansatz der Anteile am Fonds I und am Fonds II nach den vom FG noch zu treffenden Feststellungen (s. zu II.2.) mit unter den Anschaffungskosten liegenden Teilwerten zutreffend sein sollte, liegen die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 18 Abs. 1 Satz 2 InvStG 2004 im Streitjahr vor. Eine aus diesem Ansatz folgende Gewinnauswirkung wäre nach dem 31.12.2003 entstanden/zugeflossen. Die Investmentgesellschaften beider Fonds haben ferner die Rücknahmepreise und den Aktiengewinn bewertungstäglich ermittelt und veröffentlicht. Da dies zwischen den Beteiligten nicht in Streit steht, wird von weiteren Ausführungen abgesehen.
c) Der beim Ansatz eines unter die Anschaffungskosten gefallenen Teilwerts nach § 8 Abs. 1 Satz 3 InvStG 2004 i.V.m. § 8b KStG zu berücksichtigende Teil der Einnahmen/der Vermögensminderungen ist ‑‑entgegen der Auffassung der Vorinstanz‑‑ wie folgt zu ermitteln:
aa) In einem ersten Schritt ist der besitzzeitanteilige Anleger-Aktiengewinn zum Bewertungsstichtag (hier: der 31.12.2004) zu ermitteln, soweit sich dieser auf den Bilanzansatz ausgewirkt hat (§ 8 Abs. 3 Satz 2 InvStG 2004). Übersteigt der Betrag des negativen besitzzeitanteiligen Anleger-Aktiengewinns die betragsmäßige Differenz aus historischen Anschaffungskosten und Teilwertansatz, ist die Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 InvStG 2004 nur im Umfang dieser Differenz möglich; ein darüber hinausgehender negativer besitzzeitanteiliger Anleger-Aktiengewinn bleibt unberücksichtigt. Im umgekehrten Fall, in dem die Differenz aus historischen Anschaffungskosten und Teilwertansatz den negativen besitzzeitanteiligen Anleger-Aktiengewinn übersteigt, ist die Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 InvStG 2004 auf den negativen besitzzeitanteiligen Anleger-Aktiengewinn beschränkt (s. Neumann in Moritz/Jesch, InvStG, 1. Aufl., § 8 Rz 134; BMF-Schreiben vom 18.08.2009, BStBl I 2009, 931, Rz 171). § 8 Abs. 3 Satz 2 InvStG 2004 gilt entsprechend für den nach § 8b KStG zu berücksichtigenden Teil von Gewinnen aus einer Teilwertzuschreibung im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG (§ 8 Abs. 3 Satz 3 InvStG 2004).
bb) In einem zweiten Schritt ist der in Schritt 1 nach § 8 Abs. 3 Satz 1 bis 3 InvStG 2004 ermittelte Wert um einen Korrekturbetrag zu kürzen (§ 8 Abs. 3 Satz 4 InvStG 2004). Dieser Korrekturbetrag ist der nach den Sätzen 2 beziehungsweise 3 ermittelte besitzzeitanteilige Anleger-Aktiengewinn auf den maßgebenden Rücknahmepreis zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres (hier: der 31.12.2003), soweit er sich auf den Bilanzansatz ausgewirkt hat. Diese Kürzung dient der Verhinderung einer Mehrfachberücksichtigung von Korrekturen nach § 8 Abs. 3 InvStG 2004 i.V.m. § 8b KStG und damit der periodengerechten Gewinnermittlung (Niedersächsisches FG, Urteil vom 24.05.2023 ‑ 6 K 75/21, EFG 2023, 1323, Rz 56; BeckOK InvStG 2004/Hartmann, 21. Ed., § 8 Rz 56). Da in § 8 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 InvStG 2004 für die Ermittlung von Korrekturen nach § 8b KStG auf den gesamten Zeitraum ab der Anschaffung der Investmentanteile bis zum jeweiligen Bewertungsstichtag abgestellt wird, würden ansonsten in früheren Jahren bereits berücksichtigte Korrekturbeträge nach § 8 Abs. 3 InvStG 2004 nochmals erfasst werden (s. Neumann in Moritz/Jesch, InvStG, 1. Aufl., § 8 Rz 146). Die Beschränkung der Korrektur auf den besitzzeitanteiligen Anleger-Aktiengewinn nur des Vorjahres, begrenzt auf die Höhe des Bilanzansatzes des Vorjahres, ist zur Erreichung dieses Ziels ausreichend, weil sowohl der besitzzeitanteilige Anleger-Aktiengewinn als auch der Bilanzansatz des Investmentanteils Wertveränderungen seit dem Erwerb des Investmentanteils bis zum Wertermittlungsstichtag umfassen (s. Neumann in Moritz/Jesch, InvStG, 1. Aufl., § 8 Rz 146; ebenso Jacob/Geese/Ebner, Handbuch für die Besteuerung von Fondsvermögen, 3. Aufl., S. 215).
cc) Abweichend zur Rechtsmeinung des FA und des BMF ist die Korrektur nach § 8 Abs. 3 Satz 4 InvStG 2004 auch dann vorzunehmen, wenn § 8 InvStG 2004 im Vorjahr selbst noch nicht anwendbar gewesen ist. Denn § 8 InvStG 2004 ist gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 InvStG 2004 bei Anteilen an inländischen Investmentvermögen uneingeschränkt zeitlich anwendbar, wenn die dem § 8 Abs. 1 und 2 InvStG 2004 unterfallenden Einnahmen oder Vermögensminderungen nach dem 31.12.2003 zugeflossen oder entstanden sind. Ist dies der Fall, hat die Anwendung des § 8 InvStG 2004 vollständig ‑‑einschließlich des § 8 Abs. 3 Satz 4 InvStG 2004‑‑ in der zum Bewertungsstichtag anwendbaren Gesetzesfassung zu erfolgen. Daher muss ein Korrekturbetrag nach § 8 Abs. 3 Satz 4 InvStG in der zum Bewertungsstichtag einschlägigen Fassung des Gesetzes auch dann ermittelt werden, wenn dies eine Ermittlung des Anleger-Aktiengewinns und des Bilanzansatzes für einen vor dem 31.12.2003 liegenden Zeitraum zur Folge hat (ebenso Niedersächsisches FG, Urteil vom 24.05.2023 ‑ 6 K 75/21, EFG 2023, 1323, Rz 57 f.).
Etwas anderes folgt nicht aus § 18 Abs. 1 Satz 4 InvStG 2004. Dieser Satz betrifft ausschließlich ausländische Fonds. Außerdem bezieht er sich lediglich auf die Verpflichtung der Investmentgesellschaft, nach § 5 Abs. 2 InvStG 2004 den Aktiengewinn in Prozent des Rücknahmepreises bewertungstäglich zu ermitteln und bekannt zu geben. Nur für diese Ermittlungs- und Veröffentlichungspflicht wird ein Ansatz bei der erstmaligen Ermittlung in Höhe von null Prozent angeordnet. Der bewertungstäglich ermittelte und veröffentlichte Fondsaktiengewinn ist für die Ermittlung des besitzzeitanteiligen Anleger-Aktiengewinns im Sinne des § 8 Abs. 3 InvStG 2004 jedoch nicht bindend (s. Senatsurteile vom 21.09.2016 ‑ I R 63/15, BFHE 256, 11, BStBl II 2017, 357, Rz 26 und vom 29.09.2021 ‑ I R 40/17, BFHE 274, 463, BStBl II 2023, 127, Rz 73).
dd) Eine Korrektur nach § 8 Abs. 3 Satz 4 InvStG 2004 setzt schließlich ‑‑anders als es das FA meint‑‑ auch nicht voraus, dass eine auf einem negativen oder positiven Anleger-Aktiengewinn beruhende innerbilanzielle Gewinnauswirkung in den vorangegangenen Jahren tatsächlich außerbilanziell korrigiert wurde. Eine solche Voraussetzung lässt sich § 8 InvStG 2004 nicht entnehmen (Niedersächsisches FG, Urteil vom 24.05.2023 ‑ 6 K 75/21, EFG 2023, 1323, Rz 59; Bacmeister/Reislhuber in Haase, InvStG, 1. Aufl., § 8 Rz 412).
ee) Da über § 8 Abs. 3 Satz 4 InvStG 2004 eine nochmalige Korrektur von in den Vorjahren realisierten Wertminderungen bereits verhindert wird, bedarf es ‑‑anders als es die Vorinstanz meint‑‑ keines Ansatzes eines vom Gesetz nicht vorgesehenen Korrekturpostens zwecks Vermeidung einer unzulässigen Rückwirkung.
ff) Ist der nach § 8 Abs. 3 Satz 1 bis 4 InvStG 2004 ermittelte Betrag negativ, ist in Höhe dieses Betrags eine außerbilanzielle Hinzurechnung nach § 8 Abs. 1 InvStG 2004 i.V.m. § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG vorzunehmen. Ist er hingegen positiv ‑‑was im Streitfall bei einer Berechnung unter Berücksichtigung der bisher vom FG als Teilwerte angesetzten Rücknahmepreise der Fall wäre‑‑ ist der Gewinn insoweit grundsätzlich gemäß § 8 Abs. 2 InvStG 2004 i.V.m. § 8b Abs. 2 Satz 3 KStG außerbilanziell zu kürzen (vgl. BMF-Schreiben vom 02.06.2005, BStBl I 2005, 728, Rz 179). Allerdings scheidet eine außerbilanzielle Kürzung nach § 8 Abs. 2 InvStG 2004 i.V.m. § 8b Abs. 2 Satz 4 KStG dann aus, wenn ‑‑wie im Streitfall‑‑ in früheren Jahren bereits eine steuerwirksame Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert stattgefunden hat, soweit diese durch den Ansatz des höheren Teilwerts bisher nicht wieder ausgeglichen worden ist.
gg) Schließlich wird das FG noch zu prüfen haben, ob sich die aus unionsrechtlichen Gründen eingeschränkte Anwendbarkeit des § 8b Abs. 3 KStG im Veranlagungszeitraum 2001 (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union STEKO Industriemontage vom 22.01.2009 ‑ C‑377/07, EU:C:2009:29, Slg. 2009, I‑299; Senatsurteile vom 22.04.2009 ‑ I R 57/06, BFHE 231, 35, BStBl II 2011, 66; vom 28.10.2009 ‑ I R 27/08, BFHE 227, 73, BStBl II 2011, 229 und vom 06.03.2013 ‑ I R 10/11, BFHE 241, 157, BStBl II 2013, 707) auf die Berechnung des nach § 8 Abs. 1 Satz 3 InvStG 2004 i.V.m. § 8b KStG zu berücksichtigenden Teils der Einnahmen/der Vermögensminderungen im Streitjahr auswirkt.
4. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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