Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt hinsichtlich der Anwendung von Subject-to-tax-, Remittance-base- und Switch-over-Klauseln nach den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) Folgendes:
DBA können unterschiedliche Regelungen enthalten, um zu verhindern, dass die Abkommensanwendung zur Nichtbesteuerung von Einkünften bzw. zur ungerechtfertigten Inanspruchnahme von Abkommensvorteilen führt. Je nach Ausgestaltung dieser Bestimmungen unterscheidet man hauptsächlich zwischen Rückfall- bzw. Subject-to-tax-Klauseln (Besteuerungsvorbehalten), Remittance-base-Klauseln (Überweisungsklauseln) und Switch-over-Klauseln (Umschaltklauseln). Diese Klauseln sind vorrangig vor den nationalen Vorschriften (u.a. § 50d Absatz 8 und 9 EStG) anzuwenden.
Einige DBA enthalten ausdrückliche Besteuerungsvorbehalte, die die Freistellung von Einkünften von einer Besteuerung im anderen Vertragsstaat abhängig machen. Solche sog. Subject-to-tax-Klauseln können sich auf alle Einkünfte beziehen, die nach dem DBA von der Besteuerung auszunehmen sind. Es können aber auch Subject-to-tax-Klauseln vereinbart werden, die auf bestimmte Einkünfte beschränkt sind.
2.1 Anwendung im Quellenstaat
Vereinzelt werden Subject-to-tax-Klauseln auf den Quellen- bzw. Tätigkeitsstaat angewandt, wenn Abkommensvorteile (Freistellung oder Ermäßigung) in diesem Staat nur unter der Voraussetzung gewährt werden, dass die betreffenden Einkünfte im Ansässigkeitsstaat tatsächlich der Besteuerung unterliegen. Derartige Klauseln sind z.B. in Artikel 15 Absatz 2 Buchstabe d DBA-Singapur 2004 und in Ziffer 1 des Protokolls zu Artikel 6 bis 21 des DBA-Namibia enthalten.
2.2 Anwendung im Ansässigkeitsstaat
In der Regel beziehen sich die Subject-to-tax-Klauseln auf den Ansässigkeitsstaat, d.h. die Freistellung der Einkünfte in diesem Staat ist von der Besteuerung der betreffenden Einkünfte im Quellen- bzw. Tätigkeitsstaat abhängig.
Derartige Klauseln sind z.B. in folgenden Abkommen enthalten:
a) Einkunftsbezogene Rückfallklauseln:
b) Allgemeine Rückfallklauseln:
c) sog. Einkünfte-Herkunftsbestimmungen (s. Tz. 2.2.1).
2.2.1 Einordnung der im Methodenartikel verankerten Einkünfte-Herkunftsbestimmung als Subject-to-tax-Klausel nach der BFH-Rechtsprechung
Einige DBA enthalten im Methodenartikel - nicht in den Artikeln zu den Einkunftsarten - eine sog. Einkünfte-Herkunftsbestimmung. Danach gelten Einkünfte für Zwecke des DBA nur dann als aus dem anderen Vertragsstaat stammend, wenn sie dort besteuert werden.
Eine solche Bestimmung enthalten z.B.
Nach dem BFH-Urteil vom 17.12.2003, I R 14/02 (BStBl 2004 II S. 260 = SIS 04 09 26) war eine derartige Regelung nicht als Subject-to-tax-Klausel zu qualifizieren. Nach dieser BFH-Entscheidung musste Deutschland als Ansässigkeitsstaat die Einkünfte von der Besteuerung freistellen, auch wenn diese im anderen Vertragsstaat nicht besteuert wurden. Dies galt indes nicht für die Regelung in Absatz 16 Buchstabe d des Protokolls zu Artikel 24 des DBA-Italien, da diese Regelung die Freistellung im Ansässigkeitsstaat ausdrücklich an die "effektive" Besteuerung im anderen Vertragsstaat knüpft.
Mit der Entscheidung vom 17.10.2007, I R 96/06 (BStBl 2008 II S. 953 = SIS 08 12 28), die zum DBA-Italien erging, änderte der BFH jedoch seine Rechtsprechung aus dem Jahre 2003. Danach sind die Einkünfte-Herkunftsbestimmungen im Sinne einer Subject-to-tax-Klausel zu verstehen. Der BFH kehrte damit zu seinem ursprünglichen Abkommensverständnis zurück (BFH vom 5.2.1992, I R 158/90, BStBl 1992 II S. 660 = SIS 92 16 55).
2.2.2 Anwendung der geänderten BFH-Rechtsprechung - BFH-Urteil vom 17.10.2007 (a.a.O.) - unter Berücksichtigung von § 176 Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 AO
Soweit für die Anwendung der unter Tz. 2.2.1 beschriebenen Einkünfte-Herkunftsbestimmung noch Fälle (Steuer- und Feststellungsbescheide), insbesondere aufgrund noch nicht abgeschlossener Einspruchsverfahren oder aufgrund eines Vorbehaltes der Nachprüfung, offen sind, kommt die Anwendung des § 176 Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 AO in Bezug auf die für den Steuerpflichtigen günstigere Rechtsprechung des BFH in seinem Urteil vom 17. Dezember 2003 (a.a.O.) in Betracht. Vertrauensschutz ist danach wie folgt zu gewähren:
2.3 Besteuerung im Sinne der Subject-to-tax-Klausel
a) Eine Besteuerung in dem Vertragsstaat, dem das Besteuerungsrecht nach dem DBA zugewiesen ist, liegt vor, soweit die Einkünfte in die steuerliche Bemessungsgrundlage einbezogen werden.
Davon ist auch dann auszugehen, wenn eine Besteuerung infolge
unterbleibt oder
aufgrund ausländischer Vorschriften zur Einkünfteermittlung temporäre (z.B. das Recht des anderen Vertragsstaats ermöglicht höhere Rückstellungen oder lässt höhere Abschreibungen zu) oder permanente Differenzen im Vergleich zu der nach deutschem Steuerrecht ermittelten Bemessungsgrundlage (z.B. das Recht des anderen Vertragsstaats ermöglicht den Abzug von Aufwendungen, die nach inländischem Steuerrecht dem Betriebsausgabenabzugsverbot des § 4 Absatz 5 EStG unterliegen) auftreten, auch wenn dies - bezogen auf den nach deutschem Steuerrecht maßgeblichen Veranlagungszeitraum - wie eine zumindest partielle Nichtbesteuerung wirkt.
b) Eine Nichtbesteuerung liegt hingegen vor, soweit der Staat, dem das Besteuerungsrecht nach dem DBA zugewiesen ist,
Beispiel 1:
Eine inländische Bank unterhält in den USA eine Betriebsstätte, die ebenfalls das Bankgeschäft betreibt. Die Betriebsstätte hält u.a. Anleihen amerikanischer Kommunen. Nach US-Steuerrecht sind die Zinsen, die auf solche Anleihen gezahlt werden, steuerfrei. Die den Zinsen zugrunde liegende Forderung (Anleihe) ist Betriebsvermögen der US-Betriebsstätte.
Für die Betriebsstätteneinkünfte steht den USA gemäß Artikel 7 Absatz 1 Satz 2 DBA-USA das Besteuerungsrecht zu. Die Einkünfte sind nach Artikel 23 Absatz 3 Buchstabe a Satz 1 und 2 DBA-USA unter Progressionsvorbehalt von der deutschen Besteuerung auszunehmen. Da die Zinsen aus der Kommunalanleihe zu den Betriebsstätteneinkünften gehören, von den USA aber aufgrund der Steuerfreiheit nach US-Recht nicht besteuert werden, ist nach Artikel 23 Absatz 4 Buchstabe b, 2. Alternative DBA-USA in Deutschland keine Freistellung zu gewähren.
Beispiel 2:
Eine deutsche Kapitalgesellschaft gehört zu einem international operierenden Konzern A. Sie ist an mehreren Vertriebsgesellschaften im In- und Ausland mit einem Stimmanteil von jeweils mehr als 50 % beteiligt. Außerdem ist die Gesellschaft an einer US-Personengesellschaft beteiligt, deren Gegenstand u.a. die Verwaltung von Markenrechten an dem Markennamen "A" ist. Zum Betriebsvermögen der Personengesellschaft gehören sämtliche Rechte an dem Markennamen "A" mit Ausnahme der auf Deutschland und die USA bezogenen Rechte.
Die US-Personengesellschaft bezieht überwiegend Einkünfte aus der Vergabe von Lizenzrechten an die verbundenen Vertriebsgesellschaften des Konzerns. Die deutsche Kapitalgesellschaft beansprucht für ihren Anteil an dem Gewinn der US-Personengesellschaft einschließlich der Lizenzgebühren die Freistellung von der deutschen Besteuerung (Artikel 23 Absatz 3 Buchstabe a Satz 1 DBA-USA). Nach US-Steuerrecht gelten Lizenzgebühren, die die Personengesellschaft von einer konzernangehörigen Gesellschaft in einem Drittstaat bezieht, an der die deutsche Gesellschaft (direkt oder indirekt) mehr als 50 % der stimmberechtigten Anteile hält, nicht als Einkünfte, die mit einer US-Geschäftstätigkeit im Zusammenhang stehen. Solche Lizenzgebühren sind daher in den USA nicht steuerpflichtig. Der Gewinnanteil aus der Personengesellschaft, der abkommensrechtlich als Betriebsstättengewinn des Gesellschafters gilt, wird daher hinsichtlich der nicht steuerpflichtigen Lizenzgebühren nicht in die US-amerikanische Bemessungsgrundlage einbezogen, so dass nach Artikel 23 Absatz 4 Buchstabe b, 2. Alternative DBA-USA in Deutschland insoweit keine Freistellung erfolgt. Auf den Lizenzgebühren lastende Quellensteuern aus Drittstaaten sind anzurechnen.
2.4 Nachweis der Besteuerung
Ist in einem DBA eine Subject-to-tax-Klausel enthalten, muss der Steuerpflichtige im Rahmen seiner erhöhten Mitwirkungspflicht gem. § 90 Absatz 2 AO bei Auslandssachverhalten nachweisen, dass seine Einkünfte im Ausland (ggf. in einem anderen VZ) der Besteuerung unterworfen wurden bzw. werden.
Der Nachweis hierüber ist grundsätzlich durch Vorlage des Steuerbescheids der ausländischen Behörde und des Zahlungsbelegs (Überweisungs- bzw. Einzahlungsbeleg der Bank oder Finanzbehörde) zu erbringen. Sofern der andere Staat ein Selbstveranlagungsverfahren vorsieht und daher keinen Steuerbescheid erteilt (z.B. USA), reicht die Vorlage des Zahlungsbelegs und einer Kopie der Steuerklärung aus.
In Fällen, bei denen ein Quellensteuerabzug/Lohnsteuerabzug mit Abgeltungswirkung im anderen Staat vorgenommen wird und somit keine Veranlagung zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer erfolgt oder diese Einkünfte wegen des Steuereinbehalts nicht in die Veranlagung einbezogen werden, kann die tatsächliche Besteuerung im anderen Staat durch eine entsprechende Bescheinigung über den Steuerabzug (z.B. Quellen-/Lohnsteuerbescheinigung) nachgewiesen werden. Dabei ist die ausländische Steuerbehörde - unter Angabe der dortigen Steuernummer - zu benennen, an die die Quellen-/Lohnsteuer abgeführte wurde. Eine tatsächliche Besteuerung im anderen Staat ist dabei auch dann anzunehmen, wenn eine pauschale Steuer abgeführt wurde, die der Arbeitgeber getragen hat.
Soweit die erforderlichen Nachweise nicht oder nicht vollständig erbracht werden, ist die Steuer unter Einbeziehung der betroffenen Einkünfte festzusetzen. Tz. 2.5 Buchstabe b ist zu beachten.
In den Fällen, in denen der Steuerpflichtige den Nachweis der Besteuerung der Einkünfte im anderen Staat erbracht hat, sind weder Auskunftsersuchen zu stellen noch Spontanauskünfte zu erteilen. Bestehen dagegen Zweifel hinsichtlich der allgemeinen Steuerfreiheit der Einkünfte im anderen Vertragsstaat, sollte zur Klärung der Rechtslage im anderen Staat ein Auskunftsersuchen an die ausländische Steuerbehörde gerichtet werden. Auf die Regelungen des Merkblatts zur zwischenstaatlichen Amtshilfe durch Informationsaustausch in Steuersachen vom 25.5.2012 (BStBl 2012 I S. 599 = SIS 12 22 13) wird hingewiesen.
Werden die Einkünfte nach Erlass des (deutschen) Steuer- oder Feststellungsbescheids auch im Ausland besteuert, ist der Steuerbescheid bei Nachweis der ausländischen Besteuerung nach § 175 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern (vgl. BFH-Urteil vom 11.6.1996, BStBl 1997 II S. 117 = SIS 97 03 93).
2.5 Rechtsfolge der Anwendung der Subject-to-tax-Klausel durch den Ansässigkeitsstaat
a) Ermittlung der Einkünfte
Liegen die Voraussetzungen der Subject-to-tax-Klausel vor, werden die im anderen Vertragsstaat nicht besteuerten Einkünfte nach den deutschen Steuervorschriften in die Steuerbemessungsgrundlage einbezogen.
b) Negative Einkünfte
Negative Einkünfte sind dabei innerhalb der Grenzen des deutschen Steuerrechts entsprechend den Grundsätzen der Tz. 2.3 nur zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass eine Berücksichtigung im anderen Vertragsstaat - auch in anderen VZ - endgültig und vollständig ausgeschlossen ist, weil sie zu einer dort nicht besteuerten Kategorie von Einkünften gehören oder mit diesen in Verbindung stehen.
Im Fall des Beispiels 1 unter Tz. 2.3 sind die dem Erwerb der Anleihen zuzuordnenden Refinanzierungskosten oder durch einen etwaigen Forderungsausfall entstehende Verluste im Rahmen der deutschen Besteuerung in der Regel nicht zu berücksichtigen, weil ihre Berücksichtigung im Rahmen der US-Besteuerung der Betriebsstätteneinkünfte möglich bleibt.
Gleiches gilt für Kosten oder Verluste, die im anderen Vertragsstaat nur anteilig oder bis zu einer betragsmäßig begrenzten Höhe oder in einem anderen VZ berücksichtigt werden können.
Können nach dem innerstaatlichen Recht des (anderen) Vertragsstaates Einkünfte in diesem Vertragsstaat nur dann der Besteuerung unterworfen werden, wenn sie in diesen Staat überwiesen ("remitted") oder dort bezogen worden sind, sehen einige DBA vor, dass Deutschland als Quellenstaat eine Freistellung oder Steuerermäßigung nur gewährt, soweit die Einkünfte in den anderen Vertragsstaat überwiesen oder dort bezogen worden sind und damit der dortigen Besteuerung unterliegen.
Deutschland als Quellenstaat beschränkt die von ihm zu gewährende Steuerbefreiung oder Steuerermäßigung auf die in den anderen Vertragsstaat überwiesenen oder dort bezogenen Einkünfte. Entsprechende Regelungen enthalten z.B.
Besonderheiten der jeweils unterschiedlichen Klauseln sind zu beachten. Tz. 2.4 findet entsprechende Anwendung (vgl. BFH-Urteile vom 29.11.2000, BStBl 2001 II S. 195 = SIS 01 06 10 und vom 22.2.2006, BStBl 2006 II S. 743 = SIS 06 34 97). Für die Frage, aus welchem Vertragsstaat die Einkünfte stammen, ist hierbei nicht auf die lokale Wertschöpfung (Entstehung) abzustellen, sondern ausschließlich auf den monetären Zahlungsvorgang (BFH-Urteil vom 22.2.2006, a.a.O.).
4. Switch-over-Klauseln (Umschaltklauseln)
In den DBA werden sog. Switch-over-Klauseln zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen, Doppelfreistellungen oder einer niedrigen Besteuerung, die ihre Ursache in Qualifikationskonflikten haben, vereinbart. Danach kann Deutschland als Ansässigkeitsstaat unter bestimmten Voraussetzungen an Stelle der Freistellungsmethode die Anrechnungsmethode anwenden. Voraussetzung in Fällen einer Doppelbesteuerung ist jedoch, dass eine Einigung in einem Verständigungsverfahren nicht erzielt werden konnte. Einzelheiten zu Qualifikationskonflikten und zu den Switch-over-Klauseln können der Tz. 4.1.3 des BMF-Schreibens vom 16.4.2010, BStBl 2010 I S. 354 = SIS 10 09 14, entnommen werden.
Darüber hinaus behält sich Deutschland regelmäßig eine Umschaltung auf die Anrechnungsmethode durch Notifizierung auf diplomatischem Weg gegenüber dem anderen Staat vor. Abkommensrechtliche Voraussetzung ist eine vorhergehende Konsultation mit diesem Staat.
5. Aufhebung und Ergänzung von Verwaltungsanweisungen
Tz. 1.2.6 des BMF-Schreibens vom 24.12.1999 (BStBl 1999 I S. 1076 = SIS 00 04 71) und Tz. 9 bis 9.2 des BMF-Schreibens vom 14.9.2006 (BStBl 2006 I S. 532 = SIS 06 37 59) werden aufgehoben.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt veröffentlicht.
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