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EuGH: Rückzahlung zu Unrecht gezahlter Beträge, ohne Vorankündigung und rückwirkend eingeführte Verkürzung der Frist für die Einlegung von Rechtsbehelfen

Das Unionsrecht steht der englischen Regelung entgegen, durch die den Steuerpflichtigen ohne Vorankündigung und rückwirkend ein Rechtsbehelf wegen Erstattung von unionsrechtswidrig erhobenen Steuern genommen worden ist
Die Tatsache, dass den Steuerpflichtigen für die Rückforderung dieser Steuern ein zweiter Rechtsbehelf zur Verfügung steht, hebt nicht die negativen Folgen der Abschaffung des günstigeren Rechtsbehelfs auf

Gerichtshof der Europäischen Union - Presse und Information - 12. Dezember 2013, Pressemitteilung Nr. 158/13
Urteil in der Rechtssache C-362/12
Test Claimants in the Franked Investment Income Group Litigation / Commissioners of Inland Revenue und Commissioners for Her Majesty's Revenue and Customs

Das bis zum 24. Juni 2004 geltende englische Recht sah für die Erstattung unionsrechtswidrig erhobener Steuern zwei Rechtsbehelfe vor. Der erste, die "Woolwich-Klage", war eine Klage auf Erstattung rechtswidrig erhobener Steuern und ihre Verjährungsfrist betrug sechs Jahre ab dem Zeitpunkt der Zahlung der Steuer. Der zweite Rechtsbehelf, die "Kleinwort Benson-Klage", erlaubte die Rückerstattung der aufgrund eines Rechtsirrtums gezahlten Beträge. Die Verjährungsfrist für diesen zweiten Rechtsbehelf betrug sechs Jahre ab dem Zeitpunkt, zu dem der Kläger vom Rechtsirrtum Kenntnis erlangt hat oder bei angemessener Sorgfalt hätte erlangen können.

Mit Gesetz vom 24. Juni 2004 beschloss der nationale Gesetzgeber, dass die Verjährungsfrist der "Kleinwort Benson-Klage" keine Anwendung bei Rechtsirrtümern im Zusammenhang mit Steuerangelegenheiten findet, die in die Zuständigkeit der Commissioners of Inland Revenue1 fallen. Diese neue Regelung galt rückwirkend für Klagen, die ab dem 8. September 2003, dem Tag, an dem die Regierung des Vereinigten Königreichs den Entwurf dieses Gesetzes bekannt machte, erhoben wurden.

Mit Urteil vom 8. März 20012 hat der Gerichtshof entschieden, dass bestimmte Aspekte der im Vereinigten Königreich im Zeitraum von 1973 bis 1999 angewandten Körperschaftsteuervorauszahlung (advance corporation tax, im Folgenden: ACT) mit der Niederlassungsfreiheit und dem freien Kapitalverkehr unvereinbar sind.

Nach Erlass dieses Urteils erhob die multinationale Unternehmensgruppe Aegis, die im Bereich der Medien und der digitalen Kommunikation tätig ist, am 8. September 2003 eine "Kleinwort Benson-Klage" wegen Erstattung der zwischen 1973 und 1999 zu Unrecht gezahlten ACT-Beträge. Die für diese Klage geltende Verjährungsfrist begann am 8. März 2001 zu laufen, dem Tag, an dem der Gerichtshof über die Vereinbarkeit der ACT-Regelung mit dem Unionsrecht entschieden hatte.

Da Aegis durch die rückwirkende Anwendung des Gesetzes vom 24. Juni 2004 die Möglichkeit genommen wurde, eine "Kleinwort Benson-Klage" auf Erstattung zu erheben, wandte sich die Unternehmensgruppe an die Gerichte des Vereinigten Königreichs und machte geltend, dass es gegen mehrere unionsrechtliche Grundsätze verstoße, wenn sie ohne Vorankündigung und rückwirkend von den günstigeren Verjährungsvorschriften für diese Klage ausgeschlossen werde.

Daher möchte der Supreme Court of the United Kingdom (Oberster Gerichtshof des Vereinigten Königreichs) vom Gerichtshof wissen, ob die unionsrechtlichen Grundsätze der Effektivität, der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes der Regelung entgegenstehen, durch die die "Kleinwort Benson-Klage" ohne Vorankündigung und rückwirkend abgeschafft worden ist.

Mit seinem Urteil vom heutigen Tag stellt der Gerichtshof zunächst fest, dass die für "Woolwich-Klagen" festgelegte Verjährungsfrist von sechs Jahren, die mit dem Tag der Zahlung der nicht geschuldeten Steuern beginnt, als solche mit dem Grundsatz der Effektivität vereinbar ist, der die Anwendung von Vorschriften des nationalen Rechts verbietet, wenn diese geeignet sind, die Erstattung der unionsrechtswidrig erhobenen Steuern unmöglich zu machen oder übermäßig zu erschweren.

Weiter erinnert der Gerichtshof daran, dass dieser Grundsatz die rückwirkende Anwendung einer neuen Klagefrist, die kürzer als die früher geltende Frist ist, prinzipiell nicht verbietet, soweit diese Anwendung Klagen auf Erstattung von Steuern betrifft, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Frist noch nicht anhängig waren, sich aber auf Beträge beziehen, die während der Geltung der alten Frist gezahlt worden waren.

Die neuen nationalen Rechtsvorschriften müssen jedoch eine Übergangsregelung enthalten, die den Steuerpflichtigen eine ausreichende Frist einräumt, um nach Erlass der Regelung die Erstattungsansprüche geltend machen zu können, die sie unter der alten Regelung hätten geltend machen können. Eine solche Übergangsregelung ist erforderlich, wenn die sofortige Anwendung einer kürzeren Verjährungsfrist als der bis dahin geltenden auf diese Ansprüche manchen Steuerpflichtigen rückwirkend ihren Erstattungsanspruch nähme oder ihnen zu wenig Zeit für seine Geltendmachung ließe.

Folglich steht der Grundsatz der Effektivität einer nationalen Regelung entgegen, die rückwirkend und ohne Übergangsregelung die Frist verkürzt, in der die Erstattung von unionsrechtswidrig gezahlten Beträgen gefordert werden kann.

In diesem Zusammenhang weist der Gerichtshof darauf hin, dass die Tatsache, dass den Steuerpflichtigen zwei Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen, um rechtswidrig erhobene Steuern zurückzufordern, nicht zwangsläufig die negativen Folgen der Abschaffung eines dieser Rechtsbehelfe aufhebt.

Schließlich stellt der Gerichtshof aus denselben Gründen fest, dass die englische Vorschrift auch die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes verletzt.


1 Steuerverwaltung des Vereinigten Königreichs

2 Urteil des Gerichtshofs vom 8. März 2001, verbundene Rechtssachen Metallgesellschaft u. a. (C-397/98 und C-410/98 = SIS 01 06 62). Der Gerichtshof hat sich zu diesem Thema auch in den Urteilen vom 12. Dezember 2006 in den Rechtssachen C-374/04 und C-446/04 = SIS 07 03 01 geäußert und vom 13. November 2012 in der Rechtssache C-35/11 = SIS 12 33 75, vgl. Pressemitteilung Nr. 144/12.

HINWEIS: Im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens können die Gerichte der Mitgliedstaaten in einem bei ihnen anhängigen Rechtsstreit dem Gerichtshof Fragen nach der Auslegung des Unionsrechts oder nach der Gültigkeit einer Handlung der Union vorlegen. Der Gerichtshof entscheidet nicht über den nationalen Rechtsstreit. Es ist Sache des nationalen Gerichts, über die Rechtssache im Einklang mit der Entscheidung des Gerichtshofs zu entscheiden. Diese Entscheidung des Gerichtshofs bindet in gleicher Weise andere nationale Gerichte, die mit einem ähnlichen Problem befasst werden.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das den Gerichtshof nicht bindet.
Der Volltext des Urteils ist auf der Curia-Website veröffentlicht

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