Skip to main content
  • SIS-Datenbank Steuerrecht

    Kann Ihre Steuerrechts-Datenbank,
    was unsere SIS-Datenbank kann?

    • » Online und/oder Offline mit monatlicher Update-DVD
    • » Über 130.000 Urteile und Erlasse, durchgehend mit Leitsätzen
    • » Vollelektronische Handbücher ESt/LSt, KSt, GewSt, USt, AO

    » Einen Monat kostenlos testen

BFH: Tarifierung von Fischöl - Mindestgehalt an Triglyceriden

Welcher Mindestgehalt an Triglyceriden ist für die Einstufung einer Ware als "Fette und Öle" im Sinne von Position 1516 der Kombinierten Nomenklatur erforderlich, sofern sie im Übrigen überwiegend aus als Nebenprodukte einer Wiederveresterung entstandenen Mono- und Diglyceriden besteht?

KN Pos. 1516, Anm. 1 Buchst. c zu Kap. 15

BFH-Beschluss vom 19.5.2025, VII R 18/22 (veröffentlicht am 25.9.2025)

Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 23.3.2022, 4 K 1371/20 Z = SIS 22 14 77

I. Die Beteiligten streiten über die zolltarifliche Einreihung von aus der Republik Chile (Chile) eingeführtem Fischöl. Die streitgegenständlichen Waren, die aus mittels rohem Fischöl gewonnenen konzentrierten Omega-3-Fettsäuren herge­stellt wurden, bestanden je nach Artikel zu 60,5 % bis 83,7 % aus wiederver­esterten Triglyceriden. Die übrigen Bestandteile setzten sich überwiegend aus Mono- und Diglyceriden zusammen, die als Nebenprodukte der Wiedervereste­rung entstanden waren. Zusätzlich enthielten die Erzeugnisse etwa 0,28 % Vi­tamin E (Tocopherol) als Antioxidant. Die Erzeugnisse wurden nach der Ein­fuhr vorwiegend zu Nahrungsergänzungsmitteln weiterverarbeitet.

Die Klägerin und Revisionsklägerin meldete in den Jahren 2016 und 2017 die Waren unter der Codenummer 1516 10 90 10 1 mit dem Präferenzcode 300 und Unterlagencode N954 (Warenverkehrsbescheinigung EUR.1) zum zoll­rechtlich freien Verkehr an (Zollsatz: frei). Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Hauptzollamt ‑‑HZA‑‑) reihte die Waren hingegen in die Codenummer 2106 90 92 60 9 mit einem Präferenzzollsatz von 8,9 % (Chile) ein, da seiner Meinung nach Erzeugnisse mit einem Triglyceridgehalt von weniger als 85 % nicht in das Kapitel (Kap.) 15 der Kombinierten Nomenklatur (KN) fielen. Das Finanzgericht (FG) folgte in dem gegen die Einfuhrabgabenbescheide gerich­teten Klageverfahren dem HZA.

II. Der Senat setzt ‑‑nach Anhörung der Beteiligten, die insoweit keine Einwen­dungen erhoben haben‑‑ das bei ihm anhängige Revisionsverfahren aus (§ 121 Satz 1 in Verbindung mit § 74 der Finanzgerichtsordnung) und legt dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union folgende Frage zur Vorabent­scheidung vor:

Welcher Mindestgehalt an Triglyceriden ist für die Einstufung einer Ware als "Fette und Öle" im Sinne von Position (Pos.) 1516 KN erforderlich, sofern sie im Übrigen überwiegend aus als Nebenprodukte einer Wiederveresterung ent­standenen Mono- und Diglyceriden besteht?

III. Nach Auffassung des Senats kommt es für die Lösung des Streitfalls auf die folgenden Vorschriften des Unionsrechts an, an deren Auslegung für den Streitfall entscheidungserhebliche Zweifel bestehen.

Für das Jahr 2016 maßgeblich ist die KN in der Fassung (i.d.F.) der Durchfüh­rungsverordnung (EU) 2015/1754 der Kommission vom 06.10.2015 zur Ände­rung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (Amtsblatt der Europäischen Union ‑‑ABlEU‑‑ 2015, Nr. L 285, 1), und für das Jahr 2017 i.d.F. der Durchführungsverordnung (EU) 2016/1821 der Kommis­sion vom 06.10.2016 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur so­wie den Gemeinsamen Zolltarif (ABlEU 2016, Nr. L 294, 1).

Anzuwendendes Unionsrecht:

Allgemeine Vorschrift für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur (AV) 1:
[Für die Einreihung von Waren in die KN gelten folgende Grundsätze:]

Die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel sind nur Hinweise. Maßgebend für die Einreihung sind der Wortlaut der Positionen und der An­merkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und ‑‑soweit in den Positionen oder in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nichts anderes bestimmt ist‑‑ die nachstehenden Allgemeinen Vorschriften.
(…)

Pos. 1516 KN:
Tierische und pflanzliche Fette und Öle sowie deren Fraktionen, ganz oder teil­weise hydriert, umgeestert, wiederverestert oder elaidiniert, auch raffiniert, jedoch nicht weiterverarbeitet

Pos. 1517 KN:
Margarine; genießbare Mischungen und Zubereitungen von tierischen oder pflanzlichen Fetten und Ölen sowie von Fraktionen verschiedener Fette und Öle dieses Kapitels, ausgenommen genießbare Fette und Öle sowie deren Fraktio­nen der Position 1516

Pos. 2106 KN:
Lebensmittelzubereitungen, anderweit weder genannt noch inbegriffen

Anmerkung (Anm.) 1 Buchstabe (Buchst.) c zu Kap. 15 KN:

Zu Kapitel 15 gehören nicht:
(…)
Lebensmittelzubereitungen mit einem Gehalt an Erzeugnissen der Position 0405 von mehr als 15 GHT (im Allgemeinen Kapitel 21);
(…)

Erläuterungen zum Harmonisierten System (ErlHS):

Zu Kap. 15  
Mit Ausnahme von Walratöl und Jojobaöl sind tierische oder pflanzliche Fette und Öle Ester von Glycerin mit Fettsäuren, insbesondere Palmitin‑, Stearin- und Ölsäure. 14.0

Zu Pos. 1516
 
Zu dieser Position gehören tierische und pflanzliche Fette und Öle, die durch Verfahren der nachstehend genannten Art eine spezifische che­mische Umwandlung erfahren haben, jedoch nicht weiterverarbeitet wurden. 01.0
B) Umgeesterte, wiederveresterte oder elaidinierte Fette und Öle. 09.0
2) Wiederveresterte Fette und Öle (auch als verestert bezeichnet) sind Triglyceride, die durch direkte Synthese aus Glycerin und freien Fettsäu­ren oder Raffinationsfettsäuren gewonnen werden. Die Stellung der Fettsäurereste in den Triglyceriden ist unterschiedlich gegenüber derje­nigen, die üblicherweise in natürlichen Ölen vorgefunden wird. 11.0
Zu Pos. 1517  
Zu dieser Position gehören Margarine und andere genießbare Mischun­gen und Zubereitungen von tierischen oder pflanzlichen Fetten und Ölen sowie von Fraktionen verschiedener Fette und Öle dieses Kapitels, aus­genommen solche der Position 1516. Dies sind im Allgemeinen flüssige oder feste Mischungen und Zubereitungen von: 01.0
(…)  
Die Erzeugnisse dieser Position, deren Fette und Öle zuvor auch hydriert worden sein können, können durch Emulgieren (z.B. mit Magermilch), Kirnen, Texturieren (Änderung des Gefüges oder der kristallinen Struk­tur) usw. bearbeitet sein und geringe Zusätze von Lecithin, Stärke, Farbstoffen, Aromastoffen, Vitaminen und Butter oder anderen Fettstof­fen aus der Milch (in der durch die Anmerkung 1 c) zu Kapitel 15 gezo­genen Grenze) enthalten. 05.0

Einreihungsavis zum Harmonisierten System 02.0 zu Unterposition (Unterpos.) 1516 10 (Einreihungsavis 1), das der Ausschuss für das Harmonisierte System (HS) auf der 61. Tagung (März 2018) angenommen hat:

Ein Produkt, bestehend aus 90 % wieder veresterten Triglyceriden auf Basis von konzentrierten Omega-3-Fettsäuren EPA (Eicosapentaensäure) und DHA (Docosahexaensäure), das aus rohem Sardellenöl hergestellt wird. Die restli­chen 10 % des Produktes bestehen hauptsächlich aus Mono- und Diglyceriden. Das Produkt enthält EPA (400 mg/g) und DHA (300 mg/g). Dem Produkt wur­de Vitamin E (Tocopherol) als Antioxidant zugesetzt. Das rohe Sardellenöl hat folgende Verarbeitungsschritte durchlaufen: Entsäuerung, Ethylesterifizierung, Destillation, Filtration, Bleichen, Wiederveresterung und Desodorierung. Das Produkt wird in Fässern aufgemacht und bei der Herstellung von Nahrungser­gänzungsmitteln verwendet.

Durchführungsverordnung (EU) 2015/181 der Kommission vom 30.01.2015 zur Einreihung bestimmter Waren in die Kombinierte Nomenklatur ‑‑Durchfüh­rungsverordnung (EU) 2015/181‑‑ (ABlEU 2015, Nr. L 31, 1):

Art. 1
Die in Spalte 1 der Tabelle im Anhang beschriebenen Waren werden in die Kombi­nierte Nomenklatur unter den in Spalte 2 der Tabelle genannten KN-Code einge­reiht.


Anhang
Warenbezeichnung Einreihung
(KN-Code)
Begründung
(1) (2) (3)
Eine Ware in Form eines feinen, gelblich-weißen Pulvers, verpackt in 25-kg-Säcken, hergestellt aus hy­driertem Pflanzenöl mit zugefügten Mono- und Diglyceriden eines ande­ren Pflanzenöls. Die zugefügten Mo­no- und Diglyceride eines anderen Pflanzenöls haben einen Anteil von 10 GHT. Die Ware ist zur Verwendung als Emulgator in der Lebensmittelindus­trie aufgemacht. Der Tropfpunkt liegt bei 58 °C, und die Viskosität bei 68 °C beträgt we­niger als 1 Pa.s. 3404 90 00 Einreihung gemäß den Allge­meinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der Kombi­nierten Nomenklatur, Anmer­kung 5 zu Kapitel 34 und nach dem Wortlaut der KN-Codes 3404 und 3404 90 00 Eine Einreihung in Position 1516 ist ausgeschlossen, da weitere Inhaltsstoffe hinzuge­fügt sind (10 GHT Mono- und Diglyceride von Fettsäuren). Eine Einreihung in Position 1517 ist ebenfalls ausgeschlos­sen, da die Ware Eigenschaf­ten von Wachsen aufweist, die nicht unter die Position 1517 fallen. Die Ware ist ein durch ein che­misches Verfahren hergestell­tes organisches Erzeugnis mit den Eigenschaften von Wach­sen, das nicht wasserlöslich ist (siehe Anmerkung 5 zu Kapi­tel 34) und das auch die Krite­rien eines künstlichen Wachses (siehe auch die Erläuterungen zu Position 3404 des Harmoni­sierten Systems, insbesondere Buchstabe A) erfüllt. Die Ware ist daher in KN-Code 3404 90 00 als andere künstli­che Wachse und zubereitete Wachse einzureihen.

IV. Die rechtliche Würdigung des Streitfalls ist unionsrechtlich zweifelhaft. Für die Beurteilung des Streitfalls gelten folgende Grundsätze:

1. Nach ständiger EuGH-Rechtsprechung ist ‑‑vorbehaltlich der Anwendbarkeit einer Einreihungsverordnung‑‑ im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit das entscheidende Kriterium für die zolltarifliche Ein­reihung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaf­ten zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen der Kombinierten Nomenkla­tur und den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind. Die Erläuterungen sowohl zum Harmonisierten System als auch zur Kombinier­ten Nomenklatur sind demgegenüber zwar nicht verbindlich, aber wichtige Hilfsmittel, um eine einheitliche Anwendung des Gemeinsamen Zolltarifs zu gewährleisten. Sie können wertvolle Hinweise für dessen Auslegung liefern (EuGH-Urteil Mikrotīkls vom 20.10.2022 ‑ C‑542/21, EU:C:2022:814, Rz 22 f., m.w.N. aus der ständigen Rechtsprechung). Auch Avise der Weltzollorganisati­on, mit denen Waren in das HS eingereiht werden, liefern ‑‑obwohl sie recht­lich nicht verbindlich sind‑‑ wichtige Hinweise zur Auslegung der einzelnen KN-Positionen (EuGH-Urteil Golden Omega vom 12.12.2024 ‑ C‑388/23, EU:C:2024:1022, Rz 45).

2. Die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Einfuhrabgabenbescheide hängt von der Einreihung der streitgegenständlichen Waren ab.

Pos. 2106 KN erfasst nach ihrem ‑‑gemäß AV 1 vorrangig zu berücksichtigen­den‑‑ Wortlaut anderweit weder genannte noch inbegriffene Lebensmittelzube­reitungen. Eine Einreihung der fraglichen Waren in die ‑‑nach ihrem klaren Wortlaut für die Einreihung in Betracht kommende, aber subsidiäre‑‑ Pos. 2106 KN ist mithin nur zutreffend, wenn keine vorrangige Position ein­schlägig ist (EuGH-Urteil Swiss Caps vom 17.12.2009 ‑ C‑410/08 bis C‑412/08, EU:C:2009:794, Rz 31 und 33). Insofern hängt die Entscheidung im vorliegenden Streitfall davon ab, ob die Waren in die ‑‑vom Wortlaut grund­sätzlich in Betracht kommende‑‑ vorrangige Pos. 1516 KN eingereiht werden können.

Fette und Öle im Sinne von Kap. 15 KN sind ‑‑von bestimmten dort genannten Ausnahmen abgesehen‑‑ Ester von Glycerin mit Fettsäuren (ErlHS 14.0 zu Kap. 15). Grundsätzlich erfasst Pos. 1516 KN auch Triglyceride als wiederver­esterte Fette und Öle (ErlHS 11.0 zu Pos. 1516). Die vorliegend streitgegen­ständlichen Waren bestehen überwiegend, aber nicht rein aus solchen Trigly­ceriden (Anteil 60,5 % bis 83,7 %), und im Übrigen im Wesentlichen aus durch Wiederveresterung entstandenen Mono- und Diglyceriden. Daher stellt sich die Frage, ob es sich dennoch um "Fette und Öle" im Sinne der Pos. 1516 KN handelt.

3. Diese Frage ist bislang vom EuGH nicht entschieden worden und kann auch anhand der bereits vorliegenden Rechtsprechung des EuGH nicht zufrieden­stellend beantwortet werden, obgleich sich der EuGH bereits mit dem zolltarif­lichen Begriff der "Fette und Öle" in Pos. 1516 KN befasst hat. Der EuGH hat insofern ausgeführt, dass der Begriff "Fette und Öle" weder in der Kombinier­ten Nomenklatur noch in den dazu gegebenen Erläuterungen definiert ist (EuGH-Urteil Golden Omega vom 12.12.2024 ‑ C‑388/23, EU:C:2024:1022, Rz 33), jedoch nach allgemeinem Sprachgebrauch und den Erläuterungen zum Harmonisierten System durch einen dominierenden Glyceridgehalt (Ester von Glycerin mit Fettsäuren) gekennzeichnet sei. Das charakteristische Merkmal von Fetten und Ölen ist nach der Rechtsprechung des EuGH, dass sie ‑‑auch nach einem chemischen Verfahren der Wiederveresterung‑‑ hauptsächlich aus Estern von Glycerin mit Fettsäuren (Triglyceriden) bestehen (so EuGH-Urteil Golden Omega vom 12.12.2024 ‑ C‑388/23, EU:C:2024:1022, Rz 38 und 43). Ob Pos. 1516 KN nur Waren mit einem bestimmten Mindestgehalt an Trigly­ceriden erfasst, ist demgegenüber noch ungeklärt.

Das Einreihungsavis 1 ‑‑zu Unterpos. 1516 10‑‑ spricht zwar dafür, dass Pos. 1516 KN jedenfalls solche Produkte als "Fette und Öle" im dort genannten Sinne erfasst, die zu mindestens 90 % aus wiederveresterten Triglyceriden auf Basis von konzentrierten Omega-3-Fettsäuren und im Übrigen im Wesentli­chen aus Mono- und Diglyceriden bestehen. Diese Auslegungshilfe lässt indes keinen darunter liegenden Triglycerid-Grenzwert erkennen, ab dem Waren aus Pos. 1516 KN ausgewiesen sind. Die geringfügige Zugabe von Vitamin E (To­copherol) ist ausgehend von diesem Einreihungsavis allerdings als unschädlich für die Einreihung in Pos. 1516 KN zu betrachten.

4. Der vorlegende Senat neigt der Auffassung zu, dass Pos. 1516 KN derge­stalt auszulegen ist, dass der für Fette und Öle im Sinne dieser Position maß­gebliche Mindestgehalt an Triglyceriden die vom HZA herangezogenen und vom FG bestätigten 85 % betragen muss, sofern sich die Ware im Übrigen im Wesentlichen aus durch Wiederveresterung entstandenen Mono- und Diglyce­riden zusammensetzt.

a) Ausgehend von der oben genannten, auf den gewöhnlichen Sprachgebrauch abstellenden Rechtsprechung und gestützt durch die aufgeführten Erläuterun­gen zum Harmonisierten System sowie das zitierte Einreihungsavis 1 ist ge­klärt, dass Fette und Öle im Sinne der Pos. 1516 KN hauptsächlich aus Trigly­ceriden bestehen müssen, es für die Einreihung aber unschädlich ist, wenn sie im Übrigen auch Mono- und Diglyceride enthalten. Mono- und Diglyceride sind keine Fette und Öle, sondern lipidähnliche Verbindungen beziehungsweise Emulgatoren. Mono- und Diglyceride bilden zwar natürliche Inhaltsstoffe tieri­scher Fette, deren Hauptbestandteile sind aber Triglyceride. Der natürliche Tri­glyceridgehalt in tierischen Ölen und Fetten liegt in der Regel deutlich über 90 %. Insofern liegt es ausgehend vom üblichen Begriffsverständnis nahe, für Fette und Öle im Sinne der Pos. 1516 KN den Mindestgehalt an Triglyceriden in einer Größenordnung anzusetzen, der für natürliche Fette und Öle üblich ist. Der Ansatz, diesen Mindestgehalt an wiederveresterten Triglyceriden mit 85 % zu bemessen, wie sich dies auch analog hinsichtlich anderer Zusatzstoffe der Pos. 0405 KN aus der Anm. 1 Buchst. c zu Kap. 15 KN ergibt, liefert daher ein plausibles Auslegungsergebnis. Auch der Begriff der unschädlichen "geringen Zusätze" an Milchfetten in ErlHS 05.0 zu Pos. 1517 orientiert sich an dieser 15 %-Grenze.

Für diese Auslegung der Pos. 1516 KN könnte ferner die Durchführungsverord­nung (EU) 2015/181 sprechen. Denn danach führt die Erhöhung des Mono- und Diglyceridanteils durch Hinzufügung von 10 GHT Mono- und Diglyceriden zu einem Pflanzenöl zu einem Ausschluss aus Pos. 1516 KN.

b) Zweifel an der Auslegung der Pos. 1516 KN folgen aber aus dem Umstand, dass der Wortlaut der Anm. 1 Buchst. c zu Kap. 15 KN ausschließlich für Er­zeugnisse der Pos. 0405 KN gilt. Diese Anmerkung regelt, dass Lebensmittel­zubereitungen mit einem Anteil an Erzeugnissen der Pos. 0405 KN von mehr als 15 GHT nicht mehr unter Kap. 15 KN fallen, sondern im Allgemeinen zu Kap. 21 KN zählen. Erzeugnisse der Pos. 0405 KN umfassen Butter, andere Fettstoffe aus Milch sowie Milchstreichfette. Der dort festgelegte Schwellen­wert von 15 GHT gilt somit basierend auf dem Wortlaut eigentlich ausschließ­lich für diese speziellen Waren und nicht für die zulässige Zusammensetzung von Fetten und Ölen im Sinne der Pos. 1516 KN.

Auch die ErlHS 05.0 zu Pos. 1517 betrifft ausdrücklich Milchfette. Für andere Waren des Kap. 15 KN sind gerade keine gesetzlichen Schwellenwerte hin­sichtlich zulässiger Inhaltsstoffe ausdrücklich geregelt. Die Tatsache, dass ein konkreter Grenzwert speziell für Milchfette gezogen wurde, wirft die Frage auf, ob dieser Grenzwert auf andere Inhaltsstoffe übertragbar ist, obgleich für sie ein Grenzwert nicht generell normiert worden ist. Weder der Wortlaut der Pos. 1516 KN noch die vom Wortlaut einschlägigen Anmerkungen benennen eine Höchstgrenze an zulässigen Stoffen neben Triglyceriden. Zu beachten ist im Übrigen, dass der ‑‑gegenüber natürlichen Fetten und Ölen‑‑ vergleichswei­se hohe Anteil an Mono- und Diglyceriden im Streitfall auf die ‑‑für eine Einrei­hung in Pos. 1516 KN nach ErlHS 11.0 zu Pos. 1516 als Weiterverarbeitung unschädliche‑‑ Wiederveresterung zurückzuführen ist. Nach ErlHS 14.1 zu Pos. 1516 dürfen die in dieser Position erfassten Waren ansonsten nicht "wei­terverarbeitet" sein. Dies ist auch der Grund, weshalb im Streitfall allenfalls die Pos. 1516 KN und nicht die gegenüber der Pos. 1516 KN nachrangige Pos. 1517 KN für genießbare Zubereitungen von tierischen Fetten und Ölen einschlägig sein kann. Durch die bloße Wiederveresterung erhalten die Waren keinen Zubereitungscharakter; ebenso wenig durch die geringfügige Zugabe von Vitamin E (siehe oben).

c) Angesichts der dargelegten Zweifel an der Auslegung des Unionsrechts und der Notwendigkeit einer einheitlichen Anwendung der Kombinierten Nomenkla­tur in der gesamten Europäischen Union erscheint eine Klärung durch den EuGH erforderlich.

  • Bedienkomfort
  • Handbuecher
  • Google für Steuerprofis
  • Kanzleialltag
  • SIS & Agenda
  • So übersichtlich kann eine Datenbank sein.

    » MEHR

  • Jetzt das Geld für teuere Handbücher sparen!

    In der SIS-Datenbank sind sie bereits drin!

    » MEHR

  • Kennen Sie das "Google" für Steuerprofis?

    » MEHR

  • Alles, was den Kanzleialltag leichter macht.

    » MEHR

  • Zusatz-Vorteile mit Agenda-Software

    » MEHR