Skip to main content
  • SIS-Datenbank Steuerrecht

    Kann Ihre Steuerrechts-Datenbank,
    was unsere SIS-Datenbank kann?

    • » Online und/oder Offline mit monatlicher Update-DVD
    • » Über 130.000 Urteile und Erlasse, durchgehend mit Leitsätzen
    • » Vollelektronische Handbücher ESt/LSt, KSt, GewSt, USt, AO

    » Einen Monat kostenlos testen

BFH: Nacherhebung einer Zollschuld im Nachgang einer Erstattung

  1. Ein Einfuhrabgabenbescheid, mit dem Zoll erstattet wird, stellt eine begüns­tigende Entscheidung im Sinne von Art. 27 Abs. 1 und Art. 28 Abs. 1 des Zoll­kodex der Union (UZK) dar.
  2. Will die Zollbehörde im Nachgang der Erstattung eine Nacherhebung dersel­ben Zollschuld gemäß Art. 105 Abs. 4 UZK vornehmen, muss sie die begünsti­gende Entscheidung gemäß Art. 27 Abs. 1 UZK zurücknehmen oder gemäß Art. 28 Abs. 1 UZK widerrufen.
  3. Art. 116 Abs. 7 Unterabs. 1 UZK, welcher unter bestimmten Voraussetzun­gen das Wiederaufleben der Zollschuld anordnet, stellt keine die Art. 27 und 28 UZK verdrängende Vorschrift dar.

UZK Art. 27 Abs. 1, 2, Art. 28 Abs. 1, 3, Art. 101 Abs. 1, Art. 102 Abs. 3, Art. 103 Abs. 1, Art. 105 Abs. 4, Art. 116 Abs. 7
Durchführungsverordnung (EU) Nr. 430/2013 Art. 1 Abs. 1
Durchführungsverordnung (EU) 2019/262 Art. 1 Nr. 2
Verordnung (EU) Nr. 1071/2012 Erwägungsgrund 28
Verordnung (EU) 1225/2009 Art. 1, Art. 9 Abs. 4
AO § 124 Abs. 2

BFH-Urteil vom 24.6.2025, VII R 22/22 (veröffentlicht am 25.9.2025)

Vorinstanz: FG München vom 5.5.2022, 14 K 696/21 = SIS 22 12 18

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) beantragte mit Zollanmeldung vom 29.09.2016 beim Beklagten und Revisionskläger (Hauptzollamt ‑‑HZA‑‑) für "Schraubringe aus verformbarem Gusseisen mit Gewinde" aus der Volksre­publik China (China) mit der Codenummer 7307 19 10 10 0 die Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr. Das HZA entsprach dem Antrag und erhob mit Einfuhrabgabenbescheid vom 29.09.2016 Antidumpingzoll in Höhe von … € auf der Grundlage eines Zollwerts von … € und eines Zollsatzes von 57,8 %. Die Erhebung von Antidumpingzoll basierte auf der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 430/2013 des Rates vom 13.05.2013 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnah­mung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren von gegossenen Rohrformstü­cken, Rohrverschlussstücken und Rohrverbindungsstücken, mit Gewinde, aus verformbarem Gusseisen mit Ursprung in der Volksrepublik China und Thailand und zur Einstellung des Verfahrens gegenüber Indonesien (Amtsblatt der Euro­päischen Union ‑‑ABlEU‑‑ 2013, Nr. L 129, 1) ‑‑Durchführungsverordnung (EU) Nr. 430/2013‑‑, deren Art. 1 Abs. 1 in seiner ursprünglichen Fassung ei­nen endgültigen Antidumpingzoll auf die Einfuhr von Waren unter der Position des Integrierten Tarifs der Europäischen Union (TARIC-Code) 7307 19 10 10 anordnete. Die Festsetzung des Antidumpingzolls stand in Einklang mit einer der Klägerin bereits am xx.03.2013 erteilten verbindlichen Zolltarifauskunft (vZTA) des Hauptzollamts Y, welche eine Einreihung einer bestimmten Art der betroffenen Schraubringe in die Unterpos. 7307 19 10 der Kombinier­ten Nomenklatur (KN) vorsah. Im Anschluss an eine Zollprüfung setzte das HZA den Antidumpingzoll um … € auf … € herab.

Nachdem der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mit Urteil Profit Europe vom 12.07.2018 ‑ C‑397/17 und C‑398/17 (EU:C:2018:564) entschie­den hatte, dass Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungs­stücke aus Gusseisen mit Kugelgrafit in die Unterpos. 7307 19 90 KN einzurei­hen sind, widerrief das Hauptzollamt Y am xx.09.2018 die vZTA mit Wirkung ab dem 10.09.2018, dem Tag der Veröffentlichung des genannten EuGH-Urteils im Amtsblatt der Europäischen Union (ABlEU 2018, Nr. C 319, 11). Daraufhin beantragte die Klägerin am 26.09.2018 die Erstattung des Anti­dumpingzolls und gab an, die Einfuhrware sei aus Gusseisen mit Kugelgrafit (EN‑GJS 400‑15 beziehungsweise EN‑GJS 500‑7) gefertigt. Mit Einfuhrabga­benbescheid vom 01.10.2018 setzte das HZA den Antidumpingzoll auf 0 € he­rab und erstattete den bereits gezahlten Betrag in Höhe von … € ge­mäß Art. 117 i.V.m. Art. 116 Abs. 1 Buchst. a des Zollkodex der Union (UZK), da die eingeführte Ware in die Codenummer 7307 19 90 00 0 einzureihen sei.

Im Nachgang des EuGH-Urteils Profit Europe vom 12.07.2018 ‑ C‑397/17 und C‑398/17 (EU:C:2018:564) änderte die Europäische Kommission die Durch­führungsverordnung (EU) Nr. 430/2013 durch die Durchführungsverordnung (EU) 2019/262 vom 14.02.2019 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 430/2013 des Rates zur Einführung eines endgültigen Antidumping­zolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuh­ren von gegossenen Rohrformstücken, Rohrverschlussstücken und Rohrverbin­dungsstücken, mit Gewinde, aus verformbarem Gusseisen mit Ursprung in der Volksrepublik China und Thailand und zur Einstellung des Verfahrens gegen­über Indonesien (ABlEU 2019, Nr. L 44, 6) ‑‑Durchführungsverordnung (EU) 2019/262‑‑. Art. 1 Abs. 1 dieser geänderten Durchführungsverordnung legte nunmehr einen endgültigen Antidumpingzoll auf Rohrformstücke, Rohrver­schlussstücke und Rohrverbindungsstücke, mit Gewinde, aus Temperguss und aus Gusseisen mit Kugelgrafit mit den TARIC-Codes 7307 19 10 10 und 7307 19 90 10 fest. Das HZA gelangte nach nochmaliger Überprüfung zu der Auffassung, dass die Erstattung zu Unrecht gewährt worden sei und die ur­sprüngliche Zollschuld gemäß Art. 116 Abs. 7 UZK wieder auflebe. In einem Anhörungsschreiben vom 20.03.2019 führte es aus, die Durchführungsverord­nung (EU) Nr. 430/2013, geändert durch die Durchführungsverordnung (EU) 2019/262, erfasse bereits seit dem 15.05.2013 gegossene Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke unter anderem aus Guss­eisen mit Kugelgrafit als antidumpingzollpflichtig. Rückwirkend zum Inkraft­treten der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 430/2013 sei zudem ein neuer antidumpingzollpflichtiger TARIC-Code 7307 19 90 10 eingeführt worden. Die im Streitfall eingeführte Ware, die aus Gusseisen EN‑GJS 400‑15 beziehungs­weise EN‑GJS 500‑7 bestehe, sei in die Codenummer 7307 19 90 10 0 einzu­reihen. Mit Einfuhrabgabenbescheid vom 25.04.2019 verfügte das HZA eine Nacherhebung des zuvor erstatteten Antidumpingzolls in der vorgenannten Höhe.

Dagegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 21.05.2019 Einspruch ein. Zu­dem beantragte sie mit Schreiben vom 09.07.2019 eine Erstattung der nach­erhobenen Einfuhrabgaben gemäß Art. 116 Abs. 1, Art. 117 bis 120 UZK zu­züglich Zinsen in Höhe von 6 % pro anno. Auf einen mit Schreiben vom 20.03.2020 eingelegten Untätigkeitseinspruch erließ das HZA am 20.01.2021 einen Bescheid, mit dem es eine Erstattung des Antidumpingzolls nach Art. 119 UZK ablehnte. Dagegen legte die Klägerin ebenfalls Einspruch ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 12.03.2021 wies das HZA sowohl den Einspruch gegen den Einfuhrabgabenbescheid vom 25.04.2019 als auch den Einspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 20.01.2021 als unbegründet zurück.

Mit seiner dagegen vor dem Finanzgericht (FG) geführten Klage wandte sich die Klägerin im Wege der Anfechtungsklage gegen den Einfuhrabgabenbe­scheid vom 25.04.2019 und hilfsweise im Wege der Verpflichtungsklage ‑‑mit dem Begehren einer Erstattung des Antidumpingzolls ohne Zinsen‑‑ gegen den Ablehnungsbescheid vom 20.01.2021, jeweils in Gestalt der Einspruchsent­scheidung vom 12.03.2021.

Das FG hob mit Urteil vom 05.05.2022 ‑ 14 K 696/21 den Bescheid des HZA vom 25.04.2019 und die Einspruchsentscheidung vom 12.03.2021 auf. Zur Begründung führte es aus, die Nacherhebung ‑‑materiell-rechtlich gegebenen­falls zu Unrecht‑‑ erstatteter Abgaben komme nur dann in Betracht, wenn die der Nacherhebung entgegenstehende begünstigende Entscheidung über die Erstattung aufgehoben worden sei. Dies folge aus der Bindungswirkung des Erstattungsbescheids und aus der Systematik des Art. 27 UZK. Die Regelung in Art. 27 UZK werde nicht durch speziellere Vorschriften über die Rücknahme von Erstattungsentscheidungen verdrängt. Solche spezielleren Vorschriften seien nicht ersichtlich; insbesondere enthielten die Art. 116 ff. UZK keine Kor­rekturregelungen. Im Streitfall habe das HZA den Bescheid vom 01.10.2018 über die Erstattung des Antidumpingzolls jedoch nicht aufgehoben. Auch die behördliche Feststellung, dass die Erstattung zu Unrecht erfolgt sei und die Zollschuld wieder auflebe, ersetze die Rücknahme nicht. Im Übrigen lägen die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Erstattungsbescheids nach Art. 27 UZK auch nicht vor. Die Erstattungsentscheidung sei vorliegend nicht auf der Grundlage unrichtiger oder unvollständiger Informationen getroffen worden. Die Klägerin habe dem HZA alle für den Erstattungsantrag erforderlichen Un­terlagen vorgelegt. Eine nach der Erstattungsentscheidung geänderte Rechts­auffassung der Verwaltung rechtfertige eine Rücknahme nach Art. 27 UZK nicht.

Seine gegen das FG-Urteil eingelegte Revision begründet das HZA mit einer Verletzung materiellen Rechts. Für die Geltendmachung der nach Art. 116 Abs. 7 UZK wiederaufgelebten Zollschuld habe der Erstattungsbescheid vom 01.10.2018 nicht nach Art. 27 UZK zurückgenommen werden müssen (Dienst­vorschrift Erstattung und Erlass von Einfuhr- und Ausfuhrabgaben, Elektroni­sche Vorschriftensammlung der Bundesfinanzverwaltung ‑‑E‑VSF‑‑ Z 11 02 Abs. 700). Dies ergebe sich schon aus dem Wortlaut des Art. 116 Abs. 7 UZK, wonach die ursprüngliche Zollschuld "wieder auflebt", wenn die Zollbehörden die Erstattung oder den Erlass zu Unrecht gewährt haben. Die Feststellung der Zollbehörde, dass die Erstattung oder der Erlass zu Unrecht ergangen sei, ge­nüge für das Wiederaufleben der Zollschuld. Im Anschluss sei die Zollschuld nach Art. 101 UZK festzusetzen und nach Art. 102 UZK mitzuteilen. Art. 27 UZK finde keine Anwendung, da diese Vorschrift nicht die Nacherhebung von Einfuhrabgaben regele. Art. 27 UZK stelle, systematisch angeordnet in Titel I Kap. 2 Abschn. 3 des UZK, eine allgemeine Vorschrift "vor der Klammer" dar, die von den Spezialregelungen in Titel III Kap. 3 des UZK verdrängt werde. Durch diese Sichtweise werde auch der Grundsatz der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes nicht eingeschränkt. Vertrauensschutz könne durch die Irrtumsregelung nach Art. 119 UZK gewährt werden.

Das HZA beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Nach ihrer Auffassung beruht das angefochtene Urteil des FG nicht auf einer Verletzung des Art. 116 Abs. 7 UZK. Die Bindungswirkung des Erstattungsbe­scheids vom 01.10.2018 und die Systematik des Art. 27 UZK stünden dem an­gefochtenen Nacherhebungsbescheid vom 25.04.2019 entgegen.

Im Übrigen seien die Voraussetzungen eines Wiederauflebens der Zollschuld gemäß Art. 116 Abs. 7 UZK nicht erfüllt, da die Erstattung nicht zu Unrecht gewährt worden sei. Art. 1 Abs. 1 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 430/2013 sei unionsrechtswidrig, da er gegen den Grundsatz der Rechts­sicherheit als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts und gegen Art. 1 und 9 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates vom 30.11.2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemein­schaft gehörenden Ländern (ABlEU 2009, Nr. L 343, 51) ‑‑Verordnung (EG) Nr. 1225/2009‑‑ verstoße.

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Fi­nanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Die Vorentscheidung entspricht Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO).

1. Das FG hat zu Recht erkannt, dass der Nacherhebung des Antidumpingzolls eine vorherige begünstigende Entscheidung des HZA über die Erstattung ent­gegenstand.

Die Nacherhebung des Antidumpingzolls richtet sich im Streitfall nach den Vor­schriften des Zollkodex der Union, weil eine Zollanmeldung vom 29.09.2016 und damit ein Vorgang ab Mai 2016 streitgegenständlich ist (vgl. Art. 288 Abs. 2 UZK; Senatsurteil vom 19.10.2021 ‑ VII R 27/19, Rz 15) und Art. 1 Abs. 3 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 430/2013 die geltenden Zoll­vorschriften für anwendbar erklärt.

Art. 105 Abs. 4 UZK regelt, dass, wenn der zu entrichtende Einfuhr- oder Aus­fuhrabgabenbetrag nicht buchmäßig erfasst oder mit einem geringeren Betrag als dem zu entrichtenden Betrag festgesetzt und buchmäßig erfasst wurde, der zu entrichtende Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbetrag zu erheben bezie­hungsweise nachzuerheben ist. Gemäß Art. 102 Abs. 3 Unterabs. 1 UZK teilen die Zollbehörden dem Zollschuldner die Zollschuld mit, wenn sie in der Lage sind, den zu entrichtenden Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbetrag festzusetzen und eine Entscheidung darüber zu treffen.

Im Streitfall ist zwar eine Zollschuld durch Wiederaufleben gemäß Art. 116 Abs. 7 Unterabs. 1 UZK entstanden (dazu a). Jedoch steht der Nacherhebung gemäß Art. 105 Abs. 4 UZK eine vorherige begünstigende Entscheidung des HZA entgegen (dazu b).

a) Es ist zu einem Wiederaufleben der Antidumpingzollschuld gemäß Art. 116 Abs. 7 Unterabs. 1 UZK gekommen.

Haben die Zollbehörden die Erstattung oder den Erlass zu Unrecht gewährt, so lebt gemäß Art. 116 Abs. 7 Unterabs. 1 UZK die ursprüngliche Zollschuld wie­der auf, soweit sie nicht nach Art. 103 UZK verjährt ist. Gemäß Art. 116 Abs. 1 Unterabs. 1 UZK werden die Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbeträge unter den in diesem Abschnitt des Zollkodex der Union festgelegten Voraussetzungen aus jedem nachstehenden Grund erstattet oder erlassen. Zu den in Art. 116 Abs. 1 Unterabs. 1 UZK aufgeführten vier Gründen für die Erstattung oder den Erlass gehört unter anderem ein zu hoch bemessener Einfuhr- oder Ausfuhrab­gabenbetrag (Buchst. a). Nach Art. 117 Abs. 1 Alternative 1 UZK werden die Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbeträge erstattet oder erlassen, soweit der der ursprünglich mitgeteilten Zollschuld entsprechende Betrag den zu entrichten­den Betrag übersteigt. Erstattung ist gemäß Art. 5 Nr. 28 UZK die Rückzah­lung eines entrichteten Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbetrags.

aa) Im Streitfall hat das HZA zu Unrecht den streitgegenständlichen Anti­dumpingzoll mit Bescheid vom 01.10.2018 erstattet.

(1) Ursprünglich setzte das HZA mit Einfuhrabgabenbescheid vom 29.09.2016 Antidumpingzoll in Höhe von … € fest. Dieser Festsetzung lag die Zoll­anmeldung der Klägerin vom 29.09.2016 zugrunde, mit der sie die Überlas­sung zum zollrechtlich freien Verkehr von "Schraubringen aus verformbarem Gusseisen mit Gewinde" aus China mit der Codenummer 7307 19 10 10 0 be­antragt hatte. Art. 1 Abs. 1 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 430/2013 legte in seiner ursprünglichen Fassung einen endgültigen Antidumpingzoll auf die Einfuhr von Ware unter dem TARIC-Code 7307 19 10 10 fest.

(2) Die Erstattung dieses Antidumpingzolls mit dem Bescheid vom 01.10.2018 nach Art. 116 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. a UZK beruhte auf dem EuGH-Urteil Profit Europe vom 12.07.2018 ‑ C‑397/17 und C‑398/17 (EU:C:2018:564).

(a) Der EuGH hatte entschieden, dass Rohrform‑, Rohrverschluss- und Rohr­verbindungsstücke aus Gusseisen mit Kugelgrafit in die Unterpos. 7307 19 90 KN einzureihen sind. Dieser Entscheidung lag eine enge Auslegung des Begriffs des "verformbaren Gusseisens" im Sinne der Unterpos. 7307 19 10 KN ent­sprechend den Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur (ErlKN) zugrun­de. Nach ErlKN 05.1 zu Unterpos. 7307 19 10 ist "verformbares Gusseisen" ein "Zwischenerzeugnis zwischen Gusseisen mit Lamellengrafit und Stahlguss", das "sich leicht gießen" lässt und "nach entsprechender Wärmebehandlung fest und schmiedbar" wird (EuGH-Urteil Profit Europe vom 12.07.2018 ‑ C‑397/17 und C‑398/17, EU:C:2018:564, Rz 32). Das Adjektiv "verformbar" beschreibe, so der EuGH, nach gängiger Auffassung ein Material, das die Ei­genschaft habe, flacher zu werden und seine Oberfläche zu vergrößern, wenn es mit einem Hammer oder in einem Walzwerk zu Platten oder Blättern verar­beitet werde (EuGH-Urteil Profit Europe vom 12.07.2018 ‑ C‑397/17 und C‑398/17, EU:C:2018:564, Rz 40). Infolge dessen fasste der EuGH das ‑‑im dortigen Fall wie auch im vorliegenden Streitfall gegenständliche‑‑ Gusseisen mit Kugelgrafit nicht unter die Unterpos. 7307 19 10 KN, weil sich Gusseisen mit Kugelgrafit und "verformbares Gusseisen" sowohl in ihrer Zusammenset­zung als auch in der Art ihrer Herstellung unterschieden (EuGH-Urteil Profit Europe vom 12.07.2018 ‑ C‑397/17 und C‑398/17, EU:C:2018:564, Rz 45). Da sich aber andererseits Gusseisen mit Kugelgrafit unter Zugspannung und bis zu einem gewissen Grad auch unter Druckspannung deformieren ließe, war es nach Auffassung des EuGH auch nicht als "nicht verformbares Gusseisen" in die Unterpos. 7307 11 KN einzureihen (EuGH-Urteil Profit Europe vom 12.07.2018 ‑ C‑397/17 und C‑398/17, EU:C:2018:564, Rz 43 und 44). Es ver­blieb als Auffangposition die Unterpos. 7307 19 90 KN (EuGH-Urteil Profit Europe vom 12.07.2018 ‑ C‑397/17 und C‑398/17, EU:C:2018:564, Rz 52).

(b) Infolge dieser Rechtsprechung war im Streitfall die Einfuhrware, die nach dem Erstattungsantrag der Klägerin vom 26.09.2018 aus Gusseisen mit Kugel­grafit bestand, in die Unterpos. 7307 19 90 KN einzureihen. Damit war sie von Art. 1 Abs. 1 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 430/2013 in seiner ur­sprünglichen Fassung, der lediglich den TARIC-Code 7307 19 10 10 benannte, nicht erfasst. Nach dieser Fassung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 430/2013 fiel also kein Antidumpingzoll auf die Einfuhrware an.

(c) Die vZTA vom xx.03.2013, welche eine Einreihung einer bestimmten Art der betroffenen Schraubringe in die Unterpos. 7307 19 10 KN vorsah, stand dem nicht entgegen, da das Hauptzollamt Y die vZTA am xx.09.2018 mit Wirkung ab dem 10.09.2018 gemäß Art. 34 Abs. 7 UZK widerrufen hatte.

(3) Die Erstattung mit dem Bescheid vom 01.10.2018 erfolgte jedoch zu Un­recht.

(a) Art. 1 Abs. 1 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 430/2013 ist durch die Durchführungsverordnung (EU) 2019/262 in der Weise geändert worden, dass nunmehr ein endgültiger Antidumpingzoll auf die Einfuhren gegossener Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke, mit Ge­winde, aus Temperguss und aus Gusseisen mit Kugelgrafit mit den TARIC-Codes 7307 19 10 10 und 7307 19 90 10 festgelegt wurde.

(b) Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 430/2013 erfasste Waren mit dem TARIC-Code 7307 19 90 10 nach der Rechtsprechung des EuGH von Anfang an.

Zwar trat die Durchführungsverordnung (EU) 2019/262 vom 14.02.2019, wel­che Art. 1 Abs. 1 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 430/2013 änderte, nach Art. 2 der Durchführungsverordnung (EU) 2019/262 erst am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft, hier also erst nach dem Zeitpunkt der streitgegenständlichen Zollanmeldung vom 29.09.2016.

Jedoch hat der EuGH entschieden, dass die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 430/2013 in ihrer Fassung vor den Änderungen durch die Durchführungs­verordnung (EU) 2019/262 dahin auszulegen ist, dass die mit diesen Verord­nungen eingeführten Antidumpingzölle von Anfang an für gegossene Rohr­formstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke, mit Gewinde, aus Gusseisen mit Kugelgrafit mit Ursprung in China galten (EuGH-Urteil Profit Europe und Gosselin Forwarding Services vom 15.07.2021 ‑ C‑362/20, EU:C:2021:612, Rz 75 und 76). Dies hat der EuGH unter anderem damit be­gründet, dass bereits im Erwägungsgrund 28 der Verordnung (EU) Nr. 1071/2012 der Kommission vom 14.11.2012 zur Einführung eines vorläu­figen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von gegossenen Rohrformstücken, Rohrverschlussstücken und Rohrverbindungsstücken, mit Gewinde, aus ver­formbarem Gusseisen mit Ursprung in der Volksrepublik China und Thailand (ABlEU 2012, Nr. L 318, 10) ‑‑Verordnung (EU) Nr. 1071/2012‑‑ ausdrücklich klargestellt war, dass Rohrstücke mit Gewinde aus Gusseisen mit Kugelgrafit in den Anwendungsbereich des Verfahrens und der dort vorgesehenen Maß­nahmen fallen, da sie dieselben materiellen Eigenschaften aufweisen wie die von der Untersuchung betroffenen verformbaren Rohrstücke mit Gewinde (EuGH-Urteil Profit Europe und Gosselin Forwarding Services vom 15.07.2021 ‑ C‑362/20, EU:C:2021:612, Rz 61). Außerdem stehe fest, so der EuGH, dass es zum Zeitpunkt des Erlasses der vorläufigen Verordnung (EU) Nr. 1071/2012 und der endgültigen Durchführungsverordnung (EU) Nr. 430/2013 in der Erläuterung zur Unterpos. 7307 19 10 KN geheißen habe, dass der Begriff "verformbares Gusseisen" auch Gusseisen mit Kugelgrafit um­fasse. Daher habe der verfügende Teil der vorläufigen Verordnung (EU) Nr. 1071/2012 und der endgültigen Durchführungsverordnung (EU) Nr. 430/2013 von Anfang an die Einfuhren gegossener Rohrformstücke, Rohr­verschlussstücke und Rohrverbindungsstücke, mit Gewinde, aus verformbarem Gusseisen sowie solcher aus Gusseisen mit Kugelgrafit betroffen (EuGH-Urteil Profit Europe und Gosselin Forwarding Services vom 15.07.2021 ‑ C‑362/20, EU:C:2021:612, Rz 64 und 65).

(c) Da im Streitfall nach der Rechtsprechung des EuGH die Einfuhrware, die nach dem Erstattungsantrag der Klägerin vom 26.09.2018 aus Gusseisen mit Kugelgrafit bestand, in die Unterpos. 7307 19 90 KN einzureihen war, unterlag sie infolge der Änderung des Art. 1 Abs. 1 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 430/2013 durch die Durchführungsverordnung (EU) 2019/262 von Anfang an dem Antidumpingzoll.

(d) Vor dem Hintergrund der zitierten Rechtsprechung des EuGH kann die Klä­gerin nicht mit Erfolg einwenden, Art. 1 Abs. 1 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 430/2013 sei unionsrechtswidrig, da er gegen den unionsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit verstoße. Ebenso liegt ein Verstoß gegen Art. 1 und 9 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 nicht vor. Denn in einer wei­teren Entscheidung des EuGH hat dessen Prüfung ergeben, dass nichts vor­liegt, was die Gültigkeit der genannten Antidumpingverordnungen im Hinblick auf die Art. 1, 5, 6 und 9 der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 beeinträchtigen könnte (EuGH-Urteil Profit Europe und Gosselin Forwarding Services vom 21.11.2024 ‑ C‑719/22, EU:C:2024:978, Rz 57).

bb) Die Zollschuld war auch nicht nach Art. 116 Abs. 7 Unterabs. 1 i.V.m. Art. 103 Abs. 1 UZK verjährt, da die Verjährungsfrist von drei Jahren, begin­nend ab dem Tag der streitgegenständlichen Zollanmeldung vom 29.09.2016, im Zeitpunkt des Ergehens des angefochtenen Bescheids vom 25.04.2019 nicht abgelaufen war. Auf die dabei zudem zu berücksichtigende Aussetzung der Frist nach Art. 103 Abs. 4 UZK kommt es daher in diesem Zusammenhang nicht an.

cc) Als Rechtsfolge der unrechtmäßigen Erstattung ordnet Art. 116 Abs. 7 Unterabs. 1 UZK ein Wiederaufleben der ursprünglichen Zollschuld an.

b) Jedoch war das HZA verfahrensrechtlich am Erlass des angefochtenen Ein­fuhrabgabenbescheids vom 25.04.2019 gehindert, da der Nacherhebung die vorherige begünstigende Entscheidung des HZA vom 01.10.2018 über die Er­stattung entgegenstand.

Gemäß Art. 27 Abs. 1 UZK haben die Zollbehörden eine den Inhaber der Ent­scheidung begünstigende Entscheidung unter bestimmten Voraussetzungen zurückzunehmen. Der Inhaber der Entscheidung wird gemäß Art. 27 Abs. 2 UZK von der Rücknahme der Entscheidung unterrichtet. Nach Art. 28 Abs. 1 UZK ist eine begünstigende Entscheidung außer in den Fällen des Art. 27 UZK unter bestimmten anderen Voraussetzungen zu widerrufen oder abzuändern. Der Inhaber der Entscheidung wird gemäß Art. 28 Abs. 3 UZK auch davon un­terrichtet.

Im Streitfall handelt es sich bei dem Einfuhrabgabenbescheid vom 01.10.2018, mit dem das HZA den Antidumpingzoll auf 0 € festgesetzt und den bereits ge­zahlten Betrag von … € erstattet hat, um eine begünstigende Ent­scheidung (dazu aa). Das HZA hat diese begünstigende Entscheidung jedoch nicht zurückgenommen oder widerrufen (dazu bb).

aa) Bei dem Einfuhrabgabenbescheid vom 01.10.2018 handelt es sich um eine begünstigende Entscheidung im Sinne von Art. 27 Abs. 1 und Art. 28 Abs. 1 UZK.

(1) Gemäß Art. 5 Nr. 39 UZK ist "Entscheidung" eine Handlung der Zollbehör­den auf dem Gebiet des Zollrechts zur Regelung eines Einzelfalls mit Rechts­wirkung für die betreffende Person oder die betreffenden Personen.

Bei der Erstattung von Antidumpingzoll nach Art. 116 Abs. 1 Buchst. a i.V.m. Art. 117 UZK handelt es sich um eine Entscheidung in diesem Sinne, weil die Zollbehörden dadurch die Antidumpingzollschuld in einem Einzelfall herabset­zen und den zu viel entrichteten Betrag an den Schuldner des Antidumping­zolls zurückzahlen.

(2) Im Schrifttum wird daher zu Recht die Auffassung vertreten, bei dem Er­lass oder der Erstattung von Einfuhrabgaben nach Art. 116 UZK handle es sich um eine begünstigende Entscheidung, die den Vorschriften der Art. 27 und 28 UZK unterliege (Roth in Dorsch, Zollrecht, Art. 27 UZK Rz 13 und Art. 28 UZK Rz 7; Schoenfeld in Krenzler/Herrmann/Niestedt, EU-Außenwirtschafts- und Zollrecht, Art. 27 UZK Rz 9 und Art. 28 UZK Rz 4).

Der teilweise von der finanzgerichtlichen Rechtsprechung (FG Düsseldorf, Ur­teil vom 29.11.2023 ‑ 4 K 992/23 Z, Rz 39; FG Hamburg, Beschluss vom 17.11.2015 ‑ 4 V 121/15, Rz 20, zu Art. 8 des Zollkodex) und von der Verwal­tung (Dienstvorschrift Erstattung und Erlass von Einfuhr- und Ausfuhrabgaben, E‑VSF Z 11 02 Abs. 700) vertretenen Gegenauffassung, wonach die frühere Erstattung einer Festsetzung der nachträglich buchmäßig erfassten Zollschuld nicht entgegenstehe und eine Rücknahme der Erstattungsentscheidung nicht erforderlich sei, folgt der Senat nicht. Soweit diese Auffassung ‑‑wie in Rz 40 des Urteils des FG Düsseldorf vom 29.11.2023 ‑ 4 K 992/23 Z‑‑ mit einem Hinweis auf den Senatsbeschluss vom 06.08.1996 ‑ VII B 35/96 (BFH/NV 1997, 207) begründet wird, trägt diese Begründung nicht. Die genannte Se­natsentscheidung ist zu nicht mehr anwendbaren Vorschriften des Gemein­schaftsrechts, nämlich der Verordnung (EWG) Nr. 1679/79 des Rates vom 24.07.1979 betreffend die Nacherhebung von noch nicht vom Abgabenschuld­ner angeforderten Eingangs- oder Ausfuhrabgaben für Waren, die zu einem Zollverfahren angemeldet worden sind, das die Verpflichtung zur Zahlung der­artiger Abgaben beinhaltet ‑‑Nacherhebungsverordnung‑‑ (Amtsblatt der Eu­ropäischen Gemeinschaften 1979, Nr. L 197, 1), ergangen. Weiterhin lässt sich die genannte Gegenauffassung auch nicht damit begründen, das Wiederaufle­ben der Zollschuld gemäß Art. 116 Abs. 7 Unterabs. 1 UZK bewirke, dass et­waig zuvor ergangene Erstattungsbescheide sich auf andere Weise im Sinne von § 124 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) erledigten (so FG Düsseldorf, Ur­teil vom 29.11.2023 ‑ 4 K 992/23 Z, Rz 41). Denn da die Abgabenordnung ge­mäß § 1 Abs. 1 Satz 2 AO nur vorbehaltlich des Rechts der Europäischen Uni­on anwendbar ist, vermag § 124 AO nicht die Regelung der Art. 27 und 28 UZK zu verdrängen (vgl. Klein/Gersch, AO, 18. Aufl., § 1 Rz 15).

(3) Die Anwendung der Art. 27 und 28 UZK auf die Erstattung oder den Erlass von Einfuhrabgaben nach Art. 116 UZK ist ‑‑entgegen der Auffassung des HZA‑‑ auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Vorschriften über die Erhe­bung, Entrichtung, Erstattung und Erlass nach Titel III Kap. 3 des UZK (Art. 101 ff. UZK) speziellere Vorschriften enthalten und die Anwendung der Art. 27 und 28 UZK verdrängen würden (so aber Witte/K. Witte, Zollkodex der Union, 9. Aufl., Vorbemerkungen zu Art. 27 und 28 Rz 3). Art. 116 und 117 UZK ist vielmehr nicht zu entnehmen, dass sie die genannten allgemeinen Vor­schriften verdrängten; insbesondere stellt Art. 116 Abs. 7 Unterabs. 1 UZK, welcher unter bestimmten Voraussetzungen das Wiederaufleben der Zollschuld anordnet, keine die Art. 27 und 28 UZK verdrängende Vorschrift dar.

(a) Der Zollkodex der Union unterscheidet strikt zwischen der Entstehung der Zollschuld (Titel III Kap. 1) und der Festsetzung, Mitteilung und buchmäßigen Erfassung der Zollschuld (Titel III Kap. 3 Abschn. 1). In der Systematik des Zollkodex der Union ist daher zu unterscheiden zwischen der Entstehung einer Zollschuld einerseits und deren (Nach‑)Erhebung andererseits (zu dieser Un­terscheidung vgl. etwa EuGH-Urteil Autoridade Tributária e Aduaneira vom 04.10.2024 ‑ C‑412/22, EU:C:2024:855, Rz 40; vgl. auch Senatsurteil vom 21.11.2023 ‑ VII R 10/21, BFHE 283, 117, Rz 36). Die Zollschuld entsteht ins­besondere durch die Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr nach Art. 77 Abs. 1 Buchst. a UZK. Die (Nach‑)Erhebung hingegen ist in Art. 101 ff. UZK geregelt. Sie erfolgt durch Festsetzung, Mitteilung der Zollschuld und buchmä­ßige Erfassung.

(b) Art. 116 Abs. 7 Unterabs. 1 UZK regelt nach seinem Wortlaut lediglich das Wiederaufleben der Zollschuld nach einer Erstattung oder einem Erlass. Syste­matisch handelt es sich damit um eine Vorschrift, die eine Regelung über die Entstehung der Zollschuld ‑‑nach deren Erlöschen gemäß Art. 124 Abs. 1 Buchst. b UZK‑‑ enthält. Die (Nach‑)Erhebung der Zollschuld durch Festset­zung, Mitteilung der Zollschuld und buchmäßige Erfassung ist demgegenüber in Art. 116 Abs. 7 Unterabs. 1 UZK nach seinem klaren Wortlaut nicht gere­gelt.

Daraus ist zu schließen, dass für die (Nach‑)Erhebung der wiederaufgelebten Zollschuld nicht Art. 116 Abs. 7 Unterabs. 1 UZK maßgeblich ist, sondern Art. 101 ff. UZK, namentlich Art. 105 Abs. 4, Art. 102 Abs. 3 Unterabs. 1 UZK. Diese Vorschriften enthalten aber keine Regelung dazu, wie mit einer der Nacherhebung entgegenstehenden vorherigen Erstattungsentscheidung zu verfahren ist. Dazu bedarf es folglich der Regelungen in Art. 27 und 28 UZK, die mangels speziellerer Bestimmungen in Art. 101 ff. UZK nicht verdrängt werden (vgl. auch EuGH-Urteil Celní jednatelství Zelinka vom 30.04.2025 ‑ C‑330/24, EU:C:2025:296, Rz 24 und 25).

(c) Insofern unterscheidet sich der vorliegende Streitfall von der Konstellation einer bloßen Nacherhebung von zuvor zu niedrig festgesetzten Einfuhrabga­ben. In dieser Konstellation setzt die Nacherhebung nicht die Rücknahme einer vorherigen zu niedrigen Abgabenfestsetzung voraus, da dieser Fall durch Art. 105 Abs. 4, Art. 102 Abs. 3 Unterabs. 1 UZK abschließend geregelt wird (Roth in Dorsch, Zollrecht, Art. 27 UZK Rz 5; Schoenfeld in Krenzler/Herrmann/ Niestedt, EU-Außenwirtschafts- und Zollrecht, Art. 27 UZK Rz 10; Witte/K. Witte, Zollkodex der Union, 9. Aufl., Vorbemerkungen zu Art. 27 und 28 Rz 3).

Dementsprechend hat der erkennende Senat bereits entschieden, dass die Vorschriften der §§ 130, 131 AO und der Art. 27, 28 UZK einer Nacherhebung nicht entgegenstehen, wenn ein Einführer eine Steuerbefreiung beantragt hat (im dortigen Streitfall: Einfuhrumsatzsteuer von 0 €), die Steuerbefreiung im Einfuhrabgabenbescheid gewährt wird, aber später korrigiert werden muss (Senatsurteil vom 21.11.2023 ‑ VII R 10/21, BFHE 283, 117, Rz 39 ff.). Diese Konstellation ist jedoch nicht vergleichbar mit dem vorliegenden Streitfall.

bb) Das HZA hat die begünstigende Entscheidung, den Einfuhrabgabenbe­scheid vom 01.10.2018, nicht zurückgenommen oder widerrufen.

(1) Weder hat das HZA im Vorfeld des angefochtenen Einfuhrabgabenbe­scheids vom 25.04.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.03.2021 noch zeitgleich mit dem Ergehen dieses Bescheids die vorherige begünstigende Entscheidung zurückgenommen oder widerrufen.

(2) Der angefochtene Nacherhebungsbescheid enthielt auch nicht implizit eine Rücknahme oder einen Widerruf der Erstattung. Denn gemäß Art. 27 Abs. 2 UZK ist der Inhaber der Entscheidung von der Rücknahme der Entscheidung zu unterrichten. Dasselbe gilt gemäß Art. 28 Abs. 3 UZK für den Widerruf. Im Streitfall ist die Klägerin jedoch nicht entsprechend unterrichtet worden. Der Einfuhrabgabenbescheid vom 25.04.2019 enthielt lediglich die Festsetzung des streitigen Nacherhebungsbetrags sowie die Begründung, warum die Abgaben entstanden waren. Eine Mitteilung über eine Rücknahme oder einen Widerruf der vorherigen begünstigenden Entscheidung war dem Bescheid jedoch nicht, auch nicht sinngemäß zu entnehmen.

2. Die Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheids vom 20.01.2021 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.03.2021, mit dem die Klägerin lediglich hilfsweise einen Anspruch auf Erstattung des Antidumpingzolls geltend ge­macht hat, kann vor diesem Hintergrund dahinstehen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

  • Bedienkomfort
  • Handbuecher
  • Google für Steuerprofis
  • Kanzleialltag
  • SIS & Agenda
  • So übersichtlich kann eine Datenbank sein.

    » MEHR

  • Jetzt das Geld für teuere Handbücher sparen!

    In der SIS-Datenbank sind sie bereits drin!

    » MEHR

  • Kennen Sie das "Google" für Steuerprofis?

    » MEHR

  • Alles, was den Kanzleialltag leichter macht.

    » MEHR

  • Zusatz-Vorteile mit Agenda-Software

    » MEHR