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BFH: Anwendung der Steuerbegünstigung des § 13a ErbStG auf einen fiktiven Nießbrauch nach § 29 Abs. 2 ErbStG

Die schenkweise Einräumung einer Unterbeteiligung an einer KG, durch die der Beschenkte die Stellung eines Mitunternehmers erlangt, ist auch dann nach § 13a Abs. 4 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes i.d.F. bis 31.12.2008 (ErbStG) begünstigt, wenn der Beschenkte nach einem Wider­ruf der Schenkung für den Zeitraum, für den ihm die Nutzungen des zugewen­deten Vermögens zugestanden haben, nach § 29 Abs. 2 ErbStG wie ein Nieß­braucher zu behandeln ist.

ErbStG § 13a, § 29 Abs. 2

BFH-Urteil vom 19.3.2025, II R 34/22 (veröffentlicht am 31.7.2025)

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg vom 11.5.2022, 7 K 1550/20 = SIS 23 07 13

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Gesellschafter der … AG & Co. KG (A KG), der … GmbH & Co. KG (B KG) und der … mbH & Co. KG (C KG).

An seinen Beteiligungen an den vorgenannten Gesellschaften räumte der Klä­ger mit notariellen Schenkungsverträgen vom …2004 seiner am … geboren Tochter … (T) eine Unterbeteiligung in Höhe von je­weils 30 % ein. Die Einräumung der Unterbeteiligungen erfolgte unentgeltlich unter Anrechnung auf den gesetzlichen Erbteil der T. Die Schenkungsteuer sollte der Kläger als Schenker tragen.

Der Kläger behielt sich in § 1 Ziff. 3 der Schenkungsverträge ein Widerrufs­recht unter anderem für den Fall vor, dass ihm nach Vertragsschluss ein wei­terer oder mehrere weitere leibliche eheliche Abkömmlinge geboren werden oder Änderungen des Erbschaftsteuergesetzes oder des Bewertungsgesetzes verabschiedet werden, die zu einer gänzlichen oder teilweisen unmittelbaren oder mittelbaren geringeren Belastung der Vermögensübertragung führen.

Nach § 2 der Schenkungsverträge war die Unterbeteiligte an dem laufenden Gewinn- beziehungsweise Verlustanteil des Hauptbeteiligten entsprechend ih­rer Unterbeteiligungsquote beteiligt. Die Entnahmerechte des Hauptbeteiligten sollten entsprechend für die Unterbeteiligte gelten. Nach § 3 der Schenkungs­verträge standen der Unterbeteiligten im Verhältnis zum Hauptbeteiligten die­jenigen Kontrollrechte zu, die nach dem Gesellschaftsvertrag der einzelnen Gesellschaften und den ergänzenden gesetzlichen Regelungen dem Komman­ditisten vorbehalten sind.

Die Unterbeteiligung wurde für die Dauer der Beteiligung des Hauptbeteiligten vereinbart (§ 5 der Schenkungsverträge). Bei Ausscheiden des Hauptbeteilig­ten aus der Gesellschaft, bei deren Auflösung oder bei Veräußerung der Betei­ligung durch den Hauptbeteiligten war die Unterbeteiligte im Innenverhältnis an dem Auseinandersetzungsguthaben des Hauptbeteiligten beziehungsweise an dessen Anteil am Liquidationserlös beziehungsweise an dem erzielten Ver­äußerungserlös in Höhe ihrer Unterbeteiligungsquoten beteiligt.

Am 04.04.2005 reichte der Kläger die Schenkungsteuererklärungen beim da­mals zuständigen Finanzamt (FA X) ein. Hierbei erklärte er, dass für die Zuwendung an T der Freibetrag nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes i.d.F. bis 31.12.2008 (ErbStG) in Höhe von 225.000 € in Anspruch genommen werde, da keine weiteren Erwerber bedacht worden seien.

Mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Bescheid vom 29.04.2005 setzte das FA X für den Erwerb der Un­terbeteiligungen Schenkungsteuer in Höhe von … € fest. Als Steuer­wert der freigebigen Zuwendung legte es einen Wert des übertragenen Vermö­gens in Höhe von … € (A KG: … €, B KG: … €, C KG: … €) zugrunde. Bei der Festsetzung der Schenkungsteuer berücksichtigte es den Freibetrag in Höhe von 225.000 € ge­mäß § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ErbStG sowie einen Abschlag gemäß § 13a Abs. 2 ErbStG in Höhe von … €.

Nachdem der Kläger den Wert des Betriebsvermögens auf den Stichtag der Schenkung neu ermittelt hatte, setzte das FA X die Schenkungsteuer mit Bescheid vom 23.05.2006 auf … € herauf. Den Steuerwert der freigebigen Zuwendung legte es mit … € (A KG: … €, B KG: … €, C KG: … €) zu­grunde. Es gewährte weiterhin den Freibetrag nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ErbStG sowie den verminderten Wertansatz nach § 13a Abs. 2 ErbStG.

Am …2009 erklärte der Kläger im Hinblick auf das am 01.01.2009 in Kraft getretene Erbschaftsteuerreformgesetz vom 24.12.2008 (BGBl I 2008, 3018, BStBl I 2009, 140) gegenüber T den Widerruf der Schenkung von 95 % der Unterbeteiligung an der A KG. Am …2011 schloss er mit T eine Ver­einbarung über die Rückübertragung der Unterbeteiligung. Darin heißt es un­ter anderem wie folgt:

"A. Präambel

(…)

2. Der HAUPTBETEILIGTE hat mit einer Erklärung vom …2009 (…) von seinem Widerrufsrecht (…) in der im folgenden angegebenen Höhe Ge­brauch gemacht. (…)

Der WIDERRUF bezog sich ausdrücklich nicht auf die Gewinnanteile, Zinsen und sonstigen Nutzungen, die bis zur Rückübertragung bezüglich des durch den WIDERRUF betroffenen Anteils an der Unterbeteiligung entstanden sind bzw. entstehen werden. (…)

4. Der auf Grund des WIDERRUFS (…) bestehende Anspruch auf Rückübertra­gung ist bisher nicht geltend gemacht worden. Nunmehr soll die Rückübertra­gung jedoch mit Wirkung zum …2011 vollzogen werden. Die Par­teien vereinbaren daher was folgt:

B. Rückübertragung einer Unterbeteiligung

1. Der HAUPTBETEILIGTE macht nunmehr seinen aufgrund des WIDERRUFS bestehenden Rückübertragungsanspruch in voller Höhe mit Wirkung zum …2011 (nachfolgend der "STICHTAG") geltend.

2. Die UNTERBETEILIGTE überträgt mit schuldrechtlicher Wirkung zum STICH­TAG von ihrem Guthaben auf den für sie auf Grund ihrer Unterbeteiligung an der [A KG] vom HAUPTBETEILIGTEN geführten Kapitalkonten (…) die im folgen­den genannten Beträge und alle damit verbundenen Rechte und Pflichten auf den HAUPTBETEILIGTEN. (…)

3. Die Gewinnanteile, Zinsen und sonstigen Nutzungen, die bis zur Rücküber­tragung bezüglich des durch den WIDERRUF betroffenen Anteils an der Unter­beteiligung bis zum STICHTAG entstanden sind, verbleiben der UNTERBETEI­LIGTEN. (…)"

Aufgrund der Vereinbarung vom …2011 setzte das FA X mit Bescheid vom 21.12.2011 die Schenkungsteuer auf … € herab. Dabei legte es an T übertragene Vermögenswerte in Höhe von … € (A KG (5 %): … €, B KG: … €, C KG: … €) zugrunde. Die bis zur Rückübertragung aus der Unterbeteiligung an der A KG von T gezogenen Nutzungen behandelte es gemäß § 29 Abs. 2 ErbStG als Nießbrauch an 95 % der Anteile an der A KG und setzte hierfür einen Wert in Höhe von … € an.

Mit Schreiben vom 23.06.2014 teilte der Kläger dem FA X mit, dass er sein Widerrufsrecht mit notariell beurkundetem Vertrag vom …2011 auch hinsichtlich der geschenkten Unterbeteiligungen an der B KG und der C KG in Höhe von jeweils 30 % ausgeübt habe. In dem notariellen Vertrag vom …2011 heißt es unter anderem wie folgt:

"A. Präambel

(…)

(2) Gemäß (…) ist der HAUPTBETEILIGTE berechtigt, die Unterbeteiligung teil­weise zu widerrufen, wenn nach Vertragsschluss ein weiterer ehelicher Ab­kömmling geboren wird.

(3) Am … wurde eine weitere Tochter des HAUPTBETEILIGTEN, … [T2] geboren.

(…)

(5) Der HAUPTBETEILIGTE möchte von seinem unter A.(2) beschriebenen Recht Gebrauch machen, um anschließend [T2] im Vergleich jeweils zu ihren Geschwistern gleich hohe Unterbeteiligungen an den GESELLSCHAFTEN einzu­räumen. Die Parteien vereinbaren daher was folgt:

B. Widerruf von schenkweise eingeräumten Unterbeteiligungen gegenüber [T]

(1) Hiermit macht der HAUPTBETEILIGTE von seinem (…) Widerrufsrecht ge­genüber [T] mit Wirkung zum …2011 (…) hinsichtlich der Un­terbeteiligungen an den GESELLSCHAFTEN jeweils in der in der folgenden Ta­belle angegebenen Höhe Gebrauch (…).

(2) (…) Der Widerruf bezieht sich nicht auf die Zinsen, Gewinnanteile und sonstigen Nutzungen, die zwischenzeitlich bezüglich des jeweiligen durch den Widerruf betroffenen Anteils an den Unterbeteiligungen aufgelaufen sind bzw. gezogen worden sind (…)."

Aufgrund des notariell beurkundeten Vertrags vom …2011 setzte das FA X die Schenkungsteuer mit Bescheid vom 02.12.2014 auf … € herab. Für die Besteuerung legte es die auf T übergegangenen Vermögenswerte in Höhe von insgesamt … € zu­grunde. Für den Nießbrauch an den Gesellschaftsanteilen an der A KG, der B KG und der C KG versagte das FA X die Anwendung der Steuer­begünstigung des § 13a ErbStG. In den Erläu­terungen zum Bescheid vom 02.12.2014 führte es aus, durch den Widerruf der Schenkung durch den Kläger sei die Mitunternehmerstellung der T rückwirkend entfallen. Die Steuerbegünstigung des § 13a ErbStG könne daher für den Nießbrauch an den Gesellschaftsanteilen nicht mehr zur Anwendung kommen.

Gegen den Bescheid vom 02.12.2014 legte der Kläger am 29.12.2014 Ein­spruch ein.

Nach einer Außenprüfung durch den zwischenzeitlich zuständigen Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) wurde der Schenkungsteuerbescheid am 07.06.2019 aus vorliegend nicht streitigen Gründen erneut geändert und die Schenkungsteuer in Höhe von … € festgesetzt.

Mit Einspruchsentscheidung vom 27.05.2020 wies das FA den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück.

Die Klage vor dem Finanzgericht (FG) hatte Erfolg. Die Entscheidung des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2023, 403 veröffentlicht.

Das FG war der Auffassung, die Steuerbegünstigung des § 13a ErbStG sei auch in den Fällen zu gewähren, in denen der ehemals Beschenkte aufgrund eines Widerrufs der Schenkung durch den Schenker nach der Vorschrift des § 29 Abs. 2 ErbStG wie ein Nießbraucher behandelt werde, auch wenn es sich nicht um einen von Beginn an tatsächlich eingeräumten, sondern um einen kraft Gesetzes rückwirkenden fiktiven Nießbrauch handele. § 29 Abs. 2 ErbStG stelle keinen neuen Erwerbstatbestand dar, sondern ermögliche lediglich eine Kürzung des ursprünglichen Erwerbs in dem Umfang, in dem die ursprüngliche Bereicherung aufgrund des Widerrufs gemindert sei. Die Vorschrift führe dazu, dass der Beschenkte mit einem verminderten Wert bereichert bleibe und die ursprünglich entstandene Schenkungsteuer auf den verbleibenden Nutzungs­vorteil korrigiert werde.

Mit der gegen das FG-Urteil erhobenen Revision macht das FA die Verletzung materiellen Rechts geltend.

§ 29 Abs. 2 ErbStG stelle nicht eine bloße Wertermittlungsvorschrift, sondern einen eigenen Besteuerungstatbestand dar. Dies zeige sich darin, dass bis zum Zeitpunkt des Widerrufs durch den Kläger die von T gezogenen Nutzungen nicht der Besteuerung unterlegen hätten. Vielmehr sei bisher lediglich die An­teilsübertragung besteuert worden. Wenn nun die Nutzungen anstelle der An­teilsübertragung besteuert würden, könne es sich nur um einen neuen Besteu­erungstatbestand handeln. Der Besteuerungstatbestand der Anteilsübertra­gung existiere aufgrund des Widerrufs nicht mehr, weshalb auch die Steuerbe­günstigung nach § 13a ErbStG für diesen Besteuerungstatbestand nicht mehr gewährt werden könne.

Die Gewährung der Steuerbegünstigung nach § 13a ErbStG könne auch nicht mit der bis zur Herausgabe bestehenden Mitunternehmerschaft begründet werden. Diese Mitunternehmerschaft beruhe allein auf der tatsächlichen Stel­lung der T als unterbeteiligte Anteilseignerin. Da die Unterbeteiligung jedoch rückwirkend zum Schenkungsstichtag rückgängig gemacht worden sei, sei T als Erwerberin so zu stellen, als ob sie nie Unterbeteiligte und damit nie Mitunter­nehmerin gewesen sei. Damit werde T so behandelt, als ob ihr von vornherein nur die Gewinnanteile, Zinsen und sonstigen Nutzungen geschenkt worden wä­ren. Allein die Zuwendung einer zeitweiligen Gewinn- und Zinsbeteiligung be­gründe jedoch keine Mitunternehmerschaft. Der kraft Gesetzes fingierte (und damit "ungeplante") Nießbrauch könne nicht so ausgestaltet werden, dass der Nießbraucher ertragsteuerlich einem Mitunternehmer gleichzustellen sei.

Das FA beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Fi­nanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat zutreffend entschieden, dass im Streitfall die Steuerbegünstigung des § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2, Abs. 4 Nr. 1 ErbStG auf die von T bis zum Widerruf der Schenkung gezogenen Nut­zungen, die nach § 29 Abs. 2 ErbStG der Besteuerung zugrunde gelegt wur­den, zu gewähren ist.

1. Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Gewährung der Steuerbegünstigung des § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2, Abs. 4 Nr. 1 ErbStG im Zeitpunkt der Ausführung der Schenkungen an T vorla­gen.

a) Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ErbStG bleiben Betriebsvermö­gen, land- und forstwirtschaftliches Vermögen und Anteile an Kapitalgesell­schaften im Sinne des § 13a Abs. 4 ErbStG insgesamt bis zu einem Wert von 225.000 € beim Erwerb durch Schenkung unter Lebenden außer Ansatz, wenn der Schenker dem Finanzamt unwiderruflich erklärt, dass der Freibetrag für diese Schenkung in Anspruch genommen wird. Gemäß § 13a Abs. 2 ErbStG ist der nach Anwendung des Absatzes 1 verbleibende Wert des Vermögens im Sinne des Absatzes 4 mit 65 % anzusetzen. Der Freibetrag und der verminderte Wertan­satz gelten nach § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG unter anderem beim Erwerb eines Anteils an einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 (Satz 1) Nr. 2 und Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) oder eines Anteils daran.

b) Der in § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG verwendete Gesellschaftsbegriff ist, wie sich aus der Verweisung auf § 15 Abs. 1 (Satz 1) Nr. 2 und Abs. 3 EStG ergibt, nicht zivilrechtlich, sondern ertragsteuerrechtlich zu verstehen (BFH-Urteile vom 01.09.2011 ‑ II R 67/09, BFHE 239, 137, BStBl II 2013, 210, Rz 51 und vom 06.11.2019 ‑ II R 34/16, BFHE 267, 440, BStBl II 2020, 465, Rz 24). Der Erwerber einer Beteiligung an einer Personengesellschaft muss also aufgrund des Erwerbs Mitunternehmer geworden sein (BFH-Urteile vom 16.05.2013 ‑ II R 5/12, BFHE 241, 49, BStBl II 2013, 635, Rz 11 und vom 06.05.2015 ‑ II R 34/13, BFHE 250, 197, BStBl II 2015, 821, Rz 20). Mitunternehmer im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist, wer Mitunternehmerinitiative ent­falten kann und Mitunternehmerrisiko trägt. Mitunternehmerinitiative bedeutet Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen zumindest in dem Umfang der Stimm‑, Kontroll- und Widerspruchsrechte eines Kommanditisten nach den Re­gelungen des Handelsgesetzbuchs (HGB) oder der gesellschaftsrechtlichen Kontrollrechte nach § 716 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der bis zum 31.12.2023 geltenden Fassung. Mitunterneh­merrisiko bedeutet gesellschaftsrechtliche oder eine dieser wirtschaftlich ver­gleichbaren Teilhabe am Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens. Dieses Risi­ko wird regelmäßig durch die Beteiligung am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven des Anlagevermögens einschließlich des Geschäftswertes ver­mittelt (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25.06.1984 ‑ GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751 sowie BFH-Urteile vom 20.09.2018 ‑ IV R 39/11, BFHE 262, 393, BStBl II 2019, 131, Rz 22 und vom 06.11.2019 ‑ II R 34/16, BFHE 267, 440, BStBl II 2020, 465, Rz 26, m.w.N.). Für die Beurteilung, ob der Beschenkte mit der Übertragung der Be­teiligung Mitunternehmer geworden ist, ist der Zeitpunkt der Übertragung maßgeblich (BFH-Urteil vom 06.05.2015 ‑ II R 34/13, BFHE 250, 197, BStBl II 2015, 821, Rz 24).

c) Nach diesen Maßstäben ist das FG zu Recht davon ausgegangen, dass T durch den Erwerb der Unterbeteiligungen die Stellung einer Mitunternehmerin erlangte.

aa) Dass T Mitunternehmerrisiko trug, ergibt sich aus ihrer Beteiligung am lau­fenden Gewinn- beziehungsweise Verlustanteil des Klägers sowie im Falle der Auflösung der Gesellschaften an dessen Auseinandersetzungsguthaben bezie­hungsweise dessen Anteil am Liquidations- oder Veräußerungserlös (vgl. BFH-Urteil vom 09.10.2001 ‑ VIII R 77/98, BFHE 197, 43, BStBl II 2002, 460, un­ter II.3.a). T konnte auch Mitunternehmerinitiative entfalten. Denn ihr standen zumindest die Kontrollrechte zu, die denen eines Kommanditisten nach § 166 HGB entsprechen.

bb) Der Umstand, dass sich diese Kontrollrechte nach § 3 der Schenkungsver­träge nicht gegen die Hauptgesellschaft, sondern gegen den Kläger als Haupt­beteiligten richteten, ergibt sich aus den Besonderheiten der Unterbeteiligung und steht der Wertung als mitunternehmerische Beteiligung nicht entgegen (BFH-Urteil vom 27.01.1994 ‑ IV R 114/91, BFHE 174, 219, BStBl II 1994, 635, unter I.3.b; vgl. auch Urteil des Bundesgerichtshofs ‑‑BGH‑‑ vom 11.07.1968 ‑ II ZR 179/66, BGHZ 50, 316). § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG erfasst nach seinem Wortlaut ausdrücklich den Erwerb eines Anteils an einem Mitun­ternehmeranteil und bezieht damit auch eine Unterbeteiligung an einer Mitun­ternehmerschaft in die Begünstigung ein. Ebenfalls unerheblich ist, dass die Einräumung der Unterbeteiligungen zugunsten der T auf freigebigen Zuwen­dungen des Klägers beruhte. Eine mitunternehmerisch ausgestaltete Unterbe­teiligung eines minderjährigen Kindes an einem Gesellschaftsanteil des Vaters ist steuerrechtlich auch dann anzuerkennen, wenn die Unterbeteiligung dem Kind vom Vater geschenkt wurde (vgl. BFH-Urteile vom 27.01.1994 ‑ IV R 114/91, BFHE 174, 219, BStBl II 1994, 635, unter I.2. und vom 09.10.2001 ‑ VIII R 77/98, BFHE 197, 43, BStBl II 2002, 460, unter II.2.).

d) Der Kläger hat im Rahmen der Schenkungsteuererklärungen auch die für die Gewährung des Freibetrags erforderliche Erklärung als Schenker nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ErbStG abgegeben. Danach lagen im Zeitpunkt der Ausführungen der Schenkung die Voraussetzungen der Steuerbegünstigung nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2, Abs. 4 Nr. 1 ErbStG vor.

2. Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Steuerbegünstigung nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2, Abs. 4 Nr. 1 ErbStG sind, wie das FG zu Recht entschieden hat, nicht aufgrund des Widerrufs der Schenkung durch den Kläger entfallen. Die Steuerbegünstigung ist auch auf die Besteuerung nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 ErbStG anzuwenden, nach der nach dem Widerruf der Schenkung die beschenkte T für den Zeitraum, in dem ihr die Nutzungen des zugewendeten Vermögens zugestanden haben, wie ein Nieß­braucher zu behandeln und der dadurch erzielte Erwerb zu besteuern ist. Sie ist auch für diesen Zeitraum als Mitunternehmerin anzusehen.

a) Nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erlischt die Steuer mit Wirkung für die Ver­gangenheit, soweit ein Geschenk wegen eines Rückforderungsrechts herausge­geben werden muss. Auf welcher Grundlage dieses Rückforderungsrecht be­ruht, ist für die Anwendung der Norm ohne Bedeutung. Daher können nicht nur gesetzliche, sondern auch vertragliche Rückforderungsrechte bei Heraus­gabe des Geschenks zu einem Erlöschen der Steuer führen, sofern sie ihre Grundlage in dem ursprünglichen Vertragsschluss haben. § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist auch im Falle einer Schenkung unter benanntem Widerrufsvorbe­halt, wie sie im Streitfall vorliegt, anwendbar (vgl. z.B. Kepper in Kapp/Ebeling, § 29 ErbStG Rz 31; vgl. auch BFH-Urteil vom 13.09.1989 ‑ II R 67/86, BFHE 157, 572, BStBl II 1989, 1034).

b) In den Fällen, in denen die Schenkung aufgrund eines Rückforderungs­rechts nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG herausgegeben werden musste, ist der Erwerber gemäß § 29 Abs. 2 ErbStG für den Zeitraum, für den ihm die Nut­zungen des zugewendeten Vermögens zugestanden haben, wie ein Nießbrau­cher zu behandeln. Die Vorschrift sieht daher vor, dass die ursprüngliche Steu­er nicht erstattet wird, soweit dem Erwerber vor der Rückgabe Nutzungen zu­gestanden haben und diese ihm auch nach Herausgabe der Schenkung ver­bleiben.

c) Umstritten ist, wie die Besteuerung des Nutzungsvorteils nach § 29 Abs. 2 ErbStG in steuersystematischer Hinsicht einzuordnen ist. Teilweise wird vertre­ten, § 29 Abs. 2 ErbStG begründe eine neue Steuerpflicht für den Nutzungs­vorteil, die an die Stelle der ursprünglichen, nunmehr erloschenen Steuer­pflicht trete, weil der ursprüngliche Zuwendungsgegenstand kraft Gesetzes durch einen neuen Zuwendungsgegenstand "fiktiver Nießbrauch" ausgetauscht werde (Weinmann in Moench/Weinmann, § 29 ErbStG Rz 24; vgl. auch R E 29 Satz 3 und 4 der Erbschaftsteuer-Richtlinien 2019). Nach überwiegender Auf­fassung beinhaltet § 29 Abs. 2 ErbStG dagegen keine Regelung für einen neu­en Erwerbstatbestand in Gestalt eines fiktiven Nießbrauchs, sondern nur die Klarstellung, dass eine Erstattung der Steuer insoweit nicht in Betracht kommt, als dem Erwerber die Nutzungen des zugewendeten Vermögens zuge­standen haben und er somit bereichert bleibt. Die Vorschrift ordne lediglich ei­ne Beschränkung der ursprünglich steuerpflichtigen Schenkung auf den ver­bleibenden Nutzungsvorteil an. Der ursprüngliche Erwerb bestehe in den Fällen des § 29 Abs. 2 ErbStG in gemindertem Umfang weiter. Den Kürzungsbetrag der Steuer definiere der Gesetzgeber mittelbar über die Bestimmung, in wel­cher Form der Erwerber weiterhin als bereichert gelte (vgl. Hannes/Holtz in Meincke/Hannes/Holtz, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kom­mentar, 18. Aufl., § 29 Rz 25; Fischer in Fischer/Pahlke/Wachter, ErbStG, 8. Aufl., § 29 Rz 101; Reich in von Oertzen/Loose/Stalleiken, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, 3. Aufl., § 29 Rz 68; Jochum in Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, § 29 ErbStG Rz 75, Stand 11/2024; BeckOK ErbStG/Hinkers, 25. Ed. 2024, ErbStG § 29 Rz 61; Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 29 Rz 122; Kepper in Kapp/Ebeling, § 29 ErbStG Rz 62; Wälzholz in Viskorf/Schuck/Wälzholz, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 7. Aufl., § 29 ErbStG Rz 54; nun­mehr auch Weinmann in Moench/Weinmann, § 29 ErbStG Rz 24; vgl. auch Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 09.10.2008 ‑ 3 K 111/06, EFG 2009, 40; FG Düsseldorf, Urteil vom 30.11.2016 ‑ 4 K 3976/15 Erb, EFG 2017, 142).

d) Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an. Hierfür spre­chen der Wortlaut sowie die Entstehungsgeschichte der Norm ebenso wie de­ren Sinn und Zweck.

aa) § 29 Abs. 2 ErbStG sieht nach seinem Wortlaut eine Einschränkung der Rechtsfolge aus § 29 Abs. 1 ErbStG vor. Nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG er­lischt die ursprünglich entstandene Steuer mit Wirkung für die Vergangenheit, soweit das Geschenk herausgegeben werden musste. Nach § 29 Abs. 2 ErbStG ist der Erwerber für den Zeitraum, für den ihm die Nutzungen des zugewende­ten Vermögens zugestanden haben, wie ein Nießbraucher zu behandeln. Hie­raus ergibt sich, dass die früher festgesetzte Schenkungsteuer, soweit dem Er­werber nach Herausgabe der Substanz der Schenkung die ihm zustehenden Nutzungen des zugewendeten Vermögens verblieben sind, er also rückwirkend nicht vollständig entreichert worden ist, nur teilweise erstattet werden muss. Danach wird der ursprüngliche Erwerb nicht durch einen kraft Gesetzes fikti­ven Nießbrauch ersetzt, sondern die erlöschende Steuer lediglich um den Be­trag gekürzt, den der Erwerber an Steuern zu zahlen gehabt hätte, wenn ihm statt des zugewendeten Gegenstandes lediglich ein zeitlich befristetes Nieß­brauchsrecht zugewendet worden wäre (vgl. Wälzholz in Viskorf/Schuck/Wälzholz, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Be­wertungsgesetz, 7. Aufl., § 29 ErbStG Rz 54).

bb) Die Entstehungsgeschichte der Norm bestätigt dieses Auslegungsergebnis. Der Gesetzgeber beabsichtigte mit § 29 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 ErbStG kei­ne neue "Gesamtaufrollung" des Falles, sondern lediglich eine Kürzung der festgesetzten Steuer, soweit sich die ursprünglich zugrunde gelegte Bereiche­rung aufgrund der Herausgabe des Geschenks nachträglich verringert hat (vgl. BTDrucks VI/3418, S. 75 zum damaligen § 27 ErbStG). Es sollte kein neuer Belastungsgrund geschaffen, sondern lediglich eine Entlastung des Beschenk­ten aufgrund der nachträglich eingetretenen Entreicherung erreicht werden. Dieser gesetzgeberische Wille kommt im Gesetzeswortlaut auch hinreichend zum Ausdruck. Denn § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ordnet ausdrücklich an, dass die Steuer "erlischt", mithin ein Teil der ursprünglich festgesetzten Steuer wegfällt. Weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der Gesetzesbegründung ergibt sich demgegenüber, dass der Gesetzgeber mit der Bestimmung des § 29 ErbStG die Schaffung eines selbständigen Erwerbstatbestandes oder die Normierung eines eigenen Nachsteuertatbestandes beabsichtigt hat.

cc) Aus dem Sinn und Zweck von § 29 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 ErbStG folgt ebenfalls kein anderes Ergebnis. § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG trägt vor dem Hin­tergrund des dem Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz zugrunde lie­genden Bereicherungsprinzips (§ 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG) dem Umstand Rechnung, dass sich die ursprüngliche Bereicherung aufgrund der nachträgli­chen Herausgabe des Geschenks verringert hat oder gänzlich weggefallen ist. Die Vorschrift bezweckt, die beim Erwerber eingetretene Entreicherung durch das (teilweise) Erlöschen der Steuer entsprechend abzumildern. Durch die von § 29 Abs. 2 ErbStG angeordnete Behandlung als Nießbraucher wird der Erwer­ber einem wirtschaftlichen Eigentümer (auf Zeit) gleichgestellt. Dem ursprüng­lichen Zuwendungsgegenstand wird angesichts der späteren Herausgabe ein niedrigerer Wert beigemessen. § 29 Abs. 2 ErbStG will im Hinblick darauf le­diglich klarstellend regeln, dass die früher festgesetzte Steuer für den ur­sprünglichen Erwerb auf den beim Erwerber noch vorhandenen Nutzungsvor­teil korrigiert wird (vgl. BRDrucks 140/72, S. 75).

e) Nach diesen Grundsätzen hat das FG zu Recht entschieden, dass die Steu­erbegünstigung des § 13a ErbStG nicht entfällt, wenn der ehemals Beschenkte aufgrund eines Widerrufs der Schenkung nach § 29 Abs. 2 ErbStG wie ein Nießbraucher zu behandeln ist. Aus dem Umstand, dass die Vorschrift keinen selbständigen Steuertatbestand darstellt, der das Entstehen einer neu­en ‑‑gegebenenfalls höheren‑‑ Schenkungsteuer als vor der Herausgabe des Geschenks ermöglicht, sondern es sich um eine Kürzungsvorschrift handelt, die lediglich eine Beschränkung der ursprünglich festgesetzten Steuer auf den verbleibenden Nutzungsvorteil vorsieht, hat es zu Recht gefolgert, dass es im Falle des § 29 Abs. 2 ErbStG bei der Besteuerung des ursprünglichen (begüns­tigten) Zuwendungsgegenstandes ‑‑hier der mitunternehmerischen Unterbe­teiligung‑‑ bleibt, der angesichts der späteren Herausgabe lediglich ein niedri­gerer Wert beigemessen wird.

f) Das FG hat auch zu Recht darauf abgestellt, dass T im Zeitraum zwischen der schenkweisen Übertragung der Unterbeteiligung und deren Rückübertra­gung Mitunternehmerin im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG blieb. Denn da der Widerruf der Schenkungen durch den Kläger mit Wirkung zum …2011 beziehungsweise zum …2011 erfolgte, entfiel ihre Mitunter­nehmerstellung durch den Widerruf entgegen der Auffassung des FA nicht rückwirkend. Da T somit mit Wirkung für die Vergangenheit als Mitunterneh­merin besteuert bleibt, ist es folgerichtig, dass ihr nach § 29 Abs. 2 ErbStG auch die Nutzungen entsprechend einem mitunternehmerischen Nießbraucher verbleiben, der die Verschonung nach den §§ 13a ff. ErbStG als Erwerber ei­nes Mitunternehmeranteils in Anspruch nehmen kann (vgl. BFH-Urteile vom 01.09.2011 ‑ II R 67/09, BFHE 239, 137, BStBl II 2013, 210, Rz 64 und vom 25.11.2020 ‑ II R 36/18, BFH/NV 2021, 933, Rz 21; so auch Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 02.11.2012, BStBl I 2012, 1101).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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