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BFH: Erlass von Säumniszuschlägen wegen sachlicher Unbilligkeit

Ob der Steuerpflichtige einen Anspruch auf den Erlass von Säumniszuschlägen hat, weil er alles Erforderliche getan hat, um die ‑‑tatsächlich nicht erwirkte‑‑ Aussetzung der Vollziehung (AdV) zu erreichen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Das gilt auch für die Frage, ob er einen Antrag auf AdV beim Fi­nanzgericht hätte stellen müssen.

AO § 240 Abs. 1 Satz 1 und 4, § 227

BFH-Urteil vom 25.2.2025, VIII R 2/23 (veröffentlicht am 22.5.2025)

Vorinstanz: FG Berlin-Brandenburg vom 22.11.2022, 5 K 5146/21 = SIS 23 20 16

I. Streitig ist, ob Säumniszuschläge aus sachlichen Billigkeitsgründen zu erlassen sind.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) erließ am 03.12.2018 gegenüber den zusammenveranlagten Klägern und Revisionsklägern (Kläger) einen geänderten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012 (Streitjahr). Beim Kläger wurde eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) in Höhe von 4.083.888 €, bei der Klägerin eine vGA in Höhe von 212.022 € erfasst und ohne Abzug eines Sparer-Pauschbetrags nach § 32d Abs. 1 des Einkommen­steuergesetzes besteuert. Nach den Erläuterungen im Bescheid beruhten die Änderungen auf Prüfungsfeststellungen bei zwei Unternehmen, an denen die Klägerin beteiligt war (A Ltd. und B GmbH). Die vGA in Höhe von 4.083.888 € beruhte auf der Annahme, die A Ltd. habe gegenüber ihrer Gesellschafterin, der Klägerin, stillschweigend auf eine Darlehensrückfor­derung verzichtet. Die sich aus diesem Änderungsbescheid ergebende Nach­zahlung (Einkommensteuer: 1.051.510 €, Solidaritätszuschlag: 57.833,05 €) wurde zum 07.01.2019 fällig gestellt.

Die Kläger legten gegen den Bescheid am 04.01.2019 Einspruch ein und bean­tragten die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Mit Bescheid vom 15.02.2019 lehnte das FA die beantragte AdV ab. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 02.10.2019). Gleichzeitig wurden ein Betrag zur Einkommensteuer 2012 in Höhe von 1.679 € und ein Betrag zum Solidaritätszuschlag in Höhe von 92,34 € von der Vollziehung ab Fälligkeit aus­gesetzt.

Am 18.10.2019 beantragten die Kläger erneut die AdV, da sie sich mit dem für die zwei Unternehmen zuständigen Finanzamt in engem Austausch befänden. Das FA lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 29.10.2019 ab.

Am 27.12.2019 wurde dem FA die berichtigte Bilanz der A Ltd. zum 31.12.2012 über das für diese Gesellschaft zuständige Finanzamt übermittelt. Diese Bilanz wies ‑‑anders als die ursprüngliche Bilanz‑‑ die Darlehensforde­rung gegen die Klägerin aus.

Der Einkommensteuerbescheid 2012 wurde mit Bescheid vom 03.02.2020 er­neut geändert und die Einkommensteuer zuzüglich Folgesteuern wegen vorlie­gender Grundlagenbescheide zur Hinzurechnungsbesteuerung nach § 7 Abs. 1 des Außensteuergesetzes erhöht. Die Erhöhungsbeträge wurden zum 06.03.2020 fällig gestellt. In diesem Bescheid wurde der Klägerin die zuvor dem Kläger zugerechnete vGA in Höhe von 4.083.888 € wegen des angenom­menen Forderungsverzichts der A Ltd. zugerechnet. In den Erläuterungstexten des Einkommensteuerbescheids ist vermerkt, hinsichtlich der vGA aus dem Gesellschafterdarle­hen über 4.083.888 € werde aufgrund des Eingangs der berichtigten Bilanz der A Ltd. zum 31.12.2012 von Amts wegen die AdV gewährt. Die Gewährung erfolge in einem gesonderten Verwaltungsakt. Der Bescheid weist für die zum 07.01.2019 fälligen Beträge bereits entstandene Säumniszuschläge für den Zeitraum ab dem 07.01.2019 für Einkommensteuer in Höhe von 132.839,50 € und für Solidaritätszuschlag in Höhe von 7.496 € aus (Summe: 140.335,50 €).

Das FA setzte mit Bescheid vom 03.02.2020 von Amts wegen die Vollziehung der Einkommensteuer 2012 in Höhe von 1.020.972 € und des Solidaritätszu­schlags in Höhe von 56.153,46 € unter Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs mit Wirkung ab dem 27.12.2019 aus. In der Begründung des Bescheids ist ausgeführt, die AdV erfolge aufgrund der eingereichten berichtigten Bilanz der A Ltd. Gleichzeitig endete die am 02.10.2019 angeordnete AdV.

Mit Bescheid vom 19.02.2020 setzte das FA die zum 06.03.2020 fälligen Be­träge, die auf der Umsetzung der Grundlagenbescheide durch den Bescheid vom 03.02.2020 beruhten, mit Wirkung ab Fälligkeit gegen Sicherheitsleistung aus.

Mit Schreiben vom 30.03.2020 beantragten die Kläger den Erlass der Säum­niszuschläge zur Einkommensteuer und zum Solidaritätszuschlag für das Streitjahr in Höhe von 143.783,67 € aus sachlichen Billigkeitsgründen. Die Festsetzung sei nachträglich aufgehoben worden. Die angesetzte vGA habe auf einer Fehlbuchung in der Bilanz der A Ltd. beruht. Diese Fehlbuchung sei be­richtigt und dem zuständigen Körperschaftsteuer-Finanzamt zur Verfügung ge­stellt worden.

Den Erlassantrag lehnte das FA mit Bescheid vom 06.11.2020 ab. Nach erfolg­losem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom 01.09.2021) hat das Finanzgericht (FG) die Klage durch Urteil vom 22.11.2022 (Ent­scheidungen der Finanzgerichte 2023, 1121) als unbegründet abgewiesen. Die Kläger hätten im Streitfall nicht alles getan, um eine AdV des Einkommensteu­erbescheids des Streitjahres zu erreichen. Hierfür wäre jedenfalls auch ein ge­richtlicher Antrag auf AdV erforderlich gewesen.

Die Kläger rügen die Verletzung materiellen Bundesrechts in Gestalt von § 227 der Abgabenordnung (AO).

Die Kläger beantragen sinngemäß,
unter Aufhebung des Bescheids über die Ablehnung des Erlasses von Säumnis­zuschlägen vom 06.11.2020 und der Einspruchsentscheidung vom 01.09.2021 das FA zu verpflichten, die ab dem 07.01.2019 verwirkten Säumniszuschläge zu erlassen.

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhand­lung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).

1. Nach § 227 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuer­schuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach La­ge des einzelnen Falls aus persönlichen oder sachlichen Gründen unbillig wäre. Zu diesen Ansprüchen gehören auch Ansprüche auf Säumniszuschläge (§ 37 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 4 Nr. 5 AO; vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 18.09.2018 ‑ XI R 36/16, BFHE 262, 297, BStBl II 2019, 87, Rz 26, m.w.N.).

a) Die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme ist eine Ermessensent­scheidung, die gerichtlich nur in den durch § 102 FGO gezogenen Grenzen nachprüfbar ist (vgl. Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Ge­richtshöfe des Bundes vom 19.10.1971 ‑ GmS‑OGB 3/70, BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603). Nach § 102 FGO ist die gerichtliche Überprüfung des den Erlass ablehnenden Bescheids und der hierzu ergangenen Einspruchsentschei­dung darauf beschränkt, ob die Behörde bei ihrer Entscheidung die gesetzli­chen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem ihr eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat.

b) Sachlich unbillig ist die Einziehung einer Steuer oder steuerlichen Nebenleistung, wenn sie zwar äußerlich dem Gesetz entspricht, aber den Wertungen des Gesetzge­bers im konkreten Fall zuwiderläuft.

aa) So verhält es sich, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass er die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage ‑‑wenn er sie als regelungsbedürftig erkannt hätte‑‑ im Sinne der begehrten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte (vgl. BFH-Ur­teil vom 18.09.2018 ‑ XI R 36/16, BFHE 262, 297, BStBl II 2019, 87, Rz 28 f., unter Verweis auf BFH-Urteile vom 20.09.2012 ‑ IV R 29/10, BFHE 238, 518, BStBl II 2013, 505; vom 24.04.2014 ‑ V R 52/13, BFHE 245, 105, BStBl II 2015, 106, Rz 10, vom 10.03.2016 ‑ III R 2/15, BFHE 253, 12, BStBl II 2016, 508, Rz 28, jeweils m.w.N.).

bb) Bei der Billigkeitsprüfung müssen solche Umstände außer Betracht blei­ben, die der gesetzliche Tatbestand typischerweise mit sich bringt. Eine für den Steuerpflichtigen ungünstige Rechtsfolge, die der Gesetzgeber bewusst angeordnet oder in Kauf genommen hat, rechtfertigt in der Regel keine Billig­keitsmaßnahme; insbesondere kann § 227 AO nicht als Rechtsgrundlage für eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Befreiungsvorschrift dienen (vgl. BFH-Ur­teil vom 18.09.2018 ‑ XI R 36/16, BFHE 262, 297, BStBl II 2019, 87, Rz 30, m.w.N.).

c) Nach § 240 Abs. 1 Satz 4 AO bleiben die bis dahin verwirkten Säumniszuschläge un­berührt, wenn die Festsetzung einer Steuer aufgehoben oder geändert wird. Diese Regelung gilt uneingeschränkt auch für die Beseitigung rechtswidriger Steuerfestsetzungen, da die Vollstreckbarkeit eines Steuerbescheids nicht von seiner Bestandskraft abhängt. Der Gesetzgeber durchbricht damit bewusst den Grundsatz der Akzessorietät, nach dem Säumniszuschläge als steuerliche Ne­benleistungen (§ 3 Abs. 4 AO) grundsätzlich vom Bestehen der ihnen zugrun­de liegenden Steuerschuld abhängig sind (vgl. BTDrucks 7/4292, S. 39). Die darin liegende Härte war dem Gesetzgeber bewusst und rechtfertigt daher re­gelmäßig nicht den Erlass der Säumniszuschläge aus sachlichen Gründen (vgl. BFH-Urteil vom 18.09.2018 ‑ XI R 36/16, BFHE 262, 297, BStBl II 2019, 87, Rz 31 ff., unter Verweis auf BFH-Urteile vom 30.03.2006 ‑ V R 2/04, BFHE 212, 23, BStBl II 2006, 612; vom 20.05.2010 ‑ V R 42/08, BFHE 229, 83, BStBl II 2010, 955, Rz 20 f.).

d) Allerdings sind Säumniszuschläge nach der Rechtsprechung des BFH wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen, wenn die Steuerfestsetzung später aufge­hoben wird und der Steuerpflichtige alles getan hat, um die AdV des Steuerbe­scheids zu erreichen, das Finanzamt oder das FG aber die Aussetzung, obwohl möglich und geboten, abgelehnt haben (vgl. BFH-Urteil vom 18.09.2018 ‑ XI R 36/16, BFHE 262, 297, BStBl II 2019, 87, Rz 36, unter Verweis auf BFH-Urteile vom 29.08.1991 ‑ V R 78/86, BFHE 165, 178, BStBl II 1991, 906; vom 20.05.2010 ‑ V R 42/08, BFHE 229, 83, BStBl II 2010, 955, Rz 22; vom 24.04.2014 ‑ V R 52/13, BFHE 245, 105, BStBl II 2015, 106, Rz 12; vom 10.03.2016 ‑ III R 2/15, BFHE 253, 12, BStBl II 2016, 508, Rz 31). Unter die­sen Umständen wären Säumniszuschläge nicht entstanden. Deshalb kann das Ermessen unter Umständen so reduziert sein, dass in einem solchen Fall nur der Erlass der Säumniszuschläge ermessensfehlerfrei ist (vgl. BFH-Urteil vom 18.09.2018 ‑ XI R 36/16, BFHE 262, 297, BStBl II 2019, 87, Rz 37, m.w.N.).

aa) Der Steuerpflichtige muss sich substantiiert um einstweiligen Rechtsschutz bemüht haben, sodass sich bei summarischer Prüfung Zweifel an der Rechts­widrigkeit der Steuerfestsetzung hätten ergeben können. Insofern genügt auch eine Begründung des Einspruchs, da nach § 357 Abs. 3 Satz 3 AO mit Ein­spruchseinlegung auch die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Be­weismittel angeführt werden sollen. Ein Erlass aus sachlichen Billigkeitsgrün­den kommt aber nicht in Betracht, wenn Anträge auf AdV nicht "ernsthaft" be­ziehungsweise nachvollziehbar begründet worden sind (vgl. BFH-Urteil vom 18.09.2018 ‑ XI R 36/16, BFHE 262, 297, BStBl II 2019, 87, Rz 39 ff., m.w.N.).

bb) Die Rechtmäßigkeit der ablehnenden AdV-Entscheidung wird im Erlassver­fahren nicht inzident überprüft. Ob zum Zeitpunkt der AdV-Versagung ernstli­che Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Steuerbescheide im Sinne von § 361 Abs. 2 Satz 2 AO bzw. § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO vorgelegen haben, das heißt, ob die ablehnende Entscheidung bei der im AdV-Verfahren gebotenen summa­rischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag des Klä­gers und der Aktenlage ergab, rechtmäßig war, ist nicht erheblich (vgl. BFH-Urteil vom 18.09.2018 ‑ XI R 36/16, BFHE 262, 297, BStBl II 2019, 87, Rz 53, m.w.N.).

e) Die sachliche Billigkeit ist immer einzelfallbezogen zu beurteilen ("nach La­ge des einzelnen Falls"; vgl. BFH-Urteil vom 27.09.2001 ‑ X R 134/98, BFHE 196, 400, BStBl II 2002, 176, unter B.I.2.b cc; BFH-Beschluss vom 17.12.1999 ‑ V B 147/99, BFH/NV 2000, 821, unter 2.a). Sachliche Billigkeits­maßnahmen sind deshalb grundsätzlich atypischen Ausnahmefällen vorbehal­ten. Etwas anderes ergibt sich nicht, wenn man die hier vorliegende Fallkons­tellation (Erlassbegehren nach erfolgreichem Rechtsmittel) als eine einheitliche Gruppe ansehen wollte (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 28.11.2016 ‑ GrS 1/15, BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393). Auch dann müss­ten in jedem Einzelfall die Voraussetzungen einer sachlichen Unbilligkeit vorlie­gen. Typisierende Billigkeitsregelungen in Gestalt subsumierbarer Tatbestände kommen deshalb nicht in Betracht; sie könnten nur Gegenstand einer gesetzli­chen Regelung sein (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 28.11.2016 ‑ GrS 1/15, BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393, Rz 112, m.w.N.).

2. Nach diesen Grundsätzen hängt es ebenfalls von den Umständen des Ein­zelfalls ab, ob der Steuerpflichtige nach der Ablehnung seines AdV-Antrags durch das Finanzamt auch noch bei Gericht AdV beantragt haben muss, um den Erlass von Säumniszuschlägen beanspruchen zu können ("alles getan").

a) Dies erscheint zum Beispiel denkbar, wenn die Ablehnung der AdV darauf beruht, dass das Finanzamt an Richtlinien oder andere Verwaltungsanweisungen ge­bunden ist (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 04.07.2023 ‑ VIII R 29/20, BFHE 281, 1, BStBl II 2023, 1005, Rz 18). In einem solchen Fall kann es erfolgverspre­chend sein, einstweiligen Rechtsschutz auch noch beim FG zu beantragen. Da­für müssen aber besondere Umstände vorliegen.

b) Fehlt es daran, kann der begehrte Erlass von Säumniszuschlägen nicht al­lein mit der Begründung abgelehnt werden, der Steuerpflichtige habe es ver­säumt, AdV auch noch bei Gericht zu beantragen. Eine dahin gehende starre Obliegenheit lässt sich der Rechtsprechung nicht entnehmen. Hat der Steuer­pflichtige seinen AdV-Antrag beim Finanzamt ausreichend substantiiert, hat er grund­sätzlich alles Erforderliche getan, um AdV zu erlangen. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass die Finanzbehörde im AdV-Verfahren zur Sachverhalts­aufklärung von Amts wegen verpflichtet bleibt (§ 88 AO). Auch das Finanzamt darf die Zweifelsprüfung auf die vom Antragsteller dargelegten Umstände be­grenzen (vgl. BFH-Urteil vom 18.09.2018 ‑ XI R 36/16, BFHE 262, 297, BStBl II 2019, 87, Rz 40, m.w.N.).

3. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Es hat in tragen­der Weise angenommen, dass ein Steuerpflichtiger ‑‑unabhängig von den Um­ständen des Einzelfalls‑‑ stets nur dann alles Erforderliche getan hat, wenn er nach der Ablehnung seines AdV-Antrags durch das Finanzamt auch noch einen Antrag auf AdV beim FG gestellt hat. Es hat damit die Voraussetzungen für den An­spruch auf Erlass von Säumniszuschlägen in unzulässiger Weise typisiert. Sein Urteil kann deshalb keinen Bestand haben.

4. Die Sache ist nicht spruchreif. Der Senat kann mangels ausreichender tat­sächlicher Feststellungen des FG nicht selbst entscheiden, ob ein Anspruch der Kläger auf Billigkeitserlass bestand. Die Sache ist deshalb zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverwei­sen.

5. Zur Straffung des weiteren Verfahrens weist der Senat auf Folgendes hin:

Das FG hat zunächst Feststellungen dazu zu treffen, in welchem Umfang die streitbefangenen Säumniszuschläge auf Besteuerungsgrundlagen zurückzufüh­ren sind, bezüglich derer die Kläger letztlich erfolgreich Rechtsmittel eingelegt haben. Denn nur in diesem Umfang kommt ein Erlass dem Grunde nach in Be­tracht.

Ob die Kläger vor der erfolgreichen Minderung der Steuerfestsetzungen im Sinne der Rechtsprechung "alles getan" haben, um im Hinblick auf diese Be­steuerungsgrundlagen die AdV des Steuerbescheids zu erreichen, hängt vor allem vom Inhalt der beiden AdV-Anträge ab, die die Kläger mit Schreiben vom 04.01.2019 und vom 18.10.2019 gestellt haben. In den vom FG beigezo­genen Akten fehlen diese Schreiben. Soweit die Rechtsmittel der Kläger be­züglich der vGA erfolgreich waren, wird das FG des Weiteren auch zu berück­sichtigen haben, inwieweit die Kläger über Kenntnisse und Unterlagen verfüg­ten, die die gesellschaftsinterne Behandlung des Darlehens der A Ltd. an die Klägerin betreffen, und inwieweit ihnen ein substantiierter Vortrag dazu mög­lich und zumutbar war. Gegebenenfalls wird das FG auch zu beurteilen haben, ob besondere Umstände vorlagen, aufgrund derer zum Zeitpunkt der Ableh­nung der AdV durch das FA ein beim FG gestellter Antrag auf AdV erfolgver­sprechend gewesen wäre.

6. Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Urteil, da alle Beteiligten auf eine mündliche Verhandlung verzichtet haben (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 90 Abs. 2 FGO).

7. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

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