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BFH zu den Anforderungen an das "Kennenmüssen" nach § 25d Abs. 1 UStG

Das "Kennenmüssen" i.S. des § 25d Abs. 1 UStG muss sich im Rahmen eines konkreten Leistungsbezugs auf Anhaltspunkte beziehen, die für den Unternehmer den Schluss nahelegen, dass der Rechnungsaussteller bereits bei Vertragsschluss die Absicht hatte, die Umsatzsteuer nicht abzuführen.

BFH-Urteil vom 10.8.2017, V R 2/17 (veröffentlicht am 29.11.2017)

UStG § 25d Abs. 1, Abs. 2
Richtlinie 77/388/EWG Art. 21 Abs. 3

Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 9.6.2016, 11 K 10303/14

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betreibt einen Fahrzeughandel und bezog von der X-GmbH Fahrzeuge und Container, über deren Lieferung die X-GmbH mit Rechnungen vom 3.1.2012 (... € zzgl. Umsatzsteuer in Höhe von ... €) und vom 5.1.2012 (... € zzgl. Umsatzsteuer in Höhe von ... €) abrechnete. Die Umsatzsteuer für Januar 2012 wurde von der X-GmbH in Höhe von ... € nicht entrichtet.

Geschäftsführer der X-GmbH war Y, der in der Vergangenheit bereits für mehrere andere Unternehmen aufgetreten war, zu denen die Klägerin Geschäftsbeziehungen unterhielt. Gegen Y wurde seit 2008 durch die Steuerfahndung wegen einer Vielzahl von Fällen der Umsatzsteuerhinterziehung ermittelt. Mit Urteil vom 17.1.2014 verurteilte das Landgericht Y wegen Hinterziehung der Umsatzsteuer aus den Lieferungen an die Klägerin vom 3. und 5.1.2012.

Die Steuerfahndung hatte die Klägerin spätestens am 11.1.2012 über die Ermittlungsverfahren in Kenntnis gesetzt. Ob die Klägerin bereits zuvor von den Ermittlungsverfahren Kenntnis hatte, war zwischen den Beteiligten streitig.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) nahm die Klägerin mit dem streitbefangenen Haftungsbescheid nach § 25d des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in Haftung.

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) unterstellte dabei als wahr, dass die Klägerin seit 15.10.2008 positive Kenntnis von steuerstrafrechtlichen Ermittlungen gegen Y gehabt habe. Das FA müsse aber die Voraussetzungen des § 25d Abs. 1 UStG darlegen und nachweisen; das sei ihm nicht gelungen. Es gebe keinen Erfahrungssatz, dass jemand, der einmal Umsatzsteuer nicht entrichtet habe, später anlässlich eines anderen Geschäftsvorfalles die vorgefasste Absicht habe, die Umsatzsteuer erneut nicht zu entrichten. Im Übrigen habe zugunsten des Y bis zu seiner Verurteilung im Jahr 2014 die Unschuldsvermutung gegolten.

Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision. Die Klägerin habe i.S. des § 25d Abs. 1 UStG nach der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns von der vorgefassten Absicht der X-GmbH, die Umsatzsteuer aus den Umsätzen an die Klägerin nicht zu entrichten, Kenntnis haben müssen.

Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision des FA zurückzuweisen.

II. Die Revision des FA ist unbegründet und wird deshalb zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat zu Recht entschieden, dass das Vorliegen der Voraussetzungen einer Inanspruchnahme der Klägerin im Haftungswege nach § 25d Abs. 1 UStG nicht nachgewiesen ist.

1. § 25d Abs. 1 UStG führt zur Haftung des Unternehmers aus einem vorangegangenen Umsatz, soweit der Aussteller der Rechnung entsprechend seiner vorgefassten Absicht die ausgewiesene Steuer nicht entrichtet hat und der Unternehmer bei Abschluss des Vertrags über seinen Eingangsumsatz davon Kenntnis hatte oder nach der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns hätte haben müssen. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Merkmale des § 25d Abs. 1 UStG trägt das FA (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28.2.2008 V R 44/06, BFHE 221, 415, BStBl II 2008, 586, unter II.4.a; Schwarz in Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, § 25d Rz 35; Mann in Küffner/ Stöcker/Zugmaier, UStG, § 25d Rz 31; Zugmaier/Kaiser in Offerhaus/Söhn/Lange, § 25d UStG Rz 64; Schuska, Zeitschrift für das gesamte Mehrwertsteuerrecht - MwStR - 2015, 323, 324).

2. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen einer Inanspruchnahme der Klägerin nach § 25d Abs. 1 UStG nicht erfüllt sind. Das FA hat nicht nachgewiesen, dass die Klägerin von einer etwaigen vorgefassten Absicht des Y Kenntnis hatte oder nach der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns Kenntnis hätte haben müssen.

a) Selbst wenn man mit dem FG die Kenntnis der Klägerin von steuerstrafrechtlichen Ermittlungen gegen Y unterstellt, folgt hieraus nicht, dass sie von dessen Absicht wusste, die Umsatzsteuer aus dem Liefergeschäft mit ihr nicht abzuführen. Zum einen gilt, worauf das FG zutreffend hingewiesen hat, bis zur Verurteilung des Y die Unschuldsvermutung. Zum anderen folgt selbst aus steuerstrafrechtlich bedeutsamen Verhalten bei anderen Geschäftsvorfällen nicht der sichere Schluss auf die Absicht, auch bei zukünftigen Umsätzen die Umsatzsteuer zu hinterziehen.

b) Ferner trafen die Klägerin selbst bei Kenntnis von steuerstrafrechtlichen Ermittlungen gegen Y keine Sorgfaltspflichten hinsichtlich einer Hinterziehungsabsicht des Y. Denn an das Kennenmüssen i.S. des § 25d Abs. 1 UStG sind, wenn - wie hier - die Regelvermutung des § 25d Abs. 2 UStG nicht eingreift, strenge Anforderungen zu stellen.

§ 25d Abs. 1 UStG muss den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die Teil der Gemeinschaftsrechtsordnung sind und zu denen u.a. die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit gehören, genügen (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union - EuGH - Federation of Technological Industries u.a. vom 11.5.2006 C-384/04, EU:C:2006:309, Rz 29). Die Regelung darf also nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die Ansprüche des Staates möglichst wirksam zu schützen. Zudem dürfen Wirtschaftsteilnehmer, die alle Maßnahmen treffen, die vernünftigerweise von ihnen verlangt werden könnten, um sicherzustellen, dass ihre Umsätze nicht zu einer Lieferkette gehörten, die einen mit einem Mehrwertsteuerbetrug behafteten Umsatz einschließt, für die Zahlung der von einem anderen Steuerpflichtigen geschuldeten Steuer nicht gesamtschuldnerisch in Anspruch genommen werden (EuGH-Urteil Federation of Technological Industries u.a., EU:C:2006:309, Rz 33).

Die Annahme, dass einem Steuerpflichtigen bereits bei bloßer Kenntnis von steuerstrafrechtlichen Ermittlungen gegen einen Vertragspartner erhöhte Sorgfaltspflichten obliegen, würde trotz der dem Unternehmer zukommenden Aufgabe, öffentliche Gelder als "Steuereinnehmer für Rechnung des Staates" (dazu EuGH-Urteile Balocchi vom 20.10.1993 C-10/92, EU:C:1993:846, Rz 25, und Netto Supermarkt vom 21.2.2008 C-271/06, EU:C:2008:105, Rz 21; BFH-Urteil vom 24.10.2013 V R 31/12, BFHE 243, 451, BStBl II 2015, 674, Rz 21) zu vereinnahmen, gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen (vgl. EuGH-Urteile Farkas vom 26.4.2017 C-564/15, EU:C:2017:302, Rz 59 f.; Maya Marinova vom 5.10.2016 C-576/15, EU:C:2016:740, Rz 44).

Denn eine am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierte Auslegung des § 25d Abs. 1 UStG führt dazu, dass sich das Kennenmüssen i.S. des § 25d Abs. 1 UStG auf Anhaltspunkte bezieht, die für den Unternehmer im Rahmen eines konkreten Leistungsbezugs den Schluss nahelegen, dass der Rechnungsaussteller bereits bei Vertragsschluss die Absicht hatte, die Umsatzsteuer nicht abzuführen. Hierfür gibt es vorliegend in Bezug auf die konkreten Eingangsleistungen, die haftungsbegründend sein sollen, aber weder nach den Feststellungen des FG noch nach Aktenlage oder nach dem Vortrag des FA irgendwelche Anhaltspunkte.

3. Da die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25d Abs. 1 UStG nicht vorliegen, braucht der Senat nicht darüber zu entscheiden, in welchem Verhältnis eine Haftung nach § 25d Abs. 1 UStG zu einer Versagung des Vorsteuerabzugs nach den Grundsätzen der vom BFH übernommenen Rechtsprechung des EuGH (vgl. hierzu z.B. EuGH-Urteile Italmoda u.a. vom 18.12.2014 C-131/13, C-163/13, C-164/13, EU:C:2014:2455; Optigen u.a. vom 12.1.2006 C-354/03, C-355/03, C-484/03, EU:C:2006:16; Kittel und Recolta Recycling vom 6.7.2006 C-439/04, 440/04, EU:C:2006:446; BFH-Urteile vom 12.8.2009 XI R 48/07, BFH/NV 2010, 259; vom 19.4.2007 V R 48/04, BFHE 217, 194, BStBl II 2009, 315) steht und ob überhaupt eine Kumulation von Vorsteuerversagung und Haftung nach § 25d Abs. 1 UStG in Betracht kommen kann (vgl. hierzu z.B. Drüen, Umsatzsteuer-Rundschau - UR - 2016, 777; Grube, MwStR 2013, 8; Heuermann, Deutsches Steuerrecht 2015, 1416; Treiber, MwStR 2015, 626; Wäger, UR 2015, 81).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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