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BFH: Korrektur der Umsatzsteuerfestsetzung in Bauträgerfällen

  1. Eine Umsatzsteuerfestsetzung kann nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG gegenüber dem leistenden Unternehmer nur dann geändert werden, wenn ihm ein abtretbarer Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer gegen den Leistungsempfänger zusteht.
  2. Das FA hat eine Abtretung nach § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG auch dann anzunehmen, wenn der Steueranspruch bereits durch Zahlung getilgt war. Auf das Vorliegen einer Rechnung mit gesondertem Steuerausweis kommt es nicht an.

BFH-Urteil vom 23.2.2017, V R 16, 24/16 (veröffentlicht am 5.4.2017)

AO § 164, § 176
UStG § 13b, § 27 Abs. 19
BGB § 313

Vorinstanz: FG Münster vom 15.3.2016, 15 K 1553/15 U (EFG 2016 S. 855 = SIS 16 10 84) und FG Münster vom 15.3.2016, 15 K 3669/15 U (EFG 2016 S. 849 = SIS 16 10 82)

I. Vertrags Bauleistungen an die H-GmbH. Der Vertrag enthielt ein Abtretungsverbot. Die Klägerin hatte Wände und Mauern zu verputzen. Ihre Leistungen erbrachte die Klägerin an einer von der H-GmbH im Februar 2012 erworbenen Immobilie. Die H-GmbH hatte die "geteilte Immobilie" mit "Bauträger-Kaufverträgen" an verschiedene Erwerber mit der Verpflichtung veräußert, auf dem Grundstück ein Mehrfamilienhaus mit mehreren Wohneinheiten zu errichten, wobei jedem Erwerber eine Wohneinheit gehören sollte.

Die Klägerin und die H-GmbH gingen von einer Steuerschuldnerschaft der H-GmbH nach § 13b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in der für das Streitjahr geltenden Fassung aus. Das Entgelt für die von der Klägerin an die H-GmbH erbrachten Innenputzarbeiten belief sich auf 10.667,32 €. Die von der Klägerin der H-GmbH erteilten Rechnungen enthielten folgenden Vermerk: "Bei den vorgenannten Leistungen handelt es sich um eine sog. Bauleistung, für die der Übergang der Steuerschuldnerschaft gem. § 13b UStG gilt. Die Umsatzsteuer ist somit vom Leistungsempfänger beim Finanzamt anzumelden und abzuführen."

Die Klägerin reichte am 24.5.2013 eine einen Erstattungsbetrag ausweisende Umsatzsteuererklärung für 2012 ein, in der sie die streitigen Umsätze gegenüber der H-GmbH als Umsätze kennzeichnete, für die der Leistungsempfänger nach § 13b UStG die Umsatzsteuer schulde. Der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) stimmte durch Mitteilung vom 21.6.2013 gemäß § 168 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) der Umsatzsteuererklärung zu.

Im Januar 2014 beantragte die H-GmbH beim FA die Erstattung der Umsatzsteuer, die sie als Steuerschuldner für den Bezug der Leistungen von der Klägerin entrichtet hatte.

Im Oktober 2014 teilte das FA der Klägerin mit, dass die H-GmbH die Erstattung der von ihr entrichteten Umsatzsteuer für die streitigen Bauleistungen gefordert habe. Das FA kündigte an, die Klägerin aufgrund des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22.8.2013 V R 37/10 (BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128) nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG als Steuerschuldner für die Leistungen an die H-GmbH in Anspruch zu nehmen. Die Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung sollte nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG erfolgen. Das FA wies auf die Möglichkeit einer Abtretung gemäß § 27 Abs. 19 Sätze 3 und 4 UStG hin.

Mit Bescheid vom 1.12.2014 änderte das FA die Umsatzsteuerfestsetzung 2012 und setzte die Umsatzsteuer um 1.703,19 € höher fest. Zur Art der Festsetzung wurde ausgeführt: "Der Bescheid ist nach § 164 Abs. 2 AO geändert. Der Vorbehalt der Nachprüfung bleibt bestehen." Der sich aus dem Änderungsbescheid ergebende Nachforderungsbetrag wurde am 5.1.2015 getilgt.

Mit Schreiben vom 29.4.2015 beantragte die Klägerin beim FA die Annahme der Abtretung eines Umsatzsteuernachforderungsanspruchs gegen die H-GmbH in Höhe von 2.026,79 € mit schuldbefreiender Wirkung. Mit Schreiben vom 26.5.2015 wies das FA darauf hin, dass die Umsatzsteuerfestsetzung 2012 nur um 1.703,16 € erhöht und die Steuerschuld in dieser Höhe bereits getilgt worden sei. Mit Schreiben vom 11.6.2015 wiederholte die Klägerin ihr Abtretungsangebot auf einem vom FA zur Verfügung gestellten Vordruck.

Mit Bescheid vom 24.6.2015 lehnte das FA die Annahme des Abtretungsangebots ab. Zur Begründung führte es aus, dass die berichtigten Rechnungen noch nicht an den Bauträger versandt worden seien. Dies stehe der Annahme der Abtretung entgegen. Außerdem sei die Umsatzsteuerschuld des Jahres 2012 durch Begleichung der Steuerschuld am 5.1.2015 erloschen.

Die Einsprüche der Klägerin gegen den Änderungsbescheid und gegen die Ablehnung des Abtretungsangebots hatten keinen Erfolg.

Erfolglos war auch die Klage gegen den Änderungsbescheid. Nach dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 855 veröffentlichten Urteil des Finanzgerichts (FG) sind § 27 Abs. 19 Sätze 1 und 2 UStG verfassungsgemäß und unionsrechtskonform.

Demgegenüber gab das FG der Klage auf Annahme des Abtretungsangebots statt. Nach dem in EFG 2016 S. 849 veröffentlichten Urteil des FG vom 15.3.2016 15 K 3669/15 U ist der Ausschluss des dem Bauleistenden gemäß § 176 Abs. 2 AO zustehenden Vertrauensschutzes durch den mit "echter" Rückwirkung eingeführten § 27 Abs. 19 Satz 2 UStG nur dann verfassungsgemäß i.S. des Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes, wenn der Bauleistende auf Erhebungsebene vollständig finanziell entlastet werde. Führe jede andere Entscheidung als die Annahme der Abtretung zu einer finanziellen Belastung des Bauleistenden, sei eine Ermessensreduzierung auf null anzunehmen. Der zivilrechtliche Umsatzsteuernachforderungsanspruch des Bauleistenden gegen den Bauträger sei trotz eines im Bauvertrag vereinbarten Abtretungsverbots abtretbar, wenn das Abtretungsverbot durch § 354a Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) suspendiert werde. Auch eine vom Bauträger bestrittene Forderung könne abgetreten werden. Aus § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG ergebe sich eine Ersetzungsbefugnis des Steuerpflichtigen, die auch nach der Erfüllung des Steueranspruchs noch ausgeübt werden könne. Die Ausstellung einer Rechnung des Bauleistenden gegenüber dem Bauträger sei für den Anspruch auf Annahme der Abtretung der zivilrechtlichen Forderung gemäß § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG keine notwendige Voraussetzung.

Hiergegen wenden sich die Revisionen der Klägerin und des FA, die der Senat gemäß § 73 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat.

Die Klägerin macht mit ihrer Revision gegen den Änderungsbescheid geltend, dass die Abtretungsregelung in § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG nicht gleichwertig mit dem ihr nach § 176 AO zustehenden Vertrauensschutz sei. Sie müsse einen belastenden Steuerbescheid über sich ergehen lassen. Die Abtretungslösung sei mit vielen Unsicherheiten verbunden. Eine Pflicht zum Steuerausweis sei unzumutbar. Es liege eine unzulässige echte Rückwirkung vor. § 17 UStG sei anzuwenden.

Die Klägerin beantragt zum angefochtenen Änderungsbescheid, das Urteil des FG und den Umsatzsteuerbescheid vom 1.12.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.4.2015 aufzuheben.

Das FA wendet sich mit seiner Revision gegen die vom FG angenommene Verpflichtung zur Annahme des Abtretungsangebots. Der Steueranspruch sei bereits getilgt worden, so dass eine Abtretung nicht in Betracht komme. Zudem liege keine Rechnung mit Steuerausweis vor.

Das FA beantragt zur Abtretung, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Beide Beteiligte treten der Revision der Gegenseite entgegen und beantragen jeweils diese zurückzuweisen.

II. Die Revisionen der Klägerin und des FA sind unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Auf Grundlage des BFH-Urteils in BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128 ist die Klägerin, nicht aber die H-GmbH Steuerschuldnerin für die von der Klägerin an die H-GmbH erbrachten Leistungen. Wie das FG zu Recht entschieden hat, ist das FA zur Änderung der Steuerfestsetzung gegenüber der Klägerin berechtigt. Im Streitfall ergibt sich dies zwar nicht aus dem im Änderungsbescheid angeführten § 164 AO, aber aus § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG. Entgegen dem Urteil des FG setzt diese Änderungsbefugnis allerdings voraus, dass der Klägerin ein abtretbarer Anspruch auf Zahlung der festgesetzten Umsatzsteuer gegen den Leistungsempfänger zusteht. Diese Voraussetzung liegt indes im Streitfall vor. Das FA ist im Übrigen auch verpflichtet, die ihm angebotene Abtretung anzunehmen.

1. Das FA ist nicht nach § 164 AO änderungsbefugt. Die von der Klägerin abgegebene Umsatzsteuerjahreserklärung 2012 steht aufgrund der Zustimmung des FA gemäß § 168 Satz 2 AO einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Eine danach mögliche Änderung gemäß § 164 Abs. 2 Satz 1 AO scheitert aber an § 176 Abs. 2 AO, der nach ständiger BFH-Rechtsprechung der Änderung nach § 164 Abs. 2 AO entgegensteht (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 11.1.1991 III R 60/89, BFHE 163, 286, BStBl II 1992, 5, unter II.3., und vom 5.9.2000 IX R 33/97, BFHE 192, 559, BStBl II 2000, 676, unter II.3.a).

a) Bei der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids darf gemäß § 176 Abs. 2 AO nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, dass eine allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung, einer obersten Bundes- oder Landesbehörde von einem obersten Gerichtshof des Bundes als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend bezeichnet worden ist.

b) Der BFH hat mit Urteil in BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128, § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG a.F. entgegen Abschn. 182a Abs. 11 der Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR) 2005 einschränkend ausgelegt. Die Steuerschuld entsteht in der Person des Leistungsempfängers nur dann, wenn er die an ihn erbrachte Werklieferung oder sonstige Leistung, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient, seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet. Damit hat der BFH i.S. von § 176 Abs. 2 AO erkannt, dass eine allgemeine Verwaltungsvorschrift einer obersten Bundesbehörde nicht mit dem geltenden Recht in Einklang steht. Dies darf nach dieser Vorschrift bei einer Änderung eines Steuerbescheids nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden.

c) So ist es im Streitfall. Die Klägerin hat für die H-GmbH Wände und Mauern bei der Errichtung eines Gebäudes verputzt. Damit lag sowohl nach der im Streitjahr geltenden Verwaltungsauffassung wie auch nach dem Senatsurteil in BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128 eine "Bauleistung" i.S. von § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG vor.

Entgegen der Verwaltungsauffassung setzt die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers aber nach dem BFH-Urteil in BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128 auch voraus, dass der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Werklieferung oder sonstige Leistung, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient, seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet. Hieran fehlt es im Streitfall, da die H-GmbH das Gebäude, an dem die Klägerin ihre Leistung erbrachte, zusammen mit dem dazugehörenden Grund und Boden an verschiedene Erwerber veräußerte, wobei jedem Erwerber eine Wohneinheit gehören sollte.

2. Das FG ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass das FA zu einer Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG berechtigt ist. Entgegen dem Urteil des FG darf das FA die Umsatzsteuerfestsetzung nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG gegenüber dem leistenden Unternehmer allerdings nur dann ändern, wenn diesem ein abtretbarer Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer gegen den Leistungsempfänger zusteht.

Diese zusätzliche Änderungsvoraussetzung ergibt sich aus einer Auslegung von § 27 Abs. 19 UStG nach Normzweck, Sinnzusammenhang und Wortlaut (vgl. allgemein z.B. BFH-Urteil vom 18.12.2014 IV R 22/12, BFHE 248, 354, BStBl II 2015, 606, unter II.2.a; allgemein zur Auslegung vgl. z.B. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9.11.1988 1 BvR 243/86, BVerfGE 79, 106, unter B.II.1. der Gründe, m.w.N.; BFH-Urteile vom 21.10.2010 IV R 23/08, BFHE 231, 544, BStBl II 2011, 277; vom 25.9.2014 IV R 44/11, BFHE 246, 470, BStBl II 2015, 470). Dabei ist zudem der Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung zu berücksichtigen (vgl. z.B. Senatsurteil vom 3.12.2015 V R 43/13, BFHE 252, 171, BStBl II 2016, 858, unter II.2.b).

a) Der mit § 27 Abs. 19 Satz 1 bis 4 UStG verfolgte Zweck rechtfertigt unter Berücksichtigung der zwingenden Vorgaben des Unionsrechts eine Einschränkung des abgabenrechtlich durch § 176 AO gewährleisteten Vertrauensschutzes nur dann, wenn dem Leistenden gegen den Leistungsempfänger ein abtretbarer Anspruch auf Zahlung der - vom FA an den Leistungsempfänger zu erstattenden - Umsatzsteuer zusteht.

aa) Sind Unternehmer und Leistungsempfänger davon ausgegangen, dass der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b UStG auf eine vor dem 15.2.2014 erbrachte steuerpflichtige Leistung schuldet, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, ist gemäß § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG die gegen den leistenden Unternehmer wirkende Steuerfestsetzung zu ändern, soweit der Leistungsempfänger die Erstattung der Steuer fordert, die er in der Annahme entrichtet hatte, Steuerschuldner zu sein. Nach § 27 Abs. 19 Satz 2 UStG steht § 176 AO der Änderung nicht entgegen. § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG enthält eine Abtretungsregelung, wobei § 27 Abs. 19 Satz 4 UStG die Erfüllungswirkung dieser Abtretung regelt.

bb) Haben die an einem Leistungsaustausch Beteiligten zu Unrecht den Leistungsempfänger anstelle des Leistenden als Steuerschuldner angesehen, und verlangt der Leistungsempfänger die Erstattung der von ihm zu Unrecht gezahlten Steuer, lassen sich Steuerausfälle im Korrektursystem der AO im Regelfall unproblematisch vermeiden. Da Umsatzsteuerfestsetzungen bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung oder einer gesonderten Aufhebung unter Vorbehalt der Nachprüfung stehen, kann im Allgemeinen die materiell-rechtlich vom Leistenden geschuldete Steuer verfahrensrechtlich gegenüber diesem nach § 164 AO festgesetzt werden. Anders ist dies nur dann, wenn dem Leistenden - wie im Streitfall - Vertrauensschutz nach § 176 AO zu gewähren ist (s. oben II.1.).

Im Hinblick auf die im Allgemeinen nach § 164 AO bestehende Änderungsbefugnis dienen die Regelungen des § 27 Abs. 19 Satz 1 bis 4 UStG nicht dazu, Steuerausfälle zu vermeiden, die dadurch entstehen können, dass Leistender und Leistungsempfänger die Person des Steuerschuldners unzutreffend beurteilt haben, sondern bezwecken im Kern, den Vertrauensschutz nach § 176 AO auszuschalten, wie sich ausdrücklich auch aus § 27 Abs. 19 Satz 2 UStG ergibt, und ihn besonders zu regeln.

cc) Im Bereich der Umsatzsteuer kann der nationale Gesetzgeber über die Ausschaltung des einfachgesetzlichen Vertrauensschutzes nicht frei entscheiden.

(1) Die Umsatzsteuer ist unter Berücksichtigung ihrer unionsrechtlichen Grundlagen in Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2006/12/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem eine Verbrauchsteuer und dabei zugleich eine indirekte Steuer, bei der dem Unternehmer die Aufgabe zukommt, "öffentliche Gelder" als "Steuereinnehmer für Rechnung des Staates" zu vereinnahmen (Urteile des Europäischen Gerichtshofs - EuGH - Balocchi vom 20.10.1993 C-10/92, EU:C:1993:846, Rz 25, und Netto Supermarkt vom 21.2.2008 C-271/06, EU:C:2008:105, Rz 21; vgl. auch Senatsurteil vom 24.10.2013 V R 31/12, BFHE 243, 451, BStBl II 2015, 674, unter II.2.c). Der Staat darf dem so beauftragten Unternehmer seine Aufgabe weder unnötig erschweren noch unmöglich machen.

(2) Hieraus ergeben sich für die Regelungsbefugnisse des nationalen Gesetzgebers Einschränkungen aus Gründen des Unionsrechts.

So muss der Steuerschuldner nach den - auch von den Mitgliedstaaten und den nationalen Gerichten zu beachtenden (z.B. EuGH-Urteil Berlington Hungary vom 11.6.2015 C-98/14, EU:C:2015:386, Rz 80, 88, m.w.N.) - Grundsätzen der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes und von Treu und Glauben eindeutig bestimmbar sein (zum Grundsatz der Rechtsicherheit vgl. EuGH-Urteile Tomoiagã vom 9.7.2015 C-144/14, EU:C:2015:452, Rz 34 f., m.w.N., und Salomie und Oltean vom 9.7.2015 C-183/14, EU:C:2015:454, Rz 31); er muss den Umfang der ihm auferlegten Pflicht im Zeitpunkt des "Abschlusses eines Rechtsgeschäfts" rechtssicher erkennen und bestimmen können (EuGH-Urteil Traum EOOD vom 9.10.2014 C-492/13, EU:C:2014:2267, Rz 29, m.w.N.). Dies gilt auch im Anwendungsbereich der §§ 13a, 13b UStG.

Zudem kann sich der Steuerpflichtige auf den unionsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen, wenn die zuständige Verwaltungsbehörde aufgrund einer bestimmten Handlung berechtigte Erwartungen begründet hat (EuGH-Urteile Europäisch-Iranische Handelsbank vom 5.3.2015 C-585/13 P, EU:C:2015:145, Rz 95, m.w.N., und Tomoiagã, EU:C:2015:452, Rz 44, m.w.N.). Die vertrauensauslösende Handlung kann - wie im Streitfall - auf einer allgemeingültigen (norminterpretierenden) Verwaltungsvorschrift beruhen (vgl. dazu Hummel, Mehrwertsteuerrecht 2016, 4, 11 f.), wenn sie - wie hier - systematisch angewendet wurde (vgl. EuGH-Urteil Tomoiagã, EU:C:2015:452, Rz 46).

Schließlich ist im Rahmen des Steuerschuldverhältnisses auch der Grundsatz von Treu und Glauben zu beachten, der zur Rücksichtnahme auf die schutzwürdigen Interessen des am Steuerrechtsverhältnis beteiligten Steuerpflichtigen verpflichtet (z.B. BFH-Urteil vom 23.2.2010 VII R 19/09, BFHE 228, 139, BStBl II 2010, 729, Rz 14, m.w.N.).

dd) Die unionsrechtlichen Vorgaben wirken sich auch auf die Auslegung von § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG aus.

(1) Aus der dort ausdrücklich genannten Voraussetzung eines Erstattungsverlangens des Leistungsempfängers ergibt sich auch, dass dem Leistenden ein Anspruch auf Zahlung der zu erstattenden Steuer - als Voraussetzung für die Änderungsbefugnis - zusteht. Dabei ist einerseits zu berücksichtigen, dass der einfachgesetzliche Ausschluss des abgabenrechtlichen Vertrauensschutzes für sich genommen mit den unionsrechtlichen Vorgaben in Einklang steht. Dies gilt andererseits aber nur dann, wenn dem Leistenden hieraus keine Nachteile entstehen. Eine Regelung, die das FA zu einer uneingeschränkten Änderungsbefugnis zu Lasten des Leistenden berechtigt und diesen dann erst im Erhebungsverfahren auf eine Abtretungsmöglichkeit verweist, genügt dem jedenfalls dann nicht, wenn der Leistende bei der Ausführung seines Umsatzes in Übereinstimmung mit den zu diesem Zeitpunkt geltenden Verwaltungsanweisungen davon ausgehen konnte und musste, dass nicht er, sondern der Leistungsempfänger Steuerschuldner sei (s. oben II.1.).

Der durch § 27 Abs. 19 Satz 2 UStG angeordnete Ausschluss des abgabenrechtlichen Vertrauensschutzes ist unionsrechtlich nur zu rechtfertigen, wenn das Bestehen und die Abtretbarkeit einer Forderung nicht erst im Anschluss an die Änderung des Umsatzsteuerbescheids, sondern bereits im Festsetzungsverfahren geklärt werden. Daher muss das FA nicht erst im Erhebungsverfahren bei einer Entscheidung über die Abtretung, sondern bereits im Festsetzungsverfahren bei der Prüfung der Änderungsbefugnis nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG feststellen, ob ein abtretbarer Anspruch des Leistenden gegen den Leistungsempfänger besteht.

Mit dieser zweckorientierten Einschränkung entspricht die so interpretierte Norm dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität. Soll danach der Unternehmer vollständig von der im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer entlastet werden (vgl. ständige Rechtsprechung des EuGH, z.B. EuGH-Urteil Malburg vom 13.3.2014 C-204/13, EU:C:2014:147, Rz 41, m.w.N), so geschieht dies unter den besonderen Bedingungen des § 27 Abs. 19 UStG mit der Abtretung. Der Leistende steht dann so wie er stünde, wenn alles von vornherein richtig beurteilt worden wäre. Eines weiteren Vertrauensschutzes bedarf es nicht, im Gegenteil: Die Anwendung des § 176 AO würde sich dann mit Blick auf das Neutralitätsprinzip einseitig zu Lasten des Fiskus auswirken (so Reiß, Mehrwertsteuerrecht 2016, 361 ff.).

(2) Diese Auslegung entspricht im Übrigen auch der Praxis der Finanzverwaltung. Denn nach dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 31.7.2014, BStBl I 2014, 1073, Rz 14 soll die Abtretung der zivilrechtlichen Forderungen gegen den Leistungsempfänger nach § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG zur Beschleunigung des Verfahrens auch schon vor einer Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG erfolgen. Sieht sich die Finanzverwaltung zur Verfahrensbeschleunigung in der Lage, die Abtretung eines dem Unternehmer gegen den Leistungsempfänger zustehenden Anspruchs bereits vor der Änderung des Steuerbescheids nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG vorzunehmen, bestehen gegen das Erfordernis, das Bestehen eines abtretbaren Anspruchs bereits als Voraussetzung für die Änderung der Steuerfestsetzung prüfen zu müssen, auch unter Praktikabilitätsgesichtspunkten keine Schwierigkeiten, wie zudem in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat bestätigt wurde.

b) Die Auslegung des § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG, nach der es für die Änderungsbefugnis auch auf das Bestehen eines abtretbaren Anspruchs des Leistenden ankommt, wird systematisch durch den Gesamtzusammenhang der zeitgleich und als Einheit in Kraft getretenen Regelungen des § 27 Abs. 19 Satz 1 bis 4 UStG bestätigt. Aufgrund dieses Gesamtzusammenhangs sind die einzelnen Gesetzesanordnungen dieser Vorschrift nicht isoliert, sondern in ihrem Gesamtkontext auszulegen.

Die Vorschriften wurden in das UStG durch Art. 7 Nr. 9 des Gesetzes zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (BGBl I 2014, 1266) eingefügt. Die "Neuregelung" und damit der gesamte § 27 Abs. 19 Satz 1 bis 4 UStG betrifft nach der amtlichen Gesetzesbegründung "die Fälle, in denen der Leistungsempfänger für vor dem 15.2.2014 an ihn erbrachte Leistungen von einer Nichtbeanstandungsregelung der Finanzverwaltung keinen Gebrauch macht" (BTDrucks 18/1995, S. 111). Dieser Gesamtzusammenhang rechtfertigt es, die Änderungsbefugnis nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG aufgrund des Ausschlusses des abgabenrechtlichen Vertrauensschutzes als Kernelement der Neureglung in § 27 Abs. 19 Satz 2 UStG (s. oben II.2.a bb) davon abhängig zu machen, dass dem Leistenden ein abtretbarer Anspruch i.S. von § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG zusteht.

c) Die Auslegung des Senats wird durch den Wortlaut der Norm wie auch durch ihre Entstehungsgeschichte gestützt und berücksichtigt die bereits durch § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG selbst angelegte Verbindung von Festsetzungs- und Erhebungsverfahren.

aa) § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG nimmt ausdrücklich auf das Erstattungsverlangen des Leistungsempfängers Bezug und ist schon deshalb in der Weise auslegbar, dass es für die Änderungsbefugnis auch darauf ankommt, ob dem leistenden Unternehmer ein Anspruch gegen den Leistungsempfänger auf Zahlung - der an den Leistungsempfänger zu erstattenden - Umsatzsteuer zusteht (zu den Grenzen der Wortlautauslegung im Umsatzsteuerrecht vgl. z.B. Senatsurteil in BFHE 252, 171, BStBl II 2016, 858, unter II.2.b).

bb) Es besteht kein Widerspruch zu den Motiven des historischen Gesetzgebers. Zwar deutet die amtliche Gesetzesbegründung darauf hin, dass der historische Gesetzgeber von einer weitgehend voraussetzungslosen Änderungsbefugnis durch § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG ausging. Zudem befasste sich die amtliche Gesetzesbegründung im Zusammenhang mit der Abtretungsregelung nach § 27 Abs. 19 Satz 3 und 4 UStG mit der Frage des Vertrauensschutzes (BTDrucks 18/1995, S. 111).

Der amtlichen Gesetzesbegründung sind aber keinerlei Überlegungen zum Ausschluss des abgabenrechtlichen Vertrauensschutzes als dem entscheidenden Kernelement der Neuregelung durch § 27 Abs. 19 Satz 2 UStG (s. oben II.2.a bb) oder zur Bedeutung unionsrechtlicher Erfordernisse zu entnehmen. Damit können die Motive des historischen Gesetzgebers nur eingeschränkt für die Gesetzesauslegung Berücksichtigung finden.

cc) Gegen die Auslegung durch den erkennenden Senat spricht auch nicht die grundsätzliche Trennung zwischen Festsetzungs- und Erhebungsverfahren. Denn § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG durchbricht mit dem Abstellen auf das Erstattungsverlangen des Leistungsempfängers und dessen Entrichtung der Steuer in der - ursprünglich unzutreffenden - Annahme, Steuerschuldner zu sein, diese Trennung bereits selbst. Wenn die Vorschrift verlangt, dass der Leistungsempfänger die Erstattung der von ihm entrichteten Steuer fordert, stellt sie schon bei der Änderung der Steuerfestsetzung explizit auf die sich aus dieser Änderung ergebenden Rechtsfolgen im Erhebungsverfahren ab, über die ggf. durch Abrechnungsbescheid gemäß § 218 AO zu entscheiden ist. Dies entspricht zudem der Praxis der Finanzverwaltung, wie sie sich aus dem BMF-Schreiben in BStBl I 2014, 1073, Rz 14 ergibt (s. oben II.2.a dd (2)).

d) Im Streitfall liegen danach die Voraussetzungen für eine Änderung nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG vor.

aa) Die Klägerin verfügte über einen abtretbaren Anspruch gegen die H-GmbH auf Zahlung der Umsatzsteuer, die für ihre Leistung an die H-GmbH gesetzlich entstanden ist.

(1) Haben sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann gemäß § 313 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Im Streitfall besteht ein Anspruch auf Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB.

(a) Bei dem Umstand, der zur Grundlage des Vertrags geworden ist, handelt es sich um die Person des Steuerschuldners für die von der Klägerin an die H-GmbH erbrachte Leistung. In Bezug auf die Person des Steuerschuldners für die von der Klägerin erbrachte Leistung ist es nach Vertragsschluss zu einer schwerwiegenden Veränderung gekommen.

Die Klägerin und die H-GmbH gingen bei der Leistungserbringung von einer Steuerschuldnerschaft der H-GmbH aus. Dies zeigt sich insbesondere an der von der Klägerin erteilten Rechnung, mit der diese nur über ein Entgelt ohne Steuerbetrag abrechnete und dabei ausdrücklich auf die Steuerschuldnerschaft der H-GmbH nach § 13b UStG hinwies. Dass dies auch dem Verständnis der H-GmbH entsprach, wird dadurch belegt, dass die H-GmbH die von der Klägerin empfangene Leistung als Leistungsempfänger gemäß § 13b UStG versteuerte (und erst später nach der Veröffentlichung des Senatsurteils in BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128 die Rückgängigmachung dieser Besteuerung geltend machte). Die Klägerin und die H-GmbH mussten auch davon ausgehen, dass die H-GmbH Steuerschuldner für diese Leistung war. Denn auf der Grundlage der damals geltenden Verwaltungsauffassung war es nicht erforderlich, dass die an den Leistungsempfänger erbrachten Umsätze, für die er als Leistungsempfänger Steuerschuldner ist, mit von ihm erbrachten Umsätzen nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG a.F. unmittelbar zusammenhängen (so ausdrücklich Abschn. 182a Abs. 11 UStR 2005).

Diese Verwaltungsanweisung hat der BFH durch das Urteil in BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128, Leitsatz 1 ausdrücklich verworfen und entschieden, dass es für die Entstehung der Steuerschuld beim Leistungsempfänger darauf ankommt, ob dieser die an ihn erbrachte Werklieferung oder sonstige Leistung, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient, seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet. Danach war die H-GmbH, die die von der Klägerin bezogenen Leistungen für die steuerfreie Lieferung von Wohnungen verwendet hat, nur auf der Grundlage der beim Vertragsschluss geltenden Verwaltungsauffassung, nicht aber nach der BFH-Rechtsprechung Steuerschuldner.

Durch diese Beurteilungsänderung ist es zu einer schwerwiegenden Veränderung in Bezug auf die Person des Steuerschuldners als Vertragsgrundlage gekommen. Denn die Klägerin muss für die H-GmbH eindeutig erkennbar ihren Vergütungsanspruch nicht mehr auf der Grundlage eines von ihr nicht zu versteuernden Entgelts, sondern als Gegenleistung bestehend aus Entgelt und Steuerschuld kalkulieren.

(b) In Kenntnis der BFH-Rechtsprechung und der sich hieraus ergebenden Steuerschuldnerschaft der Klägerin hätten die Klägerin und die H-GmbH als Vergütung für die Klägerin eine Gegenleistung bestehend aus Entgelt und Umsatzsteuer vereinbart. Damit ist die Klägerin entsprechend § 313 Abs. 1 BGB berechtigt, Anpassung des Vertrags zu verlangen. Dies führt zu einer Erhöhung des der Klägerin zustehenden Vergütungsanspruchs um die von der Klägerin für ihre Leistung geschuldete Umsatzsteuer. Ein Festhalten am unveränderten Vertrag kann der Klägerin nicht zugemutet werden.

(c) Dem stehen schutzwürdige Interessen der H-GmbH nicht entgegen. Es kommt insbesondere nicht darauf an, dass "der Leistungsempfänger bei Rückforderung der von ihm zu Unrecht gezahlten Umsatzsteuer nicht wusste und auch nicht wissen musste, dass dies zu einer Belastung des [leistenden] Unternehmers führen würde"; ebenso ist es unerheblich, ob der Leistungsempfänger "davon ausgehen [dürfte], die Erstattung werde wegen der vertrauensschützenden Regelung des § 176 Abs. 2 AO keine Auswirkungen auf die Steuerfestsetzung gegen [den leistenden Unternehmer] haben". Hieraus ergibt sich entgegen dem Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 5.2.2016 - 33 O 86/15 (Umsatzsteuer-Rundschau - UR - 2016, 720) kein schutzwürdiges Interesse am Bestand der Vereinbarung. Das Interesse an der Ausnutzung eines steuerrechtlichen Zufallsgewinns ("windfall-profits") ist unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessenlage in keiner Weise schutzwürdig. Denn eine Möglichkeit zu einem umsatzsteuerrechtlich unbelasteten Leistungsbezug, bei dem die H-GmbH Umsatzsteuer weder an die Klägerin zu zahlen hatte noch den Leistungsbezug selbst versteuern musste, bestand zu keinem Zeitpunkt.

(3) Der Senat kann somit offenlassen, ob zugleich auch die Voraussetzungen für eine Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 2 BGB oder für eine Änderung nach den Grundsätzen für eine ergänzende Vertragsauslegung vorliegen (bejahend Oberlandesgericht Köln vom 4.8.2016 I-7 U 177/15, Neue Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht 2017, 44).

(4) Auf der Grundlage der vom FG getroffenen Feststellungen ist auch nicht davon auszugehen, dass die H-GmbH gegenüber der Klägerin Gewährleistungsansprüche geltend gemacht oder in sonstiger Weise eine Aufrechnung erklärt hat.

bb) Auch die weiteren Voraussetzungen von § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG sind erfüllt. Die Klägerin hat ihre Leistungen an die H-GmbH im Streitjahr 2012 und damit vor dem 15.2.2014 erbracht. Beide Unternehmer sind davon ausgegangen, dass die H-GmbH als Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b UStG schuldet; diese Annahme hat sich aufgrund des BFH-Urteils in BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128 als unrichtig herausgestellt (s. oben II.2.d aa (2)). Die H-GmbH hat schließlich die Erstattung der Steuer gefordert, die sie in der Annahme entrichtet hatte, Steuerschuldner zu sein.

Der Anspruch war auch abtretbar. Wie das FG zutreffend entschieden hat, wurde das vereinbarte Abtretungsverbot durch § 354a Abs. 1 Satz 1 HGB suspendiert.

cc) Auf eine mögliche Anwendung von § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG (vgl. hierzu BFH-Beschluss vom 27.1.2016 V B 87/15, BFHE 252, 187) kommt es somit nicht an. Ebenso hat sich der Senat aufgrund seiner Auslegung des § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG nicht mit der Frage zu befassen, ob dieser Vorschrift eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung zukommt (ablehnend z.B. Widmann, Zeitschrift für das gesamte Mehrwertsteuerrecht - MwStR - 2014, 497; Reiß, MwStR 2016, 361 ff.; Heuermann, Der Betrieb 2015, 572; a.A. Lippross, UR 2014, 717 ff.; ders. Deutsche Steuer-Rundschau 2016, 993 ff.). Selbst wenn dieser Verfahrensvorschrift Rückwirkung zukommen würde, wäre diese im Hinblick auf die vom Senat angenommene Änderungsvoraussetzung, dass dem Unternehmer ein korrespondierender Zahlungsanspruch zusteht (s. oben II.2.a-c), verfassungsrechtlich unbedenklich.

3. Das FA ist verpflichtet, die ihm angebotene Abtretung anzunehmen.

a) Das für den leistenden Unternehmer zuständige FA kann gemäß § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG auf Antrag zulassen, dass der leistende Unternehmer dem FA den ihm gegen den Leistungsempfänger zustehenden Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer abtritt, wenn die Annahme der Steuerschuld des Leistungsempfängers im Vertrauen auf eine Verwaltungsanweisung beruhte und der leistende Unternehmer bei der Durchsetzung des abgetretenen Anspruchs mitwirkt.

Das BMF-Schreiben in BStBl I 2014, 1073, Rz 7 führt hierzu aus: "Das für den leistenden Unternehmer zuständige Finanzamt hat in diesen Fällen nach § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG auf Antrag zuzulassen, dass der leistende Unternehmer den ihm gegen den Leistungsempfänger zustehenden Anspruch auf (nachträgliche) Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer dem Finanzamt abtritt ...". Der erkennende Senat pflichtet dieser Annahme einer gebundenen Entscheidung, bei der für den Fall eines ordnungsgemäßen Abtretungsangebots eine Ermessensreduktion auf null vorliegt, bereits aus Gründen des Unionsrechts bei. Die Grundsätze der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes sowie von Treu und Glauben (s. oben II.2.a cc (2)) erfordern, dass der leistende Unternehmer für die in § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG umschriebene Fallgestaltung (Annahme einer Steuerschuld des Leistungsempfängers im Vertrauen auf eine Verwaltungsanweisung und Mitwirkung des leistenden Unternehmers bei der Durchsetzung des abgetretenen Anspruchs) einen Rechtsanspruch auf Annahme seines Abtretungsangebots hat.

b) Im Streitfall steht der Klägerin ein Zahlungsanspruch gegen die H-GmbH zu (s. oben II.2.d aa). Sie hat dem FA die Abtretung dieses Anspruchs formal ordnungsgemäß angeboten. Daher reduziert sich das dem FA durch § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG eingeräumte Ermessen auf null, so dass jede andere Entscheidung als die Annahme des Abtretungsangebots ermessensfehlerhaft ist.

c) Unerheblich ist, dass die Klägerin den sich aus der geänderten Steuerfestsetzung ergebenden Anspruch bereits durch Zahlung getilgt hatte. Der erkennende Senat verweist insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffende Entscheidung der Vorinstanz.

d) Schließlich ist die Rechnungserteilung mit Steuerausweis weder Voraussetzung für die Abtretung nach § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG noch für die Änderungsbefugnis nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG (s. oben II.2.), sondern nur Bedingung für die besondere Erfüllungswirkung nach § 27 Abs. 19 Satz 4 UStG.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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