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BFH: Wirtschaftlicher Arbeitgeber bei konzerninterner internationaler Arbeitnehmerentsendung

  1. Im Falle einer konzerninternen internationalen Arbeitnehmerentsendung wird das aufnehmende inländische Unternehmen zum wirtschaftlichen Arbeit­geber i.S. von § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG, wenn es den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt, der Einsatz des Arbeitnehmers bei dem aufnehmenden Unternehmen in dessen Interesse erfolgt, der Arbeitnehmer in den Arbeitsablauf des aufnehmenden Unternehmens eingebunden und dessen Weisungen unterworfen ist.
  2. Das wirtschaftliche Tragen des Arbeitslohns ersetzt in den Fällen des § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG die für den zivilrechtlichen Arbeitgeberbegriff erforderliche arbeits- bzw. dienstvertragliche Bindung zwischen Arbeitgeber und Arbeitneh­mer, auf der die Zahlung des lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohns (zivilrechtlich) im Regelfall beruht. Unbeschadet dessen muss die entsandte Person nach allgemeinen Grundsätzen als Arbeitnehmer des wirtschaftlichen Arbeitgebers anzusehen sein.

EStG § 1 Abs. 4, § 19, § 38 Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 38 Abs. 3, § 41a, § 42d Abs. 1 Nr. 1, § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c
LStDV § 1 Abs. 2
DBA CHE Art. 15 Abs. 4

BFH-Urteil vom 4.11.2021, VI R 22/19 (veröffentlicht am 17.3.2022)

Vorinstanz: Thüringer FG vom 13.12.2018, 3 K 795/16 = SIS 19 14 81

I. Die in der Schweiz ansässige A AG (AG) war die alleinige Gesellschafterin der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin). Die AG und die Klägerin schlossen unter dem ...2009 eine "Dienstleistungsvereinbarung" (DV). Ausweislich dieser DV verfügte die Klägerin infolge erheblicher Restruk­turierungen, verbunden mit Personalabgängen auf allen Stufen, seinerzeit nicht über ausreichende Personalressourcen, um die Führung der Gesellschaft sicherzustellen. Nach der DV bestand vor allem bei der Geschäftsführerfunk­tion eine Vakanz, die dringend geschlossen werden müsse und nur von einer mit der Branche vertrauten Person ausgeübt werden könne. Die Klägerin und die AG vereinbarten deshalb, dass die AG der Klägerin mit B einen Geschäftsführer zur Verfügung stellte. B, der seinen Wohnsitz in der Schweiz hatte, war gleichzeitig Verwaltungsrat der AG und CEO der Unternehmens­gruppe.

Die Handlungsverantwortung für B lag nach § 2 DV uneingeschränkt bei der Klägerin; B sollte im Namen, im Auftrag und auf Risiko der Klägerin handeln. Jegliche Mitverantwortung der AG wurde ausdrücklich abbedungen. Unbescha­det etwaiger Regressansprüche gegen die AG sollte die Klägerin gegenüber Dritten so haften, wie sie haften würde, wenn die Leistungen durch eigenes Personal erbracht würden.

Nach § 3 DV entsprach die Vergütung (Entschädigung), die die Klägerin an die AG zu leisten hatte, derjenigen, die auch an einen unabhängigen Dritten zu zahlen gewesen wäre (einschließlich gesetzlicher Sozialversicherungen und Arbeitgeberbeiträge). Das von dem vorhergehenden Geschäftsführer bezogene Gehalt (zuzüglich Sozialleistungen) galt dabei als Vergleichsbasis. Die AG ver­zichtete ausdrücklich (und bis auf weiteres) auf eine Gewinnmarge. Konkret vereinbarten die Klägerin und die AG Monatspauschalen (ausgenommen Ausla­genersatz) in Höhe von ... €. Die Höhe der Monatspauschalen konnte jederzeit, jedoch unter Beachtung einer Ankündigungsperiode von drei Mona­ten, angepasst werden.

Die DV konnte ohne Einhaltung einer Frist von beiden Vertragspartnern gekün­digt werden. Sie unterstand nach § 6 DV Schweizer Recht.

B wurde am ...2009 im Handelsregister als Geschäftsführer der Klägerin eingetragen. Die Vergütungen, die B von der AG bezog, blieben auch nach sei­ner Bestellung zum Geschäftsführer der Klägerin im Wesentlichen unverän­dert.

Im Rahmen einer bei der Klägerin für die Zeit von Juli 2012 bis Oktober 2015 (Streitzeitraum) durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung vertrat die Prüferin die Auffassung, die Zahlungen, die die Klägerin an die AG gemäß der DV für die Tätigkeit des Geschäftsführers B geleistet habe, seien dem deutschen Lohnsteuerabzug zu unterwerfen. Die Klägerin sei nach § 38 Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) wirtschaftliche Arbeitgeberin des B, der in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c EStG beschränkt steuerpflichtig sei. Die Einkünfte seien nach Art. 15 Abs. 4 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA CHE) im Inland zu versteuern.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) folgte der Auffas­sung der Prüferin und erließ einen entsprechenden Haftungsbescheid.

Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen nach erfolglosem Vorverfahren er­hobene Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2019, 1205 veröf­fentlichten Gründen ab.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Sie beantragt sinngemäß,
das Urteil des FG sowie die Einspruchsentscheidung vom 09.12.2016 aufzuheben und den Haftungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge vom 10.05.2016 dahin zu ändern, dass die Vergü­tungen für die Tätigkeit des entsandten Geschäftsführers B nicht der deutschen Lohnsteuer unterliegen.

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefoch­tenen Urteils und zur Zurückverweisung der nicht entscheidungsreifen Sache an die Vorinstanz zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Deren Feststellungen lassen keine abschließende Beantwortung der Frage zu, ob das FA die Klägerin mit dem angefochtenen Haftungsbescheid zu Recht als wirtschaftliche Arbeit­geberin des B wegen Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag in Anspruch genom­men hat.

1. Nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten und abzuführen hat.

2. Arbeitgeber im Sinne des Lohnsteuerrechts ist grundsätzlich derjenige, dem der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung schuldet, unter dessen Leitung er tätig wird oder dessen Weisung er zu befolgen hat (Umkehrschluss aus § 1 Abs. 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung ‑‑LStDV‑‑). Dies ist regelmäßig der Vertragspartner des Arbeitnehmers aus dem Dienstvertrag (zivilrechtlicher Arbeitgeber, s. Senatsurteile vom 19.02.2004 ‑ VI R 122/00, BFHE 205, 216, BStBl II 2004, 620, und vom 13.07.2011 ‑ VI R 84/10, BFHE 234, 204, BStBl II 2011, 986, Rz 15).

Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin nicht zivilrechtliche Arbeitgeberin des B war. Zwischen ihr und B bestand kein (abhängiges) Beschäftigungsverhältnis, kraft dessen B der Klägerin seine Arbeitskraft gegen ein (Arbeits‑)Entgelt schuldete. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit. Der Senat sieht insoweit daher von weiteren Ausführungen ab.

3. Nach § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG (in der im Streitzeitraum geltenden Fassung) ist inländischer Arbeitgeber in den Fällen der Arbeitnehmerentsendung auch das in Deutschland ansässige aufnehmende Unternehmen, das den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt; Voraussetzung hierfür ist nicht, dass das Unternehmen dem Arbeitnehmer den Arbeitslohn im eigenen Namen und für eigene Rechnung auszahlt.

a) Diese Regelungen gelten insbesondere auch im Bereich der Entsendung von Arbeitnehmern zwischen verbundenen Unternehmen. Sie greifen auch dann ein, wenn ein Arbeitnehmer bei einem verbundenen Unternehmen (entsenden­des Unternehmen) angestellt ist und abwechselnd sowohl für dieses als auch für ein weiteres verbundenes Unternehmen (aufnehmendes Unternehmen) ar­beitet, wobei das aufnehmende dem entsendenden Unternehmen den von die­sem gezahlten Arbeitslohn anteilig ersetzt. In einem solchen Fall sind ggf. sowohl das entsendende als auch das aufnehmende Unternehmen (lohnsteuer­rechtlich) Arbeitgeber des betreffenden Arbeitnehmers, so dass dessen Arbeitslohn anteilig von den verschiedenen Arbeitgeber-Unternehmen gezahlt wird.

b) Allerdings wird das inländische aufnehmende Unternehmen nicht allein schon dadurch zum wirtschaftlichen Arbeitgeber, dass es dem entsendenden Unternehmen den Arbeitslohn erstattet, der auf die im Inland ausgeübte Tätig­keit entfällt. Voraussetzung für die wirtschaftliche Arbeitgeberstellung i.S. von § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG ist vielmehr außerdem, dass der Einsatz des Arbeit­nehmers bei dem aufnehmenden Unternehmen in dessen Interesse erfolgt und dass der Arbeitnehmer in den Arbeitsablauf des aufnehmenden Unternehmens eingebunden und dessen Weisungen unterworfen ist (s. Urteil des Bundes­finanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 23.02.2005 ‑ I R 46/03, BFHE 209, 241, BStBl II 2005, 547, unter II.4.d; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen ‑‑BMF‑‑ vom 03.05.2018 ‑ IV B 2‑S 1300/08/10027, 2018/0353235, BStBl I 2018, 643, Rz 132 ff.).

c) Das wirtschaftliche Tragen des Arbeitslohns ersetzt in den Fällen des § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG die für den zivilrechtlichen Arbeitgeberbegriff sonst erfor­derliche arbeits‑ bzw. dienstvertragliche Bindung zwischen Arbeitgeber und Ar­beitnehmer, auf der die Zahlung des lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohns durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer (zivilrechtlich) im Regelfall beruht. Dies ändert aber nichts daran, dass die betreffende Person (nach allgemeinen Grundsätzen) auch als Arbeitnehmer des (wirtschaftlichen) Arbeitgebers anzu­sehen sein muss. Der wirtschaftliche Arbeitgeber ist ebenso wie der zivilrecht­liche Arbeitgeber lohnsteuerrechtlicher Arbeitgeber und damit gemäß § 38 Abs. 3 EStG zur Einbehaltung und nach § 41a EStG zur Anmeldung und Abfüh­rung der Lohnsteuer verpflichtet. Der Lohnsteuerabzug kommt nach § 38 Abs. 1 Satz 1 EStG aber nur bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit vom Arbeitslohn in Betracht, also bei Einkünften von (lohnsteuerrechtlichen) Arbeit­nehmern.

4. Nach diesen Maßstäben kann die Vorentscheidung keinen Bestand haben.

a) Im Streitfall stand B nach den unangefochtenen und den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG nur in einem Anstellungsverhältnis zu der AG, von der er für seine Arbeitsleistungen vergü­tet wurde. Für die Klägerin wurde B ‑‑wie vorstehend ausgeführt‑‑ hingegen ohne Geschäftsführerdienstvertrag und auch ohne weitere Vergütung kraft sei­ner Bestellung zu deren Geschäftsführer tätig.

Nach § 3 DV zahlte die Klägerin der AG eine Monatspauschale in Höhe von ... €, wobei die Vergütung (Entschädigung) derjenigen entsprechen sollte, die auch an einen unabhängigen Dritten zu zahlen gewesen wäre (einschließ­lich gesetzlicher Sozialversicherungen und Arbeitgeberbeiträge). Das FG hat angenommen, die Klägerin habe mit der vorgenannten Monatspauschale den Arbeitslohn des B wirtschaftlich anteilig getragen. Diese Annahme ist von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz jedoch nicht hinreichend gedeckt. Das FG hat bei seiner diesbezüglichen Beurteilung rechtsfehlerhaft nicht alle maßgeblichen Umstände des Streitfalls berücksichtigt.

aa) Zur Beantwortung der Frage, ob das in Deutschland ansässige aufnehmen­de Unternehmen den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt, ist auf den wirtschaftlichen Gehalt und die tatsächliche Durchführung der zugrunde liegenden Vereinbarungen abzustellen (s.a. BMF-Schreiben in BStBl I 2018, 643, Rz 128).

(1) Zivilrechtlich beruhten die von der Klägerin an die AG geleisteten Monats­pauschalen auf der zwischen diesen Beteiligten geschlossenen DV. Hiernach entfielen die von der Klägerin nach § 3 DV zu zahlenden Monatspauschalen auf die Gestellung des B als Geschäftsführer. Dienstleistungspflichten der AG ‑‑ne­ben der in § 1 DV ausdrücklich vereinbarten Personalgestellung‑‑ sollten durch die DV nach deren § 5 nicht begründet werden. Abweichendes hat das FG nicht festgestellt und wurde von den Beteiligten auch nicht geltend gemacht.

(2) Entgegen der Auffassung der Vorinstanz kann (allein) aus den vereinbarten und von der Klägerin an die AG gezahlten Monatspauschalen aber nicht ge­schlossen werden, dass die Klägerin durch diese Zahlungen den von der AG an B geleisteten Arbeitslohn, soweit er auf die Geschäftsführertätigkeit für die Klägerin entfiel, in Höhe von ... € wirtschaftlich trug.

Das FG hat den Inhalt des zwischen der AG und B abgeschlossenen Arbeitsver­trags nicht festgestellt. Es steht folglich weder fest, welche Arbeitsleistungen B der AG schuldete, noch, in welcher genauen Höhe er von der AG hierfür Arbeitslohn bezog. Darüber hinaus hat das FG keinerlei Feststellungen zu den Tätigkeiten und deren zeitlichem Umfang getroffen, die B als Geschäftsführer der Klägerin im Streitzeitraum ausgeübt hatte. Damit lässt sich auch nicht feststellen, ob und falls ja, in welchem Umfang die Klägerin mit den von ihr an die AG gezahlten Monatspauschalen denjenigen Teil des von der AG an B gezahlten Arbeitslohns ersetzt hat, der wirtschaftlich auf die Arbeit des B als Geschäftsführer der Klägerin entfiel.

§ 3 DV ist zwar zu entnehmen, dass sich die zwischen der Klägerin und der AG vereinbarte Monatspauschale an dem von dem vorherigen Geschäftsführer der Klägerin bezogenen Gehalt (zuzüglich Sozialleistungen) orientierte. Hieraus er­gibt sich aber nicht, dass die Monatspauschalen nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt auch in einer Beziehung zu dem von der AG an den Kläger gezahlten Arbeitslohn standen, den die Klägerin der AG ‑‑nach Auffassung der Vorins­tanz‑‑ durch Zahlung der Monatspauschalen (teilweise) ersetzt haben soll. Eine Vereinbarung dahingehend, dass die Klägerin der AG den an B gezahlten Arbeitslohn (teilweise) zu erstatten hatte, enthält die DV gerade nicht. Die DV stellt auch sonst keine Verbindung zwischen den Monatspauschalen und den Bezügen her, die B von der AG erhielt. Der Inhalt der DV bestätigt damit nicht (ohne weiteres) die Annahme des FG, dass die Klägerin der AG mit den Mo­natspauschalen den Teil des an B ausgezahlten Arbeitslohns ersetzt hat, der wirtschaftlich auf dessen Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin entfiel (s. dazu auch BFH-Urteil in BFHE 209, 241, BStBl II 2005, 547, unter II.4.). Die DV lässt vielmehr auch eine Auslegung dahingehend zu, dass die AG der Klä­gerin unbeschadet der Regelung in § 5 DV die Übernahme der Geschäftsfüh­rung durch Gestellung des Geschäftsführers B nach § 1 DV im Rahmen eines Dienstleistungsvertrags schuldete und die Klägerin der AG diese vertraglich ausdrücklich vereinbarte (Dienst‑)Leistung durch Zahlung der Monatspauscha­len zu vergüten hatte. Der Arbeitslohn des B wäre dann lediglich ein Preisbe­standteil der Monatspauschalen gewesen, die die Klägerin der AG für die ge­schuldete Dienstleistung, also die Übernahme der Geschäftsführung durch B, schuldete (s.a. BMF-Schreiben in BStBl I 2018, 643, Rz 131).

bb) Der Senat kann mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen des FG zum wirtschaftlichen Gehalt der von der Klägerin an die AG gezahlten Monats­pauschalen nicht selbst die Würdigung vornehmen, ob und falls ja, in welchem Umfang die Klägerin durch die Zahlung der Monatspauschalen den Arbeitslohn wirtschaftlich trug, den die AG ihrerseits dem B schuldete, soweit er wirt­schaftlich auf die Geschäftsführertätigkeit des B bei der Klägerin entfiel. Die Vorinstanz erhält durch die Zurückverweisung der Sache Gelegenheit, die er­forderlichen Feststellungen unter Berücksichtigung der vorstehend dargelegten Rechtsauffassung des Senats nachzuholen.

b) Darüber hinaus tragen die Feststellungen des FG auch nicht dessen Auffas­sung, dass B die Geschäftsführertätigkeit für die Klägerin als deren Arbeitneh­mer ausgeübt hat.

Im Streitfall kann B als beschränkt Steuerpflichtiger zwar Einkünfte aus nicht­selbständiger Arbeit gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c EStG von der Klägerin als seiner (wirtschaftlichen) Arbeitgeberin bezogen haben. Nach dieser Vor­schrift sind inländische Einkünfte im Sinne der beschränkten Steuerpflicht (§ 1 Abs. 4 EStG) insbesondere Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG), die als Vergütungen für eine Tätigkeit als Geschäftsführer einer Gesell­schaft mit Geschäftsleitung im Inland bezogen werden. Der Senat kann auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG aber nicht abschließend be­urteilen, ob B ‑‑wie es die oben dargelegten Rechtsmaßstäbe verlangen‑‑ nach allgemeinen Grundsätzen auch als Arbeitnehmer der Klägerin anzusehen war.

aa) Das FG ist insoweit zunächst allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass der Einsatz des B als Geschäftsführer der Klägerin (auch) in deren Interesse lag. Das FG hat diesbezüglich insbesondere auf die Einleitung der DV abge­stellt, nach der die Klägerin seinerzeit nicht über ausreichende Personalres­sourcen verfügte, um die Führung der Geschäfte sicherzustellen, wobei vor allem hinsichtlich der Geschäftsführerfunktion eine Vakanz bestand, die drin­gend durch eine mit der Branche vertraute Person geschlossen werden muss­te. Die Vorinstanz hat ferner zutreffend darauf hingewiesen, dass die Klägerin nach § 2 DV die Handlungsverantwortung und das Risiko der Geschäftsführer­tätigkeit des B trug. Die daraus abgeleitete (rechtliche) Würdigung des FG ist jedenfalls möglich und auch nicht von Rechtsfehlern beeinflusst. Die Besetzung der Geschäftsführerposition liegt typischerweise vorrangig im eigenen Interes­se der Gesellschaft, hinter das dasjenige des Anteilseigners ‑‑hier der AG‑‑ in der Regel zurücktritt. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Einsatz des B als Geschäftsführer der Klägerin ausnahmsweise in erster Linie im Interesse der AG (als Gesellschafterin der Klägerin) erfolgte, hat das FG weder festgestellt noch wurden sie von den Beteiligten substantiiert vorgetragen.

bb) Die Ansicht des FG, B sei in den Arbeitsablauf der Klägerin eingebunden gewesen, ist indessen nicht frei von Rechtsfehlern.

Das FG hat hierzu ausgeführt, B sei als Geschäftsführer der aufnehmenden GmbH stets in deren Hierarchie eingebunden, weil er an der Spitze dieser Hierarchie stehe. Das zusätzliche Kriterium der Weisungsgebundenheit gelte nur für andere Arbeitnehmer, nicht aber für Geschäftsführer. Diese Auffassung der Vorinstanz ist rechtsfehlerhaft.

(1) Bei Organen juristischer Personen ist zwischen der Organstellung und dem ihr zugrunde liegenden Anstellungsverhältnis zu unterscheiden (BFH-Urteil vom 20.10.2010 ‑ VIII R 34/08, Rz 23, m.w.N.). Bestellung und Abberufung als Vertretungsorgan sind ausschließlich körperschaftliche Rechtsakte, durch die gesetzliche und satzungsgemäße Kompetenzen übertragen oder entzogen werden. Dagegen ist die Anstellung zum Zweck des Tätigwerdens als Vertre­tungsorgan regelmäßig ein schuldrechtlicher gegenseitiger Vertrag. Ob das An­stellungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis ist, richtet sich nach den allgemeinen Kriterien zur Abgrenzung selbständiger von nichtselbständiger Tätigkeit. Abzu­stellen ist deshalb auch bei der Beurteilung der Tätigkeit des GmbH-Geschäfts­führers vornehmlich auf die Umstände des Einzelfalls und nicht auf dessen organschaftliche Stellung (BFH-Urteil vom 20.10.2010 ‑ VIII R 34/08, Rz 23, m.w.N.).

(2) Im Streitfall bestand kein (Geschäftsführer‑)Dienstvertrag zwischen der Klägerin und B. Aus den Feststellungen des FG lässt sich auch sonst nicht ent­nehmen, dass B (vertraglichen) Regelungen mit der Klägerin oder mit der AG unterworfen war, denen z.B. Aussagen zu bestimmten Arbeitszeiten, zu per­sönlicher Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit gegenüber der Klägerin zu entnehmen sind und die damit auf eine Eingliederung des B in den Betrieb der Klägerin hindeuten können. Bei dieser Sachlage ist die Würdigung des FG schon deshalb lücken‑ und damit rechtsfehlerhaft, weil ein konkreter Umfang der (erforderlichen) Geschäftsführungstätigkeit des B für die Klägerin nach den bisherigen Feststellungen der Vorinstanz nicht erkennbar ist. Für einen GmbH-Geschäftsführer können sich je nach Einzelfall zudem auch aus der Organstel­lung und dem Gesellschaftsvertrag hinsichtlich der laufenden Geschäfte unter­schiedliche Verpflichtungen ergeben, die bei der Prüfung der Eingliederung des Geschäftsführers in den Betrieb der GmbH von Bedeutung sein können.

Ferner hat das FG nicht beachtet, dass die Beteiligungsquote des B an der AG und deren Stellung als Alleingesellschafterin der Klägerin ebenfalls Anlass ge­ben können, die Tätigkeit des B als Geschäftsführer der Klägerin als selbstän­dige zu beurteilen. Denn die Beteiligungsquote kann im Rahmen der steuer­lichen Beurteilung zumindest als Indiz für eine selbständige Tätigkeit herange­zogen werden (s. BFH-Urteil vom 20.10.2010 ‑ VIII R 34/08, Rz 29), insbe­sondere wenn dienstvertragliche Vereinbarungen zwischen Geschäftsführer und GmbH ‑‑wie im Streitfall‑‑ fehlen. Auch hierzu mangelt es an hinreichen­den tatsächlichen Feststellungen des FG und einer entsprechenden tatrichter­lichen Würdigung.

(3) Das FG wird daher im zweiten Rechtsgang auch die Frage, ob B als Arbeit­nehmer der Klägerin in den Arbeitsablauf des aufnehmenden Unternehmens eingebunden und deren Weisungen unterworfen war, nochmals unter Beach­tung der Rechtsauffassung des Senats zu prüfen haben.

5. Sofern das FG im zweiten Rechtsgang erneut zu der Auffassung gelangen sollte, dass die Klägerin der AG mit der Zahlung der Monatspauschalen von ... € (anteilig) den Arbeitslohn des B erstattet hat und sie wirtschaftliche Arbeitgeberin des als Arbeitnehmer anzusehenden Geschäftsführers B war, wird es ferner zu prüfen haben, ob die sich hierdurch ergebende Aufteilung des von B insgesamt bezogenen Arbeitslohns zwischen der Klägerin und der AG Fremdvergleichsgrundsätzen standhält. Dies kann nicht bereits aufgrund der Vereinbarung in § 3 DV bejaht werden, sondern hängt (auch) von den tat­sächlich für die Klägerin einerseits und die AG andererseits erbrachten Arbeits­leistungen des B ab. Hierzu fehlen ‑‑wie bereits dargelegt‑‑ ebenso wie zu dem von B insgesamt bezogenen Arbeitslohn tatrichterliche Feststellungen.

Sollte sich dabei eine zum Nachteil der Klägerin gereichende Aufteilung des Arbeitslohns ergeben, weil B für seine (tatsächlich ausgeübte) Geschäftsfüh­rertätigkeit für die Klägerin unter ansonsten vergleichbaren Bedingungen nur geringere Bezüge als ... € (einschließlich etwaig anfallender gesetzlicher Sozialversicherungen und Arbeitgeberbeiträge) monatlich zugestanden hätten, wäre die Zahlung des Mehrbetrags durch die Klägerin an die AG steuerrecht­lich nicht als die Erstattung von Arbeitslohn, sondern als verdeckte Gewinn­ausschüttung anzusehen, die die Klägerin nicht in ihrer Eigenschaft als wirt­schaftliche Arbeitgeberin des B geleistet hätte und die deshalb auch nicht zu einer Haftung für Lohnsteuer führen könnte. Dies wird das FG bei der Ermitt­lung der Höhe des Haftungsbetrags im zweiten Rechtsgang ggf. zu berück­sichtigen haben.

Ebenso wird das FG im zweiten Rechtsgang zu prüfen haben, ob die Monats­pauschalen ‑‑worauf § 3 DV hindeuten könnte‑‑ teilweise auch auf die Erstat­tung von nicht zu Arbeitslohn führenden Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialver­sicherung entfielen und daher aus diesem Grund nicht in voller Höhe dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfen gewesen wären. Dies würde ebenfalls zu einer Herabsetzung des Haftungsbetrags führen müssen.

6. Da bisher nicht feststeht, ob und ggf. in welcher Höhe die Klägerin nach in­ländischem Lohnsteuerrecht zum Lohnsteuerabzug verpflichtet war und gemäß § 42d EStG als Haftende in Anspruch genommen werden konnte, kann der Senat zunächst dahinstehen lassen, ob die betreffenden Einkünfte des B nach Art. 15 Abs. 4 DBA CHE im Inland besteuert werden durften. Jedenfalls kann Art. 15 Abs. 4 DBA CHE entgegen der Auffassung des FG nicht zur Begründung der inländischen Lohnsteuerabzugspflicht der Klägerin herangezogen werden. Doppelbesteuerungsabkommen dienen grundsätzlich nicht dazu, steuerliche Pflichten zu begründen, sondern allein der Vermeidung einer vorhandenen Doppelbesteuerung. Rechtsgrundlagen zur Begründung von Steuerpflichten können sich hingegen nur aus den allgemein geltenden gesetzlichen Bestim­mungen ergeben (BFH-Urteil vom 24.03.1999 ‑ I R 64/98, BFHE 190, 74, BStBl II 2000, 41, unter II.B.1.a).

7. Da die Revision der Klägerin bereits mit der Sachrüge Erfolg hat, kommt es auf die ebenfalls erhobene Verfahrensrüge nicht mehr an.

8. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

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