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BFH: Nichtrückkehrtage bei Anwendung der Grenzgängerregelung in Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich

Lohnsteuernachforderung beim beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmer

  1. Bei einer Beschäftigung in der Grenzzone während des ganzen Kalenderjahres geht die Grenzgängereigenschaft nach Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich nur dann verloren, wenn der Arbeitnehmer an mehr als 45 Arbeitstagen (Nichtrückkehrtagen) entweder nicht zum Wohnsitz zurückkehrt oder ganztägig außerhalb der Grenzzone für seinen Arbeitgeber tätig ist (Bestätigung des BMF-Schreibens vom 3.4.2006, BStBl 2006 I S. 304 = SIS 06 20 53 Tz. B.2).
  2. Eintägige Dienstreisen außerhalb der Grenzzone führen zu Nichtrückkehrtagen, wenn der Arbeitnehmer an diesen Tagen nicht zugleich innerhalb der Grenzzone gearbeitet hat; bloße Transferreisen innerhalb der Grenzzone sind insoweit unbeachtlich (Abgrenzung zum Senatsbeschluss vom 25.11.2002, I B 136/02, BFHE 201 S. 119, BStBl 2005 II S. 375 = SIS 03 07 82). Dies gilt in gleicher Weise für Rückreisetage bei mehrtägigen Dienstreisen außerhalb der Grenzzone.
  3. Hinreisetage bei mehrtägigen Dienstreisen außerhalb der Grenzzone zählen nur dann zu den Nichtrückkehrtagen, wenn der Arbeitnehmer nicht vor der Abreise zwischen seinem Wohnsitz und dem Arbeitsort in der Grenzzone gependelt ist.
  4. Entfällt eine mehrtägige Dienstreise außerhalb der Grenzzone auf Wochenenden oder Feiertage, so liegen keine Nichtrückkehrtage vor, wenn die Arbeit an diesen Tagen weder vertraglich vereinbart ist noch vom Arbeitnehmer tatsächlich ausgeübt wird (Bestätigung des BMF-Schreibens vom 3.4.2006, BStBl 2006 I S. 304 = SIS 06 20 53 Tz. B.4); die Reisetätigkeit ist insoweit nicht als Arbeitstätigkeit anzusehen.
  5. Krankheitstage während einer mehrtägigen Dienstreise führen nicht zu Nichtrückkehrtagen. Ein Nichtrückkehrtag liegt dagegen vor, wenn der Arbeitnehmer während der Dienstreise infolge höherer Gewalt (hier: "Taifunwarnung") daran gehindert ist, seine vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen.

BFH-Urteil vom 11.11.2009, I R 84/08

DBA-Frankreich Art. 13 Abs. 1 Satz 1, Art. 13 Abs. 5
EStG 1997 § 1 Abs. 4, § 38, § 42d Abs. 3, § 49 Abs. 1 Nr. 4

Vorinstanz: FG des Saarlandes vom 12.8.2008, 2 K 2024/03 (EFG 2008 S. 1686 = SIS 08 37 43)

I. Streitig ist die Anwendung der Grenzgängerregelung des Art. 13 Abs. 5 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 21.7.1959 (BGBl II 1961, 398) i.d.F. vom 28.9.1989 (BGBl II 1990, 772) - DBA-Frankreich - auf einen in Frankreich ansässigen und in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) beschäftigten Arbeitnehmer.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war in den Streitjahren 1997 bis 2000 Arbeitnehmer bei der K-GmbH in I und wurde u.a. im Außendienst eingesetzt. Der Wohnsitz des Klägers befindet sich seit 1.1.1997 in Frankreich.

Der Kläger unternahm in 1997 an 85 Tagen, in 1998 an 86 Tagen, in 1999 an 73 Tagen und in 2000 an 64 Tagen Dienstreisen außerhalb des Grenzgebietes. Die Abwesenheitstage setzten sich wie folgt zusammen:

1997 1998 1999 2000
Dienstreisetage insgesamt 85 86 73 64
eintägige Dienstreisen außerhalb der Grenzzone 4 8 9 5
Hin-/Rückreisetage bei mehrtägigen Dienstreisen außerhalb der Grenzzone
(davon am Wochenende/an Krankheitstagen)
(Hinreise nach Pendelbewegung zwischen Wohnsitz und Arbeitsort)
20

(3)

(7)
32

(3)

(12)
28

./.

(6)
26

(4)

(2)
Samstage, Sonn- und Feiertage (ohne Hin-/Rückreise) 17
11
8
5
Krankheitstage (ohne Hin-/ Rückreise) 18 5 9 9
Nichtarbeit wegen Taifunwarnung ./. 4 ./. ./.

Die K-GmbH leitete daraus ab, dass als relevante Nichtrückkehrtage jeweils 26 (1997 und 1998) und 19 (1999 und 2000) Tage anzusetzen seien. Der Kläger wurde daher von der K-GmbH in den Streitjahren als Grenzgänger i.S. des Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich angesehen; der Arbeitslohn des Klägers wurde nicht dem Lohnsteuerabzug unterworfen.

Im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung bei der K-GmbH forderte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) vom Kläger für die Streitjahre Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 193.487 DM nach. Er ging hierbei davon aus, dass der Kläger in den Streitjahren an jeweils mehr als 45 Tagen Dienstreisen außerhalb des Grenzgebietes von mehr als zwölf Stunden durchgeführt habe und daher nicht als Grenzgänger i.S. des Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich anzusehen sei. Dazu zählte er die Hin- und Rückreisetage (bei mehrtägigen Dienstreisen) und die Nichtarbeitstage ("Taifunwarnung") generell als Nichtrückkehrtage; auch die Krankheitstage seien im Streitfall als Nichtrückkehrtage zu werten, da der Kläger nicht ausreichend nachgewiesen habe, dass er tatsächlich wegen Erkrankung arbeitsunfähig gewesen sei.

Der hiergegen erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) des Saarlandes mit Urteil vom 12.8.2008, 2 K 2024/03, veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2008, 1686, statt.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Dem Revisionsverfahren ist das Bundesministerium der Finanzen (BMF) beigetreten (§ 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das BMF hat keinen Antrag gestellt.

II. Die Revision ist für die Streitjahre 1998 und 1999 begründet; das Urteil des FG ist insoweit aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Im Übrigen ist die Revision unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat zu Recht entschieden, dass der Kläger in den Streitjahren 1997 und 2000 als Grenzgänger i.S. des Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich mit seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Frankreich zu besteuern und die Nachforderung von Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag insoweit rechtswidrig ist. Für die Streitjahre 1998 und 1999 hat das FG zu Unrecht die Grenzgängereigenschaft des Klägers angenommen; der Nachforderungsbescheid des FA ist insoweit rechtmäßig.

1. Der Kläger war in den Streitjahren gemäß § 1 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes 1997 (EStG 1997) beschränkt steuerpflichtig; er unterlag gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG 1997 mit den in den Streitjahren erzielten Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit der Einkommensteuer. Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) hatte der Kläger in den Streitjahren einen Wohnsitz in Frankreich und übte seine Arbeit im Inland aus.

2. Die Ausübung des hiernach bestehenden Besteuerungsrechts war aber in den Streitjahren 1997 und 2000 durch Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich eingeschränkt. In den Streitjahren 1998 und 1999 können die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit für die K-GmbH dagegen nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 DBA-Frankreich nur in Deutschland als dem Tätigkeitsstaat besteuert werden.

a) Nach Art. 13 Abs. 5 Buchst. a DBA-Frankreich können Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von Personen, die im Grenzgebiet eines Vertragsstaates arbeiten und ihre ständige Wohnstätte, zu der sie in der Regel jeden Tag zurückkehren, im Grenzgebiet des anderen Vertragsstaates haben, abweichend von Art. 13 Abs. 1 DBA-Frankreich nur in diesem anderen Staat besteuert werden. Das Grenzgebiet umfasst nach Art. 13 Abs. 5 Buchst. b DBA-Frankreich die Gemeinden, deren Gebiet ganz oder teilweise höchstens 20 km von der Grenze entfernt liegt; die Grenzgängerregelung ist auch für alle Personen anwendbar, die ihre ständige Wohnstätte in den französischen Grenzdepartements haben und in deutschen Gemeinden arbeiten, deren Gebiet ganz oder teilweise höchstens 30 km von der Grenze entfernt liegt (Art. 13 Abs. 5 Buchst. c DBA-Frankreich). Der Kläger hatte nach den Feststellungen des FG seine ständige Wohnstätte in einem französischen Grenzdepartement (vgl. BMF-Schreiben vom 11.6.1996, BStBl I 1996, 645) und war im Grenzgebiet in Deutschland beschäftigt.

b) Ein Arbeitnehmer verliert die Grenzgängereigenschaft nicht bereits dadurch, dass er nicht täglich von seinem Arbeitsort im Grenzgebiet an seinen Wohnsitz zurückkehrt. Die Nichtrückkehr des Arbeitnehmers an einem Arbeitstag ist insoweit unschädlich, wenn die Summe der Arbeitstage, an denen es an einer solchen Rückkehr fehlt, eine Höchstgrenze nicht überschreitet. Zur Festlegung der Höchstgrenze für diese sog. Nichtrückkehrtage kann auf die Verständigungsvereinbarungen zwischen den Vertragsparteien zur Anwendung der Grenzgängerregelung zurückgegriffen werden (Senatsbeschluss vom 25.11.2002 I B 136/02, BFHE 201, 119, BStBl II 2005, 375). Danach geht die Grenzgängereigenschaft - bei einer Beschäftigung in der Grenzzone während des ganzen Kalenderjahres - nur dann verloren, wenn der Arbeitnehmer an mehr als 45 Arbeitstagen entweder nicht zum Wohnsitz zurückkehrt oder außerhalb der Grenzzone für seinen Arbeitgeber tätig ist (BMF-Schreiben vom 3.4.2006, BStBl I 2006, 304 Tz. B.2; vgl. bereits BMF-Schreiben vom 20.2.1980, BStBl I 1980, 88).

c) Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger durch seine Dienstreisen außerhalb der Grenzzone in den Streitjahren 1998 und 1999 die Höchstgrenze von 45 Nichtrückkehrtagen überschritten; in den Streitjahren 1997 und 2000 liegen dagegen nicht mehr als 45 Nichtrückkehrtage des Klägers vor.

aa) Entgegen der Auffassung des FG sind die Tage mit eintägigen Dienstreisen des Klägers außerhalb der Grenzzone als Nichtrückkehrtage anzusetzen.

Eintägige Dienstreisen führen - aufgrund der Rückkehr des Arbeitnehmers an den Wohnsitz - nur dann zu Nichtrückkehrtagen, wenn der Arbeitnehmer seine Tätigkeit außerhalb der Grenzzone ausübt. Hierbei kommt es für die Annahme eines Nichtrückkehrtages nicht darauf an, in welchem stundenweisen Umfang der Arbeitnehmer sich dort aufhält; als Nichtrückkehrtage sind nur diejenigen Dienstreisetage zu berücksichtigen, an denen der Arbeitnehmer den ganzen Tag außerhalb der Grenzzone tätig geworden ist (Senatsbeschluss in BFHE 201, 119, BStBl II 2005, 375; Prokisch in Vogel/Lehner, DBA, 5. Aufl., Art. 15 Rz 153; Gosch, Entscheidungen des Bundesfinanzhofs für die Praxis der Steuerberatung 2003, 158, 159; Herlinghaus, EFG 2004, 1062, 1063; anderer Ansicht Kramer in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Frankreich Art. 13 Rz 58; Vogelgesang in Gosch/ Kroppen/Grotherr, DBA, Art. 13 DBA-Frankreich Rz 27). Durch das Erfordernis der ganztägigen Tätigkeit außerhalb der Grenzzone werden praktische Probleme bei der Nachweisbarkeit der stundenweisen Außentätigkeit vermieden (Senatsbeschluss in BFHE 201, 119, BStBl II 2005, 375).

Entgegen der Auffassung des FG kommt es für die Annahme eines Nichtrückkehrtages nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer sich den ganzen Tag außerhalb der Grenzzone aufgehalten hat (anderer Ansicht FG des Saarlandes, Urteil vom 29.4.2004 2 K 305/00, EFG 2004, 1060; Kamphaus/Büscher in Strunk/ Kaminski/Köhler, AStG/DBA, Art. 15 OECD-MA Rz 278; Jahn, Praxis Internationale Steuerberatung - PISTB - 2003, 144, 145). Maßgeblich hierfür ist vielmehr, ob der Arbeitnehmer seine Arbeit im Rahmen einer eintägigen Dienstreise ausschließlich außerhalb der Grenzzone ausübt. Ein Nichtrückkehrtag wird damit bereits durch kurzzeitige Tätigkeiten des Arbeitnehmers innerhalb der Grenzzone ausgeschlossen (Burmeister, Internationale Wirtschafts-Briefe - IWB - Fach 5 Gruppe 2, 1447, 1449; Hartmann, Die Information für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer - INF - 2006, 705, 706). Die mit der eintägigen Dienstreise verbundene Reisetätigkeit innerhalb der Grenzzone steht der Annahme eines Nichtrückkehrtages nicht entgegen, da sie nicht zu einer Tätigkeit in der Grenzzone führt, sondern - als bloßer Transfer - der Tätigkeit des Arbeitnehmers außerhalb der Grenzzone zuzuordnen ist (anderer Ansicht Jundt, PISTB 2007, 148, 149). Dieses Verständnis entspricht auch der Vertragspraxis, wie sie in der Verständigungsvereinbarung der Vertragsparteien vom 16.2.2006 zum Ausdruck kommt (BMF-Schreiben in BStBl I 2006, 304 Tz. B.8.3). Soweit der Senat in seinem Beschluss in BFHE 201, 119, BStBl II 2005, 375 eine andere Auffassung vertreten hat, hält er hieran nicht mehr fest.

Der Kläger war nach den Feststellungen des FG während der eintägigen Dienstreisen jeweils den ganzen Arbeitstag außerhalb der Grenzzone tätig. Diese Tage sind deshalb für die Grenzgängereigenschaft des Klägers schädlich.

bb) Das FG hat die Tage, an denen der Kläger sich von seinem Wohnsitz aus zu einer mehrtägigen Dienstreise außerhalb der Grenzzone begeben hat (Hinreisetage), nicht als Nichtrückkehrtage angesehen. Dem ist nur insoweit zuzustimmen, als der Kläger vor der Abreise zwischen seinem Wohnsitz und dem Arbeitsort in der Grenzzone "gependelt" ist.

Bloße Hinreisetage sind bereits aufgrund der fehlenden Rückkehr des Arbeitnehmers an den Wohnsitz als Nichtrückkehrtage zu werten; im Gegensatz zu eintägigen Dienstreisen außerhalb der Grenzzone kommt es damit für die Annahme eines Nichtrückkehrtages nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer den ganzen Arbeitstag außerhalb der Grenzzone tätig geworden ist (Hartmann, INF 2006, 705, 706; Kramer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Frankreich Art. 13 Rz 59; anderer Ansicht Kessler/Sinz/ Achilles-Pujol, DBA-Kommentar Deutschland/Frankreich, Art. 13 Tz. V; Sinz/Blanchard, Internationales Steuerrecht - IStR - 2003, 258, 261). Hat der Arbeitnehmer jedoch am Hinreisetag zunächst an seiner Arbeitsstätte in der Grenzzone dienstliche Tätigkeiten verrichtet und ist er erst nach der Rückkehr an den Wohnsitz zur Dienstreise in den Drittstaat aufgebrochen, so liegt kein Nichtrückkehrtag vor. Denn in diesem Fall fehlt es weder an der Arbeitstätigkeit in der Grenzzone noch an der Rückkehr an den Wohnsitz; vielmehr ist dann das für die Grenzgängereigenschaft wesentliche Merkmal der - regelmäßigen - arbeitstäglichen zweimaligen Grenzüberschreitung erfüllt (vgl. zur Grenzgängerregelung in Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz 1971 Senatsbeschluss vom 16.3.1994 I B 186/93, BFHE 174, 338, BStBl II 1994, 696, m.w.N.).

Die in der Verständigungsvereinbarung vom 16.2.2006 enthaltene Regelung, dass bei mehrtägigen Dienstreisen die Tage der Hinreise stets zu den Nichtrückkehrtagen zählen (BMF-Schreiben in BStBl II 2006, 304 Tz. B.6), rechtfertigt keine hiervon abweichende Auslegung. Denn sie steht für den Fall der vorherigen zweimaligen Grenzüberschreitung im Widerspruch zu der - vom Senat für die Auslegung des Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich herangezogenen (vgl. unter II.2.b) - Bestimmung der Verständigungsvereinbarung, dass ein schädlicher Nichtrückkehrtag nur dann vorliegt, wenn der Arbeitnehmer nicht zum Wohnsitz zurückkehrt oder an einem ganzen Arbeitstag außerhalb der Grenzzone beschäftigt ist (BMF-Schreiben in BStBl II 2006, 304 Tz. B.2).

cc) Der Senat teilt nicht die Auffassung des FG, dass die Tage, an denen der Kläger von einer mehrtägigen Dienstreise außerhalb der Grenzzone an seinen Wohnsitz zurückgekehrt ist (Rückreisetage), nicht als Nichtrückkehrtage zu berücksichtigen sind (ebenso Kramer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Frankreich Art. 13 Rz 59; anderer Ansicht Sinz/Blanchard, IStR 2003, 258, 261). Rückreisetage gehören - ebenso wie eintägige Dienstreisen außerhalb der Grenzzone - nur dann nicht zu den Nichtrückkehrtagen, wenn der Arbeitnehmer im Anschluss an die Dienstreise in der Grenzzone seine Arbeit ausgeübt hat; die bloße Reisetätigkeit in der Grenzzone steht der Annahme eines Nichtrückkehrtages nicht entgegen (Kessler/Sinz/Achilles-Pujol, a.a.O., Art. 13 Tz. V). Die in der Verständigungsvereinbarung vom 16.2.2006 enthaltene Regelung, dass bei mehrtägigen Dienstreisen die Tage der Rückreise stets zu den Nichtrückkehrtagen zählen (BMF-Schreiben in BStBl II 2006, 304 Tz. B.6), steht dieser Auslegung nicht entgegen, da es in diesem Fall der Arbeitsausübung in der Grenzzone am Rückreisetag an den Voraussetzungen für die Annahme eines Nichtrückkehrtages - entweder Nichtrückkehr zum Wohnsitz oder ganztägige Tätigkeit außerhalb der Grenzzone - fehlt (vgl. unter II.2.c bb).

Der Kläger ist nach den Feststellungen des FG an den Rückkehrtagen ohne weitere Arbeitstätigkeit in der Grenzzone an seinen Wohnsitz zurückgekehrt.

dd) Das FG hat zutreffend insoweit keine Nichtrückkehrtage angenommen, als die Dienstreisetage auf Samstage, Sonn- und Feiertage entfallen sind.

Als Nichtrückkehrtage kommen nur die Arbeitstage des Arbeitnehmers in Betracht. Da das Abkommen in Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich keine Regelung zum Begriff des Arbeitstages enthält, kann zu dessen Bestimmung die Verständigungsvereinbarung vom 16.2.2006 herangezogen werden (vgl. Senatsbeschluss in BFHE 201, 119, BStBl II 2005, 375). Zu den Arbeitstagen gehören danach die vertraglich vereinbarten Arbeitstage sowie alle weiteren Tage, an denen der Arbeitnehmer seine Tätigkeit ausübt (BMF-Schreiben in BStBl II 2006, 304 Tz. B.4; anderer Ansicht Kamphaus/Büscher in Strunk/Kaminski/Köhler, a.a.O., Art. 15 OECD-MA Rz 277: nur vertraglich vereinbarte Arbeitstage). Samstage, Sonntage und gesetzliche Feiertage sind damit - ebenso wie Urlaubstage - keine Arbeitstage, wenn der Arbeitnehmer an diesen Tagen keine dienstlichen Tätigkeiten verrichtet (FG des Saarlandes, Urteil vom 2.10.1996 1 K 207/95, EFG 1997, 19; Kramer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Frankreich Art. 13 Rz 59; Vogelgesang in Gosch/ Kroppen/Grotherr, a.a.O., Art. 15 OECD-MA Rz 293; Burmeister, IWB Fach 5 Gruppe 2, 1447, 1450; Hartmann, INF 2006, 705).

Der Kläger hat nach den Feststellungen des FG an den Samstagen, Sonntagen und Feiertagen während mehrtägiger Dienstreisen weder gearbeitet, noch war er an diesen Tagen vertraglich zur Arbeitsleistung verpflichtet. Dies gilt auch insoweit, als er die Wochenenden zur Hin- und Rückreise genutzt hat. Denn die bloße Reisetätigkeit ist nach dem Regelungszusammenhang der Verständigungsvereinbarung vom 16.2.2006, wie er insbesondere in Tz. B.8.3 des BMF-Schreibens in BStBl II 2006, 304 zum Ausdruck kommt (vgl. unter II.2.c aa), nicht als Arbeitstätigkeit anzusehen (Hartmann, INF 2006, 705).

ee) Das FG hat ferner zu Recht die vom Kläger geltend gemachten Krankheitstage nicht zu den Nichtrückkehrtagen gezählt.

Krankheitstage führen nicht zu Nichtrückkehrtagen, da sie die Eingliederung des Arbeitnehmers in die Arbeitsorganisation des Tätigkeitsstaates und in die Lebenswelt des Wohnsitzstaates nicht beeinträchtigen (Senatsbeschluss in BFHE 174, 338, BStBl II 1994, 696; Tz. B.4 des BMF-Schreibens in BStBl II 2006, 304; Kramer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Frankreich Art. 13 Rz 59; Züger in Gassner/Lang/Lechner/Schuch/Staringer, Arbeitnehmer im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, 2003, S. 177, 193; Vogelgesang in Gosch/Kroppen/Grotherr, a.a.O., Art. 15 OECD-MA Rz 293; Kamphaus/Büscher in Strunk/Kaminski/Köhler, a.a.O., Art. 15 OECD-MA Rz 277; Prokisch in Vogel/Lehner, a.a.O., Art. 15 Rz 153). Dies gilt auch insoweit, als die Krankheitstage auf Hin- und Rückreisetage bei mehrtägigen Dienstreisen entfallen.

Die vom FG anhand der vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen vorgenommene Beurteilung, dass der Kläger an den angegebenen Tagen tatsächlich krank gewesen sei, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden; sie verstößt weder - mangels entsprechender Rügen des FA - gegen die Verfahrensordnung noch gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze (vgl. allgemein Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 118 Rz 30, m.w.N.). Entgegen der Auffassung des FA kommt es nicht darauf an, ob der Kläger gegen seine Mitwirkungspflichten aus § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung i.V.m. § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO verstoßen hat. Denn ein solcher Verstoß könnte allenfalls zu einer Einschränkung der Sachaufklärungspflicht des FG nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO führen (Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 6.5.2005 XI B 239/03, BFH/NV 2005, 1605).

ff) Entgegen der Auffassung des FG gehören die Dienstreisetage, an denen der Kläger infolge der Taifunwarnung nicht gearbeitet hat, zu den für die Grenzgängereigenschaft schädlichen Nichtrückkehrtagen. Im Gegensatz zu Urlaubs- und Krankheitstagen handelt es sich bei diesen Tagen um Arbeitstage des Klägers. Denn der Kläger war an diesen Tagen vertraglich zur Arbeit verpflichtet. Dem steht nicht entgegen, dass er seine Arbeitsleistung wegen höherer Gewalt nicht erbringen konnte. Entscheidend ist allein, dass sich der Kläger an den betreffenden Tagen aus beruflichen Gründen außerhalb der Grenzzone aufhielt.

gg) Ausgehend von den Feststellungen des FG zu den Dienstreisen des Klägers ergibt sich danach folgende Berechnung der Nichtrückkehrtage (NRT):

1997 1998 1999 2000
NRT lt. FG 26 26 19 19
zzgl. eintägige Dienstreisen außerhalb der Grenzzone 4 8 9 5
zzgl. Hin-/Rückreisetage bei mehrtägigen Dienstreisen außerhalb der Grenzzone
abzgl. Hinreisetage mit vorheriger zweifacher Grenzüberschreitung
abzgl. Reisen am Wochenende/ an Krankheitstagen
20

7

3
32

12

3
28

6

./.
26

2

4
zzgl. Nichtarbeit wegen Taifunwarnung ./. 4 ./. ./.
= anzusetzende NRT 40 55 50 44

3. Das FG hat damit im Ergebnis für die Streitjahre 1997 und 2000 zutreffend angenommen, dass die Einkünfte des Klägers aus der nichtselbständigen Tätigkeit bei der K-GmbH nach Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich nur in Frankreich besteuert werden können. Der Nachforderungsbescheid des FA ist daher insoweit rechtswidrig.

Für die Streitjahre 1998 und 1999 ist das FG dagegen von einer anderen rechtlichen Beurteilung der abkommensrechtlichen Zuordnung des Besteuerungsrechts ausgegangen. Das Urteil des FG ist daher insoweit aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Sache ist spruchreif. Das Besteuerungsrecht für die Einkünfte des Klägers aus der Tätigkeit für die K-GmbH steht nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 DBA-Frankreich für die Streitjahre 1998 und 1999 Deutschland zu. Der Nachforderungsbescheid des FA ist insoweit rechtmäßig. Die entsprechenden Einkünfte des Klägers unterliegen gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG 1997 der Lohnsteuer. Die Inanspruchnahme des Klägers als Schuldner der Lohnsteuer (§ 38 Abs. 2 Satz 1 EStG 1997) wird nicht durch eine mögliche Haftung der K-GmbH für die Lohnsteuer nach § 42d EStG 1997 ausgeschlossen. Denn nach § 42d Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 EStG 1997 kann der Arbeitnehmer im Rahmen der daraus folgenden Gesamtschuldnerschaft (vgl. § 42d Abs. 3 Satz 1 EStG 1997) jedenfalls dann in Anspruch genommen werden, wenn der Arbeitgeber - wie im Streitfall die K-GmbH - die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig einbehalten hat. Die Inanspruchnahme des Klägers ist schließlich auch nicht ermessensfehlerhaft; dies ergibt sich aus den Ermessenserwägungen in der Einspruchsentscheidung des FA, dass die Lohnsteuer beim Kläger ohne größeren Aufwand nachgefordert werden könne (vgl. Senatsurteil vom 20.6.1990 I R 157/87, BFHE 161, 117, BStBl II 1992, 43, unter II.2.b) und der Kläger die Möglichkeit habe, ein Verständigungsverfahren zur Erstattung der in Frankreich bezahlten Steuer einzuleiten.

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