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BFH: Keine gewerbliche Tätigkeit bei bloßer Übernahme der Kosten der Erschließung eines land- und forstwirtschaftlichen Grundstücks

Die bloße Übernahme der Kosten der Erschließung eines land- und forstwirt­schaftlichen Grundstücks aufgrund eines Vertrags mit dem von der Gemeinde beauftragten Erschließungsträger führt nicht zu einer gewerblichen Tätigkeit.

EStG § 4 Abs. 1, § 6b, § 15 Abs. 2
BauGB § 123, § 124, § 129 Abs. 1 Satz 3

BFH-Urteil vom 14.5.2025, VI R 9/23 (veröffentlicht am 4.9.2025)

Vorinstanz: FG Münster vom 20.04.2023 – 8 K 666/21 E, G = SIS 23 11 31

I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden für die Streitjahre (2010 bis 2012) zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Neben anderen Einkünf­ten erzielte der Kläger solche aus Land- und Forstwirtschaft. Den Gewinn er­mittelte er durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 des Einkom­mensteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (EStG) für das landwirtschaftliche Normalwirtschaftsjahr (§ 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG).

Der land- und forstwirtschaftliche Betrieb umfasste unter anderem das Grund­stück Gemarkung …, Flur …, Flurstück …, welches innerhalb des Bebau­ungsplangebiets "…" der Stadt X lag.

Am 05.08.2003 schloss der Kläger mit der Stadt X im Hinblick darauf, dass diese beabsichtigte, für das Flurstück … und gegebenenfalls weitere angrenzende Grundstücke einen Bebauungsplan aufzustellen, einen städtebau­lichen Vertrag über die "wesentlichen Eckpunkte der Baulandentwicklung". Da­nach sollte die Stadt X den Bebauungsplan erarbeiten; die Erschlie­ßung des Baugebiets sollte durch einen von der Stadt X zu benennenden Er­schließungsträger erfolgen. Der Kläger sollte die anteilig anfallenden Kosten für die Aufstellung des Bebauungsplans, für die Durchführung eines eventuell erforderlichen Umlegungsverfahrens, die Erschließung und den ökologischen Ausgleich tragen.

Ziffer 5 des Vertrags sah zudem folgende Regelung vor:

 "... Herr [Kläger] will in seinen Betrieb reinvestieren und hat bei der Stadt X eine entsprechende Bauvoranfrage gestellt. Die Zustimmung zu diesem Vertrag durch Herrn [Kläger] ist solange unwirksam, bis dass die Bauvoranfrage positiv beschieden ist."

 Am 12.03.2004 traf der Kläger mit der Stadt X eine Vereinbarung, die die Durchführung, die Information des Klägers und die Absprache mit diesem bezüglich der Vorgehensweise hinsichtlich archäologischer Voruntersuchungen betraf.

Am 10.07.2006 schlossen die … (H‑AG) und der Kläger einen "Vertrag zur Durchführung von Erschließungs­maßnahmen" bezüglich der beabsichtigten Bauleitplanung. Dabei gingen die Vertragsparteien davon aus, dass zwischen der Stadt X und der H‑AG ein städtebaulicher Erschließungsvertrag für das Bebauungsplangebiet abgeschlossen wird. In dem Vertrag mit der H‑AG verpflichtete sich der Kläger, alle sich aus dem beabsichtigten Erschließungsvertrag zwischen der Stadt X und der H‑AG ergebenden Kosten (insbesondere die Herstellungskosten für die öffentlichen Erschließungsanlagen, Verkehrs- und Grünflächen, Lärmschutz­anlagen, Straßenbeleuchtung sowie die Kosten für Anlagen zur öffentlichen Ver- und Entsorgung und für naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen ein­schließlich der darauf entfallenden Planungskosten) in voller Höhe zu über­nehmen. Zudem hatte er an die H‑AG als Erschließungsträger eine Verwal­tungskostenpauschale zu entrichten.

Im Vorgriff auf den Erschließungsvertrag zwischen der Stadt X und der H‑AG übertrug der Kläger mit notariellen Verträgen vom 06.11.2006 eine Teilfläche von circa … m², die der Errichtung öffentlicher Grün- und Ver­kehrsflächen sowie Fußwegflächen dienen sollte, und zwei Bauplätze (insge­samt circa … m², bezeichnet als "Strukturausgleich") unentgeltlich an die Stadt X.

Am 30.11.2006 schlossen die Stadt X, die Entsorgungsbetriebe und die Stadtwerke X als Wasserversorger mit der H‑AG als Er­schließungsträger einen Erschließungsvertrag nach § 124 des Baugesetzbuchs in der damals geltenden Fassung (BauGB). Darin übertrug die Stadt X der H‑AG die Erschließung des betroffenen Bebauungsplangebiets. Letztere verpflichtete sich, die Erschließung im eigenen Namen und auf eigene Kosten vorzunehmen. Dabei war es der H‑AG überlassen, zur Refinanzierung eine Be­teiligung der Eigentümer der Fremdanliegergrundstücke an den Erschließungs­kosten zu erreichen. Einen Anspruch auf eine Beteiligung an den Erschlie­ßungskosten gegenüber der Stadt X hatte die H‑AG nicht. Zudem war verein­bart, dass die Stadt X ‑‑bei ordnungsgemäßer Erfüllung des Erschließungsver­trags‑‑ die Eigentümer der Grundstücke im Bebauungsplangebiet nicht zur Zahlung von Erschließungs- und Kanalanschlussbeiträgen für die vom Er­schließungsträger hergestellten Erschließungsanlagen heranziehen werde. Für Schäden aufgrund einer Verletzung der dem Erschließungsträger obliegenden Verkehrssicherungspflicht und für Schäden an bereits verlegten Leitungen in­folge der Erschließungsmaßnahmen oder auf sonstige Weise haftete die H‑AG gegenüber der Stadt X. Dieser gegenüber war sie auch gewährleistungsverpflich­tet. Zur Sicherung aller sich aus diesem Vertrag für die H‑AG ergebenden Ver­pflichtungen hatte diese zudem eine Sicherheit in Höhe von circa … € durch Übergabe einer schriftlichen, unwiderruflichen, unbedingten und selbst­schuldnerischen Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts zu leisten.

In den Streitjahren veräußerte der Kläger schließlich mehrere Baugrundstücke. Im jeweiligen Kaufpreis waren alle Erschließungslasten enthalten. Die Veräu­ßerungsgewinne setzte er bei seinen Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft an und stellte sie zum Großteil in eine Rücklage nach § 6b EStG ein.

Der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) vertrat die Auffassung, die Verkäufe der Baugrundstücke seien im Rahmen eines gewerblichen Grund­stückshandels erfolgt. Zwar habe der Kläger die Grundstücke nicht selbst er­schlossen. Ihm seien jedoch die dahingehenden Aktivitäten der H‑AG zuzu­rechnen. Denn er habe die gesamten Erschließungskosten getragen, die er­schlossenen Grundstücke eigeninitiativ vermarktet und im Zuge dessen seine Kosten auf die Erwerber der Grundstücke überwälzt. Damit habe der Kläger das wirtschaftliche Risiko der Erschließung wie ein Erschließungsunternehmer getragen. Die veräußerten Baugrundstücke seien daher zum Buchwert aus dem Anlagevermögen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs in das Um­laufvermögen des Gewerbebetriebs "gewerblicher Grundstückshandel" über­führt worden, so dass die Veräußerungsgewinne nicht in eine Rücklage gemäß § 6b EStG hätten eingestellt werden können.

Entsprechend dieser Rechtsauffassung änderte das FA die Einkommensteuer­bescheide für die Streitjahre und erließ erstmalig Gewerbesteuermessbeschei­de.

Der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage gab das Finanzge­richt (FG) statt. Die Veräußerung der Grundstücke stelle keinen gewerblichen Grundstückshandel dar. Es handele sich hierbei vielmehr um Hilfsgeschäfte des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Daher habe der Kläger die streiti­gen Rücklagen nach § 6b Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 EStG bilden können.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

Es beantragt,
das Urteil des FG Münster vom 20.04.2023 ‑ 8 K 666/21 E, G aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision des FA ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat zutreffend entschieden, dass es sich bei den streitigen Grundstücksveräußerungen um Hilfsgeschäfte des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs des Klägers handelt, so dass dieser bis zu der Höhe der bei den Veräußerungen entstandenen Gewinne eine Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG bilden konnte.

1. Die Veräußerung von Grund und Boden, der zum Anlagevermögen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs gehört, führt grundsätzlich zu Einnah­men aus Land- und Forstwirtschaft, weil die Veräußerung ein Hilfsgeschäft der land- und forstwirtschaftlichen Betätigung ist. Das gilt nach ständiger Recht­sprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) auch dann, wenn ein großes, bisher landwirtschaftlich genutztes Areal parzelliert wird und zahlreiche Parzellen an verschiedene Erwerber mit erheblichem Gewinn veräußert werden. Ein Land- und Forstwirt veräußert daher Grundvermögen grundsätzlich als reinvestiti­onsbegünstigtes Anlagevermögen, solange er nicht einen gewerblichen Grund­stückshandel eröffnet (BFH-Urteile vom 08.11.2007 ‑ IV R 34/05, BFHE 219, 306, BStBl II 2008, 231 und vom 08.11.2007 ‑ IV R 35/06, BFHE 220, 28, BStBl II 2008, 359, jeweils unter II.1., m.w.N.).

a) Grundstücksveräußerungen sind erst dann Gegenstand eines selbständi­gen gewerblichen Grundstückshandels und nicht mehr landwirtschaftliche Hilfsgeschäfte, wenn der Landwirt über die Parzellierung und Veräußerung hin­ausgehende Aktivitäten entfaltet, die darauf gerichtet sind, den zu veräußern­den Grundbesitz zu einem Objekt anderer Marktgängigkeit zu machen (BFH-Urteil vom 08.09.2005 ‑ IV R 38/03, BFHE 211, 195, BStBl II 2006, 166, unter 1.a und b). Denn damit verwertet der Landwirt die Grundstücke seines Anla­gevermögens wie ein Gewerbetreibender und erfüllt die Tatbestandsvorausset­zungen des § 15 Abs. 2 EStG. Zum Zeitpunkt der in Veräußerungsabsicht vor­genommenen werterhöhenden Aktivitäten werden die Grundstücke zum ge­werblichen Umlaufvermögen (BFH-Urteile vom 08.11.2007 ‑ IV R 34/05, BFHE 219, 306, BStBl II 2008, 231 und vom 08.11.2007 ‑ IV R 35/06, BFHE 220, 28, BStBl II 2008, 359, jeweils unter II.1.a).

b) Ob die Aktivitäten im Zusammenhang mit Grundstücksveräußerungen zu einer gewerblichen Tätigkeit führen, muss zur Abgrenzung von der privaten Vermögensverwaltung und von den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft nach gleichen Grundsätzen entschieden werden (BFH-Urteil vom 05.10.1989 ‑ IV R 35/88, BFH/NV 1991, 317, unter 1.). Bei der Abgrenzung zwischen Ge­werbebetrieb einerseits und Vermögensverwaltung andererseits ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die Verkehrsanschauung abzustellen. In Zweifelsfällen ist die gerichtsbekannte und nicht beweisbedürftige Auffassung darüber maßgebend, ob die Tätigkeit, soll sie in den gewerblichen Bereich fal­len, dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsanschauung einen Gewerbebe­trieb ausmacht und einer privaten Vermögensverwaltung fremd ist (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 10.12.2001 ‑ GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C.II.).

aa) Für die Beurteilung als landwirtschaftliches Hilfsgeschäft schädlich sind danach etwa die Beantragung eines Bebauungsplans und dessen Finanzierung (BFH-Urteil vom 25.10.2001 ‑ IV R 47, 48/00, BFHE 197, 109, BStBl II 2002, 289, unter 2.b cc) oder die aktive Mitwirkung an der Erschließung (BFH-Urteil vom 28.06.1984 ‑ IV R 156/81, BFHE 141, 513, BStBl II 1984, 798, unter 1.a).

bb) Demgegenüber reichen die vertragliche Vorfinanzierung der anschließend auf die Erwerber überwälzten Erschließungskosten und/oder die unentgeltliche Bereitstellung von Straßenland durch den veräußernden Landwirt einschließlich der entsprechenden Baulastbewilligung nicht aus, um einen gewerblichen Grundstückshandel anzunehmen (vgl. BFH-Urteil vom 28.06.1984 ‑ IV R 156/81, BFHE 141, 513, BStBl II 1984, 798, unter 1.b). Für eine aktive Beteiligung an der Erschließung genügt auch der Abschluss eines Erschließungsvertrags mit der Gemeinde für sich genommen nicht; maßgeblich ist, auf wessen Initiative das Vertragswerk zustande gekommen ist (BFH-Urteil vom 28.09.1987 ‑ VIII R 306/84, BFH/NV 1988, 301).

Unschädlich sind nach der Rechtsprechung des BFH außerdem die wiederholte Vorsprache bei den Entscheidungsträgern der Gemeinde, die Vorlage eigener Planungsentwürfe und die Anregung zur Vornahme der Erschließung in Teilab­schnitten, solange der Landwirt keine kommunalen Aufgaben übernimmt, son­dern lediglich im Rahmen seiner bauplanungsrechtlichen Mitwirkungsrechte tätig wird. Ebenso sind unter diesen Voraussetzungen die bloße Übernahme von Kosten der Planung und Erschließung sowie die Bereitstellung von Aus­gleichsflächen für Belange des Naturschutzes und der Abwasserentsorgung unschädlich (BFH-Urteil vom 08.09.2005 ‑ IV R 38/03, BFHE 211, 195, BStBl II 2006, 166, unter 1.b).

cc) Die Erschließung des Baugeländes ist dem Verkäufer allerdings dann als eigene Tätigkeit zuzurechnen, wenn er sich zu ihrer Durchführung eines Drit­ten bedient, der Geschäfte dieser Art eigengewerblich betreibt (BFH-Urteil vom 08.11.2007 ‑ IV R 35/06, BFHE 220, 28, BStBl II 2008, 359, unter II.1.c). Das gilt auch dann, wenn der Grundstückseigentümer die durch die Beauftragung des Dritten entstehenden Kosten als Teil des Gesamtkaufpreises von den Par­zellenkäufern verlangt (BFH-Urteil vom 14.11.1972 ‑ VIII R 71/72, BFHE 107, 501, BStBl II 1973, 239).

Dagegen können dem Grundstückseigentümer Aktivitäten eines Dritten nicht zugerechnet werden, wenn dieser die Erschließung und Vermarktung der Grundstücke aus eigener Initiative und auf eigenes Risiko durchführt und sich die Mitwirkung des Grundstückseigentümers im Wesentlichen darauf be­schränkt, dessen gewerbliche Tätigkeit zu ermöglichen. Denn in einem solchen Fall bedient sich der Grundstückseigentümer nicht des Dritten. Vielmehr ver­hält es sich umgekehrt; die Mitwirkung des Grundstückseigentümers dient dann der Verwirklichung der gewerblichen Zwecke des Dritten (BFH-Urteil vom 08.11.2007 ‑ IV R 35/06, BFHE 220, 28, BStBl II 2008, 359, unter II.1.c). In­sofern kommt es maßgeblich darauf an, ob der Vertrag mit dem Grundstücks­eigentümer der Absicherung des bei der Erschließung von dem Bauunterneh­mer übernommenen Risikos dient (BFH-Urteil vom 08.11.2007 ‑ IV R 35/06, BFHE 220, 28, BStBl II 2008, 359, unter II.2.c).

2. Danach hat der Kläger im Streitfall die Grenze zum gewerblichen Grund­stückshandel nicht überschritten. Vielmehr handelt es sich bei den streitigen Grundstücksveräußerungen um land- und forstwirtschaftliche Hilfsgeschäfte.

a) Ausweislich des Erschließungsvertrags vom 30.11.2006 hat die Stadt X die ihr nach § 123 BauGB obliegende kommunale Aufgabe der inne­ren Erschließung des Bebauungsplangebiets und damit auch der darin belege­nen Grundstücke des Klägers auf die H‑AG übertragen. Aufgrund dessen hat diese das Baugebiet im eigenen Namen sowie auf eigene Rechnung erschlos­sen. Damit hat allein die H‑AG als Erschließungsträger und nicht der Kläger die wertsteigernde gewerbliche Tätigkeit betreffend die streitigen Grundstücke entfaltet und dadurch die streitigen Grundstücke zu Objekten anderer Markt­gängigkeit gemacht.

b) Nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) hat sich der Kläger an der Erschließung des Bebauungsplangebiets durch die H‑AG auch nicht (schädlich) beteiligt.

aa) Zwar hat der Kläger nach den Feststellungen des FG bereits im Vorfeld der Erschließung einen städtebaulichen Vertrag mit der Stadt X abge­schlossen und sich darin bereiterklärt, neben den Kosten der Erschließung durch den Erschließungsträger auch die Kosten der Aufstellung des Bebau­ungsplans selbst sowie die Kosten für den ökologischen Ausgleich zu über­nehmen. Zudem hat der Kläger mit Verträgen vom 06.11.2006 Grundstücks­flächen zur späteren Nutzung als öffentliche Grün- und Verkehrsflächen sowie Fußwegflächen neben zwei Bauplätzen (als Strukturausgleich) an die Stadt X unentgeltlich übertragen und die darauf entfallenden Erschlie­ßungskosten übernommen. Die Übernahme der Planungskosten, die Bereitstel­lung von Ausgleichsflächen für die Belange des Naturschutzes sowie die un­entgeltliche Bereitstellung von Straßenland ist jedoch nach den vorgenannten Rechtsgrundsätzen für die Einordnung als land- und forstwirtschaftliches Hilfs­geschäft unschädlich.

bb) Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger eigeninitiativ die Aufstellung des Be­bauungsplans veranlasst und beantragt und somit kommunale Aufgaben über­nommen hat, die über die baurechtlichen Mitwirkungsrechte als Eigentümer oder im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung nach dem Baugesetzbuch hin­ausgehen, hat das FG nicht festgestellt. In dem städtebaulichen Vertrag zwi­schen dem Kläger und der Stadt X vom 05.08.2003 heißt es viel­mehr, dass die Stadt X die Aufstellung des Bebauungsplans beabsich­tige. Auch in der öffentlich abrufbaren Begründung zum Bebauungsplan heißt es ‑‑nach den bindenden (§ 118 Abs. 2 FGO) und im Übrigen unbeanstandet gebliebenen Feststellungen des FG‑‑, mit der Ausweisung der Wohnbaufläche werde der Nachfrage nach weiteren Baugrundstücken für die im Ortsteil an­sässige Bevölkerung nachgekommen, da der Bereich aufgrund der Lage und Größe des Gebiets für eine Abrundung der Siedlungsentwicklung geeignet sei.

cc) Die Gestattung sowie die Information über die archäologischen Vorunter­suchungen hat ebenfalls nicht zu einer anderen Marktgängigkeit der Grund­stücke geführt. Gleiches gilt im Hinblick darauf, dass der städtebauliche Ver­trag vom 05.08.2003 von der Bedingung abhing, dass die vom Kläger gestellte Bauvoranfrage (betreffend einer beabsichtigten Reinvestitionsmaßnahme) positiv beschieden werde.

dd) Des Weiteren führt der Umstand, dass der Kläger die Grundstücke eigen­ständig vermarktet und sich insoweit am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt hat, nicht zur Begründung eines gewerblichen Grundstückshandels, da ‑‑wie das FG zutreffend ausgeführt hat‑‑ nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung auch umfangreiche Veräußerungen mit erheblichem Gewinn nicht als gewerbliche Tätigkeit einzustufen sind.

ee) Im Übrigen begründet das vom Kläger durch die Vorfinanzierung der Er­schließungskosten entstandene (teilweise) Kostentragungsrisiko, falls deren Überwälzung auf die Erwerber der Grundstücke nicht (vollständig) gelingen sollte, keine gewerbliche Tätigkeit (so bereits BFH-Urteil vom 08.11.2007 ‑ IV R 35/06, BFHE 220, 28, BStBl II 2008, 359, unter II.1.b bb, m.w.N.). Denn die dahingehende Gefahr gründet auf der erschließungsbeitragsrechtlichen Grundentscheidung, dem anliegenden Eigentümer/Erbbauberechtigten als Nutznießer die Finanzierung der Erschließungsmaßnahmen (teilweise) aufzuer­legen (§§ 127 ff. BauGB). Diese sind daher stets mit den dahingehenden Kos­ten und dem damit einhergehenden "Refinanzierungsrisiko" belastet, unab­hängig davon, ob die Gemeinde die Erschließung beitragsbewehrt in "Eigenre­gie" durchführt, oder ob sie die Erschließung ‑‑wie vorliegend‑‑ auf einen Drit­ten überträgt, der sie in "Fremdregie" unternimmt und sich privatrechtlich re­finanziert (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ‑‑BVerwG‑‑ vom 01.12.2010 ‑ 9 C 8.09, BVerwGE 138, 244, Rz 48).

Dies gilt auch, soweit der Steuerpflichtige ‑‑wie im Streitfall‑‑ die Erschlie­ßungskosten vollständig und damit über die gesetzliche Beitragspflicht von maximal 90 % des beitragsfähigen Erschließungsaufwands (vgl. § 129 Abs. 1 Satz 3 BauGB) hinaus übernommen hat. Auch dies ist nicht als aktive Mitwir­kung an der Baureifmachung anzusehen.

Die Rechtsprechung des BFH, nach der eine aktive Mitwirkung bei der Er­schließung seines Baugeländes darin zu erblicken ist, dass der Landwirt die Erwerber seiner Grundstücke verpflichtet, Erschließungskosten über ihre ge­setzliche Verpflichtung von 90 % des beitragsfähigen Erschließungsaufwands hinaus zu tragen (s. BFH-Urteile vom 05.12.1968 ‑ IV R 164/68, BFHE 94, 457, BStBl II 1969, 236 und vom 29.08.1973 ‑ I R 214/71, BFHE 110, 348, BStBl II 1974, 6), steht dem nicht entgegen. Denn diese betrifft ‑‑anders als der Streitfall‑‑ zum einen nicht die Frage der Übernahme "überobligatorischer" Kosten durch den Grundstückseigentümer, sondern deren Weitergabe im Inte­resse der Gemeinde und damit ersichtlich einen anderen Sachverhalt. Zum anderen können die Gemeinden seit dem Inkrafttreten des Investitionserleich­terungs- und Wohnbaulandgesetzes vom 22.04.1993 am 01.05.1993 (BGBl I 1993, 466 ff.) gemäß § 124 Abs. 2 BauGB a.F. trotz der gesetzlich vorgesehe­nen Beteiligungspflicht am Erschließungsaufwand von mindestens 10 % (ge­meindlicher Eigenanteil nach § 129 Abs. 1 Satz 3 BauGB) im Rahmen eines Erschließungsvertrags oder sonstiger städtebaulicher Verträge die Erschlie­ßungskosten auch ganz auf einen Dritten abwälzen (z.B. BVerwG-Urteil vom 30.01.2013 ‑ 9 C 11.11, BVerwGE 145, 354, Rz 15). Jedenfalls seither kann die Überwälzung sämtlicher (vertraglich übernommener) Erschließungskosten auf die Erwerber der Grundstücke keine Gewerblichkeit (mehr) begründen.

c) Schließlich sind die Erschließungsmaßnahmen der H‑AG dem Kläger ‑‑ent­gegen der Auffassung des FA‑‑ auch nicht (wirtschaftlich) zuzurechnen. Denn im Streitfall ist nicht ersichtlich, dass sich der Kläger vorliegend zur Erschlie­ßung des Bebauungsplangebiets eines Dritten ‑‑hier der H‑AG‑‑ bedient hat. Vielmehr hat die Stadt X ‑‑und nicht der Kläger‑‑ die H‑AG mit den Erschließungsmaßnahmen mit Erschließungsvertrag vom 30.11.2006 beauf­tragt. Bei dem zwischen dem Kläger und der H‑AG geschlossenen Vertrag vom 10.07.2006 handelt es sich, wie das FG zutreffend ausgeführt hat, lediglich um eine zivilrechtliche Kostentragungsregelung, die kein dahingehendes Auftrags­verhältnis begründet und daher keine Zurechnung der Erschließungsaktivitäten rechtfertigen kann.

aa) Zwar weist das FA zutreffend darauf hin, dass zwischen der Stadt X, der H‑AG und dem Kläger aufgrund der vorliegenden Vertrags­gestaltung ein Dreiecksverhältnis ("Erschließungsdreieck") bestand. Danach hat die Stadt X die Durchführung und finanzielle Abwicklung der Er­schließung auf die H‑AG als Erschließungsträger übertragen. Diese refinan­zierte sich privatrechtlich beim Kläger als Grundstückseigentümer, indem dieser sich verpflichtete, der H‑AG die dieser aus der Erfüllung des mit der Stadt X geschlossenen Erschließungsvertrags entstehenden Kosten zu ersetzen sowie eine Verwaltungskostenpauschale zu entrichten. Der Vertrag vom 10.07.2006 ist damit nicht unabhängig von dem Erschließungsvertrag geschlossen worden (vgl. BVerwG-Urteil vom 01.12.2010 ‑ 9 C 8.09, BVerwGE 138, 244, Rz 26). Vielmehr besteht wegen der Refinanzierungsverpflichtung eine "Akzessorietät" zwischen Erschließungsvertrag und Kostenvereinbarung (vgl. BVerwG-Urteil vom 01.12.2010 ‑ 9 C 8.09, BVerwGE 138, 244, Rz 26). An dem Umstand, dass allein die H‑AG die Erschließung als privater Erschlie­ßungsträger und als "Investor" durchgeführt hat und sich dabei von kauf­männischen Überlegungen hat leiten lassen und unter Ausnutzung der Mög­lichkeiten des "Marktes" mit Gewinnerzielungsabsicht tätig geworden ist (vgl. BTDrucks 12/3944, S. 24 und 29; BVerwG-Urteil vom 01.12.2010 ‑ 9 C 8.09, BVerwGE 138, 244, Rz 40), ändert sich dadurch jedoch nichts.

bb) Insbesondere folgt aus der Übernahme der Erschließungskosten durch den Kläger ‑‑trotz Vorfinanzierung‑‑ nicht, dass er das wirtschaftliche Risiko be­treffend die Erschließung des Bebauungsplangebiets getragen hat. Vielmehr lag das dahingehende Kostenrisiko ausweislich der Vertragsgestaltung aus­schließlich bei der H‑AG als Erschließungsunternehmen. Denn diese ist die Verpflichtung zur Erschließung des Bebauungsplangebiets eingegangen und hätte diese ‑‑abgesehen von der Möglichkeit grundsätzlich vom Vertrag zu­rückzutreten‑‑ auch dann durchführen müssen, wenn die Refinanzierung fehl­geschlagen wäre und/oder sich die Erschließung für sie nicht gerechnet hätte, weil sie die ihr entstehenden Kosten nicht oder nicht ausreichend auf die An­lieger hätte überwälzen können. Der Umstand, dass der H‑AG die Refinanzie­rung im Streitfall vorzeitig gelungen ist, mag den vorliegenden vertraglichen Gegebenheiten, den kommunalen Rahmenbedingungen und/oder dem unter­nehmerischen Geschick des Erschließungsträgers geschuldet sein. Auf einer steuererheblichen Risikoverlagerung dahingehend, dass die Erschließung auf eigene Rechnung des Klägers erfolgte und dieser deshalb als Erschließungs­unternehmer anzusehen wäre, gründet der wirtschaftliche Erfolg der H‑AG jedenfalls nicht.

3. Hinsichtlich der sich hieraus für die Steuerfestsetzung ergebenden Auswir­kungen, insbesondere betreffend die Höhe und Entwicklung der Rücklage nach § 6b EStG, besteht zwischen den Beteiligten kein Streit, weshalb der Senat von Ausführungen hierzu absieht.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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