KStG § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 Satz 4 und Nr. 3 Satz 1 und 2, Abs. 4, Abs. 5
UmwStG 2006 § 12 Abs. 3, § 4 Abs. 2 Satz 3
GewStG § 35b
AO § 179 Abs. 1
FGO § 40 Abs. 1 und 2, § 42
Vorinstanz: FG Hamburg vom 4.9.2020, 6 K 150/18 = SIS 20 17 67
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob eine körperschaft- und gewerbesteuerrechtliche Organschaft zwischen der B‑GmbH als Organgesellschaft und der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin), einer AG, als Organträgerin im Jahr 2015 (Streitjahr) anzuerkennen ist.
Die A‑GmbH, deren Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr entsprach, gründete am …08.2014 unter anderem die B‑GmbH, deren Wirtschaftsjahr vom 01.09. bis 31.08. lief. Am …02.2015 schloss die A‑GmbH mit der B‑GmbH einen Ergebnisabführungsvertrag (EAV), der am …03.2015 in das Handelsregister eingetragen wurde und rückwirkend ab dem Beginn des Geschäftsjahres der B‑GmbH galt. Gegenstand des Unternehmens der B‑GmbH war die Vercharterung eines Seeschiffes.
Am …05.2015 wurde die A‑GmbH auf die Klägerin verschmolzen. Verschmelzungsstichtag war nach dem Verschmelzungsvertrag der 01.01.2015. Mit dem Verschmelzungsvertrag vom …06.2017 wurde auch die B‑GmbH auf die Klägerin verschmolzen. Verschmelzungsstichtag war hier der 01.09.2017.
Die B‑GmbH ging in ihren Steuererklärungen für das Streitjahr von einer körperschaft- und gewerbesteuerrechtlichen Organschaft mit der Klägerin als Organträgerin aus. Dem entsprechend erklärte sie für die Körperschaftsteuer ein zu versteuerndes Einkommen von 0 € und gab die Anlage OG ab. Darüber hinaus beantragte sie, den Bestand des steuerlichen Einlagekontos auf … € festzustellen.
Der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) erkannte die Organschaft für das Streitjahr nicht an und erließ gegenüber der B‑GmbH entsprechende Bescheide über Körperschaftsteuer, über den Gewerbesteuermessbetrag sowie über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 des Körperschaftsteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (KStG). Nach einer Außenprüfung ergingen hierzu Änderungsbescheide, in denen die Körperschaftsteuer auf … € und der Gewerbesteuermessbetrag auf … € festgesetzt wurden. Der Bestand des steuerlichen Einlagekontos wurde mit … € festgestellt. Der wegen der Nichtanerkennung der Organschaft eingelegte Einspruch blieb erfolglos.
Die von der Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin der B‑GmbH eingereichte Klage, die sich mit Zustimmung des FA im Wege der Sprungklage auch gegen den während des Klageverfahrens vom FA erlassenen Bescheid über die Feststellung des Nichtbestehens einer Organschaft zwischen der Klägerin und der B‑GmbH für den Zeitraum 01.09.2014 bis 31.08.2015 richtete und von der Klägerin insoweit sowohl als Organträgerin als auch als Rechtsnachfolgerin der Organgesellschaft (B‑GmbH) eingelegt wurde, hatte dagegen teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG) Hamburg ging in dem Urteil vom 04.09.2020 ‑ 6 K 150/18 (Entscheidungen der Finanzgerichte ‑‑EFG‑‑ 2021, 55) von dem Bestehen einer Organschaft aus und änderte den festgesetzten Gewerbesteuermessbetrag auf 0 €. Außerdem verpflichtete es das FA, einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung nach § 14 Abs. 5 Satz 1 KStG zu erlassen und für das Streitjahr das der Klägerin als Organträgerin zuzurechnende Einkommen der B‑GmbH mit … € sowie die Minderabführungen aus organschaftlicher Zeit mit … € festzustellen.
Die Voraussetzungen einer körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft nach § 14 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 17 KStG seien erfüllt. Insbesondere liege das Merkmal der finanziellen Eingliederung (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG) bereits ab dem 01.09.2014 vor. § 12 Abs. 3 des Umwandlungssteuergesetzes 2006 in der für das Streitjahr geltenden Fassung (UmwStG) ordne bei einer Verschmelzung die umfassende und vorbehaltlose Rechtsnachfolge in die steuerliche Position des übertragenden Rechtsträgers an (sogenannte Fußstapfentheorie). In der Folge sei der Klägerin die finanzielle Eingliederung der B‑GmbH in die A‑GmbH ab dem 01.09.2014 zuzurechnen. Dass die A‑GmbH nicht mit steuerlicher Rückwirkung zum 01.09.2014, sondern nur mit steuerlicher Rückwirkung zum 01.01.2015 auf die Klägerin verschmolzen worden sei, stehe dem nicht entgegen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes komme es auch nicht zu einer Aufteilung des zuzurechnenden Einkommens auf die A‑GmbH und die Klägerin.
Das FA macht mit der Revision die Verletzung materiellen Rechts geltend und beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und mangels Spruchreife zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).
Das FG hat zwar zu Recht entschieden, dass die gesonderte und einheitliche Feststellung nach § 14 Abs. 5 Satz 1 KStG auch die Statusfrage des Bestehens oder Nichtbestehens einer körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft nach § 14 KStG erfasst und im Streitfall die Voraussetzung der finanziellen Eingliederung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 KStG vorlag. Die tatsächlichen Feststellungen des FG reichen aber nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, ob im Streitjahr sämtliche Voraussetzungen einer körperschaft- und gewerbesteuerrechtlichen Organschaft zwischen der Klägerin als Organträgerin und der B‑GmbH als Organgesellschaft erfüllt waren.
aa) Die gesonderte Feststellung des der Klägerin als Organträgerin zuzurechnenden Einkommens ist in § 14 Abs. 5 Satz 1 KStG (ausdrücklich) angeführt.
bb) Zusätzlich ordnet § 14 Abs. 5 Satz 1 KStG die Feststellung "damit zusammenhängende(r) andere(r) Besteuerungsgrundlagen" an. Hiervon wird auch die vom FG geforderte Feststellung der Minderabführungen aus organschaftlicher Zeit nach § 14 Abs. 4 KStG erfasst (so auch Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 14 KStG Rz 1141; Brandis/Heuermann/Krumm, § 14 KStG Rz 304; Neumann in Gosch, KStG, 4. Aufl., § 14 Rz 529c; Dötsch/Pung, Der Betrieb ‑‑DB‑‑ 2013, 305, 313; Brühl, GmbH-Rundschau ‑‑GmbHR‑‑ 2021, 166, 168; Drüen, Der Konzern 2013, 433, 440; a.A. Frotscher in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 14 KStG Rz 938; kritisch auch Brink in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, 2. Aufl., § 14 Rz 682o). Dies folgt schon aus der Verknüpfung der Minderabführungen mit dem Bestand des steuerlichen Einlagekontos in § 27 Abs. 6 KStG.
cc) Auch der zwischen den Beteiligten allein streitige Status des Bestehens oder Nichtbestehens einer Organschaft ist ‑‑zumindest "incidenter" (so Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 14 KStG Rz 1142; Frotscher in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 14 KStG Rz 926 und 932)‑‑ Gegenstand der in § 14 Abs. 5 Satz 1 KStG angeordneten Feststellung der "damit" (Feststellung des dem Organträger zuzurechnenden Einkommens) "zusammenhängende(n) andere(n) Besteuerungsgrundlagen" (vgl. auch Kolbe in Herrmann/Heuer/Raupach, § 14 KStG Rz 372; Rödder/Liekenbrock in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2. Aufl., § 14 Rz 795; Dötsch/Pung, DB 2013, 305, 313; ähnlich Rödder, Die Unternehmensbesteuerung ‑‑Ubg‑‑ 2012, 717, 723 und Teiche, Deutsches Steuerrecht ‑‑DStR‑‑ 2013, 2197, 2200 ["faktisch"]; a.A. Brandis/Heuermann/Krumm, § 14 KStG Rz 305; Drüen in Prinz/Witt, Steuerliche Organschaft, 2. Aufl., Rz 4.34; Drüen, Der Konzern 2013, 433, 446 ff.; kritisch auch Brink in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, 2. Aufl., § 14 Rz 682f; Neumann in Gosch, KStG, 4. Aufl., § 14 Rz 529d ["erhebliche Zweifel"]). Denn ohne das Bestehen einer Organschaft kann kein dem Organträger zuzurechnendes Einkommen festgestellt werden. Die Statusfeststellung ist als Vorbedingung für die Feststellung des zuzurechnenden Einkommens die stärkste Form "damit zusammenhängender Besteuerungsgrundlagen". Die Einbeziehung der Statusfeststellung in § 14 Abs. 5 Satz 1 KStG widerspricht deshalb nicht dem Grundsatz gesetzlicher Feststellungsklarheit und damit auch nicht dem Gebot der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nach Art. 20 Abs. 3 GG sowie dem Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG (a.A. Drüen in Prinz/Witt, Steuerliche Organschaft, 2. Aufl., Rz 4.34).
Für dieses Ergebnis spricht auch der Wille des Gesetzgebers. Denn nach der Begründung des Gesetzentwurfs (BTDrucks 17/10774, S. 20) sollte § 14 Abs. 5 KStG auch die grundlegende Feststellung umfassen, dass eine steuerlich anzuerkennende Organschaft vorliegt. Außerdem gehört im Rahmen des vergleichbar formulierten § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO ("im Zusammenhang stehende andere Besteuerungsgrundlagen") die vergleichbare Situation des Bestehens einer Mitunternehmerschaft ebenfalls zu den möglichen Feststellungen (z.B. BFH-Urteil vom 20.08.2015 ‑ IV R 12/12, BFH/NV 2016, 412).
Dem steht nicht entgegen, dass zum Zeitpunkt des Erlasses des Feststellungsbescheids insbesondere die Voraussetzung der tatsächlichen Durchführung des EAV noch nicht abschließend beurteilt werden kann (so aber Neumann in Gosch, KStG, 4. Aufl., § 14 Rz 529d). Dieser Umstand ist zwar zutreffend beschrieben, gilt aber gleichermaßen, wenn hierüber in einem Körperschaftsteuerbescheid entschieden wird. Für den Fall einer Änderung der Beurteilung einzelner Tatbestandsmerkmale kommt es allein auf die Systematik der verfahrensrechtlichen Änderungsvorschriften an.
Die Rechtsprechung hat dies (auch) für die Organgesellschaft schon ausdrücklich erkannt (BFH-Urteil vom 01.07.2020 ‑ XI R 20/18, BFHE 269, 525, BStBl II 2021, 296, m.w.N., Verfassungsbeschwerde eingelegt, Aktenzeichen des Bundesverfassungsgerichts 2 BvR 926/21; bestätigt durch BFH-Urteil vom 18.08.2021 ‑ XI R 43/20, BFHE 274, 124). Im Streitfall kommt es auf den hierzu geführten Meinungsstreit aber im Ergebnis nicht an, da sich die Klage gegen einen negativen Feststellungsbescheid richtet, der zur Folge hat, dass die Organgesellschaft ihr Einkommen selbst versteuern muss. Unter diesen Umständen liegt in jedem Fall eine Beschwer vor (einschränkend aber Brühl, DStR 2021, 313, 317 ‑ der dortige Verweis auf das Senatsurteil vom 30.01.2013 ‑ I R 35/11, BFHE 240, 304, BStBl II 2013, 560 [zu Bescheiden über die Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos] könnte allerdings die Unterschiede bei den Feststellungsbeteiligten nicht ausreichend berücksichtigt haben). Aus § 352 AO und § 48 FGO sind für den Streitfall keine Einschränkungen erkennbar.
cc) Dass kein Vorverfahren im Sinne des § 44 FGO durchgeführt wurde, ist unerheblich, da die Voraussetzungen einer Sprungklage nach § 45 FGO erfüllt sind. Das FA hat innerhalb eines Monats nach Zustellung der Klageschrift einer Sprungklage zugestimmt.Insbesondere ist diese Klage nicht nach § 42 FGO i.V.m. § 351 Abs. 2 AO unzulässig, da der Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag im Verhältnis zu dem Feststellungsbescheid nach § 14 Abs. 5 KStG kein Folgebescheid ist (Brühl, GmbHR 2021, 166, 168; Teiche, DStR 2013, 2197, 2201). Vielmehr wird der Gewerbesteuermessbetrag in einem eigenständigen Verfahren ermittelt (vgl. auch Kolbe in Herrmann/Heuer/Raupach, § 14 KStG Rz 368; Drüen, Der Konzern 2013, 433, 437; jeweils m.w.N.). Auch § 35b des Gewerbesteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (GewStG) führt nicht dazu, dass ein Verhältnis von bindendem Grundlagenbescheid und Folgebescheid besteht (z.B. Kontny in Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, GewStG, 2. Aufl., § 35b Rz 8, m.w.N.). Eine faktische Grundlagenfunktion (vgl. BFH-Beschluss vom 31.05.2010 ‑ X B 163/09, BFH/NV 2010, 2082, Selder in Glanegger/Güroff, GewStG, 10. Aufl., § 35b Rz 3, m.w.N.) reicht hierfür nicht aus.
In der Folge ist auch die Statusfrage für die Gewerbesteuer allein im Rahmen des Bescheids über den Gewerbesteuermessbetrag zu entscheiden (Drüen in Prinz/Witt, Steuerliche Organschaft, 2. Aufl., Rz 4.57). Über die Frage, ob das FG im angefochtenen Urteil anstelle der Verpflichtung des FA zur Null-Festsetzung die Aufhebung des Bescheids über den Gewerbesteuermessbetrag hätte aussprechen müssen (so Brühl, GmbHR 2021, 166, 168), muss in einem Revisionsverfahren des FA nicht entschieden werden.
Sofern sich eine andere als die in § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG bezeichnete Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung im Inland und Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens (und damit auch eine inländische GmbH) wirksam verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen im Sinne des § 14 KStG abzuführen, gelten nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KStG die §§ 14 bis 16 KStG entsprechend. Darüber hinaus sind die zusätzlichen Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 KStG zu berücksichtigen.
Ist eine Kapitalgesellschaft Organgesellschaft im Sinne der § 14 oder § 17 KStG, gilt sie gewerbesteuerrechtlich als Betriebsstätte des Organträgers (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG).
Die Anwendung der Fußstapfentheorie ist dabei auch nicht auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen das Unternehmen der Organgesellschaft zuvor ein Teilbetrieb des übertragenden Rechtsträgers war. Mit seinen Ausführungen zur Teilbetriebseigenschaft als "stärkste Form der Eingliederung" hat der Senat in dem Urteil vom 28.07.2010 ‑ I R 89/09 (BFHE 230, 408, BStBl II 2011, 528) lediglich begründet, weshalb die Fußstapfentheorie auch auf eine Sachverhaltskonstellation ausgedehnt wurde, bei der die für die finanzielle Eingliederung maßgebliche Beteiligung an der Organgesellschaft erst durch eine rückwirkende Ausgliederung entstanden war.
bb) Das FA kann dem nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die körperschaftsteuerrechtliche Organschaft als systematische Durchbrechung des steuerrechtlichen Subjektprinzips eine restriktive Auslegung zur Folge haben müsse.
Zwar folgt aus dem Ausnahmecharakter der Organschaft eine grundsätzlich strenge Auslegung der gesetzlichen Regelungen über die Voraussetzungen der körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft (vgl. Senatsurteile vom 02.11.2022 ‑ I R 29/19, BFHE 278, 469, BStBl II 2023, 405 und I R 37/19, BFHE 278, 480, BStBl II 2023, 409; jeweils m.w.N.). In Umwandlungsfällen werden diese Regelungen aber durch die umwandlungssteuerrechtlichen Vorschriften ergänzt. Diese sehen in § 12 Abs. 3 i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG eine umfassende umwandlungssteuerliche Rechtsnachfolge vor (zum Verhältnis von § 12 Abs. 3 UmwStG zu § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG vgl. auch Kahle/Liedgens, Deutsche Steuer-Zeitung 2023, 533, 542 f., m.w.N.). Selbst eine grundsätzlich enge Auslegung der Organschaftsvoraussetzungen kann nicht dazu führen, diese umwandlungssteuerrechtlichen Sonderregelungen zu negieren, zumal das Merkmal der finanziellen Eingliederung nicht personengebunden ist, sondern der Mehrheitsbeteiligung an der Organgesellschaft anhaftet, die mit der Umwandlung auf den übernehmenden Rechtsträger übergeht. Aus Sicht der Organgesellschaft ändert die Umwandlung auf der Ebene des Organträgers nichts an der "Eingliederung" in ein anderes Unternehmen.
Ein umfassendes Verständnis der umwandlungssteuerlichen Rechtsnachfolge führt auch nicht dazu, dass die Regelungen zur umwandlungssteuerlichen Rückbeziehung obsolet werden. Dies zeigt sich schon daran, dass die umwandlungssteuerliche Rechtsnachfolge nicht für sämtliche Umwandlungen des Umwandlungssteuergesetzes Anwendung findet (vgl. § 23 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 UmwStG). Außerdem bleibt die umwandlungssteuerliche Rückbeziehung insbesondere dann von Bedeutung, wenn es um die Zurechnung des Einkommens geht, das die Organgesellschaft in einem bereits abgeschlossenen Wirtschaftsjahr erzielt hat (vgl. hierzu Pichler, Die ertragsteuerliche Organschaft im Umwandlungssteuerrecht, 2015, S. 201 ff.).
cc) Soweit das FA einwendet, dass ohne Berücksichtigung des umwandlungssteuerlichen Übertragungszeitpunkts eine zeitgleiche Zuordnung der Beteiligung an der Organgesellschaft zu zwei verschiedenen Konzernen möglich sei, ist dem entgegenzuhalten, dass der Übergang der finanziellen Eingliederung im Wege der umwandlungssteuerlichen Rechtsnachfolge nicht mit einer Verdoppelung des Zuordnungssubjekts gleichgesetzt werden kann. Insbesondere bedeutet dies nicht, dass es entgegen der gesetzlichen Systematik (Abführung des ganzen Gewinns an "ein einziges anderes gewerbliches Unternehmen") auch zu einer Zurechnung desselben Gewinns der Organgesellschaft zu zwei verschiedenen Organträgern kommen kann.
Wird bei der Organgesellschaft zum umwandlungssteuerlichen Übertragungsstichtag ein Rumpfwirtschaftsjahr gebildet, ist nur der ab diesem Zeitpunkt erzielte Gewinn an den neuen Organträger abzuführen und diesem steuerlich zuzurechnen. Wird dagegen ‑‑wie im Streitfall‑‑ kein Rumpfwirtschaftsjahr gebildet, ist handelsrechtlich keine Zwischenbilanz aufzustellen. Der zivilrechtliche Anspruch auf Gewinnabführung richtet sich hier allein danach, wer am Ende des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft nach dem Gewinnabführungsvertrag anspruchsberechtigter Organträger ist (vgl. auch Neumann in Gosch, KStG, 4. Aufl., § 14 Rz 523; BMF-Schreiben vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rz Org.19 Satz 2). Auch das Steuerrecht knüpft in § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG an den gesamten Gewinn nach dem handelsrechtlichen Jahresabschluss zum Ende des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft an, so dass ‑‑entgegen der Auffassung des FG‑‑ keine Rechtsgrundlage für eine zeitanteilige unterjährige Einkommenszurechnung besteht (Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, UmwStG Anhang 1 Rz 22b; Walter, GmbHR 2021, 226, 228; vgl. auch BFH-Urteil vom 28.02.2013 ‑ IV R 50/09, BFHE 240, 270, BStBl II 2013, 494 zum unterjährigen Gesellschafterwechsel bei einer Organträger-Personengesellschaft). Damit ist das Einkommen der Organgesellschaft in vollem Umfang ausschließlich dem neuen Organträger (der Klägerin) zuzurechnen.
Die zivilrechtliche Notwendigkeit einer Zwischenbilanz bei unterjähriger Beendigung oder unterjährigem Beginn des EAV (vgl. hierzu Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14.12.1987 ‑ II ZR 170/87, BGHZ 103, 1; Koch, Aktiengesetz, 17. Aufl., § 302 Rz 11) sowie die steuerliche Rückwirkung der unterjährigen Beendigung eines EAV aus wichtigem Grund (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 und 3 KStG) führen zu keinem anderen Ergebnis. Bei der Verschmelzung auf Ebene des Organträgers kommt es gerade nicht zu einer unterjährigen Beendigung des EAV ‑ vielmehr geht der EAV aufgrund zivilrechtlicher Gesamtrechtsnachfolge (§ 20 Abs. 1 des Umwandlungsgesetzes) auf den neuen Organträger über (z.B. Winter in Schmitt/Hörtnagl, Umwandlungsgesetz/Umwandlungssteuergesetz, 9. Aufl., § 20 UmwG Rz 58).
dd) Soweit kritisiert wird, die alleinige Maßgeblichkeit der umwandlungssteuerlichen Rechtsnachfolge führe zu Missbrauchs- und Gestaltungsmöglichkeiten (insbesondere zur Nutzung von Verlusten entgegen § 12 Abs. 3 i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG und zur Übertragung von Verlusten der Organgesellschaft im Rahmen des § 8c Abs. 1 Satz 1 und 5 KStG), weist der Senat darauf hin, dass das Gesetz auch an anderen Stellen eine nachträgliche Rückbeziehung körperschaftsteuerrechtlicher Organschaftsvoraussetzungen zulässt. Insbesondere muss der Gewinnabführungsvertrag nach § 14 Abs. 1 Satz 2 KStG nicht vor Beginn des ersten Organschaftsjahres abgeschlossen werden, sondern es reicht aus, dass er bis zum Ende des ersten Organschaftsjahres zivilrechtlich wirksam wird. Regelungen dieses Inhalts verdeutlichen, dass den Rechtsfolgen einer Rückbeziehung nicht allgemein der Einwand etwaiger Missbrauchs- oder Gestaltungsmöglichkeiten entgegen gehalten werden kann.
c) Schließlich kann sich das FA auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sich aus jüngeren Senatsentscheidungen eine abweichende Rechtsauffassung ergebe.Dies betrifft zunächst das Senatsurteil vom 10.05.2017 ‑ I R 19/15 (BFHE 258, 344, BStBl II 2019, 81). Dort ging es darum, dass die Anteile an der Organgesellschaft erst zeitlich nach dem Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft, auf den es gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 KStG ankommt, im Wege der Einzelrechtsnachfolge erworben worden waren. Deshalb konnte eine nachfolgende umwandlungssteuerliche Rechtsnachfolge gemäß § 12 Abs. 3 UmwStG nicht dazu führen, dass die finanzielle Eingliederung schon ab dem Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft vorgelegen hat. Die finanzielle Eingliederung lag auch beim übertragenden Rechtsträger zu diesem Zeitpunkt (noch) nicht vor. Der übernehmende Rechtsträger kann aber nur in eine solche Rechtsstellung eintreten, die der übertragende Rechtsträger bereits inne hatte.
Auch der Senatsbeschluss vom 05.11.2014 ‑ I B 34/14 (BFH/NV 2015, 356) führt zu keinen gegenteiligen Erkenntnissen. Die Anwendung der Fußstapfentheorie nach § 12 Abs. 3 UmwStG auf das Tatbestandsmerkmal der finanziellen Eingliederung scheiterte dort schon daran, dass es um eine Abspaltung zur Aufnahme auf Ebene der Organgesellschaft ging. Deshalb sah der Senat keinen Anhaltspunkt, dass § 12 Abs. 3 UmwStG auf Ebene des Organträgers dazu führen könnte, gegenüber der neuen Organgesellschaft die Voraussetzung der finanziellen Eingliederung zu erfüllen.
Aus dem Senatsurteil vom 16.04.2014 ‑ I R 44/13 (BFHE 245, 248, BStBl II 2015, 303) lassen sich schließlich ebenfalls keine abweichenden Schlüsse ziehen. Zwar hat der Senat zum gewerbesteuerrechtlichen Schachtelprivileg nach § 9 Nr. 2a Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes 2009 (GewStG 2009) entschieden, dass für das dortige stichtagsbezogene Beteiligungserfordernis (Beteiligung von mindestens 15 % zu Beginn des Erhebungszeitraums) weder § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG noch § 12 Abs. 3 UmwStG anwendbar seien. Maßgebend war hierfür aber die Abgrenzung zwischen rein stichtagsbezogenen Beteiligungserfordernissen und solchen, für die es auf einen Zeitraum ankommt. Die finanzielle Eingliederung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 KStG muss aber ununterbrochen vom Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft an vorliegen und ist deshalb ‑‑abweichend zum Beteiligungserfordernis nach § 9 Nr. 2a Satz 1 GewStG 2009‑‑ gerade nicht stichtags‑, sondern zeitraumbezogen. Soweit im Senatsurteil vom 10.05.2017 ‑ I R 51/15 (BFHE 258, 351, BStBl II 2018, 30) auch bei der finanziellen Eingliederung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 KStG von einer zeitpunktbezogenen Regelung gesprochen wird, diente dies lediglich der Abgrenzung zu Merkmalen, die nicht nur bezogen auf den Zeitraum des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft, sondern bezogen auf die Laufzeit des Gewinnabführungsvertrags vorliegen müssen.
Zur Begründung nimmt der Senat grundsätzlich auf die obigen Ausführungen zum Merkmal der finanziellen Eingliederung Bezug. Hinzu kommt, dass die Besitzzeitanrechnung nach § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG ausdrücklich an die Dauer der Zugehörigkeit eines Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen anknüpft und insoweit eine Anrechnung des Zeitraums der Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen des übertragenden Rechtsträgers beim übernehmenden Rechtsträger vorsieht. Davon wird auch das Merkmal des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 KStG erfasst, auch wenn hier nicht nur die Zugehörigkeit der Beteiligung an der Organgesellschaft zum Betriebsvermögen des übertragenden Rechtsträgers maßgeblich ist, sondern zusätzlich die Zuordnung der Beteiligung zu einer inländischen Betriebsstätte.
bb) Durch die Verschmelzung der Organgesellschaft (B‑GmbH) auf die neue Organträgerin (Klägerin) im Jahr 2017 ist während der Mindestvertragslaufzeit des EAV eine sogenannte Konfusion eingetreten. Dadurch ist der EAV vor Ablauf der Mindestvertragslaufzeit des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG erloschen. Das FG ist aber zutreffend davon ausgegangen, dass dies in entsprechender Anwendung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG unschädlich war. Die Konfusion stellt einen wichtigen Grund für die Nichteinhaltung der Mindestvertragslaufzeit dar (BMF-Schreiben vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rz Org.04 Satz 2; Kolbe in Herrmann/Heuer/Raupach, § 14 KStG Rz 214 f.; Brandis/Heuermann/Krumm, § 14 KStG Rz 164; Neumann in Gosch, KStG, 4. Aufl., § 14 Rz 278; Brühl, GmbHR 2021, 166, 167).