Gegenstand des BFH-Urteils vom 13. Dezember 2011 = SIS 12 04 13 sind die versicherungsteuerrechtliche Behandlung von sog. Versicherungspaketen, der laufende Anmeldungszeitraum i.S. des § 10 Abs. 4 VersStG a.F. sowie die Festsetzungsverjährung bei materiell-rechtlichen Haftungsansprüchen. Die amtlichen Leitsätze der Entscheidung lauten:
Hierzu ergehen folgende Hinweise:
I.
a) Generell gilt, dass der notwendige gesonderte Ausweis des Versicherungsentgelts grundsätzlich vor dem die Steuer auslösenden Ereignis (Zahlung/Entgegennahme der Zahlung/ Fälligkeit der Rechnung, § 5 Absatz 2 VersStG) im Versicherungsvertrag erfolgt sein muss; nachträgliche Aufteilungen für die Vergangenheit sind nicht möglich.
b) Altverträge, d.h. Verträge, die vor der Verkündung des o.g. BFH-Urteils geschlossen wurden, und eine solche Aufteilung bisher nicht enthalten, müssen für eine steuerliche Begünstigung nicht zwingend angepasst werden; hier genügt es, wenn die Aufteilung in der Prämienrechnung zukünftig vorgenommen wird bzw. bei Erstellung der Rechnung vorgenommen worden ist. Eine nachträgliche Korrektur von Prämienrechnungen für die Vergangenheit ist ebenfalls nicht möglich.
c) Neue Verträge, d.h. solche, die nach Verkündung des o.g. BFH-Urteils geschlossen wurden, müssen hingegen die Aufteilung des Versicherungsentgelts enthalten, anderenfalls kann ein abweichender Steuersatz, eine abweichende Bemessungsgrundlage oder eine Steuerbefreiung für einzelne Bestandteile eines Versicherungspakets keine Berücksichtigung finden; eine Aufteilung nur in der Prämienrechnung bei Neuverträgen ist hierfür nicht ausreichend.
d) Das Erfordernis eines gesonderten Ausweises des auf die steuerfreie Versicherung entfallenden Versicherungsentgelts im Vertrag ist entsprechend anzuwenden auf sog. Versicherungspakete, die sich zusammensetzen aus Versicherungen mit unterschiedlichen Steuersätzen und/oder unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen. In diesen Fällen muss das Versicherungsentgelt für die einem abweichenden Steuersatz und/oder einer abweichenden Bemessungsgrundlage unterliegende(n) Versicherung(en) gesondert ausgewiesen sein.
e) Soweit Komponenten eines "Versicherungspakets" demselben Steuersatz unterliegen, ist ein zusammengefasster Ausweis möglich, wenn auch die Bemessungsgrundlagen identisch sind.
II.
Das BMF-Schreiben vom 22. Mai 2006, IV C 2 - S 6400 - 2/06 = SIS 06 24 79 wird aufgehoben.
III.
Bei den nachfolgend dargestellten Sachverhalten ist zudem Folgendes zu beachten:
a) Ist in einem Versicherungspaket - wie im Schiffsbereich üblich - die Seeschiffskaskoversicherung mit Interesseversicherungen verbunden und ist kein gesondertes Versicherungsentgelt für die dem abweichenden Steuersatz unterliegende Seeschiffskaskoversicherung ausgewiesen, wird für eine Übergangszeit bis zum 31.12.2013 nicht beanstandet, dass die Aufteilung des Versicherungsentgelts nach dem Verhältnis der im Vertrag (ggf. Deckungsnote) vereinbarten Versicherungssummen erfolgt.
b) General- und Umsatzpolicen bei Transportgüterversicherungen sind keine sog. Versicherungspakete i.S. des o.g. BFH-Urteils, denn es werden dabei keine unterschiedlichen Versicherungen gegen unterschiedliche Gefahren miteinander verbunden, sondern alle Transporte während eines bestimmten Zeitraums zusammen versichert. Vielmehr gilt weiterhin das unter Ziffer 4. des BMF-Schreibens vom 22.12.1995, IV C 8 - S 6405 - 15/95 = SIS 96 06 65 Ausgeführte.
§ 10 Absatz 4 VersStG wurde durch Artikel 1 Nummer 9 des Gesetzes zur Änderung des Versicherungsteuergesetzes und des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (Verkehrsteueränderungsgesetz - VerkehrStÄndG) vom 5.12.2012 (BGBl. I S. 2431) dahingehend geändert, dass Steuerbeträge, die auf Grund einer Außenprüfung nachzuentrichten oder zu erstatten sind, zusammen mit der Steuer für den letzten Anmeldungszeitraum im Prüfungszeitraum festzusetzen sind. Diese Regelung ist am 12. Dezember 2012 in Kraft getreten und gilt für Festsetzungen von Nachforderungs- oder Erstattungsbeträgen ab diesem Zeitpunkt.
a) Durch Artikel 1 Nummer 7 des o.g. Verkehrsteueränderungsgesetzes wurde § 7 VersStG grundlegend geändert. Die bisherige sog. "Haftung für die Steuer", an die grundsätzlich die Pflicht zur Anmeldung und Entrichtung der Versicherungsteuer geknüpft war, wurde abgelöst von einer nichtakzessorischen Steuerentrichtungsschuld (§ 7 Absatz 2 i.V.m. Absatz 8 Satz 2 VersStG). Daneben wurde eine Haftung für die Steuerentrichtung eingeführt (§ 7 Absatz 7 VersStG). Hinsichtlich des Laufs der Festsetzungsfrist bestimmt § 7 Absatz 8 Satz 4 VersStG, dass jeweils die Umstände maßgeblich sind, die in Bezug auf die jeweilige steuerpflichtige Person vorliegen; d.h. insbesondere ist für die Inanspruchnahme des Steuerentrichtungsschuldners der Ablauf der Festsetzungsfrist beim Versicherungsnehmer sowie für die Inanspruchnahme des Haftenden der Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerentrichtungsschuldner unbeachtlich. § 7 VersStG ist ebenfalls am 12. Dezember 2012 in Kraft getreten. Somit sind die Ausführungen des BFH zur Festsetzungsverjährung
im Versicherungsteuerrecht nurmehr für solche Sachverhalte relevant, in denen unter Zugrundlegung der vom BFH aufgestellten Beurteilungsmaßstäbe im Zeitpunkt des Inkrafttretens der aufgezeigten gesetzlichen Neuregelungen am 12. Dezember 2012 bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war. In allen anderen Fällen bestimmt sich die Festsetzungsverjährung auf Grundlage des § 7 Absatz 8 VersStG.
b) Neben der im Versicherungsteuergesetz verankerten speziellen Regelung hat der Gesetzgeber aus Anlass des o.g. Urteils des BFH auch in der Abgabenordnung eine generelle Regelung getroffen, die am 30. Juni 2013 in Kraft getreten ist. Durch Artikel 11 Nummer 18 des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz-AmtshilfeRLUmsG) vom 26. Juni 2013 (BGBl. I S. 1809) wurde dem § 171 AO folgender Absatz 15 angefügt: "Soweit ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat, endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist." Durch Artikel 12 desselben Gesetzes wurde dem § 10 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung folgender Absatz 11 angefügt: "§ 171 Absatz 15 der Abgabenordnung in der Fassung des Artikels 11 des Gesetzes vom 26. Juni 2013 (BGBl. I S. 1809) gilt für alle am 30. Juni 2013 noch nicht abgelaufenen Festsetzungsfristen." Hiernach sind die Ausführungen des BFH zur Festsetzungsverjährung für alle Steuern im Anwendungsbereich der Abgabenordnung überholt und nur noch auf solche Sachverhalte anzuwenden, in denen unter Zugrundelegung der vom BFH aufgestellten Beurteilungsmaßstäbe im Zeitpunkt des Inkrafttretens der genannten gesetzlichen Neuregelungen am 30. Juni 2013 bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war. In allen anderen Fällen bestimmt sich die Festsetzungsverjährung auf Grundlage des § 171 Absatz 15 AO i.V.m. § 10 Absatz 11 EGAO.
c) § 7 Absatz 8 VersStG und § 171 Absatz 15 AO ergänzen einander:
Im Versicherungsteuerrecht wird für die Bestimmung der Festsetzungsfrist bei einem Steuerentrichtungspflichtigen auf die Umstände abgestellt, die in Bezug auf seine Person vorliegen. Dies bedeutet in erster Linie, dass die in § 171 Absatz 4 AO normierte Hemmung des Ablaufs der Festsetzungsfrist unter den dort geregelten Voraussetzungen gegenüber demjenigen Steuerpflichtigen eintritt, bei dem eine Außenprüfung angeordnet und begonnen wird. Die Frage, ob die Steuer nach Abschluss einer bei einem Steuerentrichtungspflichtigen oder bei einem für die Steuerentrichtung Haftenden durchgeführten Außenprüfung und der Auswertung des Prüfungsergebnisses auch noch gegenüber dem Steuerschuldner bzw. bei Inanspruchnahme eines Haftenden noch gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen festgesetzt werden könnte, ist nach § 7 Absatz 8 Satz 4 VersStG unmaßgeblich. § 171 Absatz 15 AO bestimmt, dass beim Steuerschuldner die Festsetzungsverjährung nicht früher eintritt
als beim Steuerentrichtungspflichtigen. Wird bei Letzterem der Ablauf der Festsetzungsfrist durch eine Außenprüfung gehemmt, gilt dies nunmehr auch für den Steuerschuldner.
Im Falle von Außenprüfungen bei einem Entrichtungspflichtigen im Bereich der Versicherungsteuer führen die jeweils anwendbaren Neuregelungen in § 7 Absatz 8 VersStG und § 171 Absatz 15 AO also dazu, dass wegen der Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist beim Entrichtungspflichtigen aufgrund der Außenprüfung auch der Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerschuldner gehemmt ist.
Das BMF-Schreiben wird in Kürze im Bundessteuerblatt Teil II zusammen mit dem BFH-Urteil veröffentlicht werden.
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