Stellt die Übernahme von leitenden Funktionen (insbesondere Geschäftsführerfunktionen; aber auch andere leitende Funktionen, wie zB Übernahme einer Abteilungsleiterfunktion usw.) im Rahmen von (Konzern-)Entsendungen generell eine Aktivleistung dar? Kann eine Aktivleistung unterstellt werden, ohne die zwischen den Gesellschaften vereinbarten Leistungsbeziehungen näher zu überprüfen?
Ist dabei maßgeblich, welches Unternehmen an wen entsendet (Mutter- entsendet zu Tochtergesellschaft; Schwester- entsendet zu Schwestergesellschaft usw.), zB wäre von einer Aktivleistung nur dann auszugehen, wenn die Mutter- an die Tochtergesellschaft Arbeitnehmer in leitender Funktion entsendet oder kann eine Aktivleistung auch vorliegen, wenn eine Schwestergesellschaft einen Arbeitnehmer zu einer anderen Schwestergesellschaft als GF entsendet?
Der Erlass vom 12. Juni 2014, BMF-010221/0362-VI/8/2014 , BMF-AV Nr. 102/2014, stellt in Abs. 2 ausdrücklich klar, dass dem die Grundlage dieser Erlassregelung bildenden Erkenntnis VwGH 22. Mai 2013, 2009/13/0031 nur für echte Fälle einer Arbeitskräfteüberlassung - also für eine reine "Passivleistung" des entsendenden Unternehmens, nicht hingegen für "Aktivleistungen", wie beispielsweise Beratungsleistungen, Schulungsleistungen, Überwachungsleistungen und andere Assistenzleistung durch das entsendende Unternehmen - Geltung beigemessen wird. Zur leichteren Unterscheidung der beiden Fallgruppen sind dem Erlass in Anhang 1 vier Beispiele angeschlossen. Beispiel b) behandelt den Fall der kurzfristigen Entsendung eines Marketingstrategen von der Muttergesellschaft an die Tochtergesellschaft, deren Ziel die Beratung der Tochtergesellschaft hinsichtlich der Marketingstrategie der Muttergesellschaft ist. Die vom Arbeitnehmer der Muttergesellschaft erbrachten Leistungen sind hier Teil der aktiven Geschäftstätigkeit der Muttergesellschaft und stellen somit eine Assistenzleistung (Aktivleistung) der Mutter- an die Tochtergesellschaft dar, sodass das entsendende Unternehmen (rechtlicher Arbeitgeber) auch weiterhin als Arbeitgeber auf abkommensrechtlicher Ebene anzusehen ist. Mangels Erbringung einer Passivleistung ist die Tochtergesellschaft also nicht als wirtschaftlicher Arbeitgeber im Sinne des Art. 15 Abs. 2 DBA anzusehen. Beispiel d) behandelt demgegenüber den Fall der kurzfristigen Überlassung eines Ingenieurs durch ein Ingenieurunternehmen an ein im anderen Vertragsstaat ansässiges Ingenieursunternehmen, das für Zwecke der Fertigstellung eines Bauprojekts einen Ingenieur benötigt, welcher der Aufsicht und den Weisungen des im anderen Staat ansässigen Unternehmens unterliegt. Obwohl im Beispiel d) beide Gesellschaften dieselbe Geschäftstätigkeit ausüben, werden die vom Arbeitnehmer erbrachten Dienstleistungen im Rahmen der Unternehmenssphäre des aufnehmenden Unternehmens erbracht. Die Leistung des entsendenden Unternehmens (rechtlicher Arbeitgeber) beschränkt sich somit auf das Dulden der Nutzung der Arbeitskraft seines Arbeitnehmers durch das aufnehmende Unternehmen im anderen Vertragsstaat und stellt somit eine Passivleistung des rechtlichen Arbeitgebers dar. In diesem Fall kommt es daher auf der Ebene des DBA zum Wechsel vom rechtlichen Arbeitgeber auf das die Arbeitskraft nutzende Unternehmen (wirtschaftlicher Arbeitgeber) und damit zum Übergang des Besteuerungsrechts an den Tätigkeitsstaat.
Vor dem Hintergrund dieser Fallkonstellationen ist sinngemäß auch der Charakter von Leistungen von Geschäftsführern, die von der Muttergesellschaft im Rahmen einer Konzernentsendung an die Tochtergesellschaft entsendet werden, zu prüfen. In EAS 3199 , welche durch den in Rede stehenden Erlass des BMF nicht aufgehoben wurde und der daher noch grundsätzliche Bedeutung beigemessen werden kann, wurde die Frage thematisiert, ob im Fall der Entsendung eines angestellten Geschäftsführers einer operativ tätigen tschechischen Kapitalgesellschaft an ihre österreichische Tochtergesellschaft der Fall eines steuerlich anzuerkennenden Personalgestellungsvertrages (Passivleistung der tschechischen Muttergesellschaft) oder möglicherweise - angesichts der im Interesse der tschechischen Muttergesellschaft auszuübenden Geschäftsleitung - der Fall einer aktiven Einwirkung der tschechischen Muttergesellschaft auf die Geschäftsführung der österreichischen Tochtergesellschaft vorliegt (Aktivleistung der tschechischen Muttergesellschaft). In dieser EAS wird klargestellt, dass in Fällen der Entsendung von Geschäftsführern im Konzernverbund eine einzelfallbezogene Betrachtung für die Lösung der Frage, ob hierbei von einer Aktiv- oder von einer Passivleistung des entsendenden Unternehmens auszugehen ist, anzustellen ist. In Zweifelsfällen ist die Beurteilung nach dem Überwiegen der jeweiligen Leistung vorzunehmen, sofern nicht völlig getrennte und klar abgegrenzte Arbeitsbereiche vorliegen.
Kann anhand der maßgeblichen Sachverhaltsmerkmale im Rahmen der freien Beweiswürdigung davon ausgegangen werden, dass die Entsendung eines Geschäftsführers einer österreichischen Muttergesellschaft zur ausländischen Tochtergesellschaft im Interesse der Muttergesellschaft erfolgt, wobei ein aktives Einwirken der Muttergesellschaft auf die Geschäftsführung der Tochtergesellschaft bezweckt wird, bestehen keine Bedenken, weiterhin vom Vorliegen einer Aktivleistung auszugehen. Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn es sich um Aktivitäten handelt, die ein konzernzugehöriges Unternehmen in der Eigenschaft als Anteilseigner nur wegen des Beteiligungsinteresses gegenüber dem anderen Unternehmen im Konzern durchführt. In diesem Fall käme es daher zu keinem Wechsel des Arbeitgebers auf der Ebene des DBA, wodurch die Einkünfte des Arbeitnehmers weiterhin dem österreichischen Besteuerungsanspruch unterlägen. Da in diesem Fall eine Assistenzleistung der österreichischen Muttergesellschaft an die ausländische Tochtergesellschaft vorläge, wäre die Möglichkeit der Begründung einer Betriebstätte der österreichischen Muttergesellschaft bei der ausländischen Tochtergesellschaft grundsätzlich denkbar. Dies könnte aber nur bei Überschreiten einer Frist von sechs Monaten der Fall sein. Sollte tatsächlich eine ausländische Betriebstätte im Sinne des DBA anzunehmen sein, würde selbst bei einer kurzfristigen - also einer nicht länger als 183 Tagen dauernden - Entsendung des österreichischen Arbeitnehmers zur ausländischen Muttergesellschaft das Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaats auf Grund von Art. 15 Abs. 2 lit. c OECD-MA aufleben. Dabei wäre in Österreich - wie im Fall einer echten Personalgestellung - eine Steuerentlastung zu gewähren. Diese Fallkonstellation träfe im Fall einer längerfristigen Geschäftsführungstätigkeit der österreichischen Muttergesellschaft durch stets wechselnde inländische Arbeitnehmer, die sich jeweils kurzfristig bei der ausländischen Tochtergesellschaft aufhalten, zu. Überschreitet die Aufenthaltsdauer der entsendeten Geschäftsführer die maßgebliche Grenze von 183 Tagen, so käme es jedenfalls zu einem Übergang des Besteuerungsrechts an den Tätigkeitsstaat.
Benötigt hingegen die ausländische Tochtergesellschaft auf Grund eines kurzfristigen Personalengpasses einen Geschäftsführer und greift sie bei der Auswahl dieser Person auf eine Personalreserve der österreichischen Muttergesellschaft zurück, ohne dass dieser österreichische Geschäftsführer speziellen Weisungen der inländischen Muttergesellschaft hinsichtlich der Art und des Inhalts seiner Geschäftsführertätigkeit bei der Tochtergesellschaft unterliegt, wäre jedenfalls von einer Passivleistung der österreichischen Muttergesellschaft auszugehen. Folglich wäre entsprechend dem Erlass vom 12. Juni 2014 auf der DBA-Ebene vom Wechsel des Arbeitgebers an die die Arbeitskraft nutzende Tochtergesellschaft (wirtschaftlicher Arbeitgeber) auszugehen. In diesem Fall geht das Besteuerungsrecht mangels des in Art. 15 Abs. 2 lit. b OECD-MA vorgesehenen Merkmals der Nichtansässigkeit des Arbeitgebers im Tätigkeitstaat auf diesen Staat über.
Im Fall der Einwärtsentsendung eines ausländischen Geschäftsführers einer ausländischen Muttergesellschaft zur inländischen Tochtergesellschaft wäre bei Vorliegen der Tatbestandsmerkmale einer Aktivleistung das allfällige Bestehen einer inländischen Betriebstätte (Art. 5 OECD-MA) der ausländischen Muttergesellschaft zu prüfen. Liegt eine DBA-Betriebstätte und damit auch eine Betriebstätte im Sinne des § 81 EStG 1988 vor, so wäre die Steuerpflicht des ausländischen Arbeitnehmers im Wege des vom ausländischen Arbeitgeber vorzunehmenden inländischen Lohnsteuerabzugs wahrzunehmen.
Die Beurteilung dieser Frage stellt jedoch ebenfalls eine Sachverhaltsfrage dar, die nicht vom BMF vorgenommen werden kann. Als Indiz für das Vorliegen einer Aktivleistung kann beispielsweise der Umstand gewertet werden, dass eine Berichtspflicht des entsandten Arbeitnehmers gegenüber seinem entsendenden Arbeitgeber besteht, wobei dies aber nur unter Berücksichtigung des Gesamtbilds der maßgeblichen Umstände des Einzelfalls beurteilt werden kann.
Erfolgt innerhalb eines internationalen Konzernverbunds die Entsendung eines Arbeitnehmers als Geschäftsführers von einer Schwestergesellschaft zu einer anderen Schwestergesellschaft, so wird im Zweifelsfall wohl grundsätzlich von einer Passivleistung der entsendenden Schwestergesellschaft gegenüber der aufnehmenden Schwestergesellschaft auszugehen sein. Hierbei wird nämlich die Initiative zur Entsendung üblicherweise von der gemeinsamen Muttergesellschaft ausgehen. Dabei hätte die entsendende Tochtergesellschaft die Verwendung ihres Geschäftsführers bei der Schwestergesellschaft der entsendenden Tochtergesellschaft zu "dulden", sodass auf der Abkommensebene grundsätzlich vom Wechsel des Arbeitgebers auf die aufnehmende Schwestergesellschaft auszugehen wäre. Eine andere Betrachtung wäre aber beispielsweise dann geboten, wenn die als rechtliche Arbeitgeberin fungierende Tochtergesellschaft von der Muttergesellschaft beauftragt wird, einen ihrer Geschäftsführer zur Schwestergesellschaft zu entsenden und ihn zu beauftragen, das Geschäftsmodell der entsendenden Tochtergesellschaft auf die aufnehmende Schwestergesellschaft zu übertragen und damit aktiv auf die Geschäftsführung der Schwestergesellschaft einzuwirken.
Bei derartigen Fragen handelt es sich um Sachverhaltsfragen, die nur unter Berücksichtigung des Gesamtbilds der maßgeblichen Umstände des Einzelfalls beurteilt werden können. Seitens des BMF können daher dazu keine generellen Aussagen getroffen werden.
Nach Absatz 10 des Erlasses vom 12.6.2014, BMF-010221/0362-VI/8/2014, bestehen keine Bedenken, die vor Ergehen des VwGH-Erkenntnisses übliche Verwaltungspraxis hinsichtlich der Qualifikation des Arbeitgebers ausnahmsweise vorübergehend bei Konzernentsendungen, die im Zeitpunkt der Kundmachung dieses Erlasses bestehen, weiterhin beizubehalten, sofern die maßgebliche Frist von 183 Aufenthaltstagen im Tätigkeitsstaat nicht überschritten wird und eine Besteuerung im Ansässigkeitsstaat erfolgt. Es stellt sich dabei die Frage, wie die Aussage in Punkt 10 des Erlasses, wonach keine Bedenken bestünden, die vor Ergehen des VwGH-Erkenntnisses übliche Verwaltungspraxis hinsichtlich der Qualifikation des Arbeitgebers ausnahmsweise vorübergehend weiterhin beizubehalten, auszulegen ist, ob hier ein Ermessensspielraum möglich ist oder ob generell für alle lnbound-Fälle, die bis Mitte 2014 bestanden haben, auch bei Nichterreichung der 183-Aufenthaltstage im Sinne der antragstellenden steuerlichen Vertretung unter Steuerfreistellung zu behandeln wären?
Die Umsetzung der durch die Judikatur des VwGH (22. Mai 2013, 2009/13/0031) vorgegebenen neuen Interpretationslinie sollte schonend vorgenommen werden und nicht dazu führen, dass in die zum Zeitpunkt des Ergehens der Erlassregelung vom 12. Juni 2014 bestehenden Entsendungsverhältnisse eingegriffen wird, zumal es sich hier ja nicht um eine innerstaatliche Rechtsänderung, sondern bloß um die Änderung der Interpretationspraxis handelt. Daher schien es unzweifelhaft geboten, vom Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart gemäß Abs. 30 des Erlasses des BMF vom 10. März 2006, BMF-010221/0101-IV/4/2006 , bereits erteilte Freistellungsbescheide innerhalb ihres Geltungszeitraums unberührt zu lassen. Zur Vermeidung einer sachlich ungerechtfertigten Ungleichbehandlung erschien es aber ebenfalls geboten, diese Behandlung auch auf Fälle von Konzernentsendungen im Sinne des Abs. 29 des o.z. Erlasses zu erstrecken, bei denen - anders als in den von Abs. 30 erfassten Fällen von verleasten ausländischen Arbeitskräften durch ausländische Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen - eine unmittelbare Steuerfreistellung ohne Erlassung eines Freistellungsbescheides möglich ist. Der Erlass des BMF vom 12. Juni 2014 lässt daher die Weitergeltung der alten Rechtsauslegung auf zum Stichtag der Kundmachung des Erlasses bestehende Entsendungen weiterhin zu. Dabei darf aber die für die Steuerfreistellung maßgebliche Frist von 183 Tagen nicht überschritten werden, und es ist der Nachweis zu erbringen, dass die auf die in Österreich erbrachten Dienstleistungen entfallenden Arbeitslöhne im Ansässigkeitsstaat der Arbeitnehmer der Besteuerung unterzogen wurden. Im Rahmen dieser für die Ermessensübung maßgeblichen Grenzen erscheint eine im Interesse der Rechtssicherheit gelegene einheitliche Anwendungspraxis geboten, zumal eine davon abweichende Behandlung - angesichts des für die Weiteranwendung der alten Rechtsauslegung maßgeblichen Merkmals der tatsächlichen Besteuerung im Ausland - zu einer Konfliktsituation mit der ausländischen Steuerverwaltung führen würde. Der Erlass des BMF kann jedoch selbstverständlich nicht dahingehend ausgelegt werden, dass eine Verpflichtung zur Anwendung der alten Rechtsauslegung auch in jenen Fällen bestünde, in denen seitens des entsendenden Unternehmens die Bereitschaft zur Änderung der steuerlichen Behandlung des zum maßgeblichen Stichtag bestehenden Arbeitskräftegestellungsverhältnisses besteht. Jedenfalls entbindet der als Richtschnur zur Rechtsanwendung dienende Erlass das Finanzamt nicht, seinerseits alle für die Rechtsanwendung maßgeblichen Umstände des Einzelfalls entsprechend zu würdigen. Die Verknüpfung der vorübergehenden Weiteranwendung der alten Rechtsauslegung mit der sich jeweils ergebenden Höhe des auf die Übergangsperiode entfallenden Verlustes an inländischem Steuersubstrat wäre allerdings aus der Sicht des BMF grundsätzlich mit dem Makel der Willkürlichkeit behaftet.
Sehr kurzfristige Entsendungen (Dienstreisen), zB nur 10 bis 30 verbrachte Arbeitstage im Tätigkeitsstaat: Wäre die Festlegung einer bestimmten Dauer der Entsendung für die organisatorische Eingliederung sinnvoll, zB organisatorische Eingliederung erst ab drei Monaten Entsendung (wie mit Deutschland)?
Angesichts der fehlenden internationalen Übereinstimmung zur Annahme von Mindestfristen für die Beurteilung, ob der Nutzer der Arbeitskraft als wirtschaftlicher Arbeitgeber anzusehen ist, wurde seitens des BMF bewusst auf die einseitige Festlegung solcher Fristen verzichtet. Ebenso hat auch der VwGH im Erkenntnis vom 22. Mai 2013, 2009/13/0031 , für Zwecke der Anwendung des Art. 15 DBA auf eine solche zeitliche Komponente nicht Bezug genommen. In Fällen extrem kurzfristiger Entsendungen durch den rechtlichen Arbeitgeber im Rahmen von Dienstreisen wird aber prima facie das Vorliegen von Assistenzleistungen durch die entsendende Gesellschaft gegenüber der ausländischen Gesellschaft anzunehmen sein.
Wie ist in Fällen von Arbeitskräfteentsendungen vorzugehen, in denen nur eine anteilige Kostenweiterbelastung erfolgt?
Der VwGH stützt seine Auslegung des abkommensrechtlichen Begriffs "Arbeitgeber" vor allem auf den Umstand, dass der Arbeitslohn vom Nutzer der Arbeitskraft wirtschaftlich getragen wird. Deshalb ging das BMF davon aus, dass sich diese Auffassung (wirtschaftliche Tragung des Arbeitslohns führt zur Arbeitgebereigenschaft) auf Fälle einer Arbeitskräfteüberlassung (Passivleistung) beschränkt und nicht auch bei Aktivleistungen Geltung besitzen soll (vgl. dazu auch Z 1). Auch bei Assistenzleistungen muss nämlich die Tochtergesellschaft wirtschaftlich den Lohnaufwand der entsandten Konzernmitarbeiter tragen, weil fremdverhaltenskonform stets die gesamten Kosten (idR samt Gewinnaufschlag) der Tochtergesellschaft anzulasten sind. Allerdings kann die wirtschaftliche Lohnkostentragung für sich alleine nicht ausreichen, die zahlende Gesellschaft zum Arbeitgeber der entsandten Mitarbeiter zu erklären. Die Trennungslinie zwischen den zwei Szenarien (passive Arbeitskräfteüberlassung vs. aktive Assistenzleistung) ergibt sich aus den Beispielen des OECD-Musterkommentars zu Art. 15 (vgl. auch Jirousek/Loukota, Kehrtwende bei der Besteuerung internationaler Arbeitskräfteüberlassungen, ÖStZ 2013, 436 f.).
Da sich der VwGH im Erkenntnis vom 22. Mai 2013, 2009/13/0031, mit diesen Aspekten allerdings nicht näher auseinander gesetzt hat, erscheint aus der Sicht des BMF ein Abstellen auf den Umfang der Kostentragung nicht zwingend geboten. Vielmehr erscheint es im Interesse der Rechtssicherheit und der einheitlichen Rechtsanwendung geboten, für die Frage der Erlassanwendung im Rahmen der freien Beweiswürdigung auf die dem Erlass zugrunde liegende Unterscheidung zwischen Aktiv- und Passivleistungen abzustellen.
Die Entsendung erfolgt zum ausschließlichen Vorteil der aufnehmenden Gesellschaft, welche die Leitung und Kontrolle über einen zu erbringenden zB Kundenauftrag hat. Die Geschäftsfelder der entsendenden und aufnehmenden Konzerngesellschaften sind jeweils ident. Die aufnehmende Gesellschaft fordert die Entsendung an. Der entsandte Arbeitnehmer unterliegt grundsätzlich den Weisungen der aufnehmenden Gesellschaft (sachliche Weisungen könnte aber auch das entsendende Unternehmen erteilen). Die Heimatgesellschaft verrechnet für die Erbringung der konzerninternen Leistungen eine Gebühr ("fee") an die aufnehmende Gesellschaft.
Die im Rahmen der freien Beweiswürdigung vorzunehmende Qualifikation der Leistungen (Aktiv- oder Passivleistungen) kann nicht ausschließlich auf den im Konzernverbund vorgenommenen Verrechnungsmodus gestützt werden. Wird allerdings von der entsendenden Konzerngesellschaft gegenüber der aufnehmenden Konzerngesellschaft für die Erbringung von konzerninternen Leistungen durch einen entsandten Mitarbeiter eine Gebühr ("fee") verrechnet, kann dies ein erhebliches Indiz für das Vorliegen einer aktiven Assistenzleistung gegenüber der übernehmenden Konzerngesellschaft darstellen. Dennoch kann im Rahmen der freien Beweiswürdigung eine Passivleistung insbesondere dann angenommen werden, wenn die Gestellungsvergütung nur die reinen Personalkosten ohne Gewinnaufschlag oder mit einem auf Basis der Personalkosten berechneten Aufschlag zu umfassen hätte (vgl. OECD-Musterkommentar zu Art. 15 OECD-MA Rz 8.15). Diese Beurteilung wäre im Rahmen der freien Beweiswürdigung unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände und nicht nur anhand der vertraglich vereinbarten Bedingungen vorzunehmen. Keinesfalls kann eine auf Grund der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls als Passivleistung zu beurteilende Konzernentsendung mit dem Ziel der Umgehung der Besteuerung im Tätigkeitsstaat durch eine formale Vertragsgestaltung, die auf eine aktive Konzerndienstleistung hinweist, umgangen werden. Auf Grund der wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist der steuerlichen Beurteilung stets der wahre wirtschaftliche Gehalt der konkreten Leistung und nicht die formale zivilrechtliche Gestaltung zu Grunde zu legen.
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