BFH: Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer einer Flugbegleiterin

Der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers setzt voraus, dass der jeweilige Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt wird. Unerheblich ist, ob ein häusliches Arbeitszimmer für die Tätigkeit erforderlich ist. Für die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen genügt die Veranlassung durch die Einkünfteerzielung.

EStG § 9 Abs. 5
EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b

BFH-Urteil vom 3.4.2019, VI R 46/17 (veröffentlicht am 24.3.2022) (Die Entscheidung ist nach­träglich zur Veröffentli­chung bestimmt worden)

Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 4.5.2017, 8 K 329/15 E = SIS 17 25 58

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zur Einkommen­steuer zusammen veranlagte Ehegatten. Die Klägerin ist seit dem Jahr 2008 in Vollzeit als Flugbegleiterin tätig. Sie war zunächst bei der A angestellt, seit dem Jahr 2012 bei B mit Dienstflughafen C. Die Kläger sind Eigentümer eines Einfamilienhauses mit einer Wohnfläche von 148 qm.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (2013) machten die Kläger u.a. Aufwendungen in Höhe von 1.250 € für ein 13,5 qm großes Arbeitszimmer als Werbungskosten der Kläge­rin geltend. Sie trugen vor, für die in dem Arbeitszimmer ver­richteten Tätigkeiten stehe der Klägerin kein anderer Arbeits­platz zur Verfügung. Aus einer Aufstellung der Reisekosten ergab sich, dass die Klägerin an 66 Tagen zum Flughafen C und zurück gefahren war, sich an 27 Tagen auf Rei­sen im Inland und an 107 Tagen auf Reisen im Ausland befunden hatte (insgesamt 134 Reisetage).

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) setzte die Einkommensteuer ohne Berücksichtigung der Aufwen­dungen für das Arbeitszimmer fest. Der Einspruch blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) wies die im Anschluss erhobene Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2018, 277 veröffentlichten Gründen ab.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

Sie beantragen,
das FG-Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2013 vom 26. Juni 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Januar 2015 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit weitere Werbungs­kosten in Höhe von 1.250 € berücksichtigt werden.

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision der Kläger ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat den Werbungskostenabzug zu Unrecht mit der seiner Ansicht nach im Hinblick auf den zeitlichen Nutzungsumfang fehlenden "Erforderlichkeit" eines Arbeitszimmers abgelehnt.

1. Nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) kann ein Steuerpflichtiger Auf­wendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Werbungs­kosten abziehen. Dies gilt nach Satz 2 der Vorschrift nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein ande­rer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 € begrenzt (Satz 3 Halbsatz 1). Die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (Satz 3 Halbsatz 2).

a) Häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ist ein Raum, der seiner Ausstattung nach der Erzielung von Einnahmen dient und ausschließlich oder nahezu ausschließ­lich zur Erzielung von Einkünften genutzt wird. Ein häusliches Arbeitszimmer ist seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden und dient vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, verwaltungstechnischer oder -organisatorischer Arbeiten. Ein solcher Raum ist typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet, wobei der Schreibtisch regelmäßig das zentrale Möbelstück ist. Entspricht ein Raum nach seinem äußeren Bild durch seine Ein­richtung mit Büromöbeln dem Typus des Arbeitszimmers, muss er ‑‑wie ausgeführt‑‑ überdies (nahezu) ausschließlich zur Erzie­lung von Einkünften genutzt werden.

Aufwendungen für gemischt genutzte Räume, die in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden sind und die sowohl zur Erzielung von Einkünften als auch in mehr als nur unterge­ordnetem Umfang zu privaten Zwecken genutzt werden, sind hin­gegen insgesamt auch nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG nicht abziehbar (Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 27. Juli 2015 GrS 1/14, BFHE 251, 408, BStBl II 2016, 265, Rz 68; BFH-Urteile vom 16. Februar 2016 IX R 23/12, Rz 12; jeweils vom 17. Februar 2016 X R 32/11, BFHE 253, 148, BStBl II 2016, 708, und X R 1/13).

b) § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG bestimmt dabei abschließend, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer abziehbar sind. Weitere Vo­raussetzungen hinsichtlich der Abzugsfähigkeit der Aufwendun­gen für ein häusliches Arbeitszimmer regelt das Gesetz nicht. Die Erforderlichkeit ist kein Merkmal des Abzugstatbestands (BFH-Urteil vom 8. März 2017 IX R 52/14, Rz 13, m.w.N.). Der Gesetzgeber typisiert in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG die Ab­zugsvoraussetzungen für ein häusliches Arbeitszimmer, indem er die Abzugsmöglichkeit auf die zwei im Gesetz genannten Fall­gruppen (kein anderer Arbeitsplatz, Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung) begrenzt. Der Steu­erpflichtige ist in den vom Gesetz genannten Fallgruppen auf einen häuslichen Arbeitsplatz angewiesen, weshalb das Gesetz typisierend davon ausgeht, dass die Aufwendungen hierfür (na­hezu) ausschließlich betrieblich/beruflich veranlasst sind, obwohl auch in diesen Fällen eine private Nutzung des Raums nicht überprüft und damit nicht ausgeschlossen werden kann (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 251, 408, BStBl II 2016, 265, Rz 61; vgl. auch Urban, Deutsche Steuer-Zeitung 2016, 747, 748 f.). Den in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Sätze 2 und 3 EStG angesprochenen Fallgruppen liegt daher die gesetz­geberische Überlegung zugrunde, dass die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in diesen Fällen erforderlich sind (vgl. Heger, Der Betrieb 2016, 249, 250).

Das Gesetz verwendet aber den Begriff der Erforderlichkeit oder Notwendigkeit nicht. Vielmehr typisiert es mit den beiden genannten Fallgruppen die Erforderlichkeit der beruflichen oder betrieblichen Nutzung des Arbeitszimmers, ohne den Be­griff der Erforderlichkeit in Gestalt eines unbestimmten Rechtsbegriffs zu einem Tatbestandsmerkmal zu erheben (Senats­urteil vom 27. September 1996 VI R 47/96, BFHE 181, 305, BStBl II 1997, 68, unter 2.b). Ein zusätzliches ungeschriebenes Tat­bestandsmerkmal der Erforderlichkeit für die beiden Fälle, in denen die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer über­haupt nur abzugsfähig sind, folgt daher weder aus dem Geset­zeswortlaut noch aus der Gesetzesbegründung (BFH-Urteil vom 8. März 2017 IX R 52/14, Rz 14). Denn mit den beiden in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG geregelten Fallgruppen sollen gerade Streitigkeiten über die Notwendigkeit eines Arbeitszimmers vermieden werden (BTDrucks 13/1686, S. 16, BRDrucks 171/2/95, S. 36).

2. Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen. Denn es hat rechtsfehlerhaft die Erforderlichkeit des Arbeitszimmers für die Tätigkeit der Klägerin als maßgebend erachtet. Darauf, dass die Klägerin die Arbeiten, für die ihr kein anderer Ar­beitsplatz zur Verfügung stand, am Küchentisch, im Esszimmer oder in einem anderen Raum hätte erledigen können, kommt es nicht an. Sein Urteil kann deshalb keinen Bestand haben.

Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat zwar den Umfang der Arbeiten festgestellt, für die der Klägerin kein anderer Ar­beitsplatz zur Verfügung stand. Es hat aber Feststellungen un­terlassen, ob der Raum im Streitjahr tatsächlich ‑‑wie von den Klägern behauptet‑‑ (nahezu) ausschließlich zur Einkünfteer­zielung verwendet wurde oder aber neben der einkünfterelevan­ten Nutzung eine schädliche private (Mit‑)Nutzung vorlag. Der­artige Feststellungen obliegen dem FG als Tatsachengericht und sind zur Entscheidung des Falls erforderlich (s. Senatsurteil vom 15. Dezember 2016 VI R 86/13, BFHE 256, 150, BStBl II 2017, 941, und BFH-Urteil vom 8. März 2017 IX R 52/14, Rz 16).

Kommt das FG unter Beachtung der Regelungen zur Darlegungs- und Beweislast zu dem Ergebnis, dass etwaige sonstige private Tätigkeiten der Klägerin oder des Klägers in dem streitigen Raum im Verhältnis zur steuerrelevanten Nutzung des Arbeits­zimmers als untergeordnet einzustufen sind und der Raum aus­schließlich oder zumindest nahezu ausschließlich zur Erzielung von steuerbaren Einnahmen genutzt worden ist, sind die Aufwen­dungen für das streitige Zimmer als häusliches Arbeitszimmer zu berücksichtigen.

Gelangt das FG hingegen zu der Erkenntnis, dass ein nicht un­erheblicher Anteil der Nutzung des Arbeitszimmers auf andere private Tätigkeiten (z.B. Erledigung privater Korrespondenz, Aufbewahrung privater Unterlagen) entfällt, scheidet nach den Grundsätzen der Entscheidung des Großen Senats des BFH in BFHE 251, 408, BStBl II 2016, 265 ein Abzug der Aufwendungen man­gels Vorliegen eines häuslichen Arbeitszimmers sowie wegen ge­mischter Nutzung der Arbeitsmittel aus.

3. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

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