BFH zur Aufteilbarkeit der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer

Dem Großen Senat werden gemäß § 11 Abs. 4 FGO folgende Rechtsfragen zur Entscheidung vorgelegt:

  1. Setzt der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers voraus, dass der jeweilige Raum (nahezu) ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt wird?
  2. Sind die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer entsprechend den Grundsätzen des Beschlusses des Großen Senats des BFH vom 21.9.2009, GrS 1/06 (BFHE 227 S. 1, BStBl 2010 II S. 672 = SIS 10 00 37) aufzuteilen?

BFH-Beschluss vom 21.11.2013, IX R 23/12 (veröffentlicht am 5.2.2014)

EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b

Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 24.4.2012 8 K 254/11 (EFG 2012, 2100 = SIS 12 31 40)

I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers voraussetzt, dass der jeweilige Raum (nahezu) ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt wird und ob die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer entsprechend den Grundsätzen des Beschlusses des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 21.9.2009 GrS 1/06 (BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672) aufzuteilen sind.

1. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) bewohnte mit seiner Ehefrau ein beiden gehörendes Einfamilienhaus in R. Er ist überdies Eigentümer zweier vermieteter Mehrfamilienhäuser. Der Kläger erklärte für das Streitjahr 2006 Mieteinnahmen aus der Vermietung der Objekte und sonstiger Flächen in Höhe von insgesamt 94.047 € und Werbungskosten in Höhe von insgesamt 99.852 €.

Mit seinem Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2006 machte der Kläger erstmals Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in dem Objekt in R in Höhe von 804 € im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung geltend, da das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit bilde. Dabei verwies der Kläger auf einen "Tätigkeitsbericht" über die Arbeiten, die er im häuslichen Arbeitszimmer verrichtet habe, sowie auf Fotos u.a. von einem Schreibtisch, Büroschränken und Regalen sowie diversen Leitzordnern. Im Arbeitszimmer steht ein Computer. Die Aufwendungen setzen sich aus Absetzung für Abnutzung (218 €) und anteiligen sonstigen Kosten (Gebäudeversicherung, Niederschlagswasser, Grundbesitzabgaben, Zinsen, Energiekosten in Höhe von 586 €) zusammen.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) ließ die Aufwendungen nicht zum Abzug zu.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage überwiegend statt und berücksichtigte in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 2100 veröffentlichten Urteil die Aufwendungen für das Arbeitszimmer in Höhe von 60 % der entstandenen Raumkosten als gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) abziehbare Werbungskosten bei Vermietung und Verpachtung. Der Kläger könne 60 % seiner Aufwendungen (804 € x 60 % = 482 €) als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung absetzen, obwohl er den Arbeitsraum zur Überzeugung des Senats nicht (nahezu) ausschließlich zur Einkünfteerzielung nutzte. Eine Nutzung im Umfang von 60 % habe er indes nachgewiesen.

2. Hiergegen richtet sich die Revision des FA, mit der es die Verletzung von § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 1 EStG rügt. Das FG verkenne, dass § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b i.V.m. § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG eine Spezialnorm zur Abzugsfähigkeit von Raumkosten für ein "häusliches Arbeitszimmer" darstelle. Insoweit unterscheide sich der Fall des Arbeitszimmers von dem durch den Großen Senat des BFH entschiedenen Fall, in dem der Abzug von Kosten (Reisekosten) zu beurteilen gewesen sei, für die das Einkommensteuergesetz keine besondere Regelung vorhalte (Beschluss des Großen Senats in BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672).

Das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 1 EStG i.V.m. § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG gelte ungeachtet der betrieblichen oder beruflichen Veranlassung der Aufwendungen. Mit Bejahung des Tatbestandsmerkmals "häusliches Arbeitszimmer" lägen grundsätzlich Betriebsausgaben/Werbungskosten gemäß §§ 4 Abs. 4 bzw. 9 Abs. 1 EStG vor, deren Abziehbarkeit durch § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG (i.V.m. § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG) eingeschränkt werde; eine Anerkennung gemischter Aufwendungen, wie sie die Entscheidung des Großen Senats des BFH in BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672 eröffne, sei insoweit ausgeschlossen.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2006 dahingehend zu bestätigen, dass die festgesetzte Einkommensteuer 2006 1.082 € betrage.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

3. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren beigetreten. Es führt im Wesentlichen Folgendes aus:

§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG sei eine von § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG unabhängige, abschließende Regelung zur Abzugsmöglichkeit für Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer. Nur durch das Merkmal der ausschließlichen betrieblichen/beruflichen Nutzung sei gewährleistet, dass das Arbeitszimmer vom privaten Bereich der Lebensführung hinreichend abgegrenzt werde. Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe in seinem Beschluss vom 6.7.2010, 2 BvL 13/09 (BVerfGE 126, 268) seiner Prüfung die ausschließliche berufliche Nutzung als zwingende Voraussetzung zugrunde gelegt. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes wurde nur insoweit festgestellt, als Aufwendungen für ein ausschließlich betrieblich oder beruflich genutztes häusliches Arbeitszimmer auch dann von der steuerlichen Berücksichtigung ausgeschlossen werden, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe.

Lasse man eine Aufteilung im Einzelfall zu, müsse der betriebliche und private Nutzungsanteil ermittelt werden; eine pauschale Schätzung genüge nicht. Praktikabilitätserwägungen sprächen indes gegen eine solche Aufteilung der Aufwendungen. Auch bilanziell sei das ganze Arbeitszimmer ein Wirtschaftsgut. Der Typus des häuslichen Arbeitszimmers gestatte mithin keine Einbeziehung von Arbeitsecken.

II. Der Senat verneint die erste und bejaht die zweite Vorlagefrage. Er beabsichtigt, die Revision des FA als unbegründet zurückzuweisen. Der Senat vertritt die Auffassung, dass der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers die (nahezu) ausschließliche betriebliche/berufliche Nutzung des jeweiligen Raumes nicht voraussetzt. Die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind daher entsprechend den Grundsätzen des Beschlusses des Großen Senats des BFH in BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672 aufzuteilen.

1. Bisherige Rechtsprechung

a) Vor Geltung der Sonderregelung zum Arbeitszimmer in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG ging der BFH davon aus, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nach § 4 Abs. 4 EStG als Betriebsausgaben abzuziehen sind, wenn der fragliche Raum ausschließlich oder fast ausschließlich beruflich genutzt wird; bei einer mehr als nur geringfügigen privaten Mitbenutzung stand § 12 Nr. 1 EStG einem Abzug solcher Aufwendungen entgegen (BFH-Urteil vom 6.2.1992 IV R 85/90, BFHE 167, 114, BStBl II 1992, 528).

Der gesetzlich nicht näher bestimmte Begriff des häuslichen Arbeitszimmers in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG erfasste nach bisheriger ständiger Rechtsprechung das häusliche Büro, d.h. einen Arbeitsraum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dient. Der Nutzung entsprechend sei das häusliche Arbeitszimmer typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet, wobei der Schreibtisch regelmäßig das zentrale Möbelstück darstellt (BFH-Urteil vom 20.6.2012 IX R 56/10, BFH/NV 2012, 1776, m.w.N.). Die Grenzen seien fließend. Ob ein Raum als häusliches Arbeitszimmer anzusehen sei, lasse sich nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der Einzelumstände entscheiden (BFH-Urteile vom 18.4.2012 X R 57/09, BFHE 237, 311, BStBl II 2012, 770; vom 10.10.2012 VIII R 44/10, BFH/NV 2013, 359). Vorrangig und maßgeblich sei dabei auf die Qualität des betroffenen Raumes abzustellen (BFH-Urteile vom 28.8.2003 IV R 53/01, BFHE 203, 324, BStBl II 2004, 55; vom 20.11.2003 IV R 3/02, BFHE 205, 46, BStBl II 2005, 203).

b) War eine Zuordnung zum Typus des häuslichen Arbeitszimmers i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG nicht möglich, hat der BFH zum Teil ebenfalls die von der Rechtsprechung zu § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG entwickelten Kriterien zur Abgrenzung einer nahezu ausschließlich betrieblichen Veranlassung der Nutzung gegenüber einer nicht unwesentlichen privaten Mitveranlassung berücksichtigt (BFH-Urteil vom 22.11.2006 X R 1/05, BFHE 216, 110, BStBl II 2007, 304).

c) Auch unter Geltung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG wurde seitens der Rechtsprechung für den Abzug von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer zum Teil verlangt, dass dieses "so gut wie ausschließlich beruflich genutzt" werde (BFH-Urteil vom 29.11.2006 VI R 3/04, BFHE 216, 163, BStBl II 2007, 308; Beschluss vom 13.11.2007 VI B 100/07, BFH/NV 2008, 219) oder "ausschließlich oder zumindest nahezu ausschließlich betrieblichen oder beruflichen Zwecken diente" (BFH-Beschlüsse vom 19.7.2005 VI B 175/04, BFH/NV 2005, 2000; vom 4.5.2005 VI B 35/04, BFH/NV 2005, 1549). Dies wurde insbesondere damit begründet, dass zwischen dem privaten Wohnbereich und dem Arbeitszimmer eine klare Abgrenzung gegeben sein müsse (vgl. BFH-Urteil in BFHE 216, 163, BStBl II 2007, 308, m.w.N.). Denn für Aufwendungen, die nicht nur unerheblich privat mitveranlasst seien und bei denen sich private und betriebliche Veranlassung nicht leicht und zweifelsfrei trennen ließen, gelte das von der Rechtsprechung aus § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG abgeleitete Aufteilungs- und Abzugsverbot (vgl. BFH-Urteil vom 5.12.2002 IV R 7/01, BFHE 201, 166, BStBl II 2003, 463). Die Berechtigung für die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG erwachse daraus, dass die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer die private Lebensführung berührten (BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 2000): Der Gesetzgeber gehe davon aus, dass ein häusliches Arbeitszimmer aufgrund seiner Eigenart eine gewisse Nähe zum privaten Wohnen habe; diesem Umstand, der gemäß § 12 Nr. 1 EStG zu einem vollständigen Abzugsverbot führen könne, nehme er berechtigterweise zum Anlass, die Abziehbarkeit der Aufwendungen zu beschränken (vgl. BFH-Urteil vom 16.10.2002 XI R 89/00, BFHE 201, 27, BStBl II 2003, 185).

2. Auffassung der Finanzverwaltung

Die Finanzverwaltung setzt für die Qualifikation eines Raumes als häusliches Arbeitszimmer eine (nahezu) ausschließliche betriebliche/berufliche Nutzung voraus. Lediglich eine untergeordnete private Mitbenutzung soll unschädlich sein (Schreiben des BMF vom 2.3.2011, BStBl I 2011, 195, Tz 3). Dies gelte insbesondere auch unter Berücksichtigung der Ausführungen im Beschluss des Großen Senats in BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672 (s. BMF-Schreiben vom 6.7.2010, BStBl I 2010, 614, Tz 7).

3. Auffassungen im Schrifttum

Die Literatur hält teilweise die Aufteilung der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer wegen der Aufgabe der Rechtsprechung zum Aufteilungs- und Abzugsverbot durch die Entscheidung des Großen Senats für geboten oder zumindest die Voraussetzung der (nahezu) ausschließlichen Nutzung für zweifelhaft (Wied in Blümich, § 4 EStG Rz 832; Nacke in Littmann/ Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 4 EStG Rz 1769; Wesselbaum-Neugebauer, Finanz-Rundschau 2007, 416 <418> im Vorgriff auf die Entscheidung des Großen Senats). Der Wortlaut des § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG stehe einer Aufteilung der Kosten nicht entgegen (Bergkemper, juris PraxisReport Steuerrecht 2/2011, Anm. 1). Eine Aufteilung sei bei nahezu allen gemischt genutzten Wirtschaftsgütern anerkannt (Paus, Deutsche Steuer-Zeitung 2010 - DStZ -, 688, 690).

Die Gegenansicht (Paul in Herrmann/Heuer/Raupach - HHR -, § 4 EStG Anm. 1513) verweist darauf, dass der häusliche Bereich in den Bereich der privaten Lebensführung des § 12 Nr. 1 EStG falle und kein hinreichend abzugrenzender betrieblicher oder beruflicher Mehraufwand vorliege.

4. Auffassung des vorlegenden Senats

Nach Auffassung des vorlegenden Senats sind die Vorlagefragen dahin zu entscheiden, dass der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers eine (nahezu) ausschließliche betriebliche/berufliche Nutzung nicht voraussetzt und die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer entsprechend den Grundsätzen des Beschlusses des Großen Senats des BFH in BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672 aufzuteilen sind.

a) Die Annahme, ein häusliches Arbeitszimmer setze eine (nahezu) ausschließliche Nutzung zu betrieblichen/beruflichen Zwecken voraus, korrespondiert mit dem in der früheren Rechtsprechung sog. Aufteilungs- und Abzugsverbot für gemischte Aufwendungen gemäß § 12 Nr. 1 EStG. Denn Aufwendungen für eine Wohnung sind solche der privaten Lebensführung. Die Verwendung der eigenen Wohnung für betriebliche/berufliche Zwecke führt zu gemischten Aufwendungen, für die das bisherige Aufteilungs- und Abzugsverbot nur dann nicht galt, wenn das Wohnen von untergeordneter Bedeutung war, d.h. die Aufwendungen ausnahmsweise nahezu ausschließlich beruflich veranlasst waren. Eine solche Veranlassung wurde nur angenommen, wenn der jeweilige Raum so gut wie ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt wurde.

Nur vor diesem Hintergrund ist das grundsätzliche Abzugsverbot gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 1 (i.V.m. § 9 Abs. 5 Satz 1) EStG mit der Einschränkung auf eine (nahezu) ausschließliche betriebliche/berufliche Nutzung schlüssig. Die Aufgabe des Aufteilungs- und Abzugsverbots wirkt sich auf die Auslegung und Anwendung des Arbeitszimmerbegriffs aus.

b) Dem Gesetzeswortlaut ist eine Einschränkung auf eine (nahezu) ausschließliche betriebliche/berufliche Nutzung nicht zu entnehmen. Vielmehr ist der Begriff des Arbeitszimmers ausschließlich am Raumtypus festzumachen. Arbeitszimmer ist lediglich ein Raum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dient (vgl. HHR/Paul, § 4 EStG Rz 1510, m.w.N.).

Wollte man den Begriff des Arbeitszimmers darüber hinaus auf (nahezu) ausschließlich steuerbar genutzte Räume reduzieren, würde die Abzugsbeschränkung von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG für - in einer häuslichen Umgebung liegende - Räume, die (in zeitlicher Hinsicht) nur teilweise steuerbar genutzt werden, nicht greifen. Über die Abziehbarkeit der Aufwendungen für solche Räume wäre allein nach § 4 Abs. 4 EStG zu entscheiden. Angesichts der Einbindung des Zimmers in die private Lebensführung des Steuerpflichtigen lägen gemischte Aufwendungen vor, die - bei Vorliegen entsprechender Aufteilungskriterien - nach den vom Großen Senat für Reisekosten entwickelten Grundsätzen zum Teil abziehbar wären. Dass die Abzugsbeschränkung auf zum Teil steuerbar genutzte Räume nicht, auf (nahezu) ausschließlich beruflich genutzte Räume aber schon anwendbar sein sollte, erschiene jedoch weder vor dem Hintergrund der ratio legis schlüssig noch gleichheitsgerecht.

c) Nach dem Wegfall des Aufteilungs- und Abzugsverbots fehlt es für die Einschränkung auf (nahezu) ausschließlich genutzte Räume an systematischen Gründen. Aufwendungen i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG sind nur solche, die durch die jeweilige steuerbare Tätigkeit veranlasst sind (§ 9 Abs. 1 EStG). Im Ergebnis sind danach auch die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer i.S. der Entscheidung des Großen Senats des BFH in BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672 grundsätzlich aufzuteilen. Es handelt sich um gemischte Aufwendungen, da in Gestalt des häuslichen Arbeitszimmers private Lebensführung (Häuslichkeit der Wohnung) und steuerbare Tätigkeit (Arbeiten) zusammentreffen. Diese gemischten Aufwendungen sind im Interesse einer Ertragsbesteuerung nach Maßgabe der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sowie entsprechend dem objektiven Nettoprinzip (vgl. eingehend Pezzer, Deutsches Steuerrecht 2010, 93 ff.) grundsätzlich in abziehbare und nicht abziehbare Teile aufzuteilen (vgl. dazu Jochum, DStZ 2010, 665 <671>). Es fehlt auch nicht an sachgerechten Aufteilungskriterien, insbesondere in Gestalt von Nutzungszeiten, soweit ein Arbeitszimmer nicht gleichzeitig beruflich und privat genutzt wird, etwa als Arbeits- und Spielzimmer. Bei einem abgeschlossenen Arbeitszimmer handelt es sich im Übrigen nicht um private Aufwendungen, die pauschal durch das steuerliche Existenzminimum im Grundfreibetrag berücksichtigt werden.

d) Auch die Auslegung von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG als lex specialis ergibt nicht, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht aufzuteilen wären. Vielmehr setzt die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG das Vorliegen von nach allgemeinen Grundsätzen (§ 4 Abs. 4 EStG) abziehbaren Aufwendungen voraus und begrenzt deren Abzug typisierend im Hinblick auf die allgemeine Einbindung des Arbeitszimmers in den privaten Wohnbereich (vgl. BFH-Urteil in BFHE 201, 27, BStBl II 2003, 185). Der Beschluss des BVerfG in BVerfGE 126, 268 steht einer dahin gehenden Auslegung nicht entgegen, da das BVerfG keine Detailauslegung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG vornimmt.

e) Weder die Abzugsbegrenzung auf 1.250 € in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 3 EStG noch Praktikabilitätserwägungen geben eine zwingende Auslegung vor. Eine Anwendung der Grundsätze des Großen Senats zur Aufteilung von Reisekosten würde einen sachgerechten Ausgleich zwischen objektivem Nettoprinzip und der erforderlichen Praktikabilität schaffen.

f) Der zu entscheidende Fall betrifft weder eine Arbeitsecke noch einen Bilanzierungsfall, sodass die diesbezüglichen Argumente der Verwaltung nicht durchgreifen.

g) Dem Argument in der Literatur, das häusliche Arbeitszimmer lasse sich dem häuslichen Bereich zuordnen und es sei kein hinreichend abzugrenzender betrieblicher/beruflicher Mehraufwand gegeben, ist entgegenzuhalten, dass sich der Mehraufwand gerade im höheren Mietzins niederschlägt, der für eine Wohnung fällig wird, die einen zusätzlichen, als Arbeitszimmer genutzten Raum enthält.

III. Die Vorlagefragen sind entscheidungserheblich.

1. Folgt man der Auffassung des vorlegenden Senats, dass der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers die (nahezu) ausschließliche betriebliche/berufliche Nutzung des jeweiligen Raumes nicht voraussetzt, sind die Aufwendungen des Klägers für sein häusliches Arbeitszimmer entsprechend den Grundsätzen des Beschlusses des Großen Senats des BFH in BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672 aufzuteilen. Würde dagegen eine (nahezu) ausschließliche Nutzung für betriebliche/berufliche Zwecke vorausgesetzt, wäre der Abzug der Aufwendungen ausgeschlossen und die Revision des FA begründet.

2. Die Sache ist spruchreif. Die Aufwendungen des Klägers für sein häusliches Arbeitszimmer sind der Höhe nach unstreitig und vom FG i.S. des § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bindend festgestellt.

IV. Eine Vorlage ist nach § 11 Abs. 4 FGO geboten.

1. An einer Vorlage wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 11 Abs. 4 FGO ist der Senat insbesondere nicht wegen einer vorrangigen Divergenzvorlage gemäß § 11 Abs. 2 FGO gehindert (Sunder-Plassmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 11 FGO Rz 24). Der III., IV., VIII. und X. Senat haben auf Anfrage des vorlegenden Senats erklärt, dass keine Abweichung zu ihren Urteilen vom 23.3.2005 III R 17/03 (BFH/NV 2005, 1537), in BFHE 201, 166, BStBl II 2003, 463, und vom 27.9.2001 X R 92/98 (BFHE 197, 40, BStBl II 2002, 51) und dem Beschluss vom 27.3.2009 VIII B 184/08 (BFHE 224, 458, BStBl II 2009, 850) vorliege. Der VI. Senat hat auf die Anfrage des vorlegenden Senats der Abweichung von seinem Urteil in BFHE 216, 163, BStBl II 2007, 308 zugestimmt.

2. Der vorlegende Senat misst den Vorlagefragen grundsätzliche Bedeutung bei. Die Voraussetzungen eines häuslichen Arbeitszimmers und die Frage, ob die Aufwendungen für dieses bei gemischter Nutzung aufzuteilen sind, stellt sich nicht nur im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, sondern kann sich auch bei anderen für Ertragssteuern zuständigen Senaten des BFH ergeben (vgl. Söhn in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 Anm. Lb 36 f.). Die Vorlagefragen entfalten große Breitenwirkung.

Beim IX. Senat sind unter den Aktenzeichen IX R 20/13 und IX R 21/13 (Vorinstanz: jeweils FG Köln, Urteile vom 15.5.2013 4 K 1384/10 und 4 K 1242/13, Streitjahre: 2007 und 2008) zwei weitere Verfahren zu der Frage anhängig, ob die Kosten für als Arbeitszimmer eingerichtete (separate) Räume, die (zeit)anteilig (zu 70 %) für die Verwaltung vermieteter Immobilien und (zeit)anteilig (zu 30 %) für eine wissenschaftliche, vom FA jedoch als Liebhaberei qualifizierte und damit private Tätigkeit genutzt werden, anteilig als Werbungskosten abziehbar sind.

3. Im Zuge ihrer Antworten auf die Anfragen des vorlegenden Senats haben die betroffenen Senate sich teilweise zu den Vorlagefragen geäußert.

a) Der IV. Senat (Beschluss vom 27.6.2013) teilt die Auffassung des IX. Senats, dass gemischt genutzte Räume begrifflich Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG sein können und dass bei Vorliegen objektivierbarer Kriterien zur Aufteilung zwischen betrieblichen/beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträgen die anteilig durch die Einkünfteerzielung veranlassten Aufwendungen für das Arbeitszimmer im Rahmen der Abzugsbeschränkung Einkünfte mindernd zu berücksichtigen seien.

b) Der VIII. Senat (Beschluss vom 19.6.2013) stimmt vorsorglich mit Hinweis auf Gesetzessystematik und -zweck der maßgeblichen Regelung der beabsichtigten Aufteilung von Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers nicht zu.

c) Der X. Senat (Beschluss vom 21.8.2013) verweist darauf, dass bei ihm unter dem Aktenzeichen X R 32/11 ein Revisionsverfahren mit einer vergleichbaren Thematik anhängig sei, das in absehbarer Zeit zur Entscheidung anstehe. Der X. Senat beabsichtige, die Aufteilung der Kosten eines gemischt genutzten Zimmers in der häuslichen Sphäre generell nicht zuzulassen. Entschiede der IX. Senat nunmehr wie beabsichtigt, wäre sodann ohnehin die Anrufung des Großen Senats geboten.

Im Verfahren X R 32/11 (Streitjahr 2006) ist zu entscheiden, ob die Aufwendungen für einen teils als (privates) Wohnzimmer, teils als (beruflich genutztes) Arbeitszimmer ("Arbeitsecke") genutzten Raum anteilig steuermindernd zu berücksichtigen sind. Es geht also nicht um einen einheitlich als Arbeitszimmer ausgestatteten Raum, sondern um eine (offene) "Arbeitsecke" im Wohnzimmer des Steuerpflichtigen. Eine Vergleichbarkeit beider Fallgestaltungen liegt danach - unbeschadet der grundsätzlichen Bedeutung der Vorlagefragen - nach Auffassung des vorlegenden Senats nicht vor.

Der X. Senat wirft - wie auch der VIII. Senat - in der Sache die Frage auf, ob der Typusbegriff des häuslichen Arbeitszimmers eine so gut wie ausschließliche betriebliche oder berufliche Nutzung des betreffenden Zimmers impliziere. Darüber hinaus sei er der Ansicht, dass objektiv überprüfbare Aufteilungskriterien weder bei der Aufteilung von Zimmern in räumlich unterschiedliche Nutzungsbereiche ("Arbeitsecke") noch bei der Aufteilung in zeitlich unterschiedliche Nutzungsarten existieren würden.

d) Der III. Senat (Beschluss vom 18.7.2013) und der VI. Senat haben (Beschluss vom 13.6.2013) zu den Vorlagefragen keine Aussage getroffen.

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