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BFH: Abkommensrechtliche Dreieckskonstellationen

  1. Die von Deutschland abgeschlossenen DBA stehen grundsätzlich gleichbe­rechtigt nebeneinander und sind jeweils autonom und unabhängig voneinander auszulegen, so dass sich der Steuerpflichtige grundsätzlich auf jede Begünsti­gung berufen kann, die ihm eines dieser Abkommen gewährt.
  2. Die Verpflichtung Deutschlands zur Freistellung bestimmter Einkünfte auf­grund eines DBA (hier: DBA-Schweiz 1971/2010) wird daher in einer Dreiecks­konstellation nicht dadurch beeinträchtigt, dass nach dem mit einem weiteren Staat bestehenden DBA (hier: DBA-Frankreich 1959/2001) das Besteuerungs­recht für die betreffenden Einkünfte (als sog. Drittstaateneinkünfte) Deutschland zugewiesen wird.

EStG § 50d Abs. 8 und 9
DBA-Frankreich 1959/2001 Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b, Art. 13, Art. 18
DBA-Schweiz 1971/2010 Art. 15 Abs. 1, Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d

BFH-Urteil vom 1.6.2022, I R 30/18 (veröffentlicht am 6.10.2022)

Vorinstanz: FG Münster vom 13.7.2018, 1 K 42/18 E = SIS 18 15 23

I. Die Beteiligten streiten in einem abkommensrechtlichen Dreieckssachverhalt über das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland).

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind verheiratet und wurden in den Jahren 2012 und 2013 (Streitjahre) zusammen zur Einkommensteuer ver­anlagt. Der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen befand sich in ihrer gemeinsa­men Wohnung in Deutschland.

Der Kläger war seit dem 01.09.2012 in X (Schweiz) als Altenpfleger tätig und erzielte hieraus Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Anlässlich der Aufnahme dieser Tätigkeit bezog er eine Zweitwohnung in Frankreich, von der aus er arbeitstäglich zu seiner wenige Kilometer entfernten Arbeitsstätte in der Schweiz pendelte. Den Arbeitslohn versteuerte der Kläger in Frankreich. Die Schweiz erhob hierauf keine Steuern.

In ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre setzten die Kläger den Arbeitslohn des Klägers auf Grundlage des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Ein­kommen und vom Vermögen vom 11.08.1971 (BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1972, 519) i.d.F. des Änderungsprotokolls vom 27.10.2010 (BGBl II 2011, 1092, BStBl I 2012, 513) ‑‑DBA-Schweiz 1971/2010‑‑ als steuerfreie Einkünf­te an.

Der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) folgte dem nicht und un­terwarf diese Einkünfte in den Einkommensteuerbescheiden für 2012 und 2013 der inländischen Besteuerung. Die Einsprüche der Kläger blieben erfolg­los.

Das Finanzgericht (FG) Münster gab der hiergegen gerichteten Klage mit dem Urteil vom 13.07.2018 ‑ 1 K 42/18 E (Entscheidungen der Finanzgerichte 2018, 1663) statt und änderte die gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens gewordenen Änderungsbescheide vom 02.07.2018 dahin, dass der Arbeitslohn des Klägers gemäß Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. d DBA-Schweiz 1971/2010 von der deutschen Besteuerung freigestellt und lediglich dem Progressionsvorbehalt unterworfen wurde. Die Voraussetzungen der nationalen Rückfallklausel ge­mäß § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes in der für die Streitjahre geltenden Fassung (EStG) seien nicht erfüllt. Des Weiteren könne sich das FA nicht auf Art. 18 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbe­steuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 21.07.1959 (BGBl II 1961, 398, BStBl I 1961, 343) i.d.F. des Zusatzabkommens vom 20.12.2001 (BGBl II 2002, 2372, BStBl I 2002, 892) ‑‑DBA-Frankreich 1959/2001‑‑ berufen. Für sog. Drittstaatenein­künfte sehe diese Vorschrift zwar grundsätzlich ein Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaats Deutschland vor. Wegen der Dreieckskonstellation dürfe dieses Besteuerungsrecht aber nicht ohne Rücksicht auf das DBA-Schweiz 1971/2010 ausgeübt werden.

Das FA macht mit seiner Revision die Verletzung materiellen Rechts geltend und hat schriftlich sinngemäß beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren gemäß § 122 Abs. 2 FGO beigetreten, ohne einen eigenen Antrag zu stellen.

II. Der Senat konnte in der Sache verhandeln und entscheiden, obwohl für das FA ‑‑wie angekündigt‑‑ zur mündlichen Verhandlung aus Krankheitsgründen kein Prozessvertreter erschienen ist. In der Ladung ist auf diese Möglichkeit hinge­wiesen worden (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 91 Abs. 2 FGO). Den Antrag auf Ter­minsverlegung vom 30.05.2022 hat das FA nach telefonischer Rücksprache mit dem Senatsvorsitzenden zurückgenommen.

III. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat zu Recht entschieden, dass der in der Schweiz erzielte Arbeitslohn des Klägers gemäß Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. d DBA-Schweiz 1971/2010 von der deutschen Besteuerung freizustellen ist und lediglich dem Progressionsvorbehalt unterliegt. Weder § 50d Abs. 8 und Abs. 9 Satz 1 EStG noch Art. 18 DBA-Frankreich 1959/2001 führen zu einem anderen Ergebnis.

  1. Die Kläger sind aufgrund ihrer inländischen Wohnung unbeschränkt einkom­mensteuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 der Abgabenordnung ‑‑AO‑‑). Daraus folgt, dass der Kläger aus seiner Tätigkeit als Altenpfleger steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.S. des § 19 EStG erzielte. Da er seine Tätigkeit in der Schweiz ausübte, sind diese Einkünfte grundsätzlich nach Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d DBA-Schweiz 1971/2010 von der deutschen Besteuerung freizustellen und lediglich dem Progressions­vorbehalt zu unterwerfen (§ 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG, Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/2010).
  2. Die tatbestandlichen Voraussetzungen einer unilateralen Rückfallklausel sind nicht erfüllt. Dies gilt sowohl für § 50d Abs. 8 EStG als auch für § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG.
a) Ein Besteuerungsrückfall nach § 50d Abs. 8 EStG scheidet bereits deshalb aus, weil im Streitfall feststeht, dass die Schweiz hinsichtlich der streitigen Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG) auf ihr durch das DBA-Schweiz 1971/2010 zugewiesene Besteuerungsrecht verzichtet hat und dadurch ein Ausnahmetatbestand i.S. des § 50d Abs. 8 EStG vorliegt.

Nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) zum Einkom­mensteuerrecht der Schweiz ist der Arbeitslohn des Klägers aus seiner Tätig­keit als Altenpfleger grundsätzlich in der Schweiz zu besteuern. Diese Besteue­rung entfällt nur deshalb, weil die Grenzpendlerregelung nach dem Abkommen zwischen der Schweiz und Frankreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Vermeidung von Steuerbetrug und Steuerflucht (DBA-Schweiz/Frankreich) das Besteuerungsrecht für den Arbeitslohn des Klägers Frankreich zuweist. In die­ser abkommensrechtlichen Regelung liegt ein Besteuerungsverzicht der Schweiz i.S. des § 50d Abs. 8 EStG (vgl. auch Hagemann/Kahlenberg/Cloer, Betriebs-Berater 2015, 2518, 2520; Kahlenberg, Internationale Steuer‑Rund­schau ‑‑ISR‑‑ 2019, 60, 62).

b) Die Voraussetzungen des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG sind ebenfalls nicht erfüllt. Die Nichtbesteuerung in der Schweiz ist keine Folge der Anwen­dung und Auslegung des DBA-Schweiz 1971/2010 durch die Schweiz, sondern der Zuweisung des Besteuerungsrechts durch die Grenzpendlerregelung des DBA-Schweiz/Frankreich.
c) Schließlich ist das FG auch rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass ein Besteuerungsrückfall gemäß § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht in Betracht kommt.

aa) Diese Vorschrift setzt voraus, dass Einkünfte eines unbeschränkt Steuer­pflichtigen nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind und diese Einkünfte in dem anderen Staat nur deshalb nicht steuerpflichtig sind, weil sie von einer Person bezogen werden, die in diesem Staat nicht auf­grund ihres Wohnsitzes, ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftslei­tung, des Sitzes oder eines ähnlichen Merkmals unbeschränkt steuerpflichtig ist.

bb) Wie bereits ausgeführt, ist der Arbeitslohn des unbeschränkt einkommen­steuerpflichtigen Klägers nach dem DBA-Schweiz 1971/2010 in Deutschland unter Progressionsvorbehalt freizustellen. Dadurch sind diese Einkünfte i.S. des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG von der Bemessungsgrundlage der deut­schen Steuer "auszunehmen". Dass die Verteilungsnorm des Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz 1971/2010 für den Streitfall ein Besteuerungsrecht beider Staa­ten vorsieht und die Freistellung in Deutschland erst durch den Methodenarti­kel erfolgt, kann daran nichts ändern (vgl. Senatsbeschluss vom 25.05.2016 ‑ I B 139/11, BFH/NV 2016, 1453, zur Gleichstellung von Verteilungsnorm und Methodenartikel im Rahmen des § 50d Abs. 8 EStG; zustimmend z.B. Hagemann, Internationales Steuerrecht ‑‑IStR‑‑ 2016, 816, 817; im Ergebnis auch Senatsurteil vom 21.01.2016 ‑ I R 49/14, BFHE 253, 115, BStBl II 2017, 107). In beiden Fällen besteht die Rechtsfolge im Ergebnis darin, dass die Ein­künfte von der inländischen Besteuerung ausgenommen werden.

Allerdings entfällt die Besteuerung in der Schweiz nach den bindenden Fest­stellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) zum Einkommensteuerrecht der Schweiz nicht allein deshalb, weil der Kläger in der Schweiz nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist. Vielmehr unterliegt der Arbeitslohn des Klägers aus seiner in der Schweiz ausgeübten Tätigkeit als Altenpfleger sowohl im Fall der unbe­schränkten als auch im Fall der beschränkten Steuerpflicht einer Schweizeri­schen Besteuerung. Diese Besteuerung wird lediglich durch die Grenzpendler­regelung des DBA-Schweiz/Frankreich ausgeschlossen. Abkommensrechtliche Vorschriften sind aber grundsätzlich auch dann anwendbar, wenn ein Steuer­pflichtiger in beiden Vertragsstaaten einen Wohnsitz hat und dort unbe­schränkt steuerpflichtig ist, d.h. im Streitfall auch dann, wenn der Kläger einen (weiteren) Nebenwohnsitz in der Schweiz gehabt hätte. Vor diesem Hinter­grund bestehen keine Anhaltspunkte, dass die Grenzpendlerregelung des DBA-Schweiz/Frankreich auf § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG ausstrahlt. Nach dem Wortlaut des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG ("nur deshalb") reicht die Steuer­befreiung aufgrund des DBA-Schweiz/Frankreich nicht aus, um einen Rückfall zu begründen (vgl. auch Gosch in Kirchhof/Seer, EStG, 21. Aufl., § 50d Rz 41d).

d) Ob und inwieweit § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG sowie die rückwirkende Regelung des Verhältnisses von § 50d Abs. 9 EStG zu § 50d Abs. 8 EStG (§ 50d Abs. 9 Satz 3 i.V.m. § 52 Abs. 59a Satz 9 EStG i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften ‑‑Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz‑‑ vom 26.06.2013, BGBl I 2013, 1809, BStBl I 2013, 802) mit dem Grundgesetz vereinbar sind, kann unter diesen Umständen dahinstehen (vgl. hierzu Vorlagebeschluss des Senats vom 20.08.2014 ‑ I R 86/13, BFHE 246, 486, BStBl II 2015, 18, anhängig beim Bundesverfassungsgericht unter dem Az. 2 BvL 21/14).
3. Darüber hinaus ist das FG zu Recht davon ausgegangen, dass auch die ab­kommensrechtliche Dreieckskonstellation eine Besteuerung in Deutschland nicht rechtfertigt.
a) Die Dreieckskonstellation ergibt sich im Streitfall daraus, dass der Kläger sowohl in Deutschland als auch in Frankreich einen Wohnsitz hat, seine Ein­künfte aber aus dem Quellenstaat Schweiz bezieht. Bei isolierter Betrachtung der jeweiligen DBA steht das Besteuerungsrecht für diese Einkünfte nach dem DBA-Schweiz 1971/2010 dem Quellenstaat Schweiz, nach dem DBA-Schweiz/ Frankreich Frankreich (Grenzpendlerregelung) und nach dem DBA-Frankreich 1959/2001 Deutschland zu.

Letzteres folgt daraus, dass der Kläger aufgrund seiner beiden Wohnsitze so­wohl in Frankreich als auch in Deutschland ansässig ist (Doppelansässigkeit), der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen nach den Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) aber in Deutschland liegt. Nach der sog. Tie-Breaker-Rule des Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. aa DBA-Frankreich 1959/2001 ist somit Deutschland als Ansässigkeitsstaat anzusehen, dem nach Art. 18 DBA-Frankreich 1959/2001 das Besteuerungsrecht für sog. Drittstaatenein­künfte (hier: Arbeitslohn aus der Schweiz) zusteht. Dagegen findet Art. 13 DBA-Frankreich 1959/2001 auf Drittstaateneinkünfte keine Anwendung (Se­natsurteil vom 16.01.2019 ‑ I R 66/17, BFH/NV 2019, 1067, m.w.N.; Höppner/Schade, ISR 2019, 345, 347; a.A. Kahlenberg, ISR 2019, 60, 61).

b) Entgegen der Auffassung des FA kann die Zuweisung des Besteuerungs­rechts an Deutschland durch das DBA-Frankreich 1959/2001 die Steuerfrei­stellung für den Arbeitslohn des Klägers nach dem DBA-Schweiz 1971/2010 nicht aufheben.

aa) Wie der Senat in seinem Beschluss vom 04.11.2014 ‑ I R 19/13 (BFH/NV 2015, 333) ‑‑vgl. auch Senatsurteil vom 10.10.2018 ‑ I R 67/16 (BFH/NV 2019, 394)‑‑ entschieden hat, betreffen die Regelungen zur Abkommens­berechtigung doppelt ansässiger Personen stets nur die Vertragsstaaten des jeweiligen bilateralen DBA. Eine sich auf andere Staaten erstreckende "abkom­mensübergreifende" Wirkung kommt diesen Normen nicht zu. Dies wird durch das Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge vom 23.05.1969 ‑‑WÜRV‑‑ (BGBl II 1985, 927), das seit Inkrafttreten des Zustimmungsgeset­zes vom 03.08.1985 (BGBl II 1985, 926) am 20.08.1987 (BGBl II 1987, 757) in innerstaatliches Recht transformiert ist (Senatsbeschluss vom 13.07.2021 ‑ I R 63/17, BFH/NV 2022, 55, m.w.N.), bestätigt (Gosch, IWB‑NWB Internatio­nales Steuer- und Wirtschaftsrecht ‑‑IWB‑‑ 2015, 112, 113). Denn nach Art. 34 WÜRV begründet ein Abkommen für einen Drittstaat ohne dessen Zu­stimmung weder Pflichten noch Rechte.

Entsprechendes muss auch für die Verteilungsnormen der jeweiligen DBA gelten. Daraus folgt, dass die Verteilungsnormen der von Deutschland abge­schlossenen Abkommen grundsätzlich gleichberechtigt nebeneinanderstehen und jeweils autonom und unabhängig voneinander auszulegen sind.

bb) Aus der Sicht eines Steuerpflichtigen reicht es somit aus, wenn er nach einem der von Deutschland abgeschlossenen Abkommen ‑‑wie im Streitfall nach dem DBA-Schweiz 1971/2010‑‑ die Voraussetzungen einer Freistellung der Einkünfte von der inländischen Besteuerung erfüllt. Soweit es sich um ein- und dieselben Einkünfte handelt, kann diese Freistellung nicht durch die ab­weichende Zuweisung des Besteuerungsrechts in einem anderen Abkommen aufgehoben werden.

Hierzu bedarf es weder der Auflösung einer Konkurrenz im Sinne der Bestim­mung des Vorrangs eines Abkommens noch ‑‑wie vom FG angenommen‑‑ der Beschränkung des durch ein Abkommen zugewiesenen Besteuerungsrechts mit Rücksicht auf die Regelungen eines anderen Abkommens (zu den unterschied­lichen Herangehensweisen vgl. auch Haase/Nürnberg, IStR 2019, 500, 503 ff.). Vielmehr reicht die Erkenntnis, dass die abkommensrechtlichen Rege­lungen der von Deutschland abgeschlossenen Abkommen gleichberechtigt und unabhängig nebeneinander gelten und für den Steuerpflichtigen als potentielle Grundlage für die Befreiung oder Beschränkung der inländischen Besteuerung zur Verfügung stehen. Dadurch kann sich der Steuerpflichtige grundsätzlich auf jede Begünstigung berufen, die ihm eines dieser Abkommen gewährt. So­weit es im Einzelfall zu einer Nichtbesteuerung kommt, kann dies nur durch besondere abkommensrechtliche oder unilaterale Vorkehrungen verhindert werden (s.a. Kudert/Höppner, IWB 2019, 185). Für den Streitfall sieht das DBA-Schweiz 1971/2010 aber keine entsprechende Subject-to-Tax-Klausel vor. Auch die Voraussetzungen der unilateralen Rückfallklauseln sind ‑‑wie bereits unter Ziffer 2. ausgeführt‑‑ nicht erfüllt.

cc) Nach diesen Maßgaben ist das FG rechtsfehlerfrei der in der Literatur ver­tretenen Auffassung gefolgt, dass bei abkommensrechtlichen Dreieckskonstel­lationen, in denen Deutschland ‑‑wie im Streitfall‑‑ auch mit dem Drittstaat (hier: Schweiz) ein DBA abgeschlossen hat und das Besteuerungsrecht für die betreffenden Einkünfte danach dem Drittstaat zugewiesen wird, die Ausübung des aus einem anderen Abkommen folgenden Besteuerungsrechts für Dritt­staateneinkünfte ausgeschlossen ist (Schütte in Haase, AStG/DBA, 3. Aufl., Art. 21 MA Rz 40; Tcherveniachki in Schönfeld/Ditz, DBA, 2. Aufl., Art. 21 Rz 65; Rust in Vogel/Lehner, DBA, 7. Aufl., Art. 21 Rz 35; Wassermeyer/ Kaeser in Wassermeyer MA Art. 21 Rz 54). Dass eine Besteuerung durch den Staat des Hauptwohnsitzes (hier: Deutschland) als sachnäher angesehen wer­den könnte als eine Besteuerung durch den Staat des Zweitwohnsitzes (hier: Frankreich), wenn der Drittstaat (hier: Schweiz) sein als Quellenstaat zuste­hendes Besteuerungsrecht nicht ausübt, trägt kein abweichendes Ergebnis.

Des Weiteren kann sich das FA auch insoweit nicht darauf berufen, dass die Besteuerung des Arbeitslohns des Klägers erst nach dem Methodenartikel des DBA-Schweiz 1971/2010 von Deutschland freizustellen ist, während die Vertei­lungsnorm des Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz 1971/2010 ein Besteuerungsrecht beider Staaten vorsieht. Allein maßgebend ist, dass das DBA-Schweiz 1971/2010 im Ergebnis eine Freistellung des Arbeitslohns in Deutschland unter Progressionsvorbehalt vorsieht.

Die Regelungen zu Rück- und Weiterverweisungen (Renvoi) im Internationalen Privatrecht lassen ‑‑entgegen der Auffassung des BMF‑‑ keine abweichenden Schlüsse zu. Dies folgt bereits daraus, dass Art. 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) die Verweisung auf das Recht eines anderen Staates betrifft. Dagegen gehören die von Deutschland abgeschlosse­nen DBA aufgrund der entsprechenden Zustimmungsgesetze (Art. 59 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes) zum unmittelbar anwendbaren innerstaatlichen Recht (§ 2 Abs. 1 AO). Außerdem besteht nicht das einzelne Besteuerungs­recht, das durch andere DBA ‑‑gegebenenfalls sogar "im Kreis"‑‑ weiterver­wiesen werden kann, sondern die Besteuerungsrechte werden in den Abkom­men jeweils nur bilateral zugewiesen. Abkommensrechtliche Dreieckskonstel­lationen können daher nur durch besondere abkommensrechtliche oder unila­terale Regelungen, nicht aber durch Art. 4 EGBGB ‑‑auch nicht durch eine ent­sprechende Anwendung der dort geregelten Rechtsgrundsätze‑‑ gelöst wer­den.

dd) Auf die Erwägungen zu Art. 4 Abs. 1 Satz 2 des Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD-Musterab­kommen ‑‑OECD‑MustAbk‑‑) in Nr. 8.2 des Musterkommentars zu Art. 4 OECD‑MustAbk (vgl. hierzu Ismer/Blank in Vogel/Lehner, a.a.O., Art. 4 Rz 121a; Pohl in Schönfeld/Ditz, a.a.O., Art. 4 Rz 60; Gosch, IWB 2015, 112, 113 f.; jeweils m.w.N.) muss im Streitfall schon deshalb nicht eingegangen werden, weil der Kläger (auch) nach der sog. Tie-Breaker-Rule des DBA-Frankreich 1959/2001 in Deutschland ansässig ist.

  1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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