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BFH: Voraussetzungen für die Bildung und Feststellung eines Sonderausweises gemäß § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG

  1. Sonstige Rücklagen im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 3 des Körperschaft­steuergesetzes (KStG) sind alle Rücklagen, die nicht im steuerlichen Einlage­konto im Sinne von § 27 Abs. 1 KStG erfasst sind.
  2. Eine vom Sonderausweis auszunehmende "Einlage der Anteilseigner" setzt nicht voraus, dass sie im steuerlichen Einlagekonto erfasst ist.

KStG § 27 Abs. 1, Abs. 2, § 28 Abs. 1, Abs. 2

BFH-Urteil vom 25.2.2025, VIII R 41/23 (veröffentlicht am 22.5.2025)

Vorinstanz: FG München vom 24.10.2023, 6 K 2838/20 = SIS 24 13 76

I. Die Beteiligten streiten über die Feststellung eines Sonderausweises nach § 28 Abs. 1 Satz 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG).

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH, deren Unterneh­mensgegenstand die Verwaltung eigenen Vermögens, auch durch Beteiligung an anderen Unternehmen, ist.

Im Jahr 2009 leisteten die Anteilseigner eine Einlage von 10 Mio. €. Die Kläge­rin gab die Einlage in ihrer Erklärung zur gesonderten Feststellung von Be­steuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2 Satz 4 KStG nicht an. Das steuerli­che Einlagekonto der Klägerin wurde deshalb zum 31.12.2009 ‑‑erklärungs­gemäß‑‑ in Höhe von 0 € festgestellt. Der Bescheid wurde bestandskräftig. Ein Antrag der Klägerin auf Änderung des Feststellungsbescheids gemäß § 129 der Abgabenordnung (AO) wurde abgelehnt. Der dagegen erhobene Einspruch blieb ebenso erfolglos wie die im Anschluss erhobene Klage. Auch ein auf § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO gestützter Änderungsantrag der Klägerin führte nicht zum Erfolg.

Ein Einspruch gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum 31.12.2011 mit dem Antrag, das steuerliche Einlagekonto in Höhe von 10 Mio. € festzustellen, wurde als unbe­gründet zurückgewiesen.

Im Bescheid zum 31.12.2016 über die gesonderte Feststellung von Besteue­rungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG vom 13.04.2018 stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) das steuerliche Einlagekonto und das durch Umwandlung von Rücklagen entstan­dene Nennkapital auf jeweils 0 € fest. In der Bilanz der Klägerin auf den 31.12.2016 sind ein gezeichnetes Kapital in Höhe von 25.000 € und eine Kapi­talrücklage in Höhe von 10 Mio. € ausgewiesen.

Am 17.07.2017 beschloss die Gesellschafterversammlung der Klägerin eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln. Das Stammkapital erhöhte sich durch Umwandlung der Kapitalrücklage von 25.000 € auf 10.025.000 €.

Am 04.09.2018 setzte die Gesellschafterversammlung der Klägerin das Stammkapital wieder um 10 Mio. € auf 25.000 € herab. Der Herabsetzungsbe­trag wurde vom Stammkapital in die Kapitalrücklage umgebucht.

In ihrer Erklärung zur gesonderten Feststellung der Besteuerungsgrundlagen zum 31.12.2017 nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG vom 14.09.2018 erklärte die Klägerin den Endbestand des steuerlichen Einlagekon­tos mit 10 Mio. €.

Das FA wich, nach vorheriger Ankündigung, von den erklärten Angaben ab und stellte das steuerliche Einlagekonto im Bescheid zum 31.12.2017 über die ge­sonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG in Höhe von 0 € fest. Das FA stellte außerdem einen Son­derausweis in Höhe von 10 Mio. € aufgrund einer Kapitalerhöhung aus sonsti­gen Rücklagen fest. Der Feststellungsbescheid erging am 04.12.2018.

Mit Einspruchsentscheidung vom 30.11.2020 wies das FA den Einspruch der Klägerin gegen den Bescheid zum 31.12.2017 über die gesonderte Feststel­lung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG als unbegründet zurück.

Die hiergegen erhobene Klage hatte aus den in Entscheidungen der Finanzge­richte 2024, 319 mitgeteilten Gründen keinen Erfolg. Der Begriff der Einlage in § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG sei nicht materiell auszulegen. "Vergessene" Einla­gen könnten im Rahmen einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nach der Systematik der §§ 27, 28 KStG vom Sonderausweis nicht ausgenommen werden.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG.

Die Klägerin beantragt,

  1. das Urteil des Finanzgerichts (FG) München vom 24.10.2023 ‑ 6 K 2838/20 aufzuheben,
  2. das FA zu verpflichten, den Bestand des Sonderausweises nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum 31.12.2017 ohne Erfassung der im Jahr 2017 (Streitjahr) umgesetzten Kapitalerhöhung aus Gesell­schaftermitteln mit 0 € festzusetzen.

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat zu Unrecht die Voraussetzungen für die Bildung und Feststellung eines Sonderausweises gemäß § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum 31.12. des Streitjahrs in Höhe von 10 Mio. € als erfüllt angesehen. Die Sache ist spruchreif. Die Feststellung des Sonderausweises in Höhe von 10 Mio. € ist aufzuheben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).

1. Der Revisionsantrag ist unter Berücksichtigung seiner Begründung rechts­schutzgewährend dahingehend auszulegen, dass die Klägerin nicht die Ver­pflichtung des FA begehrt, den Sonderausweis nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG mit 0 € festzustellen, sondern die Aufhebung der Feststellung des Sonderaus­weises in Höhe von 10 Mio. €. Die Klägerin wendet sich mit ihrer Revision dem Grunde nach gegen das Entstehen eines Sonderausweises mit der Begrün­dung, die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG seien nicht erfüllt. Diesem Begehren entspricht die ersatzlose Aufhebung der Feststellung des Sonderausweises, denn anders als beim steuerlichen Einlagekonto, das zwin­gend festzustellen ist, wird ein Sonderausweis von 0 € nicht festgestellt (vgl. Stimpel in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2. Aufl., § 28 Rz 51; Berninghaus in Herrmann/Heuer/Raupach ‑‑HHR‑‑, § 28 KStG Rz 21).

In dem so verstandenen Revisionsantrag liegt weder eine Beschränkung noch eine unzulässige Erweiterung des Klagebegehrens gegenüber dem finanzge­richtlichen Verfahren. Zwar hatte die Klägerin vor dem FG einen Verpflich­tungsantrag gestellt. Auch dieser ist aber rechtsschutzgewährend als Antrag auf Aufhebung der Feststellung des Sonderausweises auszulegen. Das Revisi­onsgericht ist in der Auslegung prozessualer Willenserklärungen frei; es ist insoweit nicht gemäß § 118 Abs. 2 FGO an die Auslegung durch die Vorinstanz gebunden (Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 18.06.2024 ‑ VIII R 16/21, BFH/NV 2024, 1415, Rz 26, m.w.N.).

2. a) Wird das Nennkapital durch Umwandlung von Rücklagen erhöht, so gilt gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 KStG der positive Bestand des steuerlichen Einlage­kontos als vor den sonstigen Rücklagen umgewandelt. § 28 Abs. 1 Satz 1 KStG fingiert eine Verwendungsreihenfolge. Eine Kapitalerhöhung aus Gesell­schaftsmitteln wird danach vorrangig aus dem Bestand des steuerlichen Einla­gekontos und erst nach dessen vollständigem Verbrauch durch sonstige Rück­lagen finanziert. Für den Bestand des steuerlichen Einlagekontos kommt es auf den Schluss des Wirtschaftsjahrs der Rücklagenumwandlung an, nicht auf den gesondert festgestellten Bestand zum Schluss des vorangegangenen Jah­rs (§ 28 Abs. 1 Satz 2 KStG). Enthält das Nennkapital auch Beträge, die ihm durch Umwandlung von sonstigen Rücklagen mit Ausnahme von aus Einlagen der Anteilseigner stammenden Beträgen zugeführt worden sind, so sind diese Teile des Nennkapitals gemäß § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG getrennt auszuweisen und gesondert festzustellen (Sonderausweis).

b) Sonstige Rücklagen im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG sind alle Rückla­gen, die nicht im steuerlichen Einlagekonto im Sinne von § 27 Abs. 1 KStG erfasst sind.

Darunter fallen nicht nur Gewinn‑, sondern auch Kapitalrücklagen (vgl. Bauschatz in Gosch, KStG, 4. Aufl., § 28 Rz 32). § 28 Abs. 1 Satz 1 und 3 KStG knüpft nicht an die handelsbilanzielle Unterscheidung zwischen Kapital‑ und Gewinnrücklagen an, sondern definiert den Begriff der "sonstigen Rückla­gen" in Abgrenzung zum steuerlichen Einlagekonto im Sinne von § 27 Abs. 1 KStG. Der Begriff der sonstigen Rücklagen bildet mithin die Summe aller Rück­lagen, die nicht im steuerlichen Einlagekonto erfasst sind (Stimpel in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2. Aufl., § 28 Rz 33; Bauschatz in Gosch, KStG, 4. Aufl., § 28 Rz 32).

Dies zugrunde gelegt, ist das Nennkapital der Klägerin im Streitjahr um 10 Mio. € durch die Umwandlung von sonstigen Rücklagen erhöht worden. Das steuerliche Einlagekonto wurde nicht verwendet. Sein festgestellter Bestand zum 31.12.2016 betrug 0 €; eine unterjährige Erhöhung durch Einlagen hat im Streitjahr unstreitig nicht stattgefunden.

c) Eine nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG vom Sonderausweis auszunehmende "Einlage der Anteilseigner" setzt nicht voraus, dass sie im steuerlichen Einla­gekonto erfasst ist.

aa) Es ist umstritten, ob das Tatbestandsmerkmal "aus Einlagen der Anteils­eigner" im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG materiell-rechtlich verstanden werden kann. Nach wohl überwiegender Auffassung im Schrifttum ist der Aus­druck im Kontext so zu verstehen, dass er ‑‑trotz abweichender Formulie­rung‑‑ abschließend auf den Bestand des steuerlichen Einlagekontos verweist. Dies schließt die Berücksichtigung "vergessener" Einlagen aus (Brandis/Heuermann/Oellerich, § 28 KStG Rz 15; Dötsch/Werner in Dötsch/Pung/Möhlenbrock ‑‑D/P/M‑‑, Die Körperschaftsteuer, § 28 KStG Rz 41; Stimpel in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2. Aufl., § 28 Rz 37a; HHR/Berninghaus, § 28 KStG Rz 20; Endert in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 28 KStG Rz 21; Kümpel in Bott/Walter, KStG, § 28 Rz 44). Nach der Gegenansicht muss der Wortlaut der Vorschrift ernstgenom­men werden mit der Folge, dass "vergessene" Einlagen vom Sonderausweis ausgenommen sind (Streck/Binnewies, KStG, 10. Aufl., § 28 Rz 23; Binnewies, GmbH-Rundschau 2015, 1065, 1069; Ott, Deutsche Steuer-Zeitung 2016, 227, 232; derselbe, Deutsches Steuerrecht 2014, 673, 675). Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an. Für diese Auffassung strei­tet der klare Wortlaut der Norm. Weder die Gesetzgebungsgeschichte noch der Sinn und Zweck des § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG oder binnensystematische Erwä­gungen gebieten es, das steuerliche Einlagekonto bei der Nennkapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln ausnahmslos zugrunde zu legen.

bb) Seinem Wortlaut nach stellt § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG allgemein auf "Einlagen" der Anteilseigner und nicht auf das "Einlagekonto" oder auf die "festge­stellten Einlagen" ab und nimmt auch keine Eingrenzung nach dem Zeitpunkt der Einlageleistung vor. Der Wortlaut der Regelung legt damit ein Verständnis nahe, wonach es auf die Erfassung dieser Einlagen im steuerlichen Einlagekon­to nicht ankommt.

cc) Unergiebig sind die Gesetzesmaterialien zwar in Bezug auf die hier zu be­urteilende Umwandlung einer "vergessenen" Einlage. Die Entstehungsge­schichte der Norm zeigt aber, dass der Gesetzgeber das Tatbestandsmerkmal "aus Einlagen der Anteilseigner" zumindest bewusst formuliert hat. Ursprüng­lich sollte § 28 KStG wie folgt lauten: "Enthält das Nennkapital Beträge, die ihm durch Umwandlung von Rücklagen zugeführt worden sind, und waren die Rücklagen aus dem Gewinn gebildet worden, so ist dieser Teil des Nennkapitals getrennt auszuweisen und gesondert festzustellen" (vgl. BTDrucks 14/2683, S. 80). Auf Empfehlung des Finanzausschusses vom 16.05.2000 (BTDrucks 14/3366) ist dann die im Wesentlichen geltende Fassung Gesetz gewor­den, in der nicht mehr die Umwandlung von Gewinn­rücklagen vorausgesetzt wird, sondern die Umwandlung von sonstigen Rücklagen mit Ausnahme von aus Einlagen stammenden Beträgen. Zur Begründung der geänderten Formu­lierung heißt es lediglich, es solle eine Reihenfolge bei der Umwandlung von Rücklagen in gezeichnetes Kapital festgelegt werden (BTDrucks 14/3366, S. 124). Eine inhaltliche Änderung gegenüber der ursprünglichen Fassung war damit offenbar nicht beabsichtigt.

dd) Auch der Sinn und Zweck des § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG spricht dafür, Ein­lagen der Anteilseigner unabhängig von ihrer Feststellung im steuerlichen Ein­lagekonto vom Sonderausweis auszunehmen. § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG soll Be­steuerungslücken schließen, die bei der Umwandlung von Gewinnrücklagen in Nennkapital und späterer Kapitalherabsetzung entstehen würden (vgl. BTDrucks 14/2683, S. 126). Der Sonderausweis soll verhindern, dass Gewin­ne, die im Fall der Ausschüttung zu versteuern wären, nach Umwandlung in Nennkapital und Kapitalherabsetzung oder im Rahmen der Liquidation der Ge­sellschaft steuerfrei ausgeschüttet werden. Durch den Sonderausweis entsteht "unechtes", nicht durch Einlagen gebildetes, Nennkapital, für das § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht gilt. Rückzahlungen von Nennkapital, die den Sonderausweis mindern, gelten als Gewinnausschüt­tungen und führen beim Anteilseigner zu Einkünften gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Damit sichert der Sonderausweis die Ausschüttungsbesteuerung von in Nennkapital umgewandelten Gewinnrücklagen. Bei der Umwandlung von Kapi­talrücklagen, die aus "vergessenen", also nicht im Einlagekonto erfassten, Ein­lagen gebildet werden, ist diese Rechtsfolge der Sache nach nicht gerechtfer­tigt, sondern widerspricht der sich aus der Zusammenschau von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 und Nr. 2 EStG ergebenden Grundannahme, dass Einlagen ‑‑vorbehaltlich der Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen‑‑ steuerfrei zurückgezahlt werden können (vgl. Brandis/Heuermann/Ratschow, § 20 EStG Rz 18).

ee) Es ist schließlich auch nicht aus systematischen Gründen geboten, § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG dahin auszulegen, dass die Umwandlung sonstiger, nicht im Einlagekonto erfasster Rücklagen ausnahmslos zur Bildung eines Sonder­ausweises führt.

Für ihre gegenteilige Auffassung bemühen das FG und Stimmen im Schrifttum vor allem die innere Systematik des § 28 Abs. 1 KStG, die Bindung auch der Gesellschaft an den (festgestellten) Bestand des steuerlichen Einlagekontos (Endert in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 28 KStG Rz 21) und den Zweck der Verwaltungsvereinfachung. Diese Gründe verfangen indes nicht.

Die innere Systematik der §§ 27, 28 KStG gebietet diese enge Auffassung nicht. Dagegen spricht insbesondere, dass die Formulierung "mit Ausnahme von aus Einlagen der Anteilseigner stammenden Beträgen" sonst keine eigene Bedeutung hätte und überflüssig wäre (so Bauschatz in Gosch, KStG, 4. Aufl., § 28 Rz 33; Dötsch/Werner in D/P/M, Die Körperschaftsteuer, § 28 KStG Rz 40). Denn das Merkmal "sonstige Rücklagen" meint bereits alle Rücklagen, die nicht im steuerlichen Einlagekonto erfasst sind. Eine vom Gesetz vorausge­setzte Ausnahme gäbe es dann nicht. Hätte der Gesetzgeber regeln wollen, dass jede Erhöhung des Nennkapitals, die nicht aus dem steuerlichen Einlage­konto finanziert werden kann, zum Sonderausweis führt, hätte er die zitierte Formulierung weglassen müssen.

Aus der Bindungswirkung des festgestellten Bestands des steuerlichen Einla­gekontos für die Gesellschaft ergibt sich nichts anderes. Die Verwendungsrei­henfolge von § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG schließt einen Direktzugriff auf das steuerliche Einlagekonto und damit die steuerfreie Rückzahlung von Einlagen aus (vgl. BFH-Urteile vom 30.01.2013 ‑ I R 35/11, BFHE 240, 304, BStBl II 2013, 560, Rz 22; vom 11.02.2015 ‑ I R 3/14, BFHE 249, 448, BStBl II 2015, 816, Rz 8). Nicht im steuerlichen Einlagekonto erfasste Einlagen können nicht nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG steuerfrei zurückgezahlt werden. Ihre Rückzahlung führt zu einem steuerpflichtigen Ertrag. Eine darüber hinausge­hende Bindungswirkung, dass solche Einlagen im Rahmen einer Kapitalerhö­hung aus Gesellschaftsmitteln wie Gewinnrücklagen den Sonderausweis erhö­hen müssen (s. II.2.c dd), lässt sich dem Gesetz aber nicht entnehmen.

Schließlich schlägt auch der Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung nicht durch. Zwar kann sich die Berücksichtigung "vergessener" Einlagen für die Ge­sellschaft als schwierig darstellen. Diese Schwierigkeiten würden vermieden, wenn lediglich auf das steuerliche Einlagekonto abgestellt würde. Bei einer Ka­pitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln verfügt allerdings die Körperschaft re­gelmäßig über die für einen Einlagenachweis erforderlichen Unterlagen. Zudem liegt die Darlegungs‑ und Beweislast für eine Einlageleistung bei der Körper­schaft. Etwaige praktische Schwierigkeiten sprechen deshalb nicht dagegen, aus (nicht im steuerlichen Einlagekonto erfassten) Einlagen stammende Kapi­talrücklagen vom Sonderausweis auszunehmen.

3. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Sein Urteil ist des­halb aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG stammen die 10 Mio. €, die vor der Kapitalerhöhung in der Kapitalrücklage der Klägerin erfasst waren, aus einer Einlage der Anteils­eigner. Die Voraussetzungen für die Ausnahme vom Sonderausweis nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG lagen vor. Der Senat gibt deshalb der Klage statt und hebt die gesonderte Feststellung des Sonderausweises ersatzlos auf.

4. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 121 Satz 1 i.V.m. § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung.

5. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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